Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Für die Fraktion DIE LINKE verzichten Frau Zoschke und Frau Tiedge auf ein Schlusswort. Wir bleiben damit in der Zeit. Die Aussprache zu den Großen Anfragen ist damit beendet. Der Tagesordnungspunkt 7 ist abgeschlossen.
Entwurf eines Gesetzes des Landes SachsenAnhalt zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Regelung der Zuständigkeit im Personalausweisrecht
Einbringer ist der Minister für Inneres und Sport Herr Stahlknecht. Herr Stahlknecht, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf soll das Melderecht in Sachsen-Anhalt an die mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens am 1. November dieses Jahres geltende neue Rechtslage angepasst werden.
Da dem Bund nach der Föderalismusreform im Meldewesen inzwischen die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz obliegt, führt das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens die Regelungen des bisherigen Rahmenrechts und der Landesmeldegesetze in einem neuen, bundesweit geltenden Bundesmeldegesetz zusammen. Das Bundesmeldegesetz beruht im Wesentlichen auf den Regelungen des Melderechtsrahmengesetzes und der Landesmeldegesetze, sodass sich viele der in der Praxis bereits bewährten Regelungen darin wiederfinden.
Veränderungen gegenüber der geltenden Rechtslage, die bestehende Aufgaben lediglich modifizieren, ergeben sich insbesondere aus der Einwirkung der Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers bei der An- und Abmeldung durch Bestätigung des Ein- oder Auszugs, der Stärkung des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Person bei der einfachen Melderegisterauskunft, die für Zwecke der
Werbung oder des Adresshandels künftig nur dann erteilt werden darf, wenn eine Einwilligung vorliegt, der Vereinfachung von Anmeldungen in Beherbergungsstätten sowie der Abschaffung der besonderen Meldepflicht in Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen.
Obwohl das Bundesmeldegesetz mit Blick auf die vom Bund angestrebte Rechtseinheit im Meldewesen weitgehend abschließend formuliert ist, enthält es auch Regelungsbefugnisse für die Länder. Diese den Ländern im Meldewesen zustehenden Regelungsbefugnisse sollen mit dem vorliegenden Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Bundesmeldegesetz weitgehend aufgegriffen und in Landesrecht umgesetzt werden.
Die bewährten landesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen im Meldewesen - Meldebehörden sind die Gemeinden - werden dabei in den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf übernommen. Das mit dem Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes gegenstandslose Meldegesetz des Landes SachsenAnhalt soll daher gleichzeitig aufgehoben werden.
Wir haben weitere Regelungen für einen zentralen Meldedatenbestand auf der Landesebene als Spiegelregister zu den kommunalen Melderegistern. Es sind auch einfachere Abrufe von automatisierten Melderegisterdaten möglich.
Das soll soweit zur technischen Einführung in das neue Meldegesetz reichen. Ich hätte fast gesagt: Danke, dass Sie mir auch ohne Cannabiskonsum bei diesem trockenen Thema zugehört haben. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Einbringung. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Dreiminutendebatte ein. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Tiedge. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es stimmt, es ist ein trockenes Thema. Aber manchmal wird auch ein trockenes Thema brisant, vielleicht heute noch nicht, aber in den Ausschussberatungen - schauen wir mal.
Meine Damen und Herren! Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, hat der Bund im Bereich des Meldewesens von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen sollen am 1. November 2015 in Kraft treten.
Das neue Bundesmeldegesetz enthält jedoch auch Regelungsbefugnisse für die Länder. Dem wird rein formal der vorliegende Gesetzentwurf gerecht,
indem die Gesetzgebungskompetenz des Landes aufgegriffen und das Melderecht in Sachsen-Anhalt an die nach Inkrafttreten des BMG geltende Rechtslage angepasst wird.
Dass sich DIE LINKE in der Regel nicht mit jeder Regelung im Meldewesen einverstanden erklärt und in diesem Zusammenhang mögliche erhebliche Gefahren für einen verantwortungsvollen Datenschutz sieht, ist allgemein bekannt. Schließlich geht es hierbei um zwangserfasste Daten der Bürgerinnen in den entsprechenden Melderegistern, den staatlichen Umgang mit ihnen und auch um ihre Nutzung zu kommerziellen Zwecken.
