Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Unruhe - Sebastian Striegel, GRÜNE: Nichts!)

Diese Frage müssen Sie beantworten, nicht ich.

Vielen Dank. - Als letzter Fragesteller - ich hatte angekündigt, pro Fraktion sind drei Anfragen möglich - ist Herr Farle an der Reihe. Herr Farle, bitte. Sagen Sie bitte vorher, ob es eine Kurzinvention oder eine Frage ist.

Das sage ich immer. - Es ist eine Kurzintervention.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Überraschung! - Dr. Falko Grube, SPD: Da freuen wir uns!)

Wir haben tatsächlich schon Mitte März mit der Arbeit der Fraktion begonnen, und zwar zum Thema AZV, dazu einen Arbeitskreis laufen gehabt und schon zwei Sitzungen vor dem 31. März durchgeführt.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Für 138 000 €? - Sebastian Striegel, GRÜNE: Der teuerste Arbeitskreis! - Unruhe)

Das ist die Wahrheit, die Sie nicht hören wollen. Das ist Ihr Problem. Wir haben in der Woche direkt nach der Wahl voll gearbeitet. Wir haben einen zusätzlichen Abgeordneten bekommen. Dann konnten wir uns erst richtig konstituieren, weil wir die Wahl dann erst vornehmen konnten. Nehmen Sie das irgendwann einmal zur Kenntnis und dann ist es gut.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Aber die ganze Diskussion wird von Ihnen - insbesondere vorher von der CDU, aber auch von Ihnen - in einen falschen Kanal gelenkt.

(Unruhe - Sebastian Striegel, GRÜNE: Und Sie haben den Kanal gebaut!)

Die Diskussion über die Funktionszulagen ist für uns der Beginn der Diskussion darüber, dass wir verbindliche Regeln haben wollen, dass die Aufwendungen für die Zahlung von Funktionszulagen an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts angepasst

(Unruhe - Siegfried Borgwardt, CDU: Die gilt doch! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Die gibt es doch!)

und das heißt: nach unten korrigiert werden. Wenn die LINKEN sich daran gehalten und erfreulicherweise weniger Funktionszulagen gezahlt haben, als das zum Beispiel andere Fraktionen in diesem Hause getan haben, dann ist das positiv. Das erkenne ich ausdrücklich an. Auf dem Weg sind wir. Wir wollen nämlich, dass alle an dem Punkt sparen.

Als Nächstes werden wir in dieses Hohe Haus eine Initiative einbringen, bei der es um die Frage

der Rücklagenbildung und der künftigen Ausstattung der Fraktionen mit den Fraktionszulagen geht. Aber das ist der Zukunft vorbehalten.

Herr Farle, die zwei Minuten sind um.

Danke sehr. - Wir wollen Steuern sparen.

(Oh! und Lachen bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Gebhardt. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Das ist der Abg. Herr Striegel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in den vergangenen Jahren, vermutlich auch in den vergangenen Minuten Zeugen eines bemerkenswerten Verfalls politischer Urteilsfähigkeit geworden. Der Steuerzahlerbund Sachsen-Anhalt hat sich vom eigenen Anspruch verabschiedet, Teilnehmer sachbezogener Auseinandersetzungen und Wahrer der Interessen von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in unserem Bundesland zu sein.

Spätestens seit der Veröffentlichung eines mit Polemiken angereicherten, von teilweiser Ahnungslosigkeit und gefährlichem Halbwissen geprägten Papiers zur Praxis der Zahlung von Fraktionskostenzuschüssen im Landtag von Sachsen-Anhalt ist klar: Hier geht es nicht um eine Sachauseinandersetzung. Mit wissentlich falschen Anschuldigungen und Verdächtigungen, die in unbegründeten Anzeigen gegen eine nicht näher bekannte Zahl von Personen münden, hat sich der Verein aus einer mit Argumenten geführten Debatte zurückgezogen.

Hintergrund ist offenbar die innerverbandliche Profilierung. Vor den nächsten Vorstandswahlen soll mit Falschinformationen, illegal aus dem Bereich des Landesrechnungshofs entwendeten Dokumenten und durch unzulässige Rückschlüsse Stimmung gemacht werden. Das hilft in der Sache nicht weiter.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulrich Siegmund, AfD, lacht)

Meine Damen und Herren! Es kann nun wirklich nicht erstaunen, dass die AfD als selbsternannte Antisystempartei die Fakenews des Steuerzahlerbundes aufgreift und demokratische politische Akteure der Verschwendung, ja Veruntreuung von Fraktionsmitteln bezichtigt.

Meine Damen und Herren! Das ist postfaktischer Unfug.

(Lachen bei der AfD)

Die gezielte Desinformation der Öffentlichkeit, aber auch die Lüge, all das gehört zu Ihrem politischen Programm. Sparsamkeit mit der Wahrheit nannten Sie das gestern in der Debatte.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Erstaunlich ist aber, dass Sie, die AfD-Fraktion selbst, den größten Griff in die Taschen des Steuerzahlers betreiben und dies gleichzeitig anderen zum Vorwurf machten.

Die AfD-Fraktion ist als die zweitgrößte Fraktion im Hause gleichzeitig Empfängerin des höchsten Betrags von Fraktionszulagen hier im Hause. Die vom Steuerzahlerbund so heftig gescholtene Erhöhung der Fraktionszulagen, der Zuschüsse geht zum überwiegenden Teil darauf zurück, dass die AfD neuerdings alimentiert werden will. Nur ein geringerer Teil dient dem Ausgleich von Inflation und Lohnsteigerungen.

