Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Sehr geehrter Kollege, ich habe gesagt, die damalige Entscheidung war vor allem finanzpolitisch begründet. In Anbetracht der damaligen Haushaltssituation haben die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen Verantwor

tung übernommen, auch für den Landeshaushalt. Ich glaube, die Kürzung des Landesblindengeldes hat sich niemand in diesem Haus besonders leicht gemacht.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich dem Abg. Herrn Krull für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau von Angern. Frau von Angern, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst, Herr Krull: Ich kann mich nicht an einen Moment erinnern, in dem meine Fraktion nicht in der Lage war, etwas schriftlich oder mündlich festzuhalten, welche Ansicht wir vertreten. Insofern bedurfte es nicht des nochmaligen Hinweises darauf. Aber ich habe das so wahrgenommen, dass Sie unseren Änderungsantrag durchaus als diskussionswürdig erachten. Ich denke, dass es dazu auch eine entsprechende Diskussion im Ausschuss geben wird.

Ich habe die Ehre, die Rede meiner Kollegin Frau Zoschke halten zu dürfen, da sie aufgrund der Verschiebung der Landtagssitzungsperiode heute nicht anwesend sein kann. Insofern nehme ich auf ihren Redebeitrag Bezug.

Die Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass mit dem vorliegenden Artikelgesetz gleich mehrere gesetzliche Grundlagen des Landes verändert werden sollen. Im Familien- und Beratungsstellengesetz, im Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld, im Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung und im Ausführungsgesetz des Landes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz sollen Veränderungen erfolgen. Um es kurz zu machen: Es soll mehr Geld ins System und in die Struktur der einzelnen Rechtskreise fließen, und das ist gut. Das begrüßen wir als Fraktion.

(Beifall bei der LINKEN)

Auffallend ist dabei, dass endlich auf eine oft beschriebene Tatsache reagiert wurde - insofern begrüßen wir den grundsätzlichen Konsens innerhalb der Koalition -, eine beschriebene Tatsache, die wir in zahlreichen Zusammenhängen oft kontrovers diskutiert haben. Zur Erläuterung zitiere ich einmal aus der Begründung: „Die derzeit nicht tarifgerechte Bezahlung der Beschäftigten in diesen Beratungsstellen erschwert die Stellenbesetzung.“ Ja, wer gute Arbeit will, muss eben auch gut zahlen.

Mit der nun möglichen tariflichen Bezahlung von beschäftigten Fachkräften und mit der beabsichtigten Dynamisierung der ausgereichten finanziel

len Mittel können die bestehenden Beratungsangebote erhalten werden, und es kann auch dafür Sorge getragen werden, dass die gut ausgebildeten Fachkräfte aus unserem Land tatsächlich im Land Arbeit finden. Das ist also ein richtiger, begrüßenswerter Schritt.

Sowohl in der Beratungslandschaft nach dem Familienfördergesetz als auch im Kinder- und Jugendbereich und in der Insolvenzberatung werden damit auch hier die Voraussetzungen für gute Arbeit endlich nachgeholt. Gespannt sind wir auf den Prozess der Kontrolle über die Einhaltung der Verpflichtung der Landkreise innerhalb des Ausführungsgesetzes des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, die Erhöhung der Zuwendungsbeträge ausschließlich für die Förderung von Personalkosten einzusetzen, wie es in der Begründung beschrieben wurde.

Eine Pressemitteilung der vergangenen Woche beschrieb das Vorhaben zur Verbesserung des Blinden- und Gehörlosengeldes als längst überfällig. Dem schließen wir uns selbstverständlich vorbehaltlos an. Dennoch stellen wir zu diesem Gesetzesvorhaben Änderungsanträge; denn - das ist, glaube ich, ganz deutlich - uns reicht die Höhe der Erhöhung bei Weitem nicht aus. Die Kürzung des Blinden- und Gehörlosengeldes erfolgte mit dem Haushalt 2014 aus unserer Sicht sachgrundlos. Ich glaube, das redet inzwischen auch niemand mehr schön.

