Protokoll der Sitzung vom 04.06.2015

Das war jetzt eine Zustimmung Ihres Fraktionsvorsitzenden zu dem, was ich gesagt habe.

(Herr Schröder, CDU: Das war das Intro zu Ihrer Rede!)

Das bleibt also interpretierungsbedürftig. - Als ich den Antrag bekommen habe bzw. auch die Pressemitteilung der CDU-Fraktion in der letzten Woche gelesen habe, habe ich mich geärgert. Ich habe sonst immer sehr gern gemeckert; das kann ich leider heute nicht mehr so machen.

Sie gehen auf einige Punkte ein, die wir in den letzten vier Jahren immer angesprochen haben. Ich bin durchaus froh, dass wir jetzt einen Stand der Debatte erreicht haben, der, genauso wie der Ausbau selbst, auf einem völlig anderen Niveau ist und auf der Grundlage völlig anderer Zielen als noch im Jahr 2011 stattfindet.

Als wir im Jahr 2011 begonnen haben, hieß es noch, wir brauchen eine Gesamtstrategie. Wir haben über eine Grundversorgung gesprochen, die damals bei 2 MBit/s lag, weil die EU das so vorsah.

Wir haben als wesentliches Instrument die Wirtschaftlichkeitslücke gesehen. Mittlerweile werden seit 2013 auch Leerrohre gefördert. Durch den

Drive nach der Bundestagswahl im Jahr 2013 und durch die Digitale Agenda hat das Thema insgesamt im politischen Raum die notwendige Wertschätzung erreicht. Dass Sie es in den Prioritätenblock mit aufgenommen haben, macht diese Entwicklung ebenfalls deutlich.

Die Herausforderung der letzten Jahre bestand nicht darin, die Frage des Breitbandausbaus auf reinen Ausbauzielen zu deklinieren, sondern auch auf die neuen technischen Entwicklungen einzugehen. Leerrohre habe ich bereits angesprochen.

Ich will es jetzt noch einmal betonen, ich habe es zuletzt im Dezember 2014 gemacht: Für DIE LINKE steht fest, dass die Zukunft der Netzversorgung durchaus dezidiert in der Glasfasertechnik liegt. Denn die Ausbauziele, bis 2018 oder bis 2020 50 MBit/s flächendeckend zu erreichen, sind schon ambitioniert. Aber wir können heute schon prognostizieren, dass der Netzausbau bis zum Jahr 2018 insgesamt nicht abgeschlossen ist und die tatsächliche Zukunftsfestigkeit des Internets im Wesentlichen von der Verfügbarkeit an Glasfaser im Land abhängen wird.

Wir sprechen uns weiterhin - und haben das in den letzten Jahren auch immer gemacht - für den leitungsgebundenen Netzausbau aus. Ich stelle deswegen auch mit Freude fest, dass die Koalitionsfraktionen heute beantragen, dass insbesondere Glasfasertechnologie gefördert werden soll.

Sie wissen - wir haben das mehrfach im Plenum behandelt -, dass sich DIE LINKE grundsätzlich für die Netzneutralität ausspricht und einen tatsächlichen Hebel, den das Land hat, darin sieht, in den Verträgen, die wir machen, tatsächlich eine Garantie für die Wahrung der Netzneutralität in den Förderausbaugebieten zu verankern. Deswegen stellen wir es heute noch einmal in unserem Änderungsantrag zur Debatte.

Wir wollen - das ist auch zum Glück schon angesprochen worden - den Netzausbau so weiterführen, dass wir bei den 50 MBit/s nicht nur von reinen Download-Geschwindigkeiten reden. Wir müssen vielmehr beachten, dass sich das Netznutzungsverhalten insbesondere im wirtschaftlichen Bereich so entwickeln wird, dass wir dieselbe Qualität der Internetverbindung auch im Upload benötigen. Das ist eine Debatte, bei der ich sehr froh bin, dass sie jetzt den allgemeinen politischen Raum erreicht hat.

Wir stellen im Änderungsantrag auch noch einmal unsere Vorstellungen dar, wie wir insgesamt mit den Kommunen umgehen wollen. Die Geschichte mit dem zinsfreien Kredit habe ich deswegen aufgenommen: Es stimmt, Herr Robra, was Sie sagen, dass man darüber prinzipiell immer reden kann. In ihrem Ausgangsantrag folgt die Koalition dem Ziel, Eigenanteile gegebenenfalls noch weiter

über die Erlöse der digitalen Dividende II senken zu können.

Nun hat es mich sehr verwundert, aber auch gefreut, dass wir mit Stand heute schon bei 2,4 Milliarden € stehen, was tatsächlich die Frage aufwirft, was wir mit den Chargen selbst machen. Herr Robra ging darauf ein, dass weitere Digitalisierungsprojekte und weitere WLAN-Förderungen in Aussicht stehen. Trotzdem halte ich es für geboten, über diese Maßnahme erst dann zu reden, wenn das Bieterverfahren tatsächlich abgeschlossen sein wird.

