Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Wir führen noch einmal einen kleinen Wechsel im Präsidium durch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann werden wir in der Beratung der Tagesordnung fortfahren. Bevor wir das allerdings tun, möchte ich ganz herzlich auf unserer Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Trudeau-Gymnasiums aus Barleben begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der Polizeien der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/1738

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 7/2086

Entschließungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/2093

(Erste Beratung in der 31. Sitzung des Landtages am 24.08.2017)

Berichterstatter ist der Abg. Herr Kohl, der hiermit das Wort hat.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Gesetzentwurf der Landesregierung zu dem Staatsvertrag über die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der Polizeien der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts in der Drs. 7/1738 überwies der Landtag in der 31. Sitzung am 24. August 2017 zur federführenden Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Inneres und Sport. Mitberatend wurde der Ausschuss für Finanzen beteiligt.

Mit dem Gesetzentwurf soll dem Staatsvertrag über die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der Polizeien der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sach

sen-Anhalt und Thüringen auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts zugestimmt werden. Dieser muss bis zum 31. Dezember 2017 ratifiziert sein. Das heißt, bis zu diesem Zeitpunkt haben mindestens vier Trägerländer ihre Ratifizierungsurkunden bei der sächsischen Staatskanzlei zu hinterlegen. Anderenfalls wird der Staatsvertrag unwirksam. Voraussetzung für die Unterzeichnung der Ratifizierungsurkunde durch den Ministerpräsidenten ist ein verkündetes und in Kraft getretenes Zustimmungsgesetz.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in seiner Sitzung am 7. September 2017 erstmals mit dem Gesetzentwurf und beschloss mehrheitlich, ein schriftliches Anhörungsverfahren durchzuführen und je Fraktion einen Anzuhörenden zu benennen. Ein Antrag der Fraktion DIE LINKE, eine mündliche Anhörung durchzuführen und zwei Anzuhörende zu benennen, fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Eine zweite Beratung zu dem Gesetzentwurf fand in der 14. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 26. Oktober 2017 statt, in deren Ergebnis eine vorläufige Beschlussempfehlung für den mitberatenden Ausschuss für Finanzen erarbeitet wurde. Die Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes diente dabei als Beratungsgrundlage. Dem mitberatenden Ausschuss für Finanzen wurde mit 7 : 0 : 5 Stimmen die Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung der Synopse empfohlen.

Dieser Empfehlung schloss sich der mitberatende Ausschuss für Finanzen in seiner Sitzung am 8. November 2017 mehrheitlich an.

Schließlich befasste sich der Ausschuss für Inneres und Sport in seiner Sitzung am 9. November 2017 noch einmal mit dem Gesetzentwurf und erarbeitete die Ihnen in der Drs. 7/2086 vorliegende Beschlussempfehlung.

Zur abschließenden Beratung lag dem Ausschuss auch ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Die regierungstragenden Fraktionen wiesen darauf hin, dass das, was darin steht, bereits in der entsprechenden Vertragsgrundlage geregelt wurde, sodass der Entschließungsantrag nicht die erforderliche Mehrheit fand und abgelehnt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport verabschiedete mit 6 : 2 : 3 Stimmen unter Beteiligung des Ausschusses für Finanzen die Ihnen in der Drs. 7/2086 vorliegende Beschlussempfehlung. Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Anfragen an den Berichterstatter. Somit können wir in die Dreiminutendebatte einsteigen. Für die Landesregierung spricht der Innenminister Herr Stahlknecht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich mich für die konstruktive Beratung zu dem Gesetzentwurf im Innenausschuss bedanken. Die entsprechenden Befassungen in den anderen beteiligten Landtagen werden im Dezember - Sachsen wird das letzte Land sein - abgeschlossen sein, sodass die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden sind. Der Wirkbetrieb dieses Zentrums wird zum 1. Januar 2019 beginnen.

Ich sage nochmals - auch für nachfolgende Debatten, die jetzt kommen könnten -, dass es keine Erweiterung von Befugnissen ist; diese sind im Rahmen der Strafprozessordnung klar geregelt. Vielmehr geht es um eine Zusammenlegung von Technik, um am Ende gemeinschaftlich diese Dinge wirtschaftlich besser bewerkstelligen zu können und bei einer Technik, die sich sehr schnell weiterentwickelt, immer up to date zu sein.

Insofern bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, damit wir ihn vor Sachsen und Berlin beschlossen haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe auch an den Innenminister keine Nachfragen, deshalb spricht für die SPD-Fraktion nun der Abg. Herr Erben.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staatsvertrag und die Einrichtung des Kompetenzzentrums ist die Antwort der ostdeutschen Bundesländer auf den rasanten technischen Fortschritt, den bekanntermaßen auch Kriminelle und Gefährder nutzen. Um Schritt zu halten, ist es daher sinnvoll, die Kräfte wirtschaftlich und technisch zu bündeln. Deshalb unterstützen wir das Kompetenzzentrum und dessen Einrichtung im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Bundesländern.

