Danke schön. - Weitere Anfragen, Nachfragen oder Interventionen bezüglich der Landesregierung sehe ich nicht. Dann treten wir in die weitere Aussprache ein. Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Schindler.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Herrn Schröder dankbar dafür, dass wir wieder zu einer anderen Form der Debatte kommen. Ich wollte mein Redemanuskript eigentlich schon zur Seite legen und dachte nach der gerade gehaltenen Rede: Was sagst du nun?
Ich komme wieder zurück zu meinem Redemanuskript. Ich fange auch mit einem Passus aus einem Zeitungsartikel an, weil das das Medium war, das uns bis jetzt als Informationsquelle zur Verfügung stand. Gestern stand in dem Zeitungsartikel zur heutigen Aktuellen Debatte, manch einer hat ein Déjà-vu.
Ja, vor einem Jahr hatten wir, ebenfalls auf Antrag der LINKEN, eine Aktuelle Debatte zum gleichen Thema. Auch damals, also vor einem Jahr, ist schon in dem Redebeitrag von Herrn Meister darüber gesprochen worden, dass man sich bestimmte Zeitungsüberschriften nicht wünscht. Es handelt sich um Zeitungsüberschriften wie „Affäre um Fördermittel“, „Lügen und schwerste Mängel“, „CDU in Amigo-Manier“, „EU-Korruptionsjäger stellen Land vernichtendes Zeugnis zum Umgang mit Fördermitteln aus“.
Solche Überschriften und die dahinter stehenden Inhalte schaden unserem Land, führen zu weiterem Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Politik und den Behörden
und führen zum Schluss möglicherweise - das wurde heute schon angesprochen - auch zu einem hohen finanziellen Schaden aufgrund der Rückforderung von Fördermitteln.
Eine Überschrift, die in den letzten Tagen zu lesen war, kann ich jedoch direkt unterschreiben. Sie hieß „Fördermittel-Affäre - es ist Zeit für Antworten“. Auch bereits vor einem Jahr war genau das der Tenor der Diskussion und wurde von meinem
Kollegen Holger Hövelmann gefordert. Er forderte, die Sachverhalte aufzuklären und die vielen Fragen, die im Raum stehen, zu beantworten.
Das waren damals dieselben Fragen wie heute. Es handelt sich um Fragen nach Verantwortlichkeiten und Kontrollen, Fragen nach den Rollen, die die verschiedenen Verantwortlichen spielen. Es geht um die Fragen nach der Rolle des Stadtrates in Wolmirstedt, nach der Rolle der Stadt Wolmirstedt, nach der Rolle der Kommunalaufsicht des Landkreises Börde, des Landesverwaltungsamtes und des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr.
Die Beantwortung dieser Fragen hätte man sich für den Zeitraum bis heute gewünscht und nicht erst beantragt durch die erneute Aktuelle Debatte. Die ausführliche Antwort des Ministers hätte man sich zu einem früheren Zeitpunkt als in der heutigen Aktuellen Debatte gewünscht.
Nun fragt man sich, was in diesem letzten Jahr passiert ist. Auch zu dem Zeitpunkt im vorigen Jahr stand schon fest und war bekannt, dass das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung eine Prüfung des Vorganges vornimmt, vorliegend in eben diesem Olaf-Bericht. Dieser Schlussbericht über die Prüfung liegt seit Mai 2014 vor.
Dieser steht aber nun aufgrund des Aktenvorlageverlangens der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21. Oktober 2014, wie es schon berichtet wurde, seit - man beachte! - gestern Nachmittag auch den Ausschussmitgliedern und den anfragenden Abgeordneten zur Verfügung. Es ist natürlich nicht möglich, die über 1 000 Seiten innerhalb von ein oder zwei Stunden nachzulesen und zu prüfen.
Auch die Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes, auch wenn sie ohne die Anlagen vorlag, gibt es seit August 2014.
Weil es möglich gewesen wäre, die Unterlagen auch ohne eine nochmalige Aufforderung zur Verfügung zu stellen, frage ich, warum wir erst wieder eine Aktuelle Debatte dazu benötigen.
Wir hätten uns nicht nur auf Presseberichte beziehen müssen, wenn es eine Möglichkeit zur früheren Einsichtnahme gegeben hätte oder die Unterlagen zur Verfügung gestellt worden wären. Dieses Verfahren ruft Misstrauen hervor.
Vor einem Jahr haben wir mehr über die Verantwortlichen vor Ort gesprochen. Jetzt hat die Debatte die Landesebene erreicht. Interessant für mich war, wie ich in den letzten beiden Tagen, seitdem es den Antrag auf eine Aktuelle Debatte gibt, mit Informationen von allen Seiten - ich will es einmal
so sagen - versorgt wurde. Bei einer eindeutig klaren Sache ohne Widersprüche wäre das wahrscheinlich nicht notwendig gewesen. Das macht nachdenklich und skeptisch.
Bei allen Gesprächen, die mir angeboten wurden und die mit mir geführt worden sind, bleibt mir eine Erkenntnis: Es besteht weiterhin Aufklärungsbedarf. Vertuschen hilft nicht. Offenheit ist angesagt. Wie heißt es immer so schön: Wer nichts zu verbergen hat, der braucht auch nichts zu verschweigen und der kann über alles offen reden. Wie gesagt: Es hätten dann nicht einer zweiten Aktuellen Debatte bedurft.
Ich möchte noch einmal auf die in Rede stehenden Fördermittel und diesen Fördermittelfall zurückkommen. Wie das in Wolmirstedt erfolgte, ist für mich nicht der Normalfall - auch wenn es heute immer wieder so darzustellen versucht wurde.
