Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Gemeinsam mit den anderen Ländern gab es eine umfassende Äußerung sowohl zur Pflegepersonalverordnung als auch zum Pflegepersonalstärkungsgesetz. Aber wie das nun einmal so ist, der Bund ging darauf nur zurückhaltend ein. Sie entnehmen dazu auch etwas unserem Alternativantrag. In welchen Punkten zumindest weiterführende Prüfungen angekündigt wurden, können Sie dort dezidiert nachlesen.

Auch wir GRÜNE wollen dringend Personaluntergrenzen für die Pflege für alle Abteilungen in Krankenhäusern, aber auch für stationäre Pflegeeinrichtungen. Damit stehen wir Gott sei Dank nicht mehr allein auf weiter Flur; immer mehr Menschen schließen sich dieser Positionierung an, auch im Bundesrat. Ich verweise hierzu auf den Beschluss 4818.

Sie sehen, verehrte LINKE, das Land und der Bundesrat setzen sich für im Grunde genommen nicht Ihre, sondern für die Anliegen der Menschen im Land ein, die dringend ein Anrecht darauf haben, dass sie gut und sicher sowie nachhaltig und auch übermorgen noch gepflegt werden. Dieses Antrags bedarf es also nicht; er ist auch aus meiner Sicht verzichtbar.

Zudem fehlt mir persönlich in Ihrem Antrag, aber auch im Pflegepersonalstärkungsgesetz wie auch in der entsprechenden Stellungnahme des Bundes eine gleichberechtigte Berücksichtigung der Altenpflege. An verschiedenen Stellen wird diese geradezu stiefmütterlich behandelt, so bei der Anrechnung von Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr auf den Personalschlüssel. Im Krankenhaus will man davon zunächst absehen, nicht so in der Altenpflege. Azubis im ersten Ausbildungsjahr werden in der Altenpflege also weiterhin, bewusst überspitzt gesagt, als Hilfskräfte verheizt. Warum soll mit dem Personalstärkungsgesetz nur im Krankenhaus dieser Praxis ein Riegel vorgeschoben werden? - Mir erschließt sich dies nicht.

Auch die geplante Möglichkeit für Einrichtungen der Altenpflege, unbesetzte Stellen schon nach drei Monaten der vergeblichen Fachkräftesuche mit Pflegehilfskräften zu besetzen, wird zu einer Dequalifizierung der Altenpflege beitragen. Ich meine, das muss verhindert werden. Hier sind wir als Land mit einer bundesweit vergleichsweise hohen Quote an Pflegebedürftigen besonders gefordert.

Bei allem Fachkräftemangel gilt es jedoch, die Qualität in der Altenpflege zu sichern und die Altenpflege als Profession zu stärken. Zumindest die grüne Bundestagsfraktion hat sich die

ser Aufgabe klar verschrieben; das unterstütze ich sehr.

Ich hoffe, die Landesregierung kann uns bei der Befassung im Sozialausschuss diesbezüglich eine positive Entwicklung berichten. Wahrscheinlicher ist aber, dass wir, auch gerne alle zusammen, noch deutlicher auf Umsetzung des bereits Festgelegten drängen müssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Deswegen können wir in der Debatte fortfahren. Für die Fraktion der SPD spricht die Abg. Frau Dr. Späthe.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE stellt fest, dass das Pflegepersonalstärkungsgesetz und insbesondere die Personaluntergrenzen-Verordnung nicht dazu beitragen, den Pflegenotstand in den Krankenhäusern entscheidend abzubauen.

Das Pflegepersonalstärkungsgesetz, meine Damen und Herren, ist noch gar nicht im Bundesrat bestätigt und unterliegt immer noch Veränderungen. Die Personaluntergrenzen-Verordnung muss man als das sehen, was sie ist, nämlich eine Ersatzvornahme des Ministeriums für Gesundheit, weil die Selbstverwaltungsorgane, die Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen, nicht in der Lage waren, sich in angemessener Zeit zu der notwendigen Personalausstattung in Krankenhäusern zu vereinbaren.

In der Fachwelt gilt es als Novum, dass die Bundesregierung hierbei zügig von ihrer Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht hat, sicherlich auch auf den Druck der Bundesländer im Bundesrat hin. Die Verordnung gilt zunächst - es wurde bereits gesagt - für die pflegesensitiven Bereiche Geriatrie, Intensivstation, Unfallmedizin und Kardiologie, und zwar nur für das Jahr 2019.