Ich kann mich sowohl hier im Plenum als auch in den Ausschüssen noch gut an die zu diesem Kürzungsvorhaben geführten Diskussionen erinnern. Auf die berechtigten Fragen nach den inhaltlichen Gründen für diese Kürzungen gab es keine Antwort. Es gab eine einzige Antwort, muss man ehrlicherweise einschieben, nämlich die des damaligen Finanzministers, und die hieß „die schwarze Null“. Das war alles, dem wir uns unterzuordnen hatten. Ich glaube, wir sind uns einig: Das ist tatsächlich sachgrundlos und überhaupt nicht zukunftsorientiert.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wir wissen, dass mit diesem Geld Nachteile blinder und gehörloser Menschen ausgeglichen werden sollen. Dennoch werden die betroffenen Gruppen sehr unterschiedlich behandelt. Es ist äußerst schwer, einem höher eingeschränkten bzw. tauben Menschen zu erklären, warum er lediglich einen Nachteilsausgleich in Höhe von 41 € erhält. Die ausgereichten Beträge sind nicht als bedarfsdeckend anzusehen. Wir sind überzeugt: Um eine annähernde Bedarfsdeckung zu erzielen, sind weitere Schritte erforderlich.

Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der sich auf die 400 € bezieht. Ich möchte aller

dings ausdrücklich dafür werben, dass in den zuständigen Ausschüssen auch diese Zahl noch einmal diskutiert wird. Wir zeigen uns nach oben hin offen. Ich denke, mutige Schritte, wie andere Bundesländer sie bereits getan haben - -

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Ich habe das nett formuliert; das finde ich auch. - Aber ich finde, wir sollten sehr wohl schauen, welche Summe tatsächlich sachgerecht und bedarfsgerecht ist. Insofern sehen Sie die Zahl lediglich als Orientierungsmasse.

In einem weiteren Teil des Änderungsantrages reagieren wir auf die unterschiedlichen Arbeits- und Lebensbedingungen in unserem Land im Spannungsfeld zwischen urbaner Stadt und ländlichem Raum. Wir beantragen, die Mittel zur Förderung der kommunalen Jugendarbeit anteilig über einen Flächenfaktor zu verteilen. Damit können wir insbesondere die in bevölkerungsschwachen ländlichen Räumen bestehenden Nachteile ausgleichen, um dem politischen Auftrag, annähernd gleiche Lebensverhältnisse zu gestalten, besser gerecht zu werden.

Für die jugendpolitischen Sprecherinnen verrate ich kein Geheimnis, dass das bereits Beschlusslage auf Anregung des Kinder- und Jugendrings, zumindest zwischen den jugendpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen war, es sei wohl bei einem Frühstück des Kinder- und Jugendrings so beschlossen worden.

Wir bitten um Zustimmung zu bzw. Überweisung unseres Änderungsantrags mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau von Angern für die Ausführungen. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, habe ich die Aufgabe, Studentinnen und Studenten des Instituts für Journalismus der Hochschule Magdeburg-Stendal in unserem Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die mit unserem Gesetzentwurf in Rede stehenden Änderungen für den Haushalt 2019 sind dringend geboten und lange überfällig. Die Förderung der Jugendbil

dungsarbeit ebenso wie die Förderung der Beratungsstellen sind gesetzlich bis auf die Nachkommastelle normiert. So weit, so gut. Das schafft Planungssicherheit und zeugt von dem hohen Stellenwert dieser Aufgabe. Dann braucht es aber auch für jede Änderung eine Gesetzesänderung. Diese vollziehen wir heute.

Die von uns angestrebten Erhöhungen folgen dem im gesamten Haushalt konsequent durchgesetzten Prinzip, Tarifentwicklungen abzubilden. Zur Förderung der Jugendbildungsarbeit sei an dieser Stelle noch gesagt, es steht auch noch die Evaluierung dieser Förderung aus. Insbesondere geht es dabei um den Verteilungsmodus der Gelder.

Jetzt wird das Geld allein nach der Anzahl der jungen Menschen auf die Landkreise und die kreisfreien Städte verteilt. Dass dadurch die Flächenkreise mit einer sinkenden Höhe der Mittel zu tun haben, liegt auf der Hand.

Ebenso auf der Hand liegt es aber, dass ein Jugendklub an sich Kosten verursacht, unabhängig davon, ob es dort 25 oder 50 Nutzerinnen und Nutzer gibt. Das ist ein Faktor, bei dem wir noch einmal genauer hinschauen müssen. Eine sinkende Anzahl an Jugendlichen bedeutet nicht automatisch auch sinkende Kosten.

