Protokoll der Sitzung vom 03.02.2017

- Sie müssten sich einigen; denn eine Anfrage liegt schon vor. - Herr Raue. - Herr Harms ist der erste Fragesteller.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Schutzmaßnahmen für die Herden, die Sie voranbringen. Wir Westaltmärker leben im Wald und mit dem Wald.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Er steht im Wald!)

Deshalb bringe ich eine ganz konkrete Frage mit, die Sie eben überhaupt nicht angesprochen haben. Welche Schutzmaßnahmen empfehlen Sie spazierengehenden Touristen oder allein reisenden Radfahrern, zum Beispiel auf dem Altmarkrundkurs, der quer durch unsere Waldlandschaft geht? Welche Schutzmaßnahmen empfehlen Sie unseren Kindergärten und unseren Schulkindern, die üblicherweise einen Teil ihrer Wandertage für Ausflüge in unsere Wälder nutzen möchten?

Frau Ministerin.

Herzlichen Dank für diese Frage. - Der Wolf hat Angst vor dem Menschen. Der Wolf ist ein scheues Tier. Wenn Sie sich das anschauen, beispielsweise in Sachsen, wo wir einen Problemwolf haben, dann stellen Sie fest, dass es sich um einen Wolf handelt, der zu einem polnischen Rudel gehört. Die polnischen Wissenschaftler, die das Wolfsmonitoring dort durchführen, sagen, dass der Wolf als Welpe von Menschen gefüttert worden sei. - Das meine ich auch mit Information und Beratung.

(Eva Feußner, CDU: Wir können doch nicht ausschließen, dass bei uns auch so etwas passiert!)

- Frau Feußner, damit haben Sie Recht. - Ich darf in meiner Antwort auch auf den Einwand von Frau Feußner eingehen. Sie haben Recht; das können wir nicht ausschließen. Deshalb sind zwei Dinge wichtig, die wir jetzt beide geregelt haben. Wir müssen die Bevölkerung so informieren und beraten, dass sie wieder wahrnimmt, dass wir hier ein Raubtier haben.

Der Wolf ist ein Raubtier und darf nicht gefüttert werden. Es ist auch problematisch, wenn zum Beispiel im Dorf Dinge auf den Komposthaufen

geworfen werden, die Futter für den Wolf sind. Damit zieht man den Wolf an. An dieser Stelle geht es um Beratung und Aufklärung.

Ein Problemwolf - das sage ich sehr deutlich - ist nicht nur ein Wolf, der sich immer wieder der menschlichen Behausung nähert. Ein Problemwolf kann auch ein Wolf sein, der immer wieder dieselbe Herde angreift. Wenn es einen Problemwolf gibt, dann müssen wir diesen Wolf entnehmen.

In der Leitlinie Wolf ist auch sehr klar geregelt, wann ein Wolf ein Problemwolf ist. Dazu gibt es einen Verhaltenskatalog, der dort genau aufgeführt ist. Die erste Maßnahme besteht darin, dass man zunächst versucht, den Wolf zu vergrämen. Man prüft also, ob man das Verhalten unterbinden kann. Aber am Ende mag es auch zu der Situation kommen - wir haben es ja auch in Niedersachsen erlebt -, dass man einen Wolf töten muss. In der Leitlinie Wolf ist auch geklärt, wer das zu entscheiden hat.

Eine Nachfrage, Herr Harms?

Frau Ministerin, weil ich den Eindruck habe, dass Sie sich mit dieser Problemstellung noch nicht ausreichend beschäftigen konnten, frage ich Sie: Wären Sie denn bereit, die Antwort nachzuliefern?

Ich habe Ihnen gerade eine Antwort gegeben. - Herzlichen Dank.

Der nächste Fragesteller ist Herr Loth. Bitte, formulieren Sie Ihre Frage.

Sehr geehrte Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert, Sie sagten, Sie wollen in die Schulklassen gehen, Sie wollen die Leute schulen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie wollen auch Wolfsberater in Iden einsetzen usw. Ich frage mich, woher die Stellen dafür kommen sollen. Wir haben ohnehin viel zu wenig Leute im Forst, die viel zu viel zu tun haben. Dass sie nebenbei noch als Wolfsberater und Rissbegutachter tätig sein sollen, halte ich für ein sehr ambitioniertes Ziel. Gibt es denn genug Stellen? - Ich glaube, nein.

Herzlichen Dank. - Sie haben zwei Fragen gestellt, die ich beide beantworten möchte. Ich halte

es für dringend notwendig, dass wir ein nebenamtliches Netz von Rissbegutachtern im Land etablieren. Wenn Sie sich die Berichte unserer Nutztierhalter und Nutztierhalterinnen anschauen, stellen Sie fest, dass es ganz oft zu Verzögerungen kommt, weil im Moment nur zwei Menschen in Sachsen-Anhalt mit der Rissbegutachtung beauftragt sind. Sie sind im Norden des Landes unterwegs. Das werden sie auch weiter sein. Sie werden dann auch in das Wolfskompetenzzentrum integriert.