Als AfD-Fraktion werden Sie im nächsten Jahr 1,78 Millionen € erhalten.

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Da sind Sie neidisch!)

Geld, das Ihnen im Rahmen der Gesetze für Ihre politische Arbeit zusteht. Keine Frage! Sie haben in diesem Jahr durch wirklich maximale Ausnutzung der Gesetzeslage dafür gesorgt, dass Ihnen im März 2016 Fraktionszuschüsse in voller Höhe überwiesen wurden, obwohl Sie sich erst in allerletzter Sekunde konstituierten.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Es war eine Willensentscheidung, das zu tun. Sie mussten das nicht. Ihr Herr Fraktionsvorsitzender hat sogar zugegeben, dass das nur einem Ziel diente, der Gier, nämlich der maximalen Ausnutzung dessen, was aus dem Land herauszupressen war.

Diese schmarotzerische Ausnutzung einer gesetzlichen Regelungslücke durch die AfD hat den Steuerzahler satte 138 000 € gekostet. Sie haben die Bürgerinnen und Bürger ganz offensichtlich mit dem teuersten Arbeitskreis zum Thema Abwasser ordentlich geschröpft, weil Sie es konnten, nicht weil Sie es mussten. Das haben Sie, Herr Poggenburg, ganz unumwunden zugegeben.

(Robert Farle, AfD: Er ist nicht da! - Heiter- keit bei der AfD)

Sie haben zudem Geld für parteipolitische Zwecke eingesetzt, wenn stimmt, dass Sie als Fraktion zu Dankesfeiern für Ihre Wählerinnen und Wähler

eingeladen haben. Das wäre, wenn überhaupt, Aufgabe der Partei.

Wir werden also sehen, wann wir das nächste Mal über Veruntreuung von Steuermitteln in diesem Hause zu sprechen haben. Ich bin gespannt.

Im nächsten Schritt nach der Konstituierung hat die AfD-Fraktion in Sachen Funktionszulagen dann noch einmal richtig auf die Kacke gehauen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Herr Striegel!)

Sieben Vorstandsmitglieder wollten versorgt sein. Insgesamt haben Sie damit seit Beginn der Wahlperiode nach eigenen Angaben rund 50 000 € ausgereicht, die Sie nun, weil nach Ihrer Einschätzung angeblich illegal, zurückzahlen wollen. Wohin eigentlich? - Auch das ist hier schon gesagt worden: nicht an den Steuerzahler zurück, nein, zurück in die eigene Fraktionskasse.

Im Himmel ist, so wissen wir Christen im Abend- und im Morgenland, größere Freude über einen reuigen Sünder als über 100 Gerechte. Sie aber sind keine reuigen Sünder, sondern selbstgerechte Pharisäer. Ihnen geht es gar nicht darum, die Regelung zu den Funktionszulagen einer offenen, Sachargumente und rechtliche Fragestellungen wägenden Debatte zugänglich zu machen. Sie zeigen mit dem Finger auf andere, merken aber nicht, dass die vier anderen Finger Ihrer Hand auf Sie zurückweisen. Was Sie betreiben, ist Wählerverdummung ohne Sinn und Verstand.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Dass es auch anders geht, meine Herren, haben Menschen vor Ihnen bewiesen. Als im März 2011 eine neue Fraktion die Bühne des Landesparlaments betreten sollte, entschieden sich die neun Abgeordneten dieser Fraktion, sich erst zu Monatsbeginn zu konstituieren. Weil die Rechtslage differenziert zu betrachten war, regelten die neuen Abgeordneten, zunächst keinerlei Funktionszulagen zu zahlen. Nach neunmonatiger Prüfung und Würdigung aller bis dahin zur Verfügung stehenden Rechtsprechung zum Thema und intensiver Debatte wurde beschlossen, nur an zwei Fraktionsmitglieder eine solche Zulage auszuzahlen. Diese Praxis haben wir GRÜNE bis heute beibehalten - dies ist übrigens auch bei uns nachlesbar - und wir bewegen uns damit auf verfassungsrechtlich sicherem und im Übrigen auch vom Landesrechnungshof nicht beanstandeten Terrain.

Was die Rücklagen von Fraktionen anbelangt, so hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sparsamkeit an den Tag gelegt. Mittel, die wir aufgrund von guter Haushaltsführung und sparsamer Arbeitsweise nicht verbraucht haben, sind von uns an die Landeskasse, die Bürgerinnen und Bürger zurückgeführt worden. Insgesamt haben wir rund 60 000 €

zurückgezahlt. Die GRÜNEN haben das Säckel des Steuerzahlers geschont. Sie nicht! An Ihrer Verschwendungssucht trägt das Land noch.

Die heute geltende Regel, wonach maximal 60 % der Fraktionskostenzuschüsse eines Jahres ins Folgejahr zurückgestellt werden können, kommt insbesondere Fraktionen, die sich im Aufbau befinden, zugute. Sie ist, anders als die Vorläuferregelung, verfassungsfest und praktikabel. Sie, meine Herren von der AfD, profitieren von dieser Regelung. Wenn Sie die alte 20%-Regelung ernst nehmen wollen, bin ich gespannt, wie viel Geld Sie in zwei Wochen der Landtagsverwaltung tatsächlich zurücküberweisen werden.

Zeigen Sie den Wählerinnen doch, dass Sie nicht nur Worthülsen dreschen. Geben Sie alles zurück, was Ihnen nach Ihren eigenen Maßstäben gar nicht zusteht, alles auf Heller und Pfennig - das wäre wirklich eine Tat - und proleten Sie hier nicht nur herum!