Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Sehr geehrte Damen und Herren! Rein formeller Natur ist hingegen die geplante Änderung des Ausführungsgesetzes zur Insolvenzordnung. Sie dient der Klarstellung. Aber auch hierbei gibt es einiges nachzuholen; denn bereits seit zehn Jahren befindet sich die Fördermittelsumme des Landes trotz steigender Personal- und Sachausgaben der Träger auf dem Stand von 2008. Hinzu kommt, dass eine deutliche Zunahme von Fällen mit vielen Gläubigern sowie eine höhere Komplexität der Fälle zu verzeichnen ist.

Deshalb sind wir im Rahmen der Haushaltsberatungen auch in diesem Bereich bemüht, eine entsprechende Lösung zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf im Ganzen zeigt, dass die Koalition Gestaltungswillen beweist und Verantwortung übernimmt. In diesem Sinn danke ich Ihnen für den Gesetzentwurf und für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Fragen hierzu sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Minister Prof. Dr. Willingmann für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Daniel Rausch. Bitte, Sie haben das Wort.

Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Verbesserung des Blinden- und Gehörlosengeldes sowie weiterer tariflicher Anpassungen und der Änderungsantrag der LINKEN gehen uns nicht weit genug; denn diese magere Erhöhung des Blinden- und Gehörlosengeldes reicht bei Weitem nicht aus, um den betroffenen Menschen einen gewissen Ausgleich für ihre Mehraufwendungen zu geben.

Die fehlende visuelle und akustische Wahrnehmung hat eine massive Teilhabeeinschränkung in nahezu allen Lebensbereich zur Folge. Ohne die Hilfe von Freunden, der Familie oder sozialen Diensten, ohne den Einsatz spezieller Hilfsmittel und den damit verbundenen erheblichen finanziellen Kosten ist ein selbstbestimmtes Leben kaum möglich.

(Beifall bei der AfD)

Werte Frau Dr. Späthe, Sie stellen sich hier hin und wollen sich für diesen Gesetzentwurf feiern lassen. Sie wollen das Blindengeld von 320 € auf 360 € erhöhen und das sogenannte kleine Blindengeld, welches seit dem Jahr 1997 ehemals 80 DM betrug und seit dem Jahr 2002 41 € beträgt, um sage und schreibe 11 € auf 52 € aufstocken.

Ich möchte in diesem Hohen Haus daran erinnern, dass es der ehemalige Finanzminister Ihrer Partei, Herr Bullerjahn, war, der im Haushaltswurf 2014 das Blindengeld von damals 350 € auf sogar 266 € kürzen wollte. Zu so einer drastischen Kürzung ist es Gott sei Dank nicht gekommen. Auch Sie, Frau Dr. Späthe, waren damals an der Kürzung auf dann 320 € beteiligt.

(Zustimmung bei der AfD - Rüdiger Erben, SPD: Das hat sie doch gesagt!)

- Ja, das hat sie gesagt. Es hat mich gewundert, aber ich habe es trotzdem nachgeschaut. Ich frage mich: Wo war damals Ihr soziales Gewissen? - Im Jahr 2003 empörte sich Herr Bullerjahn besonders heftig und behauptete, dass seine Partei so etwas niemals machen würde. Er sagte wörtlich: „Das ist nicht unser Stil!“ - Doch, genau das ist Ihr Stil, liebe SPD, und deshalb nimmt Ihnen niemand mehr Ihr - entschuldigen Sie den Ausdruck - Geschwafel von sozialer Gerechtigkeit ab.

(Beifall bei der AfD)

Übrigens: Die CDU-Fraktion war bisher für jede Absenkung des Blindengeldes mit verantwortlich.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)

Unter ihrer Verantwortung wurde im Jahr 2003 das Blindengeld von damals 430 € auf 350 € gekürzt und, wie schon gesagt, im Jahr 2014 nochmals auf den jetzigen Betrag von 320 €. Sie haben damals Politik nach Kassenlage gemacht und den Haushalt auf Kosten der Schwächsten saniert. Die meisten Entscheidungsträger von damals sitzen heute noch hier.

(Zurufe von Gabriele Brakebusch, CDU, und von der AfD)

- Doch! Es sitzen einige Leute noch hier.

(Gabriele Brakebusch, CDU: Einige!)

- Einige Leute. Ich könnte sie jetzt aufzählen; denn ich habe extra nachgeschaut.

