Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Dann fordern Sie die Entwidmung von leerstehenden Gebäuden. Da verkennen Sie ganz grundlegend die Rechtslage. Der Herr Staatsminister ist schon darauf eingegangen. Das Denkmalverzeichnis ist deklaratorisch. Ob etwas ein Denkmal ist oder nicht, entscheidet sich nicht nach dem Verzeichnis, sondern nach seiner Beschaffenheit. Das lässt sich nichts entwidmen, da es keine Widmung gibt. Wenn Sie im Denkmalverzeichnis etwas streichen, hat das keinerlei Auswirkungen auf die Eigenschaften vor Ort. Das Verzeichnis wäre dann einfach nur falsch.

Was Sie da fordern, ist in der Konsequenz - ich weiß nicht, ob Sie das wollen - ein Denkmalabrissprogramm. Wenn Sie dann über Identität reden, dann beißt sich das total. Ich kann Ihnen auch sagen, warum das ein Denkmalabrissprogramm wäre. Das Denkmalverzeichnis hat im Wesentlichen die Funktion, zu dokumentieren, aha, das ist ein Denkmal, und das hat natürlich für steuerliche Vorteile und für die Frage, ob wir eine Förderung geben können von den verschiedenen Institutionen, die sich da beteiligen, eine wesentliche Aufgabe.

Wenn Sie gerade die Denkmale herausnehmen, die Ihrer Meinung nach jetzt auf der Kippe stehen, weil die Sanierung zu aufwändig wäre, dann ist das das Todesurteil für diese einzelnen Denkmale. Dann können Sie gleich einen Strich darunter machen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Das ist wirklich ein Denkmalabrissprogramm. Das kann doch niemand wollen, und das hat, wenn Sie das Wort „Identität“ vor sich hertragen an, mit dieser Überzeugung nichts zu tun. An dem Punkt wäre es tatsächlich einmal wichtig, dass in der Richtung etwas gemacht wird.

Wer meint, sein Objekt sei zu Unrecht im Verzeichnis enthalten - das kommt tatsächlich vor, sei es durch Fehler oder sei es auch durch unterschiedliche Auslegungen in der Vergangenheit -, kann schon jetzt eine kostenlose Überprüfung der Denkmaleigenschaft verlangen. Dann wird das gegebenenfalls korrigiert. Das passiert auch laufend von Amts wegen.

Wir als Fraktion haben auch diverse Anfragen dazu gestellt. In den Jahren 2015/2016 gab es 127 Streichungen, weil von Amts wegen oder auf Antrag hin überprüft und dann gesagt wurde, das ist kein Denkmal oder es ist kein Denkmal mehr. Der tragischste Fall ist das Ortszentrum Völpke. Ein ganzer Denkmalbereich wurde herausgenommen, weil es Abbrüche, Einstürze und unangemessene Neubauten gab, die das Ortszentrum in einer Art und Weise beeinträchtigt haben, das man heute nicht mehr von einer Denkmaleigenschaft spricht. Ich meine, für den Ort ist das ein schwerer Schlag.

Ein Katalog fester Regelungen für die Höhengestaltung ist ein weiterer Vorschlag. Das scheitert in der Praxis daran, dass jedes Objekt anders ist, weil die Bauzeit, der Bauort, die bisherige Nutzungsgeschichte und erhaltene Befunde zu beachten sind. Was Sie beantragen, wäre ein bürokratisches Monster, das völlig sinnlos Standards festschreiben würde.

Letztlich muss man sagen, solch ein Regelungsgehalt müsste 32 000 einzelne Kapitel haben, weil man wirklich auf jedes Denkmal eingehen müsste. Zwei Bauten, die zur gleichen Zeit nebeneinander entstanden sind, sind trotzdem nicht gleich zu behandeln, weil die Baugeschichte und die Nutzungsgeschichte anders ist. Sie würden mit diesen festgelegten Standards die Eigentümer in unverantwortlicher Weise belasten. Das kann doch nicht gewollt sein.

Die Online-Veröffentlichung - das ist ein weiterer Vorschlag - ist seit längerer Zeit in Vorbereitung. Das ist richtig, das muss passieren. Wie das aussehen kann, zeigt die Veröffentlichung der Stadt Magdeburg, die leider allerdings seit einiger Zeit nicht mehr gepflegt wird. In der Praxis wird als Behelf - das ist schon öfter vorgekommen - auf die Kleinen Anfragen meiner Fraktion aus dem Jahr 2015 und 2017 zurückgegriffen, die online

zugänglich sind und die alle Denkmale auflisten. Die Fraktionsgeschäftsstelle war damals etwas erschrocken, als die 4 000 Seiten umfassende Antwort reinkam. Aber wir es elektronisch abgewickelt. Es ging dann.

Der AfD-Antrag würde im Ergebnis, wenn er beschlossen würde, fachlich eine Menge Schäden anrichten. Daher bitte ich um Ablehnung. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Scheurell. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Büttner, zuerst muss ich einmal die werbewirksamen Sachen zurückgeben. Sie können doch gar nicht schreiben.

(Frank Scheurell, CDU, bringt einen Kugel- schreiben vom Rednerpunkt zum Abg. Mathias Büttner, AfD - Matthias Büttner, AfD: Ich habe ihn doch extra liegen gelas- sen für Ihre Fraktion!)

- Nein, wir haben doch unsere eigenen Stifte.

Er wäre aber gleich noch einmal dran. Dann hätte er ihn mitgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Matthias Büttner, AfD: Wer schreibt, der bleibt!)

