Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn die Reihen noch sehr gelichtet sind, sollten wir in unserer Tagesordnung fortfahren.
Bevor ich in die Tagesordnung einsteige, habe ich heute etwas ganz Besonderes zu verkünden - es ist eine Premiere -: Wir haben heute zum ersten Mal einen Weltmeister bei uns zu Gast. Das ist der Hettstedter Spielmannszug „Blau-Weiß“
Wem es entgangen ist, dem sei gesagt, dass der Spielmannszug am 30. November 2017 an den „World Championships of Marching Show Bands“ im kalifornischen Palm Springs teilgenommen hat. Dort hat er den Weltmeistertitel „World Parade Band Champion“ errungen.
Im Namen des gesamten Hauses und sicherlich auch stellvertretend für Sachsen-Anhalt kann ich sagen, dass wir stolz sind, so tolle Musiker bei uns zu haben, die Sachsen-Anhalt in Amerika gut vertreten haben. Herzlichen Glückwunsch noch einmal von unserer Seite! Für Ihr nächstes Vorhaben, auf das Sie sich bereits vorbereiten, wünsche ich Ihnen viel Glück. Toi, toi, toi! Vielleicht können wir Sie dann noch einmal hier begrüßen. Alles Gute!
Aber vielleicht machen sie das beim nächsten Mal und geben uns eine kleine Kostprobe. Am heutigen Tag sind sie als Dankeschön Gast bei uns.
Wir steigen jetzt in die Tagesordnung ein, werte Kollegen. Wir sollten ein wenig Luft holen und dann fahren wir fort.
Familien im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes vollständig von den Kosten der Mittagsversorgung befreien
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2011 können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Familien mit geringem Einkommen unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen. Bis zu sieben zweckgebundene Angebote stehen dabei zur Auswahl. In unserem heute vorliegenden Antrag fordern wir aber nur zu einer dieser Leistungen einen Beschluss des Hohen Hauses.
Worum geht es uns? - Bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung kann man lesen - ich zitiere -:
„Dort wo es möglich ist, wollen wir Einzelanträge reduzieren und zum Beispiel Schulen ermöglichen, gesammelte Anträge für die berechtigten Kinder diskriminierungsfrei zu stellen. Unter anderem soll hierzu das Schulstarterpaket aufgestockt werden. Die Eigenanteile zur gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Kitas und Schulen und für Schülerbeförderung entfallen. Im Rahmen des bestehenden Teilhabepaketes soll allgemeine Lernförderung auch dann möglich sein, wenn die Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist.“
Nun ist der Bundesrat diesbezüglich am 14. März 2018 auf Initiative der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen und Schleswig-Holstein sowie Hamburg und Rheinland-Pfalz aktiv geworden. Die genannten Länder brachten den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie zur Änderung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes und des Bundeskindergeldgesetzes in der BR-Drs. 83/18 ein.
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, Regelungen zu schaffen, um die gesamten Aufwendungen für die Mittagsversorgung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes zu übernehmen. Dieser Gesetzentwurf wurde in der vorigen Woche in den Fachausschüssen des Bundesrates beraten und es wurde eine Einbringung in den Bundestag empfohlen. Nun tagt am 27. April 2018, also am Freitag der nächsten Woche, der Bundesrat erneut, und gleich unter dem ersten Tagesordnungspunkt wird dieser Gesetzentwurf behandelt.
Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung auffordern, genau diesem Gesetzentwurf im Bundesrat zuzustimmen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Warum ist diese Bundesratsinitiative zu begrüßen? - Bereits die Evaluation der bundesweiten Inanspruchnahme und Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe im Jahr 2016 zeigte auf, wie bürokratieaufwendig das Verfahren ist, sodass der Nutzen kaum in einem Verhältnis zu dem Aufwand der Beantragung steht. Die Verwaltungskosten belaufen sich jährlich auf knapp 183 Millionen €; das entspricht fast einem Viertel der Gesamtkosten des Bildungs- und Teilhabepaketes. Kritiker wie Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband sagen deshalb zu Recht - ich zitiere -:
„Es kommt nicht an. Es erreicht die Kinder nicht, und selbst wenn es sie erreicht, sind die Effekte so gering, dass man nur von einem Flop reden kann.“
Nicht einmal die Forscher des Evaluationsberichtes konnten herausfinden, wie viele Menschen genau denn Geld aus dem Paket beantragt haben. Dazu waren die Statistiken der Kommunen zu unterschiedlich. Eine repräsentative Umfrage hat dann ergeben: Nur gut die Hälfte aller berechtigten Kinder hat mindestens eine Leistung aus dem Paket beantragt, etwa Geld für das Mittagessen. Schuld an der durchwachsenen Bilanz, so der Abschlussbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, seien vor allem schlechte Information und viel zu viel Bürokratie.