Ich möchte ergänzend zum Herrn Minister darauf hinweisen, dass es - entgegen der einen oder anderen Aussage, die es in diversen Gremiensitzungen dieses Hauses gegeben hat - eben gerade nicht um eine Zusammenarbeit im Bereich

des G-10-Gesetzes, das heißt, des Verfassungsschutzes, geht, sondern ausschließlich um TKÜMaßnahmen im Bereich der Gefahrenabwehr und der Strafprozessordnung.

In diesem Sinne werbe ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. Demzufolge kann für die Fraktion DIE LINKE nun die Abg. Frau Quade ihren Diskussionsbeitrag halten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein herzliches Dankeschön an die Kollegen der Koalitionsfraktionen, den Entschließungsantrag in drei Minuten einbringen zu dürfen. Das ist faire Debattenkultur!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Der Schutz des gesprochenen Wortes und der Kommunikation zwischen den Menschen ist ein bedeutendes Grundrecht. Das nicht öffentlich gesprochene Wort fällt nicht nur in den Schutzbereich des Grundgesetzes, sondern wird auch strafrechtlich geschützt. Das gibt Politik Voraussetzungen, Hürden und Anforderungen vor, die zu berücksichtigen sind, wenn rechtliche Befugnisse und technische Möglichkeiten geschaffen werden sollen, die diese Grundrechte berühren.

Sensibilität und Verhältnismäßigkeit sind die beiden Stichworte, die hierbei maßgeblich sein sollten. Dies gilt es immer zu berücksichtigen, wenn wir über Telekommunikationsüberwachung sprechen, auch wenn wir, wie im vorliegenden Fall, nicht über neue Befugnisse - meine Fraktion hat dies im Übrigen auch nie behauptet -,

(Siegfried Borgwardt, CDU: Was?)

sondern über deren technische Umsetzung sprechen. Die Tatsache, dass es immer wieder das Bundesverfassungsgericht braucht, um Politik an diese Maßgaben zu erinnern, zeigt, dass es grundsätzlich nicht gut um die Bürger- und Grundrechte in diesem Land steht. Insofern ist meine Fraktion immer skeptisch, wenn es darum geht, Grundrechtseingriffe zu ermöglichen oder auch ihre Umsetzung zu regeln - so auch im vorliegenden Fall.

Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag vorgelegt, der in Ergänzung des Gesetzentwurfes den Datenschutz stärken, die parlamentarische

Kontrolle ausbauen und eine Erweiterung der Befugnisse des GKDZ ausschließen soll. Wir wollen damit ein klares Bekenntnis zum Datenschutz, eine Erwartungshaltung an technische Datensicherheit im GKDZ und Vorgaben für Schutzmaßnahmen gegen nicht vom Gesetz vorgesehene Datenspeicherung, -nutzung und -weitergabe zum Votum dieses Landtags abgeben.

Die Erfahrung mit bestehenden Datensammlungen und -sammelstellen zeigt: Es ist nicht nur notwendig, gesetzlich festzuschreiben, dass TKÜDaten nur auf der Grundlage der jeweils geltenden Polizeigesetze erhoben, gespeichert und gesehen werden dürfen, sondern es ist auch notwendig, die nicht rechtskonforme Verwendung, soweit möglich, technisch auszuschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben damit - analog zu unseren Kolleginnen und Kollegen in Thüringen - Bedingungen formuliert, unter denen dieser Gesetzentwurf für uns tragbar gewesen wäre. Es gibt allerdings - dies zeigt auch die heutige Debatte wieder - keine Bereitschaft, sich darauf einzulassen - was unsere Skepsis natürlich verstärkt. Wenn es denn so wäre, dass alles - wie es im Ausschuss für Inneres und Sport und auch heute wieder hieß - im Grunde schon geregelt, alles überhaupt nicht problematisch und nur überflüssig sei, dann wäre es doch auch kein Problem, es hier zu beschließen und so noch einmal ein Votum für den Datenschutz abzugeben.

Der Landtag hätte damit heute die Chance, zu zeigen, dass genau das, was sich aus dem hohen Schutzgrad des Grundrechts ergibt - Sensibilität, Problembewusstsein und Verhältnismäßigkeit -, bei der Verabschiedung eines Gesetzes an den Tag gelegt wird, das eine Bündelung von Daten in einer Zentralstelle vorsieht. Dass dies nicht möglich ist, ist bedauerlich, es wirft Fragen auf und ist datenschützerisch bedenklich. Meine Fraktion kann deshalb dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Elektronische Kommunikation findet auf verschiedensten Wegen statt. Dies führt - ich denke, das ist heute und auch in den Ausschussberatungen deutlich geworden - auch aufseiten der Polizei zu hohen Anforderungen an das Personal und zu permanent notwendigen Anpassun

gen der Technik, einhergehend mit hohen Kosten. Bundesweit werden deshalb gerade auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung Kooperationen geprüft und realisiert.

Zu den erklärten Zielen einer solchen Sicherheitskooperation gehört unter anderem, den Informationsaustausch zu verbessern, schwere Straftaten sowie politische und organisierte Kriminalität effektiver bekämpfen zu können und Synergieeffekte zu erzielen. Das gemeinsame Zentrum der Polizei in den Ländern Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen schafft die Möglichkeit zu effizienter Gefahrenabwehr und Strafverfolgung. Heute ist bereits deutlich geworden: Es geht um die Polizei, nicht um den Verfassungsschutz.