- Ja, wer schreibt, der bleibt. Das ist richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Fachpolitiker im Bereich Landesentwicklung und Verkehr fordern schon sehr lange eine Novellierung des Denkmalschutzgesetzes. Ich werde auch nicht müde darin, zu betonen, wie reich unser Bundesland an Denkmalen ist. Genau genommen hat Sachsen-Anhalt bezogen auf seine Landesfläche die höchste Denkmaldichte aller Bundesländer.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

- Das steht doch außer Frage, sehr geehrter Herr Kollege. Damit stellt der Archäologie- und Kulturtourismus einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar.

Das können wir auch immer sehen, zum Beispiel unsere große Stadt Halle mit dem wunderschönen musealen Gebäude dort.

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LIN- KE)

Wenn wir einmal ganz ehrlich sind, müssen wir feststellen, viele Museen in unserem Bundesland, die auch mit viel Geld gefördert werden, schaffen diese Besucherzahlen nicht. Es ist schon einzigartig, was dort an Ausstellungen und Sonderausstellungen geleistet wird. Da jetzt auch darauf geachtet wird, dass solche Eröffnungen nicht stattfinden, wenn wir Landtagssitzung haben, sondern terminliche Abgleiche erfolgen, freue ich mich, Sie alle, die Sie hier für den Denkmalschutz stehen, jeder von seiner Warte, wenn wir uns dann da alle gemeinsam versammeln und auch argumentativ nach außen zeigen, dass wir alle für den Erhalt von Denkmalen sind.

Gleichzeitig leidet das Land jedoch auch an einer Entvölkerung - ich will jetzt gar nicht die demografischen Kugeln bemühen -

(Matthias Büttner, AfD: Richtig!)

und auch unter Überalterung, weshalb die wirtschaftliche Erhaltung von Denkmalen immer schwieriger wird und einer neuen Betrachtung bedarf.

Der Antrag der AfD-Fraktion enthält nachvollziehbare Ansätze. Jedoch sollten wir dieses sensible Thema nicht mit einem Schnellschuss angehen und schon gar nicht mit einem Abrisskataster

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Ich darf mich an die Worte des Staatsministers Robra anlehnen. Sehr geehrter Herr Staatsminister, die Problemlage insbesondere hinsichtlich der unterschiedlichen Auslegung der gesetzlichen Vorschriften in den Landkreisen ist bekannt. Die Landesregierung arbeitet bereits daran, sagten Sie soeben, um Verbesserungen zu erreichen. Und das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie ist eben dabei, die Denkmalliste zu digitalisieren. Das ist der Zustand, den wir jetzt haben.

Meine Damen und Herren! Leider ist der Antrag der AfD-Fraktion abzulehnen, weil er eben nicht dem entspricht, hinter dem wir uns nachher gemeinsam versammeln können. Das heißt nicht, dass wir uns dieses Themas nicht annehmen werden, mitnichten. Wir werden die Forderungen des Antrags im Hinterkopf behalten, wenn sich die Verantwortlichen der Koalitionsfraktionen in und nach der parlamentarischen Sommerpause zusammensetzen, um das Projekt Novellierung der denkmalschutzrechtlichen Regelungen grundlegend anzupacken.

Meine Damen und Herren! Niemand tut gut daran, aus persönlicher Betroffenheit die Erregung, die da sicherlich manchmal mitspielt, hier in eine Plenardebatte zu bringen. Zuweilen ist das menschlich zu begreifen und nachzuvollziehen. Wir dürfen aber nicht überzeichnen.

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LIN- KE)

Dies würde passieren, wenn man Ihrem Antrag stattgeben würde. Das tut mir leid. Sehen Sie einmal, Sie haben erst ein Jahr lang parlamentarische Arbeit hinter sich. Sie haben noch vier volle Jahre vor sich. Es wird stetig besser. Ich lade Sie ein, daran mitzuwirken, etwas Gutes für unsere Denkmalpflege im Land zu tun.

Der erste Schritt kann dann schon sein, dass Sie zur nächsten Sonderausstellung vielleicht auch diszipliniert in Fraktionsstärke in Halle zugegen sind. Damit dokumentiert man dann wirklich, dass Wort und Werk in Einklang sind. Wir werden das tun und sind da feste dabei.

Danke, sehr geehrter Herr Robra, dass Sie so qualitativ hochwertig auch mit Ihrem Staatssekretär an der Abarbeitung der jetzt anliegenden Probleme arbeiten. Das möchte ich einfach mal los werden. Und ich danke auch unseren beiden großen Häusern, sowohl dem Kulturhistorischen Museum hier in Magdeburg als auch dem Denkmalamt in Halle, für die hervorragende Präsentation unserer Geschichte immer wieder neu. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Scheurell. Es gibt eine Anfrage von Herrn Jan Wenzel Schmidt. Möchten Sie die beantworten? - Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Abg. Schmidt.

Ja, Herr Scheurell, also wenn Sie für den Antrag sind - Sie sagen zumindest, dass einige Punkte des Antrags schon sinnvoll sind,

aber der gesamte Antrag noch nicht

Ausgereift ist.

- genau - ausgereift ist -, dann sollte man sich doch weiterhin mit dem Antrag beschäftigen. Auch die Koalition dürfte dafür sein, dass man in dem entsprechenden Ausschuss daran arbeitet, also für eine Ausschussüberweisung sein.

Herr Scheurell.

Sehr geehrter Herr Abg. Schmidt, ich habe eben gesagt, der Anstoß ist richtig, aber die Herangehensweise entspricht leider nicht der Intention, die die Mehrheit des Hauses tragen kann. Da ich in einer Koalition bin und auch darauf angewiesen bin, meine Koalitionspartner nicht zu verprellen - -

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

- Nein. Wobei ich sagen möchte, dass essenzielle Fehler in Ihrem Antrag sind. Das ist leider so.