Deswegen halte ich es für sinnvoll, über diese Fragen mit Abschluss des Bieterverfahrens im Ausschuss zu reden, und beantrage deswegen die Überweisung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien.

Meine Damen und Herren! Bei den Digitalisierungsprojekten insgesamt kann man sich viel vorstellen. Wir sind nicht nur auf Platz 16 beim Netzausbau, was Herr Weihrich gesagt hat, sondern wir haben auch einen Rückstand bei Digitalisierungsprojekten jenseits des Netzausbaues. Ich will exemplarisch die Digitalisierung unserer Bibliotheken und Museen erwähnen. Ich kann mir dabei vieles vorstellen, aber ich sehe trotzdem auch Bedarf, das Ganze im Fachausschuss zu thematisieren.

Am Ende freue ich mich, dass wir einige Ideen, die wir in den letzten vier Jahren aufgerufen haben, zumindest so weit gebracht haben, dass sie jetzt in den Antrag der Koalitionsfraktionen münden. Ich könnte jetzt sagen, links wirkt. Das stimmt auch. Vielleicht tun Sie uns den Gefallen und stimmen dem Überweisungsantrag zu. - Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Graner. - Wir können weitere Gäste im Haus willkommen heißen, Schülerinnen und Schüler des Agricola-Gymnasiums aus Hohenmölsen. Willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!

(Beifall im ganzen Hause)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Die Aufforderung, kein Fachchinesisch zu sprechen und das Thema nicht den Geeks und Nerds zu überlassen, habe ich gestern Abend auch gehört. Ich habe mich gefragt: Gehörst Du auch zu den Geeks und Nerds? - Das müssen Sie beurteilen. Ich glaube, altersbedingt habe ich da ein bisschen Schwierigkeiten. Ich be

mühe mich wieder einmal, das Thema allgemein verständlich rüberzubringen.

Ich fange ausnahmsweise einmal mit einem Zitat, das ich heute früh gelesen habe:

„Die in der Digitalen Agenda vorgetragene Breitbandstrategie ist nicht bloß Quark, sondern Traditionsquark seit 2005.“

(Zuruf von der SPD)

Derjenige, der das so behauptet, ist einer der kompetentesten Internetfachleute in Deutschland, Sascha Lobo. Einige kennen ihn vielleicht wegen seiner markante Frisur. Er ist aber wirklich einer derjenigen, die in dem Thema kompetent sind. Ich ärgere mich nur darüber, dass dies immer so pauschal behauptet wird; denn ich finde, dass wir in der Digitalen Agenda im Bund und auch in der Breitbandstrategie wesentlich weiter sind, als dort behauptet wird.

Ich will versuchen, das an einigen Fakten festzumachen. Gründe, warum wir schnelles Internet brauchen, sind in der Debatte bereits genug genannt worden. Ich muss nicht mehr ausdrücklich betonen, dass sich auch die SPD-Fraktion für das schnelle Internet in Sachsen-Anhalt einsetzt. Ob das die Privathaushalte, die Schulen oder Unternehmen sind, sie brauchen schnelles Internet.

Ich will stattdessen zwei, drei Beispiele aufzählen, um die Debatte ein bisschen zu illustrieren. Das Erste, was ich anmerken möchte, ist die digitale Dividende. Ich habe vom Staatsminister und auch von Herrn Wagner so eine gewisse Freude darüber gehört, wie viel Geld zusammen kommt und wie viel für Sachsen-Anhalt übrig bleibt.

Ja, das ist zunächst einmal positiv. Aber so eine Entwicklung hat, wie alles im Leben, auch eine Kehrseite. Wenn wir uns zurück erinnern an die erste große Versteigerung, die im Bund stattgefunden hat, damals UMTS - das war etwa um die Jahrtausendwende -, da hat der damalige Finanzminister Hans Eichel den schönen Spruch geprägt: „UMTS, das steht für unerwartete Mehreinnahmen zur Tilgung von Staatsschulden.“ Die hat es tatsächlich gegeben. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Unternehmen, die damals diese horrenden Gebühren zahlen mussten, sich das Geld hinterher von ihren Kunden zurückgeholt haben.

Wenn wir uns anschauen und vergleichen, was Internetnutzer in Deutschland für Internetverbindungen zahlen und was sie teilweise im Ausland zahlen, dann stellen wir fest, dass diese Kosten in Deutschland relativ hoch sind. Das heißt, es gibt dabei einen gewissen Zusammenhang. Man kann nicht nur sagen, hurra, wir bekommen da viel Geld, sondern man muss auch schauen, von wem das hinterher bezahlt wird.

