Ich weiß, dass das für diejenigen, die sich hauptamtlich mit dem Bibliothekswesen im Landesbibliotheksverband, aber auch auf der Bundesebene beschäftigen, die aktuelle Frage ist.
Wo kommen wir mit unseren Büchern noch vor? Lohnt es sich überhaupt noch, Bücher zu kaufen? Oder kaufen wir nur noch digitale Medien? Eines Tages fragt man sich: Kaufen wir noch digitale Medien? Oder eröffnen wir nur Download-Stationen, weil das alles in irgendeiner Cloud verfügbar ist?
Wie wir darauf reagieren, wie wir unsere kommunalen Bibliotheken, aber auch die Schulbibliotheken und nicht zuletzt die wissenschaftlichen Bibliotheken an unseren Hochschulen, die das Gesamtspektrum ergänzen, auf diese digitale Herausforderung einstellen, ist die Frage der Zeit.
Wir haben deswegen - das haben Sie mit Recht angesprochen - aus der sogenannten digitalen Rendite Mittel für die Förderung von digitalen Projekten im Kulturbereich zur Verfügung gestellt. Der Bibliotheksverband und die Landesfachstelle arbeiten noch daran, das umzusetzen.
Vielleicht müssen wir doch noch einmal über die Landesgrenzen hinausschauen. Auch der Bundesverband bietet Weiterbildungsangebote in großer Zahl an, die von unseren Bibliotheksmitarbeitern gern erfolgreich und auch für ihre praktische Arbeit relevant genutzt werden. Sie sind in ihren Bibliotheken also nicht alleingelassen, son
dern sind eingebunden in ein großes Netzwerk fachlicher Unterstützung in Bund und Ländern, in dem alle miteinander arbeiten, in dem Fachliteratur, die es dazu gibt, zur Verfügung gestellt wird und Fachzeitschriften existieren, die für Bibliotheksleute geschrieben werden.
Deshalb ist es nicht die sozusagen exklusive und abschließende Aufgabe unserer Landesfachstellen, die „unwissenden“ Bibliotheksmitarbeiter, die überwiegend studierte Bibliothekare sind, sozusagen tagaus, tagein anleiten zu müssen. Das ist schon etwas komplexer und sicherlich in dem Maße nicht erforderlich.
Ich denke, wir werden all das, was mit dem Gesetz zu tun hat, im Ausschuss intensiver beraten müssen. Darauf freue ich mich. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Staatsminister. - Bevor ich eine Fragestellung zulasse, will ich ganz herzlich Damen und Herren des CDU-Stadtverbandes Zerbst auf unserer Besuchertribüne begrüßen. Herzlich willkommen!
Herr Minister, ich habe eine Frage. Sie führten aus, dass die Nutzung der Bibliotheken kostenlos ist. Meines Erachtens verzerrt dies ein bisschen das Bild. Zum Beispiel in der Martin-Luther-Bibliothek in Zeitz fallen außer den Ausleihgebühren noch Anmeldegebühren und Jahresgebühren an. Das zählt auch zu den Kosten. Wie erklären Sie sich das? Es verzerrt sonst das Bild, wenn Sie sagen, das ist in der Bibliothek kostenlos.
Für die Mitgliedschaft in einer Bibliothek, die letzten Endes auch der Überwachung dient, Gebühren zu erheben oder nicht, ist wirklich Sache der Kommunen. Die Materialien in den Bibliotheken werden zur Verfügung gestellt. Das ist aus meiner Sicht einer Regelung durch Landesgesetz nur dann zugänglich, wenn wir die Folgen der Konnexität zu tragen bereit sind und den Kommunen die Einnahmeausfälle, die damit verbunden sind, erstatten.
- Doch, von Kollege Gebhardt. - Entschuldigung, wie konnte ich Sie übersehen. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Robra, ich wollte auf eines hinweisen, weil Sie hinterfragt haben, ob man die Qualitätskriterien einfügen oder dabei so administrativ herangehen muss, und weil Sie gesagt haben, unsere Bibliotheken sind - ich sage das lax - alle chic und gut ausgestattet.