Die Erarbeitung eines Sanktionskatalogs bei Nichteinhaltung der Untergrenzen, von dem hier schon die Rede war, den es aber noch nicht gibt, liegt im Laufe des Jahres 2019 wieder in den Händen der Krankenhäuser und Krankenkassen, genauso wie die Erarbeitung weiterer Personaluntergrenzen für die anderen Bereiche in den Krankenhäusern. Wollen wir hoffen, dass die Selbstverwaltung diesmal in der Lage ist, ein Ergebnis hervorzubringen. Sollte dies wieder nicht möglich sein, hat das Bundesministerium bereits jetzt angekündigt, wieder zur Ersatzvornahme zu greifen.

In unserem vorliegenden Alternativantrag wollen wir die Initiativen unserer Landesregierung in den zuständigen Bundesratsausschüssen und in drei Ansätzen den derzeitigen Stand der Erarbeitung des Pflegepersonalstärkungsgesetzes im Bundesrat verdeutlichen. Wir haben noch einmal explizit aufgenommen, dass der Bundesrat bereits im März 2017 eine Entschließung mit dem Titel „Die Situation der Pflege durch Pflegepersonaluntergrenzen spürbar verbessern“ verabschiedet hat. Das war damals ein klares Signal an die Verhandlungsführer der Selbstverwaltung zu den Intentionen der Bundesländer; das Ergebnis ist bekannt.

Wie Sie unserem Alternativantrag entnehmen können, forderte der Bundesrat etliche Änderungen am Entwurf des Pflegepersonalstärkungsgesetzes. Diesen Forderungen folgte die Bundesregierung allerdings nicht.

Entsprechend der Bundestagsdrucksache 19/4729 sollen jedoch einige Anregungen geprüft werden. Aus unserer Sicht sind die wichtigsten die drei, die wir Ihnen vortragen. Sie wurden bereits genannt; aber ich möchte es noch einmal sagen: Erstens ist es sinnvoll, den sogenannten Pflegezuschlag der Bundesregierung in Höhe von 500 Millionen € über das Jahr 2020 hinaus zu zahlen. Im Moment ist der Stand der Dinge, dass dieser Zuschlag oder Zuschuss - je nachdem, wie man es nennen will - komplett entfallen soll. Aber dies würde dann vermutlich erneut zu Engpässen führen. Wir fordern das ebenso, obwohl mit der Einführung der Pflegebudgets im Jahr 2020 und der angestrebten vollständigen Refinanzierung von Tarifentwicklungen durch die Krankenkassen vermutlich auch schon Effekte verbunden sein dürften.

Unter zweitens steht die besondere Förderung von Maßnahmen, die zur Verbesserung bei der Betreuung durch Hebammen bei der Geburt führen sollen, ein Thema, das auch das Hohe Haus schon mehrfach beschäftigt hat und daher folgerichtig von unserer Regierung in den Bundesrat getragen wurde.

Drittens geht es um den Blick auf die Rehabilitationseinrichtungen selbst und die Verbesserung der pflegerischen Situation in den Reha-Einrichtungen.

Wir erwarten von der Landesregierung den Bericht über den Fortgang der Bundesratsdebatte in Bezug auf diese Punkte. Aber über die Wirkung der Verordnung zu den Personaluntergrenzen kann man sicherlich erst in einiger Zeit diskutieren. Wir werden uns im Ausschuss über den Zeitpunkt verständigen.

Ich bitte Sie um die Annahme unseres Alternativantrags. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke. - Zum Abschluss der Debatte spricht noch einmal Frau Zoschke für die einbringende Fraktion DIE LINKE.

Danke, Herr Präsident. - Ja, was soll ich jetzt alles sagen?

(Zuruf von der AfD: Gar nichts!)