Mit der jetzigen Erhöhung des Blinden- und Gehörlosengeldes liegt das Land Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich nicht im Mittelfeld, sondern im unteren Drittel. Zum Vergleich hierzu: In Hessen werden 616 €, in Bayern werden 610 € und im chronisch unterfinanzierten und bezuschussten Berlin werden 573 € gezahlt. Selbst in Mecklenburg-Vorpommern sind 430 € möglich. Diese 430 € sollten hier in Sachsen-Anhalt nicht möglich sein? - Das frage ich mich wirklich.

Die Kleine Anfrage meines Fraktionskollegen Kirchner hat gezeigt, dass die Zahl der Empfangsberechtigten in den letzten Jahren stetig gesunken ist. Wurden 2008 noch 15,8 Millionen € ausgegeben, waren es 2017 nur noch 9,5 Millionen €. Das zeigt doch: Geld wäre da, wenn man nur wollte.

In Anbetracht der Zeit möchte ich die Forderungen der AfD formulieren. Erstens. Die Höhe des ungekürzten Blindengeldes muss mindestens auf das Niveau von Mecklenburg-Vorpommern, also auf 430 €, angehoben werden. Für hochgradig Sehbehinderte und für alle Gehörlosen, die das Merkzeichen Gl besitzen, fordern wir eine deutliche Erhöhung, und die Zuschüsse an die Beratungsstellen für Sinnesbehinderte müssen entsprechend erhöht werden. Übrigens, meine Damen und Herren, sollten wir

Herr Rausch, kommen Sie zum Schluss

darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, das Blindengeld in Deutschland zu vereinheitlichen.

Ich beantrage eine Überweisung in die Ausschüsse für Soziales und für Finanzen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Rausch für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit gut zweieinhalb Jahren darf ich dem Hohen Haus angehören, und praktisch seit dem ersten Tag haben mich Betroffene und ihre Angehörigen oder ihre

Interessenvertreter auf das Landesblindengeld und dessen Erhöhung angesprochen. Die damalige im Wesentlichen finanzpolitisch begründete Kürzung des Landesblindengeldes war zu diesem Zeitpunkt sicherlich nachvollziehbar. Gleichzeitig müssen wir uns aber die Frage stellen, ob die Höhe dieser Sozialleistung im Hinblick auf den Bedarf der Betroffenen ausreichend ist.

Wir haben uns als CDU-Landtagsfraktion in den vergangenen Jahren intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Gerade unsere behindertenpolitische Sprecherin, meine Fraktionskollegin Angela Gorr, hat immer wieder inhaltliche Vorstöße unternommen. Auch unser finanzpolitischer Sprecher Daniel Szarata hat in seiner Rede zur Haushaltseinbringung 2019 eine Nachbesserung gefordert. Es freut mich ausdrücklich, dass dieses Ansinnen durch unsere Koalitionspartner mitgetragen wird und wir den heutigen Gesetzesvorschlag einbringen können.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Blindengeld von 320 auf 360 € monatlich anheben. Damit soll der Mehraufwand der Betroffenen ersetzt werden, der ihnen durch ihre Einschränkung entsteht; denn nicht alles, was zum Beispiel technisch an Lösungen sinnvoll ist, um die Teilhabe der Menschen zu verbessern, wird durch die sozialen Sicherungssysteme übernommen. Analog ist unter anderem geplant, auch das sogenannte kleine Blindengeld entsprechend anzupassen. Wir bewegen uns hiermit als Land Sachsen-Anhalt bei Weitem nicht im Spitzenfeld, sondern setzen auch hier mit dem notwendigen Augenmaß finanzielle Prioritäten.

Sehr geehrter Herr Kollege der AfD, wenn es DIE LINKE zustande bringt, einen Änderungsantrag zu stellen, frage ich mich, was Sie hier für eine Rede halten, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, das schriftlich zu formulieren.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ganz ge- nau! - Daniel Rausch, AfD: Das machen wir pausenlos! - Weitere Zurufe von der AfD)