Wie sieht es nun in Sachsen-Anhalt aus? - Die Antworten auf unsere Große Anfrage im letzten Jahr zeigten, dass eine zunehmende Inanspruchnahme dieser Leistungen erfolgte. So stiegen die Leistungen von 9 Millionen € im Jahr 2011 auf 16,7 Millionen € im Jahr 2016 bei einer insgesamt rückläufigen Zahl hilfsbedürftiger Kinder und Jugendlicher.
In Sachsen-Anhalt liegt die Nutzung des Bildungs- und Teilhabepakets über dem Bundesdurchschnitt. Besonders gut werden die Leistungen für das Mittagessen, für Klassenfahrten und für den Schulbedarf angenommen. Leistungen für eine außerschulische Lernförderung und für die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben werden am wenigsten nachgefragt.
Schaut man sich dann die Zahlen der Inanspruchnahme der Leistungsarten genauer an, tritt ganz schnell wieder Ernüchterung ein. Im Jahr 2016 gab es in Sachsen-Anhalt 58 692 Leistungsberechtigte unter 15 Jahren. Davon haben 27 186 eine Leistung oder mehrere Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets in Anspruch genommen. Das entspricht gerade einmal einem Anteil von 46 %. Von diesem Personenkreis haben wiederum genau 20 977 Personen die Leistungsart Mittagsverpflegung genutzt. Auch wenn wir damit etwas über dem Bundesdurchschnitt liegen, zeigt
Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits in den letzten Monaten brachte meine Fraktion viele Initiativen gegen Kinderarmut in Sachsen-Anhalt in den Landtag ein. Vor dem Hintergrund, dass in unserem Bundesland fast die meisten der bundesweit von Armut bedrohten Kinder leben, hat es mich dann doch gewundert, dass sich SachsenAnhalt der Bundesratsinitiative der sechs anderen Bundesländer nicht angeschlossen hat.
Vielleicht hatte die Landesregierung aber auch nicht die Möglichkeit, das zu tun, weil ihr die Unterstützung des Parlamentes fehlte.
Zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen kann ich nur sagen, dass er inhaltlich mit dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung übereinstimmt, was ja nicht per se schlecht ist. Leider geht aus Ihrer Vorlage nicht hervor, ob Sie denn nun die Landesregierung beauftragen wollen, der Bundesratsinitiative zuzustimmen.
Deshalb und damit Ihre Abstimmung eindeutig ausfällt, machen wir Ihnen den Vorschlag, Ihren Alternativantrag ergänzend zu übernehmen. Damit wird unser Absatz zu Punkt 1 und Ihre Forderungen ergänzen unseren Antrag und werden zu Punkt 2. In dem dritten Spiegelstrich Ihres Antrags, in dem es um die Streichung der Eigenanteile für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung und die Schülerbeförderung geht, müssten dann die Wörter „die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung und“ gestrichen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass auch von Sachsen-Anhalt ein Impuls ausgeht, der den richtigen Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut bekräftigt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Es gibt keine Fragen oder Wortmeldungen. - Bevor wir in die Dreiminutendebatte der Fraktionen einsteigen, hat für die Landesregierung Ministerin Frau GrimmBenne das Wort. Bitte.
dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung gebeten werden, dem Gesetzentwurf zur Änderung des SGB II, des SGB XII sowie des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes und des Bundeskindergeldgesetzes im Bundesrat zuzustimmen. In diesem Gesetzentwurf geht es darum, die Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien weiter zu verbessern. Konkret soll damit der Eigenanteil bei der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung abgeschafft werden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Vorschlag geht in die richtige Richtung. Bereits in der Vergangenheit habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass diese nachteilige Regelung geändert wird. Bislang erhalten die betroffenen Kinder und Jugendlichen das gemeinschaftliche Mittagsessen nämlich nicht kostenlos, sondern müssen aus ihrem Regelbedarf 1 € je Essen selbst bezahlen. Dies führt auch dazu, dass sich ein Teil der Familien gegen das Angebot der Schule oder der Kita entscheidet.
Die Abschaffung des Eigenanteils ist aus meiner Sicht ein wichtiges und richtiges Signal. Nur bei einer vollständig kostenfreien Mittagsverpflegung entfallen mögliche Kostenvorbehalte der Eltern. Das gemeinschaftliche Mittagessen dient nicht nur der Ernährung, sondern hat eine wichtige integrative und soziale Funktion.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung wird zu ihrem Abstimmungsverhalten im Bundesrat am kommenden Dienstag im Kabinett beraten. Ich habe Sympathien für den angesprochenen Gesetzentwurf, obgleich dieser - das gehört auch zur Ehrlichkeit - viel zu kurz greift, wenn er nur die Leistungen für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in den Blick nimmt. Ich habe jedenfalls in den Ausschüssen des Bundesrates, für den wir als Sozialministerium Verantwortung tragen, mitgestimmt.