Ja, Herr Kollege Gallert, da stimme ich Ihnen ein Stück weit zu. Es klingt ein wenig platt, aber ich möchte die Dinge auch differenzierter betrachten.
Natürlich gibt es Kommunen, die wirklich schwachbrüstig sind, die diese Investition nicht leisten können. Aber es gibt auch Kommunen, die können das. Da sitzen Gemeinderäte. Wir wissen auch um die Altersstruktur der Gemeinderäte, die in vielen Fällen die Notwendigkeit von schnellem Internet überhaupt nicht sehen. Sie können sich zum Bei
spiel Grundstücke leisten, um die auf Halde zu legen und zu hoffen, dass man sie hinterher verpachtet.
Wir müssen an diejenigen Kommunen, die das können, appellieren, dass sie ihre eigenen Mittel für ein so zukunftsfähiges Projekt einsetzen. Wenn wir denen sagen, dass wir das alles finanzieren, dann werden sie das nicht machen. Deswegen bin ich dafür, dass man in diesem Punkt durchaus unterscheidet.
Danke schön, Kollege Graner. Weitere Nachfragen gab es nicht. - Wir fahren in der Aussprache fort. Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Herbst.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Vergangenheit an verschiedenen Stellen immer wieder einmal über dieses Thema gesprochen. Wenn zumindest ich hier vorn stand und gesprochen habe, dann habe ich meist gemeckert.
In dieser guten Tradition will ich Sie heute nicht überraschen, sondern noch einmal ein bisschen Wasser in den breiten Breitbandschlauch gießen.
Was mich schon ein bisschen nachdenklich stimmt: Man kann immer Einsichten verändern und dazu lernen; allein mir fehlt so etwas der Glaube, ob das wirklich die tiefere Intention des heutigen Antrages der Koalitionsfraktionen war. Ich will daran erinnern, dass Sie noch vor einem halben Jahr, als wir als GRÜNEN-Fraktion im Dezember 2014 den Antrag „Breitbandausbau - Sachsen-Anhalt auf die digitale Überholspur bringen“ eingebracht haben, mit einem Änderungsantrag genau das Gegenteil, wirklich exakt das Gegenteil von dem beantragt haben, was heute als Antrag von Ihnen hier vorgelegt wird. Man kann sagen, dazugelernt, klar. Ich denke, so schnell geht das nicht.
Gut ist, dass Sie unser Ausbauziel, das wir immer gefordert haben, 50 MBit/s flächendeckend bis 2018, übernommen haben. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Das haben wir immer eingestanden. Wir haben aber auch immer gesagt, wenn die Zielsetzung nicht stimmt, dann können letztlich auch die Maßnahmen nicht stimmen. Der Druck muss da sein.
die das Thema bei uns im Land hat. Wer ist eigentlich zuständig? Wo ist die Gesamtstrategie? - Man kann natürlich heute einen Antrag mit verschiedenen Einzelpunkten stellen, aber letztlich frage ich mich nach wie vor - es hat sich nichts verändert -: Wo ist das Thema verortet? Warum ist es in diesem Land nicht längst Chefsache?
Wo ist eigentlich der CIO, wo ist unser ChiefInformation-Officer? - Da gibt es einen Staatssekretär, der dafür bezahlt wird, dass er die Belange der IT - dazu gehört auch Breitband - in diesem Land zusammenführt, koordiniert und der Regierung die richtigen Ratschläge gibt. Wo ist er heute? - Er müsste hier sein! Wer hat eigentlich in der Landesregierung den Hut auf für dieses Thema? - Wir haben vier Ministerien, die damit befasst sind. Die Staatskanzlei hat heute gesprochen. Das Wirtschaftsministerium ist beteiligt, das Finanzministerium ist beteiligt, das Landwirtschaftsministerium ist beteiligt. Jeder macht sein Ding. Es fehlt nach wie vor an einer Gesamtkoordination.
Das Thema, meine Damen und Herren, kann im Land nicht richtig gefahren werden, wenn niemand den Hut auf hat und diese Steuerungsfunktionen richtig wahrnimmt. Darum geht es doch, meine Damen und Herren! Wir können hier über technische Details diskutieren noch und nöcher, aber letztlich ist es eine gesellschaftspolitische Aufgabe, die wir zu lösen haben. Deswegen muss für diese gesellschaftspolitische Aufgabe jemand den Hut aufhaben und eine Steuerungsfunktion wahrnehmen.
Breitband ist nicht irgendein Luxus. Und es ist nicht irgendwie eine Fußnote, dass wir beim Breitbandatlas immer noch die rote Laterne in der Hand haben. Das ist vielmehr ein Hemmnis für die Zukunft dieses Landes; es ist nach wie vor ein großes Investitionshemmnis. Dabei sind auch das Schließen kleiner Lücken und das Verwalten weißer Flecken nicht wirklich die Lösung.