Ich möchte an dieser Stelle nur an die heftigen öffentlichen Diskussionen und Debatten auf der Bundesebene bezüglich der ursprünglichen Ausgangsfassung des Bundesmeldegesetzes erinnern, wonach die Bürgerinnen nicht mehr gefragt werden sollten, wann und unter welchen Umständen ihre persönlichen Daten weitergegeben werden. Sie sollten nach der alten Regelung mittels Widerspruch selber aktiv werden, um diese Weitergabe zu verhindern. Diese Regelung ist dank des heftigen Gegenwindes erst einmal vom Tisch.
So wird auch DIE LINKE auf der Landesebene in den bevorstehenden Ausschussberatungen einen äußerst kritischen Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf werfen und sorgfältig prüfen, dass das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten durch die vorliegenden gesetzlichen Regelungen ausschließlich angemessen und verhältnismäßig eingeschränkt wird.
Diese Prüfung erfolgt insbesondere mit Blick auf den beabsichtigten Aufbau und den Betrieb eines zentralen Meldedatenbestandes als Spiegelregister auf der Landesebene, das bundesweit allen Polizei-, Sicherheits- und Justizbehörden und anderen öffentlichen Stellen die Möglichkeit einräumen soll, jederzeit Meldedaten automatisiert abzurufen. Für uns als Linke hat dabei stets Priorität, dass die individuellen Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen nicht unzulässig eingeschränkt werden. Das ist unser Maßstab in der Diskussion.
Kritisch sehen wir auch die bereits durch das Bundesgesetz eingeräumte umfangreiche Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften einschließlich der jetzt verbrieften zusätzlichen Übermittlung des steuerrechtlichen Ordnungsmerkmales. Die Übermittlung dieser Daten kann schutzwürdigen Interessen von Betroffenen zuwiderlaufen. Wir gehen sogar so weit zu fragen: Wo bleibt eigentlich das verfassungsrechtlich verbriefte Gebot der Trennung von Staat und Kirche?
Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich für den heutigen Tag nur Folgendes sagen: Das gesamte bundesweite Melderecht ist immer noch weit davon entfernt, ein modernes Verwaltungsinstrument zu sein, das den Bürgerinnen we
nigstens die weiteren Verfügungsrechte über ihre Daten zurückgibt, wenn sie diese schon zwangsweise an den Staat abgeben müssen. Lassen Sie uns gemeinsam in den Beratungen in den Ausschüssen Abhilfe schaffen. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf ist letztlich eine Konsequenz aus der Föderalismusreform im Jahr 2006, in deren Rahmen das Melderecht im Wesentlichen in die Kompetenz des Bundes gelegt worden ist.
Ich will noch einmal in Erinnerung rufen - Frau Tiedge hat es kurz angesprochen -, dass der Ausgangsbeschluss des Deutschen Bundestages zum Bundesmeldegesetz sicherlich nicht unbedingt eine Sternstunde des Parlamentarismus gewesen ist. Damals waren nur wenige Abgeordnete im Saal, deutlich weniger, als jetzt anwesend sind. Draußen wurde ein Fußballspiel übertragen. So nebenbei hatte man dieses Thema mit den Adressbuchverlagen beschlossen. Wir müssen bei aller Kritik aber auch so ehrlich sein zu sagen, dass eine durchaus vergleichbare Regelung mehr als 20 Jahre auch im Meldegesetz des Landes Sachsen-Anhalt enthalten gewesen ist und eigentlich auch noch enthalten ist.
Der Gestaltungsspielraum, den wir in SachsenAnhalt mit dem Ausführungsgesetz haben, ist wahrlich nicht groß. Es geht im Kern um den Zugriff auf die Meldedaten. Ich halte das Konstrukt der gespiegelten Meldedaten für eine maßvolle Konstruktion. Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Wenn heute bestimmte Behörden insbesondere auch außerhalb der regelmäßigen Dienstzeiten eines Einwohnermeldeamtes Einwohnermeldedaten benötigen, dann kommt man sich manchmal vor wie vor 50 Jahren. Da gibt es Bereitschaftsdienste und Zugriffsrechte. Das kann man deutlich einfacher realisieren, ohne dass über Gebühr in den Datenschutz eingegriffen werden muss.
Wie gesagt, der Gesetzentwurf wird keine Revolution der Verwaltungspraxis nach sich ziehen. Wir beantragen die Ausschussüberweisung und hoffen auf eine zügige Beratung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Erben. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Striegel. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es schon gesagt; der vorliegende Gesetzentwurf ist zunächst nur ein Ausführungsgesetz zu bundesrechtlichen Vorschriften. Es lohnt sich angesichts dieser eher technischen Materie, noch einmal auf die Geschichte dieser bundesrechtlichen Regelung hinzuweisen.