Wie kommt es zu solchen Konstruktionen, wie sie in Wolmirstedt gewählt wurden? In der letzten Woche, bei der Anhörung zum FAG, konnten wir von kommunalen Vertretern hören, dass Kommunen fast nur noch Investitionsmaßnahmen mit Förderung durchführen - weil das die einzige Möglichkeit ist, die Investitionen noch zu stemmen. Manch einen macht die Aussicht auf Fördermittel erfinderisch. Da werden Wege gesucht, um Dinge möglich zu machen. Schließlich will man etwas Gutes tun. Aber nicht alle Wege sind richtig und nicht jeder Stadtratsbeschluss ist im öffentlichen Interesse.
Um das festzustellen, gibt es Aufsichtsbehörden - bis hin zur Europäischen Union. Ich hoffe, dass die Klärung der jetzt noch im Raum stehenden Fragen erfolgen kann und wir keine dritte Aktuelle Debatte zu dem Thema brauchen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schindler. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Kollege Meister. Allerdings ist die Reihenfolge geändert worden. Eigentlich hätte Herr Geisthardt das Wort; das hat er jedoch nicht. Demnach ist Herr Meister an der Reihe, anschließend spricht Herr Geisthardt. Sind alle damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann verfahren wir so. Herr Meister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor einem Jahr - fast auf den Tag genau - haben wir an dieser Stelle bereits zu der Affäre um die
Jahn-Sporthalle in Wolmirstedt debattiert. Die Angelegenheit hat eine Entwicklung genommen, die ich so nicht erwartet hätte, die diverse Fragen aufwirft. Jüngster Höhe- bzw. Tiefpunkt - einmal von der heutigen Debatte abgesehen -: Unser Landesverwaltungsamt lässt sich in der Presse damit zitieren, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, Olaf, arbeite mit Unterstellungen und - Zitat - „emotional geleiteten Anschuldigungen“.
Ich weiß nicht, ob das tatsächlich die offizielle Sprachregelung der Landesregierung darstellt. Es würde sich dann aber die Frage stellen, wie es so weit kommen konnte, dass sich nach Lesart der Landesregierung die Damen und Herren in Brüssel nun ausgerechnet gegen das nette „Land der Frühaufsteher“ so emotional verschwören konnten. Überbordende Emotionalität ist eigentlich weniger deren Kernkompetenz; ihre Namen verbindet man eher mit unabhängigen Ermittlungen in Korruptionsfällen.
Als Ergebnis der heutigen Debatte muss ich sagen, dass ich die Bemerkung des Ministers auf die Frage „Wie arbeitet Olaf?“ unterirdisch fand - um das in den Kontext zu stellen. Auf europäischer Ebene gibt es über alle Dinge Diskussionen, natürlich auch über ein solches Amt. Aber jetzt so zu tun, als hätten die unseren Fall debattiert und geguckt, ob Olaf bei uns zu seriös geprüft hat, war weit weg von der Realität.
Um es klar zu sagen: Die Annahme, man werde von der Betrugsbekämpfungsbehörde aus emotionalen Gründen verfolgt, verlässt den Bereich dessen, was man mit Realitätsbezug noch umschreiben könnte.
Herr Minister, da Sie mich vorhin auf meine E-Mail angesprochen haben, möchte ich kurz darauf eingehen. Ich habe Sie angemailt und Sie gebeten, mir einen Prüfbericht des Landesverwaltungsamts und ein Protokoll zukommen zu lassen, auf dem der Bericht des Landesverwaltungsamts beruht - nicht dass der Eindruck entsteht, Sie hätten mir den Olaf-Prüfbericht geschickt, das haben Sie nämlich nicht getan. Dann haben Sie reagiert und mir diese vier Seiten ohne Anlagen geschickt, die Sie schon einmal verlesen hatten: Ja, Nein, Ja, Nein … - 19-mal. Das war nicht hilfreich. Ich habe das so zur Kenntnis genommen und wir haben diese Debatte letztlich fortgeführt.
dass Sie alles für die Aufklärung tun und uns das mehr oder weniger nachtragen, dann sage ich: Gerade das ist nicht passiert.
Wenn Sie jetzt im Nachgang der Debatte sagen „Sie können die Unterlagen haben.“, dann sage ich: Im Nachgang zur Debatte ist das wenig hilfreich. - Natürlich ist es sinnvoll, das jetzt zu haben - ich freue mich auch, dass das gekommen ist, schließlich hatten wir es beantragt -, aber letztlich, muss man sagen, hat diese zeitliche Nähe möglicherweise doch etwas mit unserer jetzt geführten Debatte zu tun. Es wäre sinnvoller gewesen, das vorher zu schicken, damit sich alle damit befassen können.
Tatsächlich hat der Skandal drei Ebenen: erstens die Situation vor Ort in Wolmirstedt, zweitens die Umstände der Fördermittelvergabe und drittens der Umgang mit der Kritik an dem missglückten Projekt. Die Situation vor Ort ist letztendlich bedrückend, der finanzielle Schaden für die Stadt Wolmirstedt ist bereits erheblich. Die jetzt angedrohte Rückforderung in Höhe von 570 000 € EUGeldern richtet sich zunächst gegen die Stadt und belastet sie erheblich. Die Last tragen letztlich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, die die Einschränkung der Handlungsfähigkeit Wolmirstedts tatsächlich erleiden.
Bleibt die Frage nach den Umständen der Fördermittelvergabe. Was sagt nun eigentlich der EUPrüfbericht in seiner gesamten „Emotionalität“?
Erstens. Der Einsatz von EFRE-Mitteln war mangels öffentlichen Interesses unzulässig. Darüber hinaus fehlen die für einen Zuwendungsnachweis erforderlichen Belege.
Drittens fehlende Aufsicht, fehlende Neutralität und fehlende Professionalität des Landesverwaltungsamts sowie parteipolitische Motivationen.