Die Bibliothek in Hettstedt, über die ich als Stadtrat mitentschieden habe, hatte drei Beschäftigte, unter anderem eine Leiterin, die ausgebildete Bibliothekarin war. Diese ging in Ruhestand; die Stelle ist nicht neu besetzt worden. Seitdem hat die Bibliothek keine Leiterin mehr. Sie verfügt auch über keine Mitarbeiterin mehr, die Bibliothekswesen gelernt oder studiert hat. Dort sitzen zwei Sekretärinnen, die sich große Mühe geben. Wenn die eine krank und die andere im Urlaub ist, hängt ein Zettel mit dem Hinweis „Vorübergehend geschlossen!“ aus.
Das sind genau die Bispiele, die ich meine, die ich gern ausgeschlossen hätte. Wenn sich eine Stadt eine Bibliothek leistet und Landesmittel für den Ausbau, die Vernetzung, die Bestandserneuerung und Ähnliches haben möchte, dann hat aus meiner Sicht das Land einfach die Pflicht, zu sagen, dann sollen hier bestimmte Qualitätskriterien eingehalten werden. Solche Sachen mögen Einzelbeispiele sein. Aber die kommen aus unserer Sicht - so steht es in der Antwort - immer häufiger vor.
Es gibt immer mehr Zwei- oder Drei-Mann-Betriebe, in denen regelmäßige Öffnungszeiten nicht gesichert werden können und vor allen Dingen qualifiziertes Personal fehlt.
Ich will dazu gern etwas sagen. Nach meiner Erfahrung ist das Thema schon deshalb sensibel, weil wir unter den 109 ehrenamtlich geleiteten Bibliotheken wirklich ein extrem großes Spektrum qualitativer Art haben.
Es gibt kleine Bibliotheken in ländlichen Räumen. Die sind in den Kulturhäusern. Die werden im Dorf geschätzt. Man will sie nicht missen.
Aber man muss deswegen noch lange nicht das ganze Spektrum der Literatur, das aktuell auf den Bestsellerlisten steht, vorhalten, sondern man macht dann das, was man glaubt, machen zu müssen, um der Bevölkerung, wie sie konkret an
Dort kann ich nicht dieselben Standards wie für die Bibliothek in Magdeburg setzen. Das muss man bei allem Respekt sagen. Das ist ein Riesenladen mit einem großen Etat. Wenn ich das von den Dörfern fordern würde, wäre von den 109 Bibliotheken schlagartig die Hälfte platt. Das kann es am Ende nicht sein.
Man muss sich das genauer ansehen. Im Fall von Hettstedt würde ich das - wenn es so ist, wie Sie es sagen - auch beklagen, dass in so einer Stadt niemand ist, der auch vom Bibliothekswesen mehr versteht.
Aber auch dort setze ich zunächst auf die Autonomie der Räte und der städtischen Verwaltung, die viel besser einschätzen können, ob das unter Umständen reicht oder ob sie vielleicht auch mit externer Hilfe von der Landesfachstelle oder vom Verband, den wir mittlerweile auch mit einer halben Personalstelle fördern, klarkommen.
Dieses Prokrustesbett eines einheitlichen Qualitätsstandards über alle Bibliotheken im Land zu legen, will diskutiert sein. Unter Umständen muss man differenzieren. Dann stellt sich aber zu Recht wieder die Frage: „Wo bleibt der Standard?“, wenn wir für die kleineren Bibliotheken einen anderen Standard setzen als für die großen. Aber ich denke, das sollten wir dann im Ausschuss vertiefen.
Es ist eher eine Kurzintervention. - Es geht um etwas Ähnliches wie das, was Frau Bahlmann fragte. Herr Robra, Sie sagten, vieles sei kostenlos; wenn man in der Bibliothek sei, könne man sich Zeitschriften und Bücher ja dort ansehen.
Ich möchte Ihnen, was die Bildungslimitierung angeht, einmal ein Beispiel nennen. Angenommen, wir schaffen es, wie Sie es vorhin sagten, junge Menschen dafür zu gewinnen, Bücher zu lesen und sich länger mit Büchern zu beschäftigen. Ich nenne jetzt einmal die Reihe Harry Potter. Ich setze mich als junger Mensch dorthin, fange an, dieses Buch zu lesen, und finde es gut. Meine Eltern haben aber nicht genug Geld, damit ich mir dieses Buch ausleihen kann. Dann gehe ich so oft ich kann dorthin und lese alle sieben Bände durch.