Ich fange einmal mit Frau Dr. Späthe an. - Ich habe ganz viel gelernt, Frau Dr. Späthe. Eines der Dinge ist, dass man eben nicht abwarten soll, bis das Gesetz beschlossen ist, sondern dass man die Chance nutzen sollte, auf die Probleme schon vorher aufmerksam zu machen. Bevor wir das beschlossen bekommen, halte ich es für wichtig, einfach noch einmal deutlich zu machen, dass man auf genau dieses Feststellungsverfahren von Personaluntergrenzen Einfluss nehmen muss, dass es nicht nur an den 25 % am schlechtesten ausgerüsteten Krankenhäusern liegen kann

(Zuruf von Dr. Verena Späthe, SPD - Eva von Angern, DIE LINKE: Aber das kann doch nicht der Maßstab sein!)

und dass es darum geht, die Personaluntergrenzen nicht nur für vier pflegeintensive Abteilungen aufzumachen, sondern für alle Abteilungen, für alle Stationen in jedem Krankenhaus.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich erachte es darüber hinaus auch für wichtig, einzufordern, dass genau diejenigen, die am ehesten Bescheid wissen, was notwendig ist, um gut zu pflegen, nämlich die Pflegekräfte, in diesem Prozess stärker beteiligt werden. Sie sind in diesem Prozess bis jetzt noch nicht angesprochen worden; vielmehr sind nur die Leistungserbringer und die Kostenträger diejenigen, die bisher entscheiden durften.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn es denn so unsinnig ist, Frau Kollegin Lüddemann, dass dieser Antrag hier heute zur Sprache kommt, dann frage ich mich, warum sich die Koalitionsfraktionen auf den Weg gemacht haben, einen Alternativantrag zu formulieren. Es muss also durchaus darüber hinaus ein bisschen Beachtung gefunden haben. Ich halte es auch nach wie vor für wichtig, dass wir uns damit beschäftigen und nicht abwarten, bis der Bundestag beschlossen hat.

Herr Siegmund, bei aller Kritik am Kuchenbäcker: Was mir gefehlt hat, waren Ihre Lösungsvorschläge; die tendieren gen null.

Lassen Sie uns gemeinsam für einen flächendeckenden Tarif für Pflegekräfte eintreten. Lassen

Sie uns für bessere Ausbildungsbedingungen sorgen, ebenso dafür, dass junge Menschen aus anderen Bundesländern vielleicht bei uns ihre Ausbildung aufnehmen und dann auch bei uns tätig werden. Das sichert mit Sicherheit die Pflege der zukünftigen Generation und irgendwann vielleicht auch einmal unsere Pflege ab. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Somit sind wir am Ende der Debatte angelangt und können in das Abstimmungsverfahren eintreten.

Ich habe bisher keine Anträge auf Überweisung gehört; offensichtlich gibt es sie dann auch nicht. Ansonsten hätte jetzt jemand zucken müssen. Wir kommen also in die Endabstimmung der entsprechenden Anträge.

Wir stimmen zuerst über den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/3464 ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das ist die einbringende Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter. Wer enthält sich der Stimme? - Die AfD-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Kommen wir nunmehr zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 7/3513. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktion der AfD und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Alternativantrag in der Drs. 7/3513 angenommen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere nochmals an die Verabredung von vor der Mittagspause: Wir tauschen jetzt die beiden nachfolgenden Tagesordnungspunkte.

Wir treten daher ein in den

Tagesordnungspunkt 5

Beratung

Würdiges Gedenken der Novemberpogrome von 1938 - Der Landtag von Sachsen-Anhalt bekennt sich zum Gebot der historischen Verantwortung

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3463

Änderungsantrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/3514

Für die antragstellende Fraktion hat als Einbringer der Abg. Herr Lippmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wichtige zeitgeschichtliche Daten, deren Reflexion und Erinnerung wir uns als politisch Verantwortliche immer wieder stellen sollten, ja stellen müssen. Trotz des meist aufreibenden und drängenden Tagesgeschäfts gilt es vor dem Hintergrund bestimmter Ereignisse und Entwicklungen, innezuhalten, sich zu besinnen und sich der Bedeutung für unser heutiges Handeln bewusst zu werden.

Der bevorstehende 9. November ist ohne Zweifel so ein Tag, der in Deutschland geradezu überladen ist mit historischen Bezügen. So erinnern sich alle etwas Älteren unter uns noch gut an die Ereignisse vom 9. November 1989. Wir werden also im kommenden Jahr an diesem Tag den 30. Jahrestag des Mauerfalls feiern - ein gewiss erfreuliches Jubiläum, das aber in der Reihe aller anderen zeithistorischen Bezüge des 9. November ein eher zufälliges Datum gewesen sein dürfte; denn die Abläufe in und nach der inzwischen legendären Pressekonferenz des ZK der SED über die neuen Reisebestimmungen für Bürgerinnen und Bürger der DDR mit dem historischen Versprecher waren bestimmt nicht so gewollt und auch nicht vorhersehbar.