Entscheidend ist weiterhin, das Sicherungsniveau auf einer fest definierten Untergrenze zu halten. Derzeit geht die Bundesregierung von einem Niveau in Höhe von 46 % als untere Haltelinie aus. Bei dem Beitragssatz wird an der Obergrenze von 22 % bis zum Jahr 2030 festgehalten und von 25 % bis zum Jahr 2045 ausgegangen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll ein zusätzlicher neuer Bundeszuschuss, der sogenannte Demografiezuschuss, eingerichtet werden. Sie haben es selber vorhin auch gesagt, die LINKE fordert heute mindestens 53 %, geht also deutlich darüber hinaus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Aus meiner Sicht ist der von Bundesministerin Nahles vorgeschlagene Weg einer doppelten Haltelinie in Bezug auf das Sicherungsniveau und den Beitragssatz vernünftig und ausgewogen. Politisches Ziel muss es sein, durch geeignete wirtschaftliche und sozialpolitische Maßnahmen das Sicherungsniveau dauerhaft auf dem gegenwärtigen Stand von 48 % des Durchschnittslohns zu halten und den Beitragssatz nicht über 24 % steigen zu lassen.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll eine neu eingeführte Solidarrente rentenerhöhend wirken, wenn Versicherte trotz langjähriger Beitragsleistung nur geringfügige Rentenansprüche erwerben.
Es ist also einiges in Bewegung und auch einiges Gutes in Bewegung. Die Rente mit 63 war ein erster wichtiger Schritt hierzu. Die von der Fraktion DIE LINKE aufgemachten Forderungen hätten unter anderem zur Folge, dass die Rentenversicherungsbeiträge massiv steigen müssten.
Auch eine Erweiterung der Versicherungspflicht auf alle Erwerbstätigen ist keine gezielte Maßnahme, um Altersarmut zu begrenzen.
Die Landesregierung wird sich in dem kommenden Gesetzgebungsverfahren dafür einsetzen, dass soziale Komponenten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung enthalten sind, wie zum Beispiel die Bewertung von Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten - hierzu ist das Stichwort Mütterrente - und die Kosten für die Rentenangleichung Ost/West, nicht aus Beitragsmitteln, sondern steuerfinanziert werden.
Auch in Bezug auf die Rentenangleichung Ost/West werde ich mich - da weiß ich auch den Ministerpräsidenten an meiner Seite - dafür starkmachen, dass diese nicht noch weiter verzögert, sondern wie im Koalitionsvertrag des Bundes vereinbart abgeschlossen wird.
Ich setze auch hier darauf, dass mehrere ostdeutsche Ministerpräsidenten, angeführt von dem Ministerpräsidenten Erwin Sellering, das bei der Bundesregierung anmahnen. Das wird gemeinsam gemacht, und ich glaube, da sind sich auch alle ostdeutschen Ministerpräsidenten einig, egal welcher Couleur. - Herzlichen Dank.
Frau Ministerin, ich sehe zwei Nachfragen. Zuerst hat sich der Abg. Rausch von der AfD gemeldet und dann Herr Knöchel. - Herr Rausch, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin! In Deutschland gibt es ca. 43 Millionen Erwerbstätige. 40 % von diesen verdienen ca. 2 000 € brutto oder weniger, weil wir den größten Niedriglohnsektor in Europa haben. Wenn wir bei diesem Rentenniveau bleiben, das Sie jetzt gerade angesprochen haben mit der doppelten Haltelinie - dass Sie das alles gut finden -, finden Sie dann, dass diese 48 % von diesem Netto der Durchschnittsbürger in Ordnung sind und ausreichend für den Rentenalltag, oder finden Sie, das ist zu wenig?
Ich habe schon erwähnt, dass es zu wenig ist und deswegen die Bundesregierung noch zusätzlich eine Solidarrente einführen wird, die rentenerhöhend wirkt, wenn Versicherte trotz langjähriger Beitragsleistung nur geringfügige Rentenansprüche erwerben.
