Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir gehen weiter in der Debatte. Als Nächster hat für die CDU-Fraktion Herr Kurze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat eine Änderung des § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt beantragt. Wir haben über dieses Thema im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung debattiert und einen Beschluss gefasst, der heute zur Abstimmung steht.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode mit der Änderung der Geschäftsordnung eine umfangreiche Parlamentsreform durchgeführt, bei der wir einen großen Konsens hergestellt und relativ viele Dinge verändert haben, die sich heute positiv nicht nur auf das Parlamentsgeschehen, sondern am Ende auch auf die Dinge, über die wir hier debattieren und in die Öffentlichkeit tragen, auswirken.

Wenn wir in den § 85 der Geschäftsordnung schauen, stellen wir fest, dass wir schon heute in den Ausschüssen die Öffentlichkeit herstellen können,

(Dr. Katja Pähle, SPD: Eben!)

indem wir bei der Vorbereitung der Tagesordnung beantragen können - entweder eine Fraktion oder der Ausschussvorsitzende -, dass in der Folgesitzung über diesen Tagesordnungspunkt öffentlich beraten wird. Das bringt für alle Fraktionen mit sich, dass jede Fraktion die Öffentlichkeit mitbringen kann, die sie sich wünscht. Es kann also niemand überfordert werden, es ist ein faires Verfahren.

Dieses haben wir in einem großen Konsens in der Geschäftsordnung verankert. Wir haben damals gesagt, auch das werden wir weiter fortentwickeln. Wir haben als Kenia-Koalition sogar in unseren Koalitionsvertrag geschrieben,

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

dass wir in dieser Legislaturperiode eine erneute Parlamentsreform anstreben werden, der wir uns im Jahr 2017 widmen wollen. Dann schauen wir, was wir weiterentwickeln können und wo wir vielleicht noch mehr Transparenz und Öffentlichkeit herstellen können.

Jetzt mit einem Antrag schnell etwas zu beschließen, was wir in der Geschäftsordnung ändern wollen, halten wir für nicht richtig. Wir sind nicht für Schnellschüsse, wir wollen ein ordentliches Verfahren und einen breiten Konsens in diesem Hohen Haus. Ich bin sehr optimistisch, dass uns das gelingen wird.

Daher werden wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und können dem Ansinnen der AfD-Fraktion nicht folgen; denn wir haben schon jetzt die Möglichkeit, diese Öffent

lichkeit herzustellen. Wenn wir noch mehr Öffentlichkeit wollen, dann wird uns das sicherlich auch im Rahmen der Parlamentsreform mit einer Fortschreibung der Geschäftsordnung gelingen. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)

Ich sehe eine Wortmeldung von Herrn Roi. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Kurze, Sie haben auf die Parlamentsreform im Jahr 2017 hingewiesen. Sie wollen einen breiten Konsens. Das ist alles so weit gut und schön. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wie wird sich die CDU-Fraktion zu diesem konkreten Punkt, der heute besprochen wurde, verhalten? Sind Sie der Meinung, dass die Zeit gekommen ist und die Ausschüsse öffentlich tagen müssen? - Wenn das so wäre, dann hätten wir fünf Fraktionen, die das so sehen. Deshalb interessiert mich die Meinung Ihrer Fraktion dazu.

Wo fange ich da an?

(Zuruf von der CDU)

Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Wir kennen alle dieses Sprichwort. Von daher ist das eine relativ schwierige Frage, die man aber beantworten muss.

Die Öffentlichkeit bringt in vielen Diskussionen eine ganze Menge. Aber - wie bei einer Medaille gibt es immer zwei Seiten - an anderer Stelle - es kommt immer auf die Themen an - kann die Öffentlichkeit in einer konstruktiven Diskussion über die Sache auch hinderlich sein.

Das kennen sicherlich alle, die in kommunalen Parlamenten vertreten sind: Ist die Presse anwesend, gibt es manche interessante Debatte, die hinter verschlossenen Türen so nicht stattgefunden hätte. Wenn die Öffentlichkeit vertreten ist, will natürlich jeder jedem gefallen und will das Beste für sich und seine Fraktion herausholen. Genau das muss bei einer Diskussion über die Sache - wir haben hier manchmal relativ schwierige Entscheidungen zu treffen - verhindert werden.

Es muss also eine Diskussionskultur und einen Entscheidungsprozess geben, bei dem man unbefangen an die Sache herangehen und auch unbefangen entscheiden kann. Ich plädiere dafür, es situationsabhängig zu machen: mal mit und mal ohne Öffentlichkeit. Am Ende, wenn die Ergebnisse feststehen, werden diese Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert.

Von daher sehe ich das für uns als den richtigen Weg. Wir schauen mal, was in der Diskussion zur Parlamentsreform und zur Geschäftsordnung auf uns zukommt. Dann werden wir sehen, wo wir am Ende einen breiten Konsens herstellen können und wo nicht.

(Daniel Roi, AfD: War das jetzt ein Nein?)