Dann darf ich Sie noch darauf hinweisen: Wenn Sie den Haushaltsplanentwurf 2019 richtig gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass die Ansätze für die Beratungsstellen für Sinnesbehinderte bereits erhöht wurden. Lesen hilft auch hierbei weiter.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Ich denke, wir alle hier im Saal können nur erahnen, was es bedeutet, in einer so visuellen Welt wie der unseren ohne diesen Sinn auskommen zu müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln aber mit der Vorlage nicht nur die Erhöhung des Blindengeldes mit entsprechenden Folgeänderungen. Es geht auch um die Umsetzung des Anspruchs „gute Arbeit - gutes Geld“, den die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben. Zum einen wollen wir eine tarifliche Anpassung für die Suchtberatungs-, Ehe-, Lebens- und Familienberatungsstellen im Land Sachsen-Anhalt vornehmen. Dazu soll das Familien- und Beratungsstellenförderungsgesetz angepasst werden. Damit wollen wir die Rahmenbedingungen des dort beschäftigten Personals verbessern und im Rahmen des Fachkräftemangels, der auch hier zu spüren ist, ein klares Zeichen setzen.

Gleiches gilt für das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Mit der Erhöhung der Mittel wollen wir die Kommunen unterstützen, damit diese das notwendige Personal in den Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen unseres Landes finanzieren und sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren können. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens werden die kommunalen Spitzenverbände hierzu sicherlich noch ihre Stellungnahme abgeben können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vierte Punkt des Gesetzesänderungspaketes ist die Änderung des Ausführungsgesetzes zur Insolvenzordnung. Im Haushaltsplanentwurf 2019 sind bereits die Ansätze zur Finanzierung der Insolvenzberatungsstellen im Land Sachsen-Anhalt erhöht worden. Mit der Gesetzesänderung soll hierfür die notwendige rechtliche Basis geschaffen werden. Gerade die Verbraucherzentralen leisten auf diesem Gebiet eine wichtige Arbeit, um Menschen, die - warum auch immer - in ein Insolvenzverfahren gehen, den Weg zu weisen, um an dessen Ende wieder ihre finanzielle Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Wir erwarten als CDU-Landtagsfraktion nicht nur eine Finanzierung innerhalb des Haushalts 2019 über den Einzelplan 05, sondern auch für die Jahre darüber hinaus.

In diesem Sinne bitte ich um die Überweisung der Vorlage in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zur federführenden Beratung und in den Finanzausschuss zur Mitberatung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Krull, Herr Siegmund hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege Krull, nur eine Kurzintervention, um Ihnen auf die Sprünge zu helfen, was Sie gerade dem Kollegen Rausch entgegneten. - Kurze Erinnerung: letzte Haushaltsdebatte, Sozialausschuss. Die AfD-Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingebracht. Das Blinden- und Gehörlosengeld sollte damals von 10 auf 9 Millionen €, glaube ich, also um 10 %, gekürzt werden. Wir hatten einen Änderungsantrag eingebracht, dass das nicht passiert, dass es sogar noch erhöht wird. Im Ausschuss wurde diese Position übrigens von Ihren Koalitionskollegen als „Verschiebebahnhof“ bezeichnet. Schon damals haben wir uns voll und ganz dagegen ausgesprochen. Also, wir stellen hier Anträge. Die wurden aber abgelehnt. Wir machen es gern wieder im Ausschuss. Leider sind diese - bis auf unsere Meinung - nicht öffentlich; das ist das Bedauerliche daran. Aber ich halte es in diesem Zusammenhang doch für wichtig, dass das hier einmal erwähnt wird. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Herr Krull, Sie haben das Wort.

Ich bezog mich auf die heutige Debatte, Herr Kollege Siegmund. In der heutigen Debatte wurden große Zahlen angekündigt. Die LINKEN waren offensichtlich in der Lage, ihre Vorstellungen vorher schriftlich zu fixieren. Ihre Fraktion, die, glaube ich, personell etwas größer ist, war dazu aber nicht in der Lage. Das war mein Vergleich. Das fand ich an der Stelle bemerkenswert. - Vielen Dank.

Herr Krull, es gibt noch eine zweite Wortmeldung, von Herrn Höppner. - Herr Höppner, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Herr Krull, Sie erwähnten eingangs oder sagten wortlautähnlich, die damalige Kürzung des Blindengeldes ist für uns alle irgendwie nachvollziehbar. Können Sie noch einmal näher erläutern, wie das nachvollziehbar sein sollte? - Für mich war das nicht nachvollziehbar.

Sehr geehrter Kollege, ich habe gesagt, die damalige Entscheidung war vor allem finanzpolitisch begründet. In Anbetracht der damaligen Haushaltssituation haben die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen Verantwor