Wenn Sie auch gestern der Debatte gefolgt sind, die mein Kollege Armin Willingmann bestritten hat, dann wird umso deutlicher, dass wir gar nicht mehr in dem Bereich Niedriglohn weitermachen dürfen, sondern dass wir wirklich gute Arbeit und gute Löhne brauchen. Die Forderungen, dass man den Mindestlohn anhebt, dass man gute Tariflöhne macht, das alles führt dazu, dass zumindest zukünftig die Menschen von dem, was sie das ganze Leben lang eingezahlt haben, die Rente bestreiten können. Das ist ein ganz großer Kreislauf.
Ihre Antwort ehrt Sie. Ich möchte Sie aber fragen, ob Sie wissen, welche Parteien denn für das Rentendesaster verantwortlich sind.
Jetzt sind Sie ja dabei und können zeigen, dass Sie das zukünftig ganz anders machen werden. Ich denke, das ist eine ganz große gesellschaftspolitische Aufgabe, die Rente zukunftssicher zu machen. Ich glaube, wenn wir uns darin verzetteln, wer das Desaster, wie Sie sagen, zu verantworten hat, hilft uns das nicht weiter. Wir haben vielmehr über alle Grenzen hinweg, über alle Parteien die besten Lösungen zu suchen, wie wir das zukünftig machen.
Ich denke, es wird uns auch im nächsten Jahr und in den folgenden Jahren sehr beschäftigen, wie das, was wir hier machen, tatsächlich dazu führt, dass wir zukunftssichere Renten haben. Das wird eine generationenübergreifende Aufgabe sein und daran werden wir alle gemessen werden.
Frau Ministerin, Sie haben heute wieder das sehr oft zitierte, aber falsche Bild bemüht, dass immer weniger Arbeitnehmer für einen Rentner aufkom
men. Dass sie das bekommen, konkret richtig. Im Jahr 1962 waren es übrigens noch sechs Arbeitnehmer, die für einen Rentner aufgekommen sind.
Können Sie mir einmal sagen - Sie sagen, es gibt eine mathematische Logik, immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Rentner aufkommen; das funktioniert nicht -, welche Annahmen des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts, der Einkommen in unserer Gesellschaft dem denn zugrunde liegen?
Nach meiner Erinnerung war es immer möglich, dass weniger mehr finanzieren, weil der gesamtgesellschaftliche Reichtum, das Volkseinkommen gestiegen ist. Nimmt die Landesregierung an, wenn sie so eine Behauptung aufstellt, dass in Zukunft unser Volkseinkommen gleich bleibt, sinkt, oder gehen Sie vielmehr davon aus, dass die Verteilung noch mehr in Richtung Nichtarbeitnehmer gehen wird?
Ich wollte mit den Zahlen zum Ausdruck bringen, dass das Rentensystem, so wie wir es jetzt haben, dass wir es allein aus Versicherungsbeiträgen refinanzieren, nicht mehr zukunftssicher ist, weil wir aufgrund der demografischen Entwicklung die Verantwortung auf immer weniger Einzahler stützen.
Deswegen habe ich auch gesagt - das kommt auch immer mehr dazu -, dass immer mehr steuerfinanzierte Punkte hineinfließen. Das ist übrigens in Ihrem Bereich ähnlich, in Ihren Punkten, die Sie auf Bundesebene diskutieren.
Ich habe Sie also richtig verstanden, dass die Landesregierung für unser Land eine negative Wachstumsprognose hat? - Das ist Volkswirtschaft. Das ist Ökonomie.
Okay, also dann ist es eine Intervention und keine Frage. In Ordnung. Dann sind wir sozusagen mit der Diskussion durch. Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Wir können in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die Fraktion der CDU hat der Abg. Herr Krull das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich zum ersten Mal diesen Antrag las, kamen mir zwei Gedanken: „Ist denn schon Weihnachten?“ und „Wünsch dir was!“.
Dem Antragsteller müsste durchaus klar sein, dass die hier aufgebrachten Forderungen so auch nicht finanzierbar sind.
Um das gleich klarzustellen, das Thema ist von hoher Bedeutung und bedarf einer genauen und sachlichen Diskussion. Denn die geplante Rentenreform wird Auswirkungen haben, nicht nur für die, die bereits Bestandsrentner sind, und die rentennahen Jahrgänge, sondern auch für alle, die im Berufsleben stehen oder vielleicht auch in dieses Berufsleben erst eintreten werden.