Ich will nur versuchen zu erreichen, dass Sie verstehen, wie beschränkend und auch herabwürdigend es für einen jungen Menschen ist, jedes Mal dorthin gehen zu müssen, weil er ein bestimmtes
Buch gut findet, sich dort hinzusetzen, über Tage, Monate, Wochen, um das alles durchlesen zu können.
Deshalb auch unser Ansatz: Es wäre gut, wenn wir junge Menschen für Bücher begeistern wollen, ihnen dann auch die Möglichkeit zu geben, diese Bücher kostenlos mit nach Hause zu nehmen. - Danke.
Darüber wird sicherlich zu reden sein. Man muss sich dann allerdings noch einmal sehr genau ansehen, welche Ausleihgebühren die Bibliotheken tatsächlich erheben und in welchem Verhältnis sie zu dem Buchpreis stehen, der jeweils dahinter steht.
Ich habe mir gerade noch einmal Ihren Gesetzentwurf angesehen. Das aufgeworfene Problem der Mitgliedsbeiträge löst das auch nicht. Sie wollen ja anfügen:
„die darüber hinausgehende Nutzung des Bücher- und Medienbestandes ist für Kinder, Schüler, Studenten und Auszubildende ebenfalls kostenfrei.“
Das würde sozusagen das Zugangsproblem auch nicht lösen, sondern nur das Problem - wenn es denn eines ist - der Ausleihe.
Ich wiederhole: Das sind Fragen, die man wirklich mit Blick auf die konkrete Situation hier im Land im Ausschuss vertieft erörtern sollte und die man möglichst von abstrakten Fragen befreien sollte, und das bitte schön auch vor dem Hintergrund dessen, was ich in den Mittelpunkt meiner Betrachtungen gestellt habe: Was sind die Herausforderungen der Digitalisierung und wie bereiten wir die Bibliotheken wirklich darauf vor?
Danke. - Ich habe keine weiteren Fragen registriert. Demzufolge können wir nun in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich glaube, wir alle erinnern uns an die besondere Situation in den Bibliotheken, an die Stille, die dort herrscht, und manchmal an den Geruch von Staub.
einrichtungen. Auch wenn die Nutzerzahlen durchaus mit den Zahlen der Besucher von Fußballspielen, Museen, Theatern und Orchestern mithalten können, feiern sie eben nicht die großen, rauschenden Premieren. Sie sind aber dennoch Anziehungspunkte für viele Menschen, die dort nicht nur lesen und Bücher ausleihen, sondern die dort auch eine Vielzahl von Veranstaltungen besuchen.
Deshalb muss man der LINKEN schon dankbar sein für die Große Anfrage und dafür, dass sie dieses Thema, das keine ganz so große Lobby hat, durch die Debatte und durch die, wie ich denke, folgende Diskussion in den Ausschüssen stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt.
Die umfangreichen Daten zeigen: Das Umfeld der Bibliotheken hat sich verändert. Wenn wir uns aber einmal die allgemeine Entwicklung seit Beginn der 90er-Jahre anschauen, dann stellen wir fest, dass sich das Medienverhalten allgemein, das Angebot und die Zurverfügungstellung von Medien, so dramatisch verändert hat, dass es eben auch nicht verwundert, dass sich das Nutzerverhalten ändert. Wir haben heute eine andere, eine ausdiffenziertere kulturelle Infrastruktur. Medien sind eben auch durch Streaming-Dienste zu erreichen und müssen nicht persönlich vor Ort ausgeliehen werden.
Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Wir können den Verlust beklagen oder wir können, wie es Herr Minister Robra angeregt hat, überlegen, welche Möglichkeiten der künftigen Entwicklung Bibliotheken haben. Das hat eben auch etwas mit Teilhabe, mit Wissensorten in der digitalen Gesellschaft zu tun.