Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Wir müssen im Land Projekte angehen, die unser Land lebenswert machen, die den Bedarfen und Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger entsprechen. Wir dürfen uns nicht Probleme aufhalsen, die andernorts verursacht wurden.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Ich danke Frau Eisenreich für die Ausführungen. - Jetzt spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Der Abfallwirtschaftsplan des Landes Sachsen-Anhalt wird derzeit fortgeschrieben. Der aktuelle Entwurf befindet sich gerade im Beteiligungsverfahren.

Ausweislich des Entwurfes ist gegenwärtig der Trend einer Zunahme von Abfallimporten aus benachbarten Bundesländern festzustellen, auch hinsichtlich der Abfälle zur Deponierung. Zentrales Ziel der Abfallwirtschaftsplanung ist die Umsetzung der Abfallhierarchie. Das heißt, es geht um die Vermeidung und die Nutzung alternativer Verwertungswege im Vorrang zur finalen Beseitigung von Abfällen in Deponien.

Gegenstand der Abfallwirtschaftsplanung ist also nicht vordergründig schlicht die Ausweisung von Abfallbeseitigungskapazitäten. Das wäre zu kurz gesprungen. Aber dennoch bleiben Deponien auf absehbare Zeit Bestandteil einer modernen Abfallwirtschaft, insbesondere um Schadstoffanreicherungen im Wertstoffkreislauf zu verhindern.

Der Planentwurf, der gerade in der Anhörung ist, weist keinen - ich betone: keinen - zusätzlichen Deponiebedarf für Sachsen-Anhalt aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Deponie kann in Sachsen-Anhalt auch nur dann genehmigt werden, wenn im Rahmen des abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens im Zuge der Planrechtfertigung fundierte Darlegungen zum Bedarf erfolgen. Wir sehen diesen Bedarf für Deponien der Klasse 1 und für Deponien der Klasse 0 ohnehin nicht. Ich habe es schon gestern gesagt: Bei Deponien der Klasse 0 müssen wir uns mittelfristig darauf orientieren, dass wir sie gar nicht brauchen; denn dort werden Dinge abgelagert, die wir verwenden oder recyceln können.

(Beifall bei der LINKEN - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Wir werden immer Deponien der Klasse 1 brauchen. Aber für Deponien der Klassen 0 und 1 sehen wir im Rahmen des Zeitraumes, für den der Abfallwirtschaftsplan gilt, keinen Bedarf.

Es liegt nicht im Landesinteresse, wenn Abfälle zum vorrangigen Zweck der Deponierung nach Sachsen-Anhalt verbracht werden. Vielmehr ist es die klare politische Zielstellung - so steht es auch im Koalitionsvertrag -, dass Abfallimporte mittel- bis langfristig im Rahmen des geltenden Rechts zu reduzieren sind.

Die Erreichung des Ziels der schonenden Nutzung der vorhandenen Deponiekapazitäten und des Ausbaus neuer Deponiekapazitäten, im Wesentlichen orientiert am Landesbedarf, erfordert eine Reihe von Maßnahmen und Instrumenten in unterschiedlichen Bereichen, beginnend bei der Abfallvermeidung bis hin zur Steigerung der Verwertungsmengen. Als Beispiel möchte ich hier insbesondere die Förderung des Einsatzes von Recyclingbaustoffen nennen, wo wir im Land eigentlich gut aufgestellt sind.

Zur Umsetzung der Festlegungen aus dem Koalitionsvertrag müssen diese verschiedenen Optionen und Handlungsmöglichkeiten zur Eindämmung von Abfallimporten systematisch untersucht und danach abgewogen und abgestimmt werden.

Wir als Landesregierung haben keine Instrumente, um Müllimporte zu stoppen. Wir haben aber die Möglichkeit, die in der Koalitionsvereinbarung fixierte Zielsetzung, Abfallimporte im Rahmen des geltenden Rechts zu reduzieren, zu erreichen. Daran werden wir intensiv arbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Danke für die Ausführungen, Frau Ministerin. Es gibt keine Fragen. - Wir treten jetzt in die Debatte ein. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen. Ich bitte Herrn Abg. Radke von der CDU nach vorn. Herr Abg. Radke, Sie haben das Wort.