Das Thema Altersarmut hat gesellschaftliche Bedeutung, aber es wurden hier auch schon Zahlen genannt. Bundesdurchschnitt bei den Rentnerinnen und Rentnern: 3 % erhalten Leistungen der Grundsicherung.
Wir haben uns in diesem Hause im September darüber unterhalten, dass 24 % der Kinder und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt Leistungen der Grundsicherung beziehen. Es wird also deutlich, welche Problemlagen in diesem Land existieren - wobei ich hier nicht aufrechnen will. Beide Themen sind wichtig.
Wenn wir uns aber die aktuelle Beschlusslage zur Rentenreform anschauen - das sind die Rentengipfel -, stellen wir Folgendes fest: Die Berechnung der Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird durch eine schrittweise Verlängerung der Zurechnung der Neuzugänge auf 65 Jahre nachjustiert. Das bedeutet eine erhebliche Verbesserung für diesen Personenkreis.
Der Gesetzentwurf zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge wird eingebracht und noch in dieser Wahlperiode beschlossen werden. Und die im Koalitionsvertrag vereinbarte solidarische Lebensleistungsrente wird weiter mit verschiedenen Modellen geprüft.
Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Angleichung der Rentenwerte Ost und West und das Abschmelzen der Höherwertung der Ostentgelte soll am 1. Januar 2018 beginnen und im Jahr 2025 abgeschlossen werden.
Gerade der letzte Punkt hat zu erheblichen öffentlichen Diskussionen geführt, und das zu Recht. Zurzeit bekommt ein Ostrentner rund 94 % - Entschuldigung, auch Ostrentnerin; wir wollen ja fair bleiben - der Durchschnittsrente eines vergleichbaren westdeutschen Rentners. Dieser Unterschied beruht darauf, dass das Einkommen in den ostdeutschen Bundesländern im Regelfall geringer ist, genauer gesagt zurzeit 17 % geringer. Dieser Nachteil wurde durch die Höherbewertung ausgeglichen.
Wenn jetzt geplant wird, die Rente erst fünf Jahre nach dem ursprünglich vereinbarten Termin anzugleichen und die Höherwertung gleichzeitig auslaufen zu lassen, dann haben wir ein großes Problem für die ostdeutschen Beschäftigten, die durch die relativ niedrigen Einkommen nicht in der Lage sind, genug Rentenpunkte anzusparen, und im Vergleich selbst jetzt noch ein geringes Einkommen haben und damit auch keine Ansparungen leisten können.
Deswegen begrüße ich ausdrücklich die Bestrebungen des Ministerpräsidenten, sich um Verbesserungen zu bemühen und auf Bundesebene entsprechende Initiativen zu starten. Ideen dafür gibt es bereits. Sie wurden unter anderen in Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität entwickelt.
Die vorgeschlagene doppelte Haltelinie, die bereits erwähnt worden ist, also zum einen das Rentenniveau und zum anderen die maximale Beitragshöhe, ist aus meiner Sicht sehr ambitioniert. Die demografische Entwicklung wurde bereits erwähnt. Man kann darüber streiten, ob künftig zwei Arbeitnehmer einen Rentner ernähren oder 1,6. Das kommt auf die Zeitschiene an.
Es bleibt aber eine Tatsache, dass immer weniger Arbeitnehmer für immer mehr Rentner einen solidarischen Lastenausgleich finanzieren müssen. Dazu kommt noch, dass dieser Personenkreis auch alle anderen Solidarsysteme finanzieren muss: die Krankenversicherung, die Pflegeversicherung und alle staatlichen Leistungen, die aus Steuern finanziert werden. Die Last wird also für jeden Einzelnen größer.
Auch die Einbeziehung weiterer Personengruppen in die Rentenversicherung löst vielleicht kurzfristig Probleme, weil mehr Geld in die Kasse kommt, aber auch das nur anfänglich in geringerem Maße. Es wurde schon erwähnt, mehr Beitragszahler führen auch zu mehr Leistungsbeziehern. Langfristig werden wir also zusätzliche Aufgaben haben.