Aber wenn es an anderen Stellen Wolfsrisse gibt, dann müssen wir gewährleisten, dass immer sehr schnell eine Rissbegutachtung stattfinden kann. Ich denke, dass schulden wir unseren Nutztierhaltern und Nutztierhalterinnen, dass wir sie nicht sozusagen am langen Arm verhungern lassen. Das halte ich für ganz zentral. Deswegen werden wir das so aufbauen.

Die Frage der Stellen stellt sich natürlich. Es sind nicht alles neue Stellen. Wir bündeln dort auch vorhandene Stellen. Wir machen auch bisher schon Wolfsmonitoring und führen Statistiken über Risse und Ähnliches. Wir haben jetzt schon zwei Leute, die Rissbegutachtungen durchführen, allerdings nicht ausschließlich.

Die werden dort konzentriert, und es werden Stellen dazukommen, nämlich eine Stelle, die vor allem die Aufklärung und Beratung zum Wolf macht, und ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, die sich auf den Herdenschutz und alles, was damit zusammenhängt, konzentrieren wird. Dort sollen das Wissen um den Herdenschutz gesammelt und gebündelt und die Informationen so aufgearbeitet werden, dass es an die Nutztierhalter und Nutztierhalterinnen herangebracht werden kann.

Das können wir gerade in Iden sehr gut. Es gibt inzwischen zum Beispiel völlig neue Zaunsysteme aus Großbritannien. So etwas muss man einmal vorführen. Das kann man in Iden gut machen. Deswegen ist das in Iden angesiedelt. Die Stellen, die beim Wolfskompetenzzentrum hinzukommen, sind die Stellen, die wir in den Koalitionsverhandlungen für solche Zwecke verhandelt haben.

Der nächste Fragesteller ist Herr Gürth. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Ministerin Dalbert, im November letzten Jahres hatte ich eine Kleine Anfrage zum Thema „Der Wolf in Deutschland - Konflikte, Aufwand und Nutzen“ gestellt. Die Landesregierung hatte dann auf die Frage, welchen Bestand an Wölfen sich Sachsen-Anhalt nach Meinung der Landesregierung flächenmäßig leisten könne und

wie viele Wölfe das Land im Hinblick auf Schäden etc. verkrafte, geantwortet, dass sie keine Methode zur objektiven Ermittlung einer Zahl von Wölfen kenne, die ein Land verkrafte.

Nun stellt sich ja die Frage, welche Schlussfolgerungen die Menschen draußen und wir als Parlament daraus ziehen sollen. Sind Sie der Meinung, dass es weiter ein unkontrolliertes Wachstum der Wolfspopulation hier geben soll, wie es momentan der Fall ist? Oder, wenn Sie nicht der Meinung sind, anhand welcher Kriterien - es sind inzwischen ein paar Monate vergangen - soll dann über eine Regulierung der Wolfspopulation entschieden werden, beispielsweise durch Entnahme aus dem Bestand durch die Aufnahme in das Jagdrecht oder durch andere geeignete Maßnahmen?

Wäre denn in dem traurigen Fall, dass es Vorfälle geben würde, bei denen der Mensch zu Schaden kommt, eine Veranlassung gegeben, über eine Regulierung der Wolfspopulation nachzudenken und Maßnahmen zu ergreifen, oder auch dann nicht?

Frau Ministerin.

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Gürth, herzlichen Dank für die Frage; denn das ist eine Frage, die häufig debattiert wird und die die Menschen sehr bewegt. Ich will zu dem Thema „Vorfälle mit Menschen“ sagen, es sind uns seit Jahrzehnten keine Vorfälle mit dem Menschen bekannt.

Aber das ist ja nicht der Kern Ihrer Frage. Der Kern Ihrer Frage ist ja die Bestandregulierung, die auch Ihr Kollege in seinem Beitrag zur Aktuellen Debatte aufgeworfen hat. Dazu will ich gern Stellung nehmen.

Ich habe bereits ausgeführt, dass der Wolf ein streng gestütztes Tier ist. Jetzt kann man das abschichten. Jetzt kann man fragen: Was passiert, wenn ich den Wolf ins Jagdrecht aufnehme? Das ist eine Forderung, die Sie mit aufgeführt haben. Dann passiert gar nichts, weil der Wolf dann zwölf Monate im Jahr Schonfrist hat, weil er aufgrund seines Schutzstatus trotzdem nicht abgeschossen werden darf.