Recht schönen Dank, Herr Präsident! - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Abfall wird uns sicherlich noch intensiv im Umweltausschuss beschäftigen müssen. Das, was ich bisher gehört habe, macht deutlich, dass es noch einige offene Frage gibt, die, wenn auch nicht zu klären, so doch weiter zu erörtern sind.

Es ist schön, dass sich die Ministerin dahin gehend geäußert hat, dass es keinen Bedarf für Deponien mehr gibt. Das habe ich so deutlich verstanden und das nehme ich positiv zur Kenntnis.

Abfall war lange Zeit etwas, das man einfach weggeworfen hat, mit allen negativen Folgen für unsere Umwelt. Viele von Ihnen erinnern sich noch lebhaft an die enormen Umweltverschmutzungen in der DDR. Nicht nur die Luft war damals schlecht, auch der Umgang mit den chemischen Rückständen und den Abfällen aller Art war aus heutiger Sicht sehr lasch und alles andere als umweltgerecht oder nachhaltig.

Da der Antrag mit dem Titel „Müllimporte stoppen!“ von der LINKEN stammt, möchte ich zumindest daran erinnern, dass der heutige Wunsch und die frühere Wirklichkeit deutlich auseinanderklaffen. Bis heute versuchen wir mühevoll und inzwischen mit Milliardenaufwand, den Hinterlassenschaften aus dieser Zeit Herr zu werden. Auch das ist nach nur 26 Jahren deutscher Einheit ein Teil der Wahrheit. Im Lichte solcher Anträge sollte man gelegentlich daran erinnern.

Heute, in der Zeit steigender Rohstoffpreise, haben wir jedoch einen anderen Blick auf den Abfall

und auf unsere Deponien. Wir sind in der Lage, Stoffe zurückzugewinnen. Was früher Müll war, unbrauchbar und wertlos, ist heute zu einem großen Teil Wertstoff. Das Abfallprodukt wird zum Rohstoff und tritt wieder in den Wirtschaftskreislauf ein. Das ist die Idee von Recycling. Recycling ist heute fachgerechte und ökologische Entsorgung, vor allem aber Verwertung und Wiedergewinnung. Müll ist deshalb ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Im Jahr 2015 generierten knapp 6 000 Entsorgungsunternehmen in Deutschland mit rund 165 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 40 Milliarden €. Unabhängig davon ist jedes Unternehmen bestrebt - glauben Sie mir, nicht nur aus ökonomischen Gründen -, Produktionsprozesse so zu gestalten, dass Rohstoffe optimal genutzt und Abfälle vermieden werden können. Wir reden von Stoffkreisläufen, die nicht nur der Abfallvermeidung, sondern auch dem Klimaschutz zugutekommen.

Kein Land in Europa und vermutlich sogar weltweit ist technisch in der Lage, Müll so gut zu separieren und aufzubereiten wie Deutschland. Wir haben hierzulande eine außergewöhnlich leistungsfähige Entsorgungswirtschaft, die auch für unsere europäischen Partner vorbildhaft ist und daher zu Recht intensiv genutzt wird.

Warum erzähle ich das? Niemand will, dass sich unser Bundesland in eine einzige große Mülldeponie verwandelt. Ich denke, dazu herrscht fraktionsübergreifend Konsens, erst recht nach den kriminellen Vorfällen in den letzten Jahren. Sachsen-Anhalt hat einen Abfallwirtschaftsplan, darin ist alles streng geregelt. Daher sind die Befürchtungen der LINKEN unbegründet.

Wenn man es in Europa mit dem Umwelt- und Klimaschutz ernst meint, dann muss man auch akzeptieren, dass wir jene Länder bei der Müllentsorgung unterstützen, die diese Kapazitäten nicht haben. Umgekehrt exportiert auch Deutschland Abfälle, die hierzulande nicht entsorgt werden können, in andere Länder. Das ist auch gut so; denn unser Ziel muss es europaweit sein, das Abfallaufkommen so gering und so unschädlich wie möglich aufzubereiten.