Herr Kollege Erben hat es angedeutet. Der eine oder andere von Ihnen wird sich noch an die Fußballeuropameisterschaft erinnern. Im Windschatten der Nationalmannschaft versuchte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung im Bundestag, ein neues Meldegesetz durchzustimmen.
Die deutsche Mannschaft verlor das Spiel an diesem Abend mit 1 : 2. Der Traum vom Titel war damit ausgeträumt. Das war für den einen oder anderen bitter. Viel bitterer aber war die Niederlage für alle Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf den Datenschutz. Denn das vom Bundestag verabschiedete Gesetz sah riesige Lücken bei der Verteidigung datenschutzrechtlicher Standards vor.
Der Bundesrat hat auf Druck insbesondere der GRÜNEN den Vermittlungsausschuss angerufen und damit das Schlimmste verhüten können. Das neue Bundesmeldegesetz trat in deutlich entschärfter Form in Kraft. Perfekt ist es bei Weitem noch nicht. Die Kollegin von der Fraktion DIE LINKE hat dazu schon einige Punkte angemerkt.
Zu befürworten sind die Regelungen, die eine beschleunigte und automatisierte elektronische Auskunft zwischen den Melderegistern ermöglichen. Die Zeiten, in denen Behörden zur Erlangung gesetzlicher Auskünfte zu Telefon und Stift greifen mussten, gehen nun hoffentlich zügig zu Ende.
Problematisch bleibt, dass die Daten der Bürgerinnen und Bürger gegenüber privaten Dritten, insbesondere gegenüber Adresshandelsfirmen und anderen Unternehmen, nicht wirksam geschützt werden. Zwar müssen sich nun die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Opt-in-Verfahrens positiv dafür aussprechen, dass ihre Daten freigegeben werden. Bei den Meldeämtern sind aber faktisch nicht genügend Kapazitäten vorhanden, um zu kontrollieren, ob dies auch wirksam geschehen ist.
Derjenige, dessen Adresse unrechtmäßig genutzt wurde, muss in jedem einzelnen Fall als Betroffener Widerspruch einlegen oder den Klageweg gegen das Unternehmen beschreiten. Das ist mühsam und umständlich.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will den Datenschutz stärken. Für uns heißt das ganz klar, jede und jeder muss, beim Einwohnermeldeamt hinterlegt, selbst entscheiden können, ob sie oder er die Nutzung der Daten ermöglichen möchte. Wir werden einer Überweisung des Ausführungsgesetzes in die Ausschüsse dennoch zustimmen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Abgeordnete Herr Kolze. Bitte, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Stahlknecht hat den Gesetzentwurf zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Regelung der Zuständigkeit im Personalausweisrecht für die Landesregierung eingebracht. Es dürfte Konsens dahingehend bestehen, dass die beabsichtigte gesetzliche Neuregelung technischer Natur ist. Es sollen landesrechtliche Anpassungen an die neue Rechtslage im Melde- und Ausweisrecht vorgenommen werden.
Im November dieses Jahres tritt das Bundesmeldegesetz in Kraft und ersetzt die landesrechtlichen Regelungen. Der Bund hat damit von der ihm aufgrund der Föderalismusreform zustehenden ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für das Meldewesen Gebrauch gemacht und erstmalig bundesweit geltende Vorschriften geschaffen.
Geregelt ist hierbei erstmalig, dass bundesweit öffentliche Stellen des Bundes und der Länder, insbesondere die Polizei, die Sicherheits- und Justizbehörden jederzeit im Wege des automatisierten Abrufs Meldedaten erhalten können, indem der bundesweite Zugriff auf die zentralen Meldedatenbestände der Länder eröffnet ist. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf greift die im Bundesmeldegesetz enthaltenen Regelungsbefugnisse der Länder auf und passt das Melderecht im Land an die nach dem Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes geltende Rechtslage an.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir in diesem Hohen Haus die bundespolitische Debatte zum Bundesmeldegesetz nicht wiederholen müssen. Wir brauchen hier keine überholte Diskussion über die Weitergabe der Meldedaten an Unternehmen zu Werbezwecken mehr zu führen. Der im Bundesrat verabschiedete Kompromiss sieht vor, dass die Bürger ihre ausdrückliche Einwilligung gegenüber der Meldebehörde oder dem an den Daten interessierten Unternehmen erteilen müssen, damit die Weitergabe und die Nutzung der persönlichen Daten rechtmäßig ist.