Protokoll der Sitzung vom 05.06.2015

Herr Dr. von Bose ist wirklich umtriebig, wenn es darum geht, uns zu aktuellen Datenschutzthemen - auch zwischendurch - eine Stellungnahme zukommen zu lassen, auch zu Themen, die wir hier im Gesetzgebungsverfahren oder in regulären Antragsverfahren haben. Dabei haben sich für den Berichtszeitraum - auch im Vergleich zu vorher - noch einmal deutliche Schwerpunkte herauskristallisiert.

Sowohl der Bericht als auch die Stellungnahme der Landesregierung haben sich mit deutlich mehr Themen beschäftigt, die die Digitalisierung und Vermittlung von Medienkompetenz anbelangen. Das ist insofern trivial, als wir - auch während des Berichtszeitraums - hier immer wieder über die Digitalisierung reden. Hierin liegen sicherlich auch die größten Datenschutzherausforderungen, die wir zurzeit zu bewältigen haben.

Nun ist der Landesdatenschutzbeauftragte nicht nur für den Datenschutz, sondern auch für die Informationsfreiheit zuständig. Hierbei gibt es auch Schnittmengen.

Ich will auf den Informationszugang nicht im Detail eingehen, will aber sagen, dass sich - wir haben das Thema Open Data ursprünglich eingebracht - Informationszugang und Datenschutz nicht ganz trennen lassen. Beides ist jedoch miteinander vereinbar und gehört in einer politischen Diskussion auch immer zusammen. Daher werden wir in der Zukunft an einem Transparenzgesetz nicht vorbeikommen, was Herr Dr. von Bose in seiner Funktion ebenfalls schon angeregt hat.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn ich von einem langen parlamentarischen Verfahren rede, dann rede ich ausdrücklich nur vom Umstand des Tätigkeitsberichts und seiner Behandlung sowie der Stellungnahme der Regierung.

Was jetzt noch fehlt, ist eine parlamentarische Behandlung der vielen Stellungnahmen, die uns der Landesdatenschutzbeauftragte in den regulären Verfahren mit an die Hand gibt. Aus meiner Sicht

spielen sie bei den meisten Anträgen eine noch viel zu untergeordnete Rolle.

Ich nehme ein Beispiel heraus: Wir werden heute etwas pro Integrität informationstechnischer Systeme beschließen, wissen aber ganz genau, dass es - das fällt auch in den Berichtszeitraum - beim Polizeigesetz durchaus Wünsche gibt, diese Integrität zu brechen.

Wir werden heute - darüber bin ich sehr glücklich - noch einmal herausarbeiten, was es eigentlich für die Medienkompetenzvermittlung zum Beispiel im Schulbereich bedeutet, wenn wir fordern, dass Datenschutz elementarer Bestandteil der Medienbildung an Schulen sein soll. Nach meiner Kenntnis ist das im Prinzip in diesem Hohen Haus strittig.

Trotzdem bin ich froh darüber, dass das Plenum unter der Federführung des Innenausschusses eine einstimmige Beschlussempfehlung hat erarbeiten können. Wir werden dieser natürlich zustimmen. - Nochmals Danke an Herrn Dr. von Bose.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Wagner. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Kolze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Elfte Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz für die Zeit vom 1. April 2011 bis 31. März 2013 und die Stellungnahme der Landesregierung wurden nach erfolgter Direktüberweisung in insgesamt neun Ausschüssen und dem Ältestenrat intensiv beraten und ausgewertet. Wir danken unserem Landesbeauftragten Herrn Dr. von Bose für diese umfassende Darstellung.

Nach erfolgter Ausschussberatung liegt Ihnen nunmehr die Beschlussempfehlung des für den Datenschutz federführend zuständigen Ausschusses für Inneres und Sport vor.

Der Ausschussvorsitzende hat dankenswerterweise die zahlreichen Anregungen aus dem Beratungsgang in den Ausschüssen in einer Beschlussempfehlung zusammengefasst, die alle Fraktionen unterstützen. Hierbei werden auch bereits bestehende Beschlussfassungen dieses Hohen Hauses aufgegriffen.

Wir greifen eine Anregung aus dem hierfür federführend zuständigen Sozialausschuss auf und bitten die Landesregierung, die Öffentlichkeitsarbeit im Themenbereich Verbraucherschutzrechte zu verstärken und dabei den Aspekten des Datenschutzes besonderen Stellenwert zu geben.

Weiterhin wird in der Beschlussempfehlung auf die Herausforderungen bei der Ausgestaltung des

Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme eingegangen, zum Beispiel bei der Entwicklung vernetzter Datensammlungen und deren Auswertung.

Wir betonen in unserer Beschlussvorlage mit einer Empfehlung erneut die besondere Bedeutung der Vermittlung von Medienkompetenz in der digitalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Hierfür brauchen wir verbindliche nachhaltige und vernetzte Angebote und Maßnahmen für den schulischen und außerschulischen Bereich.

Zum Beispiel müssen Jugendliche darüber aufgeklärt werden, dass kostenlose Kommunikation über Facebook, Whatsapp und Co auch bedeutet, dass dem Betreiber persönliche Daten zur Verfügung gestellt werden. In der schulischen Bildung muss hierüber, meine sehr verehrten Damen und Herren, aufgeklärt werden.