(Zustimmung von Eva von Angern, DIE LINKE)

Meine Fraktion hat seinerzeit für einen Flächenfaktor bei der Verteilung der Gelder geworben, um die sinkende Anzahl junger Menschen in den Flächenkreisen zumindest teilweise zu kompensieren. Über diesen Punkt wird in der Evaluierung noch zu reden sein. Die Strukturdiskussion bezüglich der Förderung der Jugendbildungsarbeit ist mit diesem Gesetzentwurf für diese Legislaturperiode also noch nicht vom Tisch.

Neben dieser Pflichtübung der Tarifanpassung wollen wir mit diesem Gesetzentwurf aber noch mehr erreichen. Wir wollen - das ist mir auch persönlich ein Herzensanliegen, weil ich seit 2011 behindertenpolitische Sprecherin bin - das Blinden- und Gehörlosengeld endlich erhöhen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Das ist dringend nötig, lange geboten und heute endlich - das will ich auch in Richtung der Fraktion DIE LINKE sagen - ein erster Schritt. Das ist uns bewusst. Damit korrigieren wir einen Fehler der schwarz-roten Koalition der vergangenen Legislaturperiode.

Wir GRÜNE haben uns damals sehr heftig gegen die Kürzung ausgesprochen. Heute wird das ein wenig korrigiert und das ist gut so.

Die damaligen hohen politischen Kosten für überschaubare finanzielle Einsparungen durch Kürzung des Blindengeldes zeugten nicht von politischer Klugheit und waren menschlich und politisch aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Aber sei es drum.

Heute werden wir damit in Teilen beginnen. Dann stehen wir in Sachen Blindengeld zumindest nicht mehr als bundesweites Schlusslicht da.

Auch im Bereich Gehörlosengeld tut sich nach etlichen Jahren wenigstens etwas.

(Unruhe)

Frau Lüddemann, einen Moment bitte. - Ich bitte doch um mehr Ruhe. Es wird hier gemurmelt; man hört ja kaum etwas. - Frau Lüddemann, Sie haben wieder das Wort.

Die Gegenfinanzierung dieser Vorhaben, die summa summarum mit ungefähr 1 Million € zu Buche schlägt, erfolgt in Gänze aus dem Einzelplan 05. Die nötigen Änderungsanträge werden in den Sozialausschuss eingebracht.

An dieser Stelle sei noch einmal in Richtung der AfD-Fraktion, insbesondere des Kollegen Siegmund, der jetzt nicht im Raum ist, gesagt: Der Kollege Siegmund hat in der Vergangenheit wiederholt den falschen Eindruck erweckt, dass wir als Kenia-Koalition das Blindengeld gekürzt hätten. Das ist definitiv falsch. Das ist heute, zumindest in der Sache, von allen Fraktionen erst einmal bestätigt worden - zwar unterschiedlich bewertet, aber bestätigt worden. In dieser Legislaturperiode ist das Blindengeld nämlich noch gar nicht angefasst worden. Das korrigieren wir jetzt.

Einzig der Haushaltsansatz wurde leicht nach unten korrigiert. Ich vermute - das können die anderen verbliebenen Kollegen dem Kollegen Siegmund ausrichten -, dass er schlicht und ergreifend den Haushaltsansatz als rein kalkulatorische Größe mit der gesetzlich normierten individuellen Anspruchsberechtigung verwechselt hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein Absenken des Haushaltsansatzes führt nicht zur Absenkung des jeweiligen individuellen Anspruchs.

Vielleicht nimmt die AfD jetzt zur Kenntnis, dass wir als schwarz-rot-grüne Koalition das Blindengeld erhöhen, wenn auch mäßig. Ich persönlich hätte mir auch mehr gewünscht. Aber es ist ein erster Schritt. Wir sind uns darin einig, dass wir das Blindengeld immerhin um 12 % erhöhen.

Damit machen wir Politik für die Menschen im Land. Das heutige Gesetz ist ist einer der vielen Bausteine, um Sachsen-Anhalt zukunftsfester und gerechter zu machen.

Ich beantrage namens der Koalitionsfraktionen die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in den Finanz- und in den Innenausschuss. Der Änderungsantrag der LINKEN sollen in gleicher Weise überwiesen werden. - Vielen Dank.