Zumindest ist die Antwort des Herrn Kurze erschöpft. - Wir gehen weiter in der Debatte. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Gebhardt. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren von der AfD, das passiert mit Schaufensteranträgen,

(Zustimmung bei der LINKEN)

wenn man von vornherein deutlich macht, dass es als ein Schaufensterantrag gedacht war.

Herr Striegel als Berichterstatter des Ausschusses hat ausgeführt, dass es im Ausschuss von den Koalitionsfraktionen ein Angebot gab, diesen Antrag nicht sofort zu behandeln, sondern ihn liegen zu lassen und in eine bevorstehende Parlamentsreform einzuspeisen. Das ist im Ausschussprotokoll nachlesbar. Dieses Angebot wurde von Ihrer Fraktion abgelehnt.

Wer glaubt, dass dann während dieses Tagesordnungspunktes im Ausschuss eine leidenschaftliche Debatte vonseiten der AfD entbrannt wäre, in der noch einmal deutlich inhaltlich argumentiert worden wäre, warum man öffentliche Ausschusssitzungen wolle, findet im Protokoll dazu nichts.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Im Protokoll findet sich eine Wortmeldung von der AfD-Fraktion - jetzt mache ich einmal eine Ausschusssitzung transparent -,

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei der SPD)

die nur in der Aussage besteht, dass man darum bittet, in der heutigen Sitzung darüber abzustimmen. Das war’s.

So stelle ich es mir vor, wenn man einen Antrag ins Schaufenster stellen will, aber im Ausschuss keine inhaltlichen Begründungen dazu abgibt.

Wer es mit der Transparenz ernst meint, stellt diese zuerst bei sich selbst her, meine Herren von der AfD. Fangen Sie damit bei sich an! Machen Sie Ihre Fraktions- und Arbeitskreissitzungen öffentlich; dann wären zumindest Ihre politischen Entscheidungen für die Bürgerinnen und Bürger nach außen nachvollziehbar.

Weil wir es mit der Öffentlichkeit und der Transparenz ernst meinen, führen wir unsere Fraktionssitzungen und Arbeitskreissitzungen öffentlich durch und werden deshalb auch weiterhin glaubhaft für öffentliche Ausschusssitzungen streiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Erben.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Es würde ja auch schon helfen, wenn man den einen oder anderen Journalisten bei seinen Par- teitagen zulässt!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird der Beschlussempfehlung aus dem Rechtsausschuss heute hier folgen. Insofern habe ich dem von mir während der ersten Beratung des Antrages in diesem Hohen Haus Gesagten nicht wahnsinnig viel hinzuzufügen.

Ich will nur die Gelegenheit nutzen. Als ich damals hier gesprochen und auf die Vorschrift des § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung hingewiesen habe, nach der es möglich ist, die Öffentlichkeit in Ausschusssitzungen zeitweise zuzulassen, gab es einen Zwischenruf der AfD-Fraktion hinsichtlich der Antragstellung durch die Fraktion der AfD, nämlich in diesem Falle der Nichtantragstellung. Protokolliert wurde der Zwischenruf „Lüge“.

Ich will das an dieser Stelle ausdrücklich zurückweisen. Ich habe alle Ausschussprotokolle geprüft. Dabei wurde mir bestätigt, dass es keinen solchen Antrag nach § 85 Abs. 1 durch die AfDFraktion zum damaligen Zeitpunkt gab.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es!)

Aber es ist gut, dass ich damals so umfangreich auf diese Vorschrift hingewiesen habe; denn zwischenzeitlich gab es eine Reihe solcher Anträge, denen die Koalition im Übrigen auch zugestimmt hat.

In der nächsten Sitzung des Innenausschusses werden der Landrat von Stendal und der Wahlleiter der Stadt Stendal befragt. Dies wird in öffentlicher Sitzung geschehen.

(Zuruf von der AfD)

Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, auf den man an dieser Stelle hinweisen sollte. Wir haben das eben nicht blockiert, sondern haben zugestimmt.

(Zustimmung bei der SPD)

Für uns bleibt es dabei, dass über die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen im Rahmen der Parlamentsreform sehr ausführlich diskutiert werden kann und auch diskutiert werden muss; denn auch uns geht es um mehr Öffentlichkeit im Ausschussverfahren. Aber einfach das Wort „nichtöffentlich“ durch das Wort „öffentlich“ zu ersetzen ist nun einmal zu einfach.

Das, was Sie ursprünglich beantragt haben, geht weit über das hinaus, was heute für die Öffentlichkeit bzw. Nichtöffentlichkeit von Ausschuss- oder auch Gemeinderatssitzungen gilt. Sie brauchen klare Regelungen, wann etwas zwingend nichtöffentlich zu behandeln ist. Sie stellen das in die Entscheidungsfreiheit des Ausschussvorsitzenden oder einer Zweidrittelmehrheit des Ausschusses. Das würde den schutzwürdigen Interessen von Personen nicht ausreichend gerecht werden. Ich bitte folglich nochmals um die Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses.