Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Aber, meine Damen und Herren, die Freifunkinitiativen sorgen nicht nur für einen freien Netzzugang, sie schaffen auch Verständnis über das Funktionieren von Netzwerken. Sie leisten damit einen Beitrag zur digitalen Bildung.

Dass dieses Engagement wertvoll ist, hat der Landtag in seiner letzten Legislaturperiode bereits festgestellt. Es wäre gut, wenn sich auch die jetzige Landesregierung den Beschluss zu eigen macht; denn die Umsetzung ist allenfalls in zarten Ansätzen erfolgt. Allein bei der Unterstützung in den eigenen Liegenschaften hapert es schon, und das Pilotprojekt der Medienanstalt kommt nach meinen Informationen auch nur zaghaft voran.

Meine Damen und Herren! Nach § 52 Abs. 1 der Abgabenordnung verfolgt eine Körperschaft, zum Beispiel ein Verein oder eine gGmbH, gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

Freifunkinitiativen, die die Idee verfolgen, mit ehrenamtlichem bürgerschaftlichen Engagement Internet unter die Leute zu schaffen, nützen im besten Sinne der Gemeinschaft. Ein Engagement, das der digitale Wandel unserer Gesellschaft hervorgebracht hat. Freifunkinitiativen können allerdings derzeit nur für den Bildungszweck als gemeinnützig anerkannt werden bzw. wenn sie im Sinne der Mildtätigkeit Hardware, wie zum Beispiel bei den Flüchtlingsunterkünften, zur Nutzung überlassen.

Wenn Freifunkinitiativen jedoch selbst aktiv am Aufbau der Freifunknetze beteiligt sind, ist eine steuerliche Begünstigung nach derzeitigem Recht nicht möglich. Das benachteiligt die Initiativen beispielsweise beim Spendensammeln, worauf so gut wie jede ehrenamtliche Initiative angewiesen ist.

Meine Damen und Herren! Initiativen, die sich ehrenamtlich um die Vermittlung von Medienkom

petenz bemühen und die einen freien Internetzugang für alle schaffen möchten, verdienen in unserer vom digitalen Wandel erfassten Gesellschaft unsere Unterstützung.

Darauf zielt eine Initiative des Landes NordrheinWestfalen, unterstützt von Thüringen, im Bundesrat ab. Sie möchte eine Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit auch für Freifunkinitiativen in der Rechtsform einer Körperschaft, zum Beispiel Vereinen, ermöglichen, und zwar in der Rechtsform von Körperschaften, die Kommunikationsnetzwerke aufbauen und unterhalten.

Um etwaige Wettbewerbsvorteile auszuschließen, soll dabei die ohnehin vorhandene Unentgeltlichkeit im Förderzweck festgeschrieben werden. Hierzu soll die Abgabenordnung im § 52 Abs. 2 angepasst werden und „Freifunknetze“ als neue Ziffer in den Katalogzwecken ergänzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion möchte nun bewirken, dass der Landtag unsere Landesregierung beauftragt, diese Bundesratsinitiative zu unterstützen. Es wäre ein gutes Signal an die Freifunkinitiativen und ein klares Bekenntnis zu ihrem unterstützenswerten Engagement. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Es ist eine Fünfminutendebatte zu diesem Antrag vorgesehen. Für die Landesregierung spricht der Minister Herr Schröder. Herr Schröder, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem ersten Punkt des Antrages, wonach Freifunkinitiativen als wichtige Akteure anerkannt werden, die einen freien Internetzugang schaffen, kann ich ohne Bedenken zustimmen. Denn die Schaffung eines freien Kommunikationsnetzwerkes stellt im Hinblick auf die Infrastrukturverbesserung und digitale Chancengleichheit eine wertvolle und in die Zukunft gerichtete Tätigkeit dar.

Mit dem Aufbau eines freien und vor allen Dingen unabhängigen, nicht kommerziellen Kommunikationsnetzwerkes wird auch ein kostenloser und preisgünstiger Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt und damit natürlich den Wünschen vieler Bürgerinnen und Bürger entsprochen.

Allerdings - und nun kommt das Wasser in den Wein - reichen die vorgenannten Maßnahmen nicht aus, um für die Tätigkeit vollumfänglich die Steuerbefreiung wegen Verfolgung rein gemeinnütziger Zwecke zu beanspruchen. Genau dies will jedoch die Fraktion DIE LINKE mit den Punkten 2 und 3 ihres oben genannten Antrags erreichen.

Ihr Antrag, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, ist aus folgenden Gründen deshalb problematisch:

Erstens. Eine preisgünstige Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen stellt nach jetziger Rechtslage gerade keinen gemeinnützigen Zweck dar. In einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung stellen die Produktion und der Vertrieb von Gütern und Dienstleitungen vorrangig eine Aufgabe privatwirtschaftlicher Betätigung der Unternehmen dar. Steuervergünstigungen wegen Gemeinnützigkeit finden ihre Grenze im Wettbewerbsgedanken.

Soweit nichtbegünstigte Betriebe derselben oder ähnlicher Art vergleichbare Produkte anbieten, fehlt ein sachlicher Grund für die Gewährung von Steuervergünstigungen. Eine Förderung der Allgemeinheit ist in diesen Fällen nur dann anzuerkennen, wenn das privatwirtschaftliche Güter- und Dienstleistungsangebot bestimmte Bevölkerungsschichten zum Beispiel wegen ihrer finanziellen oder wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit nicht erreicht oder es sich um Güter und Dienstleistungen handelt, die von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen nicht oder nur unzureichend angeboten werden. Beide Voraussetzungen müssten vorliegen. Das darf in diesem Fall bezweifelt werden.

Ein Bedürfnis, das bestimmte Bevölkerungsschichten aufgrund ihrer Hilfsbedürftigkeit mit kostenlosen Internetzugängen zu versorgen sind, besteht augenscheinlich nicht. So werden insbesondere auch finanziell schwächere Verbraucher nicht aufgrund einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit abgehalten, die Angebote von Telekommunikationsdienstleistern in Anspruch zu nehmen. In den Regelbedarfen der Sozialhilfe sind bereits Ausgaben für die Nutzung des Internets berücksichtigt.

In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass zum einen die angesprochene Bundesratsinitiative eine Einschränkung auf den freien Zugang nur für Hilfsbedürftige nicht vorsieht und zum anderen entsprechende Initiativen ohnehin bereits im geltenden Recht als sogenannte mildtätige Zwecke dienend, steuerbegünstigt schon jetzt sein können.

Die Aussage in der Bundesratsinitiative, Freifunknetze würden nicht in Konkurrenz zu Internetanschlüssen und Telekommunikationsanbietern treten, ist - mit Verlaub gesagt - Flunkerei. Es besteht meines Erachtens sehr wohl eine Konkurrenz zu nicht steuerbegünstigten privaten Telekommunikationsunternehmen. So kann der unentgeltliche Zugang zum Internet in Wohngebieten schnell dazu führen, dass Bürger einen Vertrag über einen Internetzugang mit einem kommerziellen Telekommunikationsdienstler nicht abschließen oder sogar bestehende Verträge kündigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass eine Ausweitung der Gemeinnützigkeit auf bestimmte Maßnahmen wegen der unter Umständen gravierenden steuerlichen Auswirkungen auf alle bedeutenden Steuerarten strengen Kriterien zu unterwerfen ist und die betreffenden Zwecke, zumindest in Grundzügen, mit den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechtes im Einklang stehen sollen. Eine Ausweitung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke zugunsten der Freifunkinitiativen ist mit den Grundsätzen des Gemeinnützigkeitsrechtes schwer vereinbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotzdem, Freifunkinitiativen sollten ein wichtiger Bestandteil der Anstrengungen auch unseres Landes sein und als solche begriffen werden. WLANVersorgung in Sachsen-Anhalt sollte kontinuierlich erweitert und verbessert werden. In diesem Ziel stimmen wir überein. Aber dies kann durch Unterstützungsmaßnahmen vielfältiger Art, nicht zuletzt auch durch finanzielle Förderung, weiterhin begleitet werden.

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist insoweit jedoch meines Erachtens wenig geeignet, dies zu unterstützen. Ich freue mich daher, dass sich die Koalitionsfraktionen auf eine Überweisung des Antrags in den zuständigen Ausschuss verabredet haben. Dort können wir gegebenenfalls darüber vertiefend diskutieren, was beim Steuerrecht ohnehin öfter angezeigt ist. - Herzlichen Dank für Ihr Verständnis.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Wir steigen nun ein in die Debatte der Fraktionen. Für die SPD-Fraktion hat der Abg. Herr Hövelmann das Wort. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Digitalisierung und der Ausbau mobiler Internetnutzung sind längst kein Nischenthema für Technologiebegeisterte mehr. Die Relevanz lässt sich zum Beispiel an einigen Zahlen der letzten ARD-ZDF-Onlinestudie für das Jahr 2016 ablesen. So stieg die Zahl der Internetnutzer auf 58 Millionen; das sind immerhin 84 % der Bevölkerung. Täglich rufen 45 Millionen Menschen in Deutschland Netzinhalte ab. Das geschieht vor allem über Smartphones. Zwei Drittel der Bevölkerung gehen mit derartigen mobilen Geräten ins Netz. Täglich sind es 19 Millionen Menschen.

Der möglichst mobile Zugang zum Netz dient somit nicht nur der Unterhaltung, er ist inzwischen auch eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe

geworden, Teilhabe an Kommunikation, an Information, aber auch Teilhabe an Kultur und Bildung.

Der Landtag, unser Hohes Haus hat mit Beschlüssen in den vergangenen Jahren mehrfach die größere Verfügbarkeit freier WLAN-Zugänge begrüßt und sich für deren Rechtssicherheit und auch für die Förderung der Anbieter ausgesprochen. Auch auf Bundesebene steht die möglichst hohe Verbreitung freier WLAN-Zugänge weiterhin auf der Agenda.

Die Änderung des Telemediengesetzes ist bereits angesprochen worden. Mehr Rechtssicherheit für WLAN-Anbieter ist durch Schutz vor Abmahngebühren und Schadenersatz bei Rechtsverstößen etc. zu schaffen.

Mit der digitalen Agenda der Landesregierung unseres Landes haben wir für unser Bundesland einen ambitionierten Fahrplan, bei dem der Ausbau der digitalen Infrastruktur eine tatsächlich große Rolle spielt. Wenn zum Beispiel die öffentliche Verwaltung ihre Dienstleistungen effektiv anbieten will und diese auch auf digitalem Wege erbringen will, müssen auch die Zugänge der Bürgerinnen und Bürger so frei und weit verbreitet wie möglich sein, damit sie es nutzen können.

Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Arbeit der Freifunkinitiativen ein wichtiger Baustein, ein wichtiger Baustein bürgerschaftlichen Engagements auf dem Weg zu einer weiten Verbreitung freier WLAN-Zugänge.

Durch die Freifunkinitiativen sind schon heute Hunderte Zugangspunkte in unserem Lande entstanden. Um dies in Zukunft zu erweitern, ist auch das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung unter der Leitung von Minister Willingmann und hier insbesondere Herrn Staatssekretär Thomas Wünsch immer wieder im Kontakt mit den Initiativen, um Möglichkeiten der Förderung und Unterstützung auszuloten. Dazu gehört auch die Erarbeitung einer Richtlinie, um Public WLAN in Sachsen-Anhalt zu fördern.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die im vorliegenden Antrag geforderte Unterstützung für eine Änderung der Abgabenordnung kann eine Möglichkeit sein, Freifunkinitiativen zu unterstützen. In der Koalition gibt es unterschiedliche Positionen zum Thema Gemeinnützigkeit aus steuerlicher Sicht. Ich denke, das ist beim Redebeitrag des Finanzministers auch deutlich geworden. Das muss man auch nicht schöner reden, als es ist.

(Ulrich Thomas, CDU: Ist nicht schlimm, Holger!)

Daher ist weder ein Änderungsantrag noch ein Alternativantrag gelungen. Es bleibt uns daher das, was von Herrn Minister Schröder bereits

angesprochen wurde, nämlich die Überweisung in den zuständigen Ausschuss, was ich hiermit beantrage. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Keine weiteren Fragen. Für die AfD-Fraktion hat Herr Olenicak das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gemeinnützigkeit von Freifunkinitiativen anerkennen - da hat sich mir die Frage gestellt: Warum? Was bringt das für Vorteile? Und ist es nicht so, dass Freifunkinitiativen schon als gemeinnützige Vereine in Deutschland anerkannt sind? - Es gibt zum Beispiel den FFRL und den Enneppe-Ruhr-Verein, die als gemeinnützig anerkannt sind und die als Freifunkvereine tätig sind.

Es gibt laut Wikipedia ungefähr 300 Freifunkkörperschaften in Deutschland verschiedener Art. Sicherlich sind nicht alle davon gemeinnützig, aber es gibt einige, die es sind. Da stellt sich mir die Frage: Handelt es sich hierbei um einen weiteren, ich sage einmal das böse Wort: Schaufensterantrag der LINKEN oder steckt mehr dahinter?

Herr Lange erwähnte schon, dass gemäß § 52 der Abgabenordnung klar geregelt ist, wann ein Verein gemeinnützig ist und was er zu erfüllen hat. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest geschlossen ist, wie es zum Beispiel bei der Belegschaft eines Unternehmens oder dergleichen der Fall ist. Die Finanzämter legen genau fest, was gemeinnützig ist und was halt nicht.

Gemeinnützig ist ein Verein nur, wenn er ausschließlich die in seiner Satzung aufgeführten steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecke verfolgt. Ich bin froh darüber, dass die Finanzämter darüber wachen, dass das nicht aufgeweicht wird, sondern genau festgelegt und kontrolliert wird, welche Vereine gemeinnützig sind und welche eben nicht.

In Punkt 1 Ihres Antrages fordern Sie die Anerkennung von Freifunkinitiativen als wichtiger Akteur bei der Schaffung von freiem Internetzugang. Ich habe vernommen, Herr Lange, als Sie das vorhin vortrugen, dass Sie eigentlich verschiedene Dinge miteinander vermischen. Es ging um den Breitbandausbau in Deutschland, der sehr wichtig ist und der auch schneller vorangetrieben werden muss.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Sie erwähnten WLAN-Hotspots auf öffentlichen Plätzen, vor Gaststätten, in Cafés. Und dann sprechen Sie im dritten Punkt von Freifunkanlagen. Wenn ich das richtig gelesen habe, sind das kleine Router, die man für ein kleines Geld mieten oder kaufen kann. Kleine Kommunen können sich dann zusammenfinden, die die kleinen Router miteinander verbinden, was sicherlich einige Vorteile mit sich bringt, nämlich vielleicht die gemeinsame Nutzung einer Flatrate oder einer größeren Flatrate für Studenten, die finanziell nicht in der Lage sind, sich einen teuren Breitbandzugang zu leisten. Aber es wird unter anderem auch aufgeführt, dass es im Freifunk wichtig ist, anonym zu sein, unzensiert und kostenlos bestimmte Dinge im Internet ausführen zu können.

An dieser Stelle sind wir bei den Nachteilen. Denn diese Anonymität begünstigt Straftaten. Dabei rede ich nicht nur von Terroranschlägen, von illegalen Downloads im Internet, von was weiß ich was. Sie verwenden gerne den Begriff der Verbreitung von Hass und Hassbotschaften im Netz. Genau diese Anonymität fördert das.

(Zustimmung bei der AfD und von Uwe Harms, CDU)

Dabei denke ich auch an den Schutz unserer Kinder, die vor bestimmten Inhalten geschützt werden sollten und vor allem auch vor übermäßigem Konsum. Auf die Nachteile des Freifunks aufgrund der hohen Routerdichte wurde bereits hingewiesen: dass der Freifunk sehr langsam ist, dass es immer noch Haftungsgefahren gibt, da wir in Deutschland diesen Störerhaftungsparagrafen haben,