(Beifall bei der SPD)

Ein zweiter Punkt, den ich ganz kurz ansprechen möchte: Ich war in den vergangenen Tagen in mehreren Schulen in Burg, weil ich mich eigentlich über die Geschichte mit Microsoft informieren wollte und wie sie dazu stehen. Sie wissen, das war eine andere Debatte, die wir hier hatten. Dort habe ich gehört, was ich schon geahnt und befürchtet habe, aber noch einmal konkret nahe gelegt bekommen habe: Wir können Office 365 gar nicht nutzen, solange wir für die ganze Schule einen 2-MBit-Anschluss haben. Das geht nicht.

Darin ist auch der Appell an den Landtag enthalten: Macht die Dinge nacheinander. Bevor Ihr über die Ausstattung der Schulen mit Software, die Schüler und Lehrer benutzen können, redet, müssen wir auch schauen, wie sind die Schulen angebunden. Die Anbindung ist zunächst einmal wichtiger.

Ein letzter Punkt, den ich noch kurz erwähnen möchte. Herr Kurze, Sie haben gesagt, Breitbandausbau ist Aufgabe des Bundes und des Landes. Ja. Aber ich füge hinzu, es ist auch Aufgabe der Kommunen. Ich habe ein bisschen Bedenken dabei, wenn wir jetzt sagen, wir müssen den Kommunen unbedingt dabei helfen, diese Kosten zu stemmen. Ich weiß um die Finanzsituation vieler Kommunen. Da müssen wir tätig werden. Aber auch die Kommunen denken über Investitionen nach.

Ich kenne so manche Kommune - Sie vielleicht auch -, die durchaus Geld in die Hand nimmt, um zum Beispiel Grundstücksflächen zu erwerben, in der Hoffnung, diese dann später gewinnbringend verpachten oder veräußern zu können. Warum kann die gleiche Kommune nicht eigenes Geld in die Hand nehmen und Leerrohre verlegen, um diese dann wiederum an Provider, an Internetanbieter zu verpachten? - Auch dies wäre eine Möglichkeit, um in dieser Debatte voran zu kommen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ein paar letzte Worte noch zum Antrag der LINKEN. Diese Gemütsäußerungen: der Landtag freut sich - ob es das wirklich braucht? Okay, das können wir machen.

Aber ein Problem habe ich bei den zinsfreien Krediten. Ja, zinsfrei ist schön, aber Kredite sind Kredite. Auch wenn es hierbei offensichtlich um Investitionen geht, hinterher müssen das doch zukünftige Generationen bezahlen. Ich finde, wir sollten ihnen das nicht zusätzlich erleichtern.

Der Prüfauftrag für freie WLAN ist bereits in unserem Antrag enthalten. Wir haben zwar Land und Kommunen nicht gesondert erwähnt, aber das ist darin enthalten.

Schließlich die Netzneutralität. Ach, bitte doch die Anträge nicht unnötig mit weiteren Themen befrachten. Ich bin ja schon froh, dass Sie nicht

auch noch die Störerhaftung mit aufgenommen haben.

Auch mit Rücksicht auf unseren Koalitionspartner bitte ich daher, den Änderungsantrag abzulehnen, und danke Ihnen für Ihre Geduld.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Graner, möchten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Gallert beantworten? Kollege Gallert hat eine Anfrage an Sie. Möchten Sie die beantworten?

Herr Graner, verstehen Sie bitte, dass Netzneutralität für uns kein sekundäres Problem ist. Deswegen werden wir das immer mit aufbringen, wenn es solche Überschriften, wie „Digitale Agenda“ gibt.

Ich will noch etwas zu einer anderen Geschichte sagen. Wissen Sie, diese Geschichte mit den zinslosen Krediten und das müsse man sich überlegen, damit haben Sie Bauchschmerzen. Ihr Koalitionspartner denkt sich einen Haufen solcher Dinge aus, mit zinslosen Krediten für Willkommenspakete und allem Drum und Dran.

Da müsste man nachschauen, ob bei dieser Zukunftsinvestition, für die wir gestern alle waren, als wir mit den Leuten gesprochen haben, nicht auch dieses Instrument herangezogen werden soll, wenn wir auf der anderen Seite wieder in das alte Problem kommen: Ja, liebe Leute, wir können überhaupt keine Kredite aufnehmen, da wir in der Haushaltskonsolidierung - - Dann reden wir noch einmal zehn Jahre darüber, ob wir irgendwelche komischen Insellösungen mit teurem Geld finanzieren, die uns nicht weiterbringen.

Das ist unser Vorschlag. Wenn Sie Alternativen haben, dann ist das in Ordnung. Aber wir sind als Land hierbei ein Stück weit stärker in der Pflicht, als wir das bisher gemacht haben.

Ja, Herr Kollege Gallert, da stimme ich Ihnen ein Stück weit zu. Es klingt ein wenig platt, aber ich möchte die Dinge auch differenzierter betrachten.