Er darf auch heute schon abgeschossen werden - ich sage das noch einmal -, wenn es sich um einen Problemwolf handelt; das ist keine Frage. Dafür haben wir rechtliche Grundlagen. Jetzt kann man sagen, diese rechtlichen Regelungen sind ja vom Menschen gemacht, auch die FFH-Richtlinie, also kann man sie doch ändern.

(Zustimmung bei der CDU)

- Ja, genau. Die Frage ist nur, wann können Sie das ändern.

(Zuruf von Bernhard Daldrup, CDU)

Sie können es ändern, wenn festgestellt wird, der Bestand ist selbsttragend. So wird das immer formuliert. Da hat Herr Daldrup mit seinem Zwischenruf völlig Recht. Wenn eine große wissenschaftliche Gemeinschaft sagt - nicht einzelne Wissenschaftler, sondern mehrere -, jetzt haben wir die Bestandsgröße, dass der Wolf selbsttragend ist, dann kann man einen Antrag stellen. Finnland hat das zum Beispiel gemacht und hat gesagt, bei uns ist das so und wir regulieren dann die Größe. Das kann man machen.

Wo stehen wir aber in Deutschland? - In Deutschland kenne ich keine größere Anzahl von Wissenschaftlern, die sagen, dass wir schon an dieser Grenze sind.

(Bernhard Daldrup, CDU: Doch!)

- Es gibt einzelne, ja. Aber es gibt viele, die das anders sehen. - Das Bundesumweltamt sieht das noch in sehr weiter Ferne.

(Zurufe von Bernhard Daldrup, CDU, und von Robert Farle, AfD)

- Das ist das Bundesumweltamt unserer Bundesregierung. Ich glaube, dass man dort eine sehr gute Arbeit macht. - Das ist der Weg, den Sie gehen müssen, wenn Sie das ändern wollen. Wenn Sie sagen, wir brauchen eine Bestandsregulierung, dann müssen Sie erst mal eine wissenschaftliche Meinung herstellen, die sagt, wir sind an dieser Grenze.

Dabei geht es nicht um Ihre Meinung und auch nicht um meine Meinung. Das ist alles völlig egal. Sie brauchen ein Fundament, auf dem Sie dann darauf hinwirken können, ähnlich wie Finnland, zu sagen, jetzt sind wir an dieser Obergrenze, und dann können wir regulieren. Ich sage Ihnen, das wird im Augenblick gar nicht gelingen, weil die Meinung der Mehrheit in der Wissenschaft dazu völlig anders ist.

Wir können nicht sagen, wie viele Wölfe in Sachsen-Anhalt leben können. Aber wir beobachten das sehr genau im Wolfsmonitoring. Es gibt jedes Jahr einen neuen Bericht. Das wird sehr aufmerksam beobachtet.

Meine Fachleute sagen, dass die Welpen, die jetzt geboren werden, zum großen Teil abwandern werden, weil der Wolf eben auch sein Territorium reguliert. Dort, wo es voll ist, geht er weg und sucht sich ein freies Territorium. Insofern werden wir sehen, dass es zum Teil zu einer Verdichtung der Wolfspopulation kommt, aber auch zu einer Ausdehnung der Wolfspopulation. Der Wolf wird auch in andere Teile von Deutschland abwandern.

Noch eine Nachfrage? - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur einen ganz kleinen Hinweis geben. Wir sind schon weit fortgeschritten in der Zeit. Wir hätten laut Zeitplan jetzt schon mit diesem Thema fertig sein sollen. Deswegen würde ich Sie bitten, Ihre Fragen etwas kürzer zu fassen und vielleicht auch kürzer zu antworten. Denn wir haben die Debattenredner auch noch alle vor uns. - Bitte, Herr Gürth.

Die Beantwortung meiner zweiten Frage ist noch offen. Frau Ministerin Dalbert, Sie haben darauf hingewiesen, und es ist ja auch nachgewiesen, dass wir schon seit langer Zeit keine Vorfälle mit Wölfen hatten, bei denen der Mensch zu Schaden gekommen ist.

Dagegen spricht, dass man dies für die Zukunft als Argument nicht wirklich ernst nehmen kann, wenn die Wolfspopulation jährlich um 20 bis 30 % wächst und wir in einem der am dichtesten besiedelten Räume Europas bei einer so dramatischen Zunahme der Wolfsbestände rein rechnerisch erst jetzt in die Konfliktsituation zwischen Wolf und Mensch kommen. Dagegen muss man mehr machen.

Vor diesem Hintergrund ist die Frage offen: Was wäre, wenn der Mensch zu Schaden käme, wenn wir derartige Vorfälle zu beklagen hätten? Wäre das ein Argument für eine Regulierung der Wolfspopulation durch Entnahme oder nicht?

Frau Ministerin.

Danke, Frau Präsidentin. - Erst einmal möchte ich sagen, dass die Wolfspopulation nicht jährlich um 30 % wächst. Die Wachstumsraten werden geringer werden. - Erster Punkt.