Wir halten es zusätzlich für bedeutsam, in den Trialog-Verhandlungen für die Datenschutz-Grundverordnung weiterhin auf ein einheitliches hohes europäisches Datenschutzniveau hinzuwirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch auf einen Punkt näher einzugehen: Es geht um das Verhältnis der Prüfrechte des Landesrechnungshofes gegenüber den Mitgliedern dieses Hohen Hauses.

Der federführende Ausschuss für Inneres und Sport und der Ältestenrat teilen die Rechtsauffassung des Landesbeauftragten, dass bei der Wahrnehmung der Prüfrechte gegenüber den Mitgliedern dieses Hohen Hauses durch den Landesrechnungshof nicht nur die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz, sondern vor allem auch die ebenfalls durch die Verfassung gewährleistete Unabhängigkeit der Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandats zu beachten sind.

Verdachtsunabhängige Beobachtungen der Mandatsausübung beeinträchtigen die Freiheit des Mandats und sind nur in begründeten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Maßgeblich ist hierbei für uns die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Inneres und Sport zuzustimmen, und danke Ihnen recht herzlich.

(Zustimmung bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun der Abgeordnete Herr Striegel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die digitale Durchdringung der Ge

sellschaft schreitet voran. Datenschutz, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht zum Schutz der Integrität informationstechnischer Systeme halten mit dieser Entwicklung kaum oder gar nicht Schritt.

Speicher- und Überwachungskapazitäten wachsen schneller als jede Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, sich dagegen zu wehren. Nicht nur das Wachsen der kommerziell genutzten und staatlich angelegten Datenbestände ist dabei ein Problem. Diese Datenbestände werden zunehmend kombiniert und Metadaten werden zusammengeführt.

Der ausgeforschte Konsument und die gläserne Bürgerin werden und sind bereits Realität. Datenschutz durch Technik und der Selbstdatenschutz der Nutzer versagen oftmals angesichts moderner Überwachungssysteme. Der NSA-Ausspähskandal hat die Grundfragen nach dem Zustand der Grundrechte und von Demokratie und Rechtsstaat wieder neu aufgeworfen.

Den Überwachungsparteien CDU und SPD ist das bisherige Überwachungsniveau aber nicht genug. Sie wollen mehr Daten von allen Bürgerinnen und Bürgern, ohne Anlass, ohne Verdacht, einfach so. Ich rede von den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung, die von Ihnen, meine Damen und Herren, vorangetrieben werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird sich weiter gegen diese verfassungswidrige Speicherpraxis stemmen. Die Vorratsdatenspeicherung ist nichts anderes als der Versuch, alle Bürger zu Kriminellen und Straftätern abzustempeln.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie verhindert nichts und sie wird - das sage ich Ihnen schon jetzt - vor dem Verfassungsgericht scheitern.

Die Beschlussempfehlung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten ist dabei angesichts der Überwachungsbilanz der CDU und der SPD leider der kleinste gemeinsame Nenner. Wir hätten uns eine ambitioniertere Positionierung des Parlaments vorstellen können.

Natürlich begrüßen wir, dass die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung auf der EUEbene in den vergangenen Monaten vorangetrieben wurden. Vergessen wir aber auch nicht: Die Verordnung hätte bereits im vergangenen Jahr in Kraft gesetzt werden können. Wichtig ist weiterhin, in den Verhandlungen auf ein einheitliches hohes europäisches Datenschutzniveau hinzuwirken.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ausgangspunkt des Persönlichkeitsschutzes ist das Recht jedes Einzelnen, selbst darüber zu bestimmen, welche seiner Daten andere verarbeiten können und sollen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, muss der Datenschutz auch als Bil

dungsaufgabe verstanden und praktiziert werden; der Kollege Wagner hat dazu Stellung genommen.

Die Vermittlung von Medien- und Datenschutzkompetenz muss ausdrücklich in den Bildungsstandards verankert und zum verbindlichen Gegenstand der Lehrerausbildung gemacht werden.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch einen Punkt der Beschlussempfehlung aufgreifen, und zwar die Prüfrechte des Landesrechnungshofes gegenüber den Mitgliedern dieses Hohen Hauses.

Bei der Wahrnehmung dieser Prüfrechte sind nicht nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Transparenzgebot zu beachten, sondern vor allem auch die ebenfalls durch die Verfassung gewährleistete Unabhängigkeit der Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandats. Ich finde es wichtig, dass wir das noch einmal in der Entschließung festgestellt haben.

Ich darf Sie nun alle bitten, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Kollege Striegel. - Für die SPDFraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte. Das macht die Regie immer bei solchen Themen, zu denen hier im Haus große Einigkeit besteht und bei denen mit politischen Auseinandersetzungen nicht zu rechnen ist.

In der Situation befinde ich mich jetzt. Ich könnte jetzt mit anderen Worten das Gleiche sagen, was meine Vorredner hier bereits vorgetragen haben. Inhaltlich beschäftigen wir uns mit den gleichen Problemen und Fragen und haben - das zeigt die einstimmige Beschlussempfehlung - hier auch gleiche Handlungsansätze verabredet.

Daher kann ich nur das wiederholen, was ich vorhin gesagt habe: Ich bitte um Unterstützung dieser Beschlussempfehlung und möchte mir eine Wiederholung inhaltlicher Ausführungen ersparen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)