Deswegen hätte ich mir heute, meine Damen und Herren, ein klareres Bekenntnis gewünscht, in welche Richtung wir langfristig wirklich gehen wollen. Leere Rohre hin und her, das ist alles wichtig. Aber der Anspruch muss doch sein, die Führungsposition bei diesem Thema zu übernehmen, von der roten Laterne wegzukommen und zu sagen: Lasst uns unsere vermeintlichen Schwächen, die wir im Land haben, Demografie, ländlicher Raum etc., zu Stärken machen und wirklich nach vorn gehen mit der ambitionierten Agenda: Wir wollen IT-mäßig deutschlandweit an die Spitze, wir wollen, gerade weil wir in großen Teilen ein zersiedeltes Land sind, gerade weil wir ein demografisches Problem haben, mit Einzelmaßnahmen an die Spitze kommen. Dazu gehört auch, zu sagen: Wir wollen - -
- Ja, Beispiele. Ein Beispiel ist - das habe ich hier übrigens schon in der Vergangenheit immer wieder gebracht -, dass wir sagen: Der öffentliche Personennahverkehr wird von uns gefördert in die Richtung, dass da WLAN hineinkommt, dass da Steckdosen hineinkommen, sodass die Leute ihre Geräte in Betrieb nehmen können.
sondern dass wir sagen: LTE löst keine Probleme, schon gar nicht für die Wirtschaft. Die wollen sich keine Funkzelle mit anderen Leuten teilen, wo sich dann die Bandbreite wieder splittet, sondern die brauchen Breitbandanschlüsse.
Zum Beispiel, Herr Schröder, indem wir nicht mit hanebüchenen Begründungen kommen, die in der Vergangenheit hier noch gebracht wurden. Hier wurde - ich glaube, es war der Staatsminister - noch vor einem halben Jahr gesagt:
Meine Damen und Herren! Das halte ich für eine Schutzbehauptung, obwohl ich sie nicht im Detail überprüft habe.
Aber das wage ich hier einfach mal zu sagen. Die Leute in diesem Land wollen es nicht nur, die brauchen es dringend, gerade im ländlichen Raum.
Ja. - Aber ein letzter Satz sei mir dazu noch gestattet: Es reicht eben nicht aus, schöne englische Namen für Staatssekretäre zu vergeben und einen
Ministerpräsidenten zu haben, der dankenswerterweise zwei Twitter-Accounts besitzt. Das ist alles schön und richtig. Aber es kann letztendlich nicht darüber hintäuschen, dass das Thema bei uns im Land, was die politische Linie anbelangt, immer noch stiefmütterlich behandelt wird. Da würde ich mir in Zukunft einen anderen Umgang wünschen.
Wir tragen beide Anträge mit. Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Sie wissen, dass Sie mit uns immer einen konstruktiven Partner haben, um dieses Thema weiter zu besprechen.
Zwei Sachen, Herr Herbst. Das Erste sind die Zuständigkeiten. Auch ich gebe zu, dass es sicherlich schwierig ist, wenn hierbei tatsächlich fünf Ministerien irgendwo involviert sind. Es gibt aber trotzdem eine klare Zuständigkeit.
Inwiefern ist aber diese Zuständigkeitsstruktur zurzeit ausschlaggebend dafür, dass die Landesregierung zumindest in den letzten vier Jahren - darin sind wir uns ja einig - bestimmte Aspekte des Netzausbaus nicht in unserem Sinne vorangetrieben hat, insbesondere die Leitungsgebundenheit, mithin die Aufgabe des Gebots der Technikneutralität, aber auch, was ja Ihr Punkt ist, die Ziele verfehlte?
Das Zweite: Zu den Kommunen. Da will ich schon deutlich in Widerspruch gehen. Das ist keine Schutzbehauptung. Es ist tatsächlich ein Problem in der Leitungsfunktion, die ein Land flächendeckend hat, eben nicht nur in den Kommunen, die es machen, die vielleicht tatsächlich Personal haben, um den Netzausbau voranzubringen. Dann geht es in die Kommunen, die keine städtische Struktur haben, die es nicht gewohnt sind, im Bereich Internetversorgung Realisierungsziele für sich zu formulieren. Da finde ich es schon sehr richtig, dass wir vom Land aus sagen: Hier wollen wir die entsprechende Koordinierungsleistung erbringen.
Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass Sie an diesem Mittel substanziell Kritik üben. Deswegen die Nachfrage: Wie wollen Sie mit Ihren Ambitionen denn Netzausbau flächendeckend in Sachsen-Anhalt realisieren, wenn wir nicht diese Koordinierungsleistung für die Kommunen übernehmen?
Da haben Sie mich in der Tat, Herr Wagner, wenn ich mal hinten anfange, falsch verstanden. Diese Koordinierungsleistung sollten wir gerade übernehmen und wir sollten sie auch als Serviceleistung zunehmend übernehmen; das finde ich vollkommen richtig.
Ich habe versucht, meiner kurzen Rede ein bisschen einen politischen Anstrich zu geben, indem ich gesagt habe: Unser Umgang mit dem Thema in Sachsen-Anhalt ist Teil des Problems. Deswegen habe ich gesagt: Ich finde es nicht gut, wenn hier Begründungen wie die, die Leute in manchen kleinen Gemeinden auf dem Land wollen es doch überhaupt nicht, angeführt werden; denn - das ist ja politisch - dann brauche ich mich mit dem Thema nicht auseinanderzusetzen.
Ich habe auch gesagt: Ich habe es nicht geprüft. Es mag Menschen im Land geben, die sagen: Wir brauchen keinen schnellen Internetanschluss. - Ja, das mag es geben. Aber für die breite Masse ist er notwendig. Auch für die Zukunftsfähigkeit des Landes ist er notwendig.
Wenn ich heute in der Otto-von Guericke-Straße in Magdeburg, wo ich wohne, immer noch kein schnelles Internet habe, dann möchte ich mir nicht vorstellen - kann es mir aber vorstellen, weil ich es auch kenne -, wie es auf dem Land aussieht. Das ist, glaube ich, das Problem, das wir im Moment noch haben.