Ich bin den Kollegen Aldag und Barth sehr dankbar dafür, dass wir uns auf einen Alternativantrag verständigt haben. Wir haben den Blick nicht nur auf Müllvermeidung, sondern auch auf Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft gerichtet, weil uns der Antrag der LINKEN zu kurz greift.

Müll ist kein Wegwerfprodukt - ich habe es am Beginn meiner Rede beschrieben -, sondern ein wertvoller Rohstoff. Wir gewinnen daraus nicht nur Stoffe zurück, sondern wir gewinnen daraus auch Energie und Wärme. In vielen Kommunen würden die Müllgebühren deutlich höher sein,

wenn wir unsere Müllverbrennungsanlagen nicht optimal auslasten würden. Auch das soll nicht unerwähnt bleiben.

Der Antrag der LINKEN greift einfach zu kurz.

Über das Thema Mülldeponien - dazu möchte ich mich mit Jürgen Barth noch einmal verständigen - müssen wir in den nächsten Umweltausschusssitzungen ganz dringend reden. Darum bitte ich Sie, dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage des Abg. Herrn Gebhardt?

Bitte.

Herr Radke, ich habe zwei Fragen. Erstens. Sie haben sehr leise gesprochen, es kann sein, dass ich es akustisch nicht richtig verstanden habe, aber bei mir ist angekommen, dass das alles noch viel mit Hinterlassenschaften aus der DDR zu tun hat, denen man sich stellen muss. Können Sie mir erklären, was eine Deponie, die in der Stadt Mansfeld im Ortsteil Großörner entstehen soll, wo pro Jahr 75 000 m³ Schutt aus den alten Bundesländern angefahren werden, mit der DDR zu tun hat?

Zweitens. Sie haben gesagt, dass sich die Bundesländer auch gegenseitig helfen müssen und dass die Länder Unterstützung für andere Länder leisten müssen, in denen die Kapazitäten für Deponien nicht vorhanden sind. Denken Sie, dass die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg aufgrund ihrer Fläche diese Kapazitäten, anders als Sachsen-Anhalt, nicht haben?

Vielleicht so viel: Die technischen Kapazitäten, die wir in Sachsen-Anhalt haben - so wurde mir das mitgeteilt bzw. so konnte ich das recherchieren -, haben andere Bundesländer, auch alte Bundesländer, nicht. Die technischen Voraussetzungen sind entscheidend dafür, wie der Müll verwertet und aufbereitet wird.

Der Umgang mit Müll in der DDR war anders. Natürlich haben heutige Deponien nichts mehr mit der DDR zu tun. Das ist ganz klar. Aber der Um

gang und die Betrachtungsweise, wie man damit umgehen soll, waren einfach anders.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Was hat das aber jetzt damit zu tun?)

Wenn es keine weiteren Fragen gibt, danke ich dem Abg. Herrn Radke für die Ausführungen. - Für die AfD spricht jetzt Herr Olenicak. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/589 und der Alternativantrag der Regierungskoalition in der Drs. 7/641 tragen den Titel „Müllimporte stoppen!“. Diese Aussage unterstützt die AfD-Fraktion vollumfänglich.

(Beifall bei der AfD)

In diesen Anträgen wird festgestellt, dass sich Sachsen-Anhalt zu einem Müllimportland entwickelt hat und dass die damit verbundenen Beeinträchtigungen für die Bürger und die Umwelt nicht mehr tragbar und nicht hinnehmbar sind.

Fakt ist, dass nicht nur feste Abfälle nach Sachsen-Anhalt importiert werden, sondern dass auch Gülleimporte das Grundwasser zunehmend belasten.

(Zustimmung bei der AfD)

Die bereits von der EU gerügte zu hohe Nitratbelastung führt zu der Pflicht, hierauf entsprechend zu reagieren. Wir brauchen ein konsequentes Umdenken im Umgang mit unserer Heimat.

(Katrin Budde, SPD: Deutschland!)