Wir würden uns doch nie einbilden - das machen Sie doch ständig -, für die Mehrheit in Deutschland sprechen zu wollen. Unsere Politik ist eine ganz andere.
Das wäre meine zweite Frage: An welcher Stelle habe ich einen Aufruf unterzeichnet, in dem es um Extremismus ging bzw. in dem ich mich mit Extremisten gemeingemacht hätte? - Das würde ich sehr gern einmal sehen. Ich bin diejenige, die bei uns und überall immer dafür steht, dass wir sagen: Jegliche Gewalt ist abzulehnen. Wo habe ich einen solchen Aufruf unterschrieben?
Nein, so geht das nicht, Frau Lüddemann. Sie können den Fragesteller zwar fragen, aber ich werde ihm nicht das Wort erteilen.
Jetzt kommen wir zu dem Kollegen Borgwardt, der als Fraktionsvorsitzender der CDU in der Debatte spricht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Der Todesfall am 8. September 2018 in Köthen und die damit einhergehenden Demonstrationen und Vereinnah
mungsversuche haben gezeigt, dass in Zeiten einer aufgeheizten Stimmung im Land solche Zustände überall, eben auch bei uns, passieren können.
Ich möchte daher gleich zu Beginn meiner Rede unserem Innenminister Holger Stahlknecht und den Polizistinnen und Polizisten meinen Dank dafür aussprechen, dass sie von der ersten Minute an die Lage im Griff hatten und rechtsstaatliches Handeln gezeigt haben, sodass ein zweites Chemnitz in unserem Bundesland verhindert wurde.
Gerade in Situationen wie in Köthen setzen sich die Beamten stets der Gefahr aus, selbst Opfer rechter Gewalt und von Gewalt an sich zu werden, um die Grundfesten unseres Rechtsstaates aufrechtzuerhalten.
„Wir setzen uns gegen Extremismus von rechts ein und genauso gegen den Extremismus von links, weil beide Formen des Extremismus den inneren Frieden unseres Landes gefährden und weil sie am Ende dazu führen, das Bürgerliches an dieser Stelle verloren geht …“
Demokratie und politische Prozesse leben nach Meinung meiner Fraktion davon, dass man unterschiedliche Positionen miteinander austauscht. Streit- und Debattenkultur wie auch öffentliche Demonstrationen gehören zu den Prinzipien einer Demokratie. Sie können belebend wirken. Ob die Qualität der Debatten draußen auf der Straße oder auch hier in diesem Hohen Hause so gut ist, dass sie tatsächlich dazu beitragen, demokratisches Handeln voranzubringen, muss leider gelegentlich stark bezweifelt werden.
Fakt ist aber auch: Wer dazu aufruft, gegen den Staat und gegen die Demokratie zu agieren, der muss hart bestraft werden. Wir als CDU haben in unserer Gesellschaft auch die Meinungen auszuhalten, die beispielsweise von Vertretern der Kollegen der AfD oder von Vertretern der Kollegen der LINKEN ausgehen. Wir stellen uns dem Diskurs. Gewalttätige Übergriffe in unserer Gesellschaft, gegen wen auch immer, sind jedoch nicht zu tolerieren,
weil es auch eine Frage des demokratischen Anstandes ist, dass man Andersdenkende in ihrem Sinne handeln lässt und dagegen nicht mit Methoden der Gewalt oder mit krimineller Energie vorgeht.
Der Staat jedoch muss Autorität zeigen und den unbedingten Willen, seine Werteordnung zu verteidigen. Gleichzeitig muss auch die Gesellschaft klarmachen, dass sie Angriffen auf unsere Werteordnung grundsätzlich widerspricht.
Wir müssen einmal mehr auf demokratische Gepflogenheiten in einen offenen Diskurs hinweisen. Menschen, die, vielleicht ohne wirklich ihr Handeln zu hinterfragen, mit Radikalen demonstrieren bzw. mitlaufen, sollten wir nicht mit Feindschaft per se begegnen, sondern mit Offenheit statt Ignoranz, Entgegenkommen statt Ablehnung. Demokratische Regeln sind einzuhalten. Der Dialog ist aufrechtzuerhalten. Menschen, die sich sorgen und die Ängste haben, kann man nur mit geduldiger Argumentation begegnen. Wir müssen lernen, ihre Meinung nicht zu stigmatisieren, sondern sie ernst zu nehmen.
Die große Mehrheit der Bürgerrinnen und Bürger steht zu unserer Demokratie. Wer aber versucht, demokratische Institutionen verächtlich zu machen, Politikern oder Journalisten droht, dem muss deutlich gemacht werden, dass er in einer Demokratie eben nicht rechtsstaatlich handelt, und dem muss mit aller Härte des Staates entgegengetreten werden.
Eines möchte ich an dieser Stelle auch sagen: Jeder Einzelne von uns muss sich genau anschauen, mit wem er da gerade demonstriert. Es ist nahezu beschämend, dass Bürger, die mit Rechtsextremen im Grunde gar nichts zu tun haben wollen, aber hinter solchen Menschen herlaufen. An dieser Stelle ist die Zivilgesellschaft in besonderem Maße gefordert.
Wir müssen unsere Politik erklären und die Menschen draußen mitnehmen. Eine verordnete Meinungsbildung darf es nach meiner Meinung und nach der meiner Fraktion nie wieder geben.
Das Gute an unserer Demokratie ist, dass Defizite angesprochen und beseitigt werden können. Kritik dient dabei als Schmierstoff und ist
Sehr geehrter Herr Kollege Borgwardt, Sie verantworten mit Ihrer Fraktion das Ressort des Innenministeriums. Ich habe beim letzten Mal hinlänglich zitiert, dass auf der aktuellen Internetseite des Innenministeriums die Organisationsstrukturen der Antifa als verfassungsfeindlich und entsprechend als nicht grundgesetzkonform deklariert wurden.
Frage 2: Wie bewerten Sie die Aussage der anderen beiden Abgeordneten, die ich zitiert habe, nämlich Frau Buchheim und Herr Knöchel: „Nie wieder Deutschland!“?
Herr Siegmund, es geht Ihnen mit Ihrer Fraktion sicherlich gelegentlich so wie mir mit meiner: Ich habe ein paar Probleme, wenn ich individuelle Bemerkungen bewerten soll. Ich werde diesen Versuch jetzt nicht unternehmen. Meine Meinung dazu, was ich von „Danke, Antifa“ halte, habe ich hinlänglich deutlich gemacht. Das werde ich heute nicht wiederholen.
Zu der Problematik, die Sie in Bezug auf die anderen Kollegen angesprochen haben: Ich glaube, man ist gut beraten - so habe ich den Redebeitrag heute auch angelegt -, dass man, egal von welcher Seite auch immer, bewusst nicht stigmatisiert, sondern versucht, auch Verständnis aufzubringen. Denn die Mehrheit ist eben nicht extrem, weder linksextrem, meine Herren, noch rechtsextrem. Die Mehrheit
- nein - möchte vielmehr ernst genommen werden bei den Problemen, die sie artikuliert. - Das war auch der letzte Satz vorhin in meiner Rede. - Herzlichen Dank.
Ich habe noch eine Wortmeldung von Herrn Roi. - Herr Raue, wir befinden uns in einer Fünfminutendebatte, das heißt, immer zwei Fragesteller je Fraktion. - Herr Roi, Sie haben das Wort.
Erst einmal danke, Herr Borgwardt, für die unaufgeregte Rede. Sie haben auch festgestellt: Es ist nicht immer einfach für die Bürger festzustellen, mit wem sie mitlaufen. Es ist natürlich auch unverständlich.
Wir als AfD und als Kreisverband in Köthen haben selbstverständlich auch die Verantwortung gesehen und haben genau aus dem Grund einen Tag nach der Rede von Herrn Köckert am Montag, als viele Leute mitgelaufen und im Anschluss an seine Rede empört nach Hause gegangen sind, wie mir gestern am Stammtisch wieder berichtet worden ist - es ist in der Tat schwierig für die Bürger -, eine ruhige Trauerveranstaltung durchgeführt, zu der sogar in der Überschrift stand: Klatschen nicht erlaubt. Selbst geklatscht werden durfte nicht auf unserer Veranstaltung, weil wir es wirklich ernst gemeint haben. Wir haben auch klar und deutlich gemacht: Wir wollen nichts rufen und an diesem Tag auch keine politischen Losungen loswerden.
Jetzt würde mich einmal eine Meinung von Ihnen interessieren. Geben Sie mir darin recht, dass wir uns, egal ob Rechts- oder Linksextremismus, im Kampf gegen Extremismus niemals gemeinmachen dürfen mit jeweils anderen Extremisten? Das heißt also, wir als AfD dürfen uns niemals mit Rechtsextremen verbinden, um gegen Linksextremismus vorzugehen. Umgekehrt darf genauso niemals eine Landesregierung oder eine Partei wie die SPD, die GRÜNEN oder DIE LINKE sich Linksextremisten bedienen, um gegen vermeintlich Rechtsextreme oder gegen tatsächliche Nazis vorzugehen.