Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Einbringer für die AfD ist der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube,

wenn in diesem Hohen Hause hier nur halb soviel gehandelt werden würde, wie geredet und debattiert wird, dann würden heute in Sachsen-Anhalt Milch und Honig fließen.

In der letzten Plenarsitzung debattierten wir zum Thema Schulgeldfreiheit. Und ja, richtig, wir debattierten. Mehr nicht. Was ich jedoch aus der Debatte mitgenommen habe, waren zwei Aspekte: a) wir brauchen Schulgeldfreiheit und b) diese Denkweise ist fraktionsübergreifend.

Die Umstände des Fachkräftemangels habe ich in meinem letzten Beitrag ausführlich erläutert: Es fehlen Fachkräfte an allen Bereichen der Heilberufe und bei den Erziehern. Das große Ziel wäre die Vergütung der Ausbildungsberufe. Der erste Schritt jedoch ist es, zunächst die Ausbildung kostenneutral zu gestalten und somit allen Schülern eine kostenfreie Ausbildung durch die Übernahme des Schulgeldes zu garantieren.

Es ist einfach niemandem vermittelbar, warum man für die Ausbildung zu einem Beruf, in dem man später vielleicht 20 000 oder 30 000 € im Jahr verdient, auch noch mehrere Hundert Euro Schulgeld permanent zahlen muss, damit man diesen Beruf überhaupt lernen darf, wohingegen zum Beispiel ein Arzt mit Verdienstaussichten von 150 000, 200 000 oder 300 000 € im Jahr in Sachsen-Anhalt keinen einzigen Cent für seine Ausbildung bezahlen muss. Das ist in meinen Augen einfach keinem Schüler hier vermittelbar.

Weil ich den Anspruch habe, nicht nur über Probleme zu reden, sondern diese auch konkret anzupacken, beantragen wir heute als AfD-Fraktion die vollständige Abschaffung bzw. die vollständige Schulgeldfreiheit für alle Erzieher und Heilberufe in Sachsen-Anhalt ab 2020.

Natürlich ist das nicht die Lösung des Hauptproblems, aber ein erster und richtiger Schritt in die richtige Richtung.

(Zustimmung bei der AfD - Tobias Rausch, AfD: Jawohl!)

Somit leite ich auch die Entkräftung eventueller Gegenargumente ab. Es wurde in der letzten Debatte behauptet, nur der Punkt Schulgeldfreiheit füge den Ausbildungen nicht genügend Attraktivität zu. Das ist in meinem Augen falsch.

Nach Gesprächen mit jungen Menschen habe ich erfahren, dass eventuelle Kosten für eine Ausbildung sehr wohl ein Grund sind, dass sie diese erst gar nicht antreten.Dieser Umstand lässt mich schnell zu der Erkenntnis kommen, dass ein vollständiges Entfallen des Schulgeldes sehr wohl zu einem sofortigen Attraktivitätsanstiegs in den Ausbildungsberufen führen würde.

Zweitens: Nicht die Schulgeldfreiheit ist entscheidend, sondern eine Vergütung der Ausbildung.

Das wurde letztes Mal gesagt, und das ist absolut richtig. Ich bin jedoch realistisch. Und deswegen ist die heutige Abschaffung in meinen Augen der erste notwendige Schritt zu diesem großen Ziel.

Drittens die Finanzierung. Diese war im primären Fall letztes Mal der Hauptpunkt, warum das Thema überhaupt noch infrage gestellt wurde. Die Finanzierung ist sowohl bei der Schulgeldfreiheit als auch bei der Vergütung ein angeblich großes Fragezeichen. Vorher soll denn das Geld in unserem angeblich so bitterarmen Bundesland kommen?

Dazu habe ich bereits in der letzten Debatte genügend Beispiele genannt. Heute stehe ich wieder hier und habe die Chance, die gleichen Beispiele wie beim letzten Mal vorzutragen, und das werde ich auch immer und immer wieder tun. Es ist mir völlig egal, ob es nervt oder nicht. Es muss bei jeder Gelegenheit immer wieder gesagt werden, weil es einfach wichtig ist.

Gender-Hauptziele: 5,2 Millionen €, Zuschüsse an linke Vereine: mehrere Hunderttausend Euro, Kosten für die völlig überflüssige ZASt in Stendal: knapp 10 Millionen €, Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus: 2,5 Millionen €, Verkehrserziehung für sogenannte Flüchtlinge: 1 Million €, Kosten für die Unterbringung sogenannter Flüchtlinge: 107 Millionen €, Kosten für unbegleitete minderjährige Asylbewerber: 34 Millionen €.

Liebe Bürger! Allein der Betrag, welchen unser Land für Gender-Hauptziele ausgibt, würde reichen, um das Schulgeld in Sachsen-Anhalt zweimal abzuschaffen; denn dafür wären nur 3 Millionen € im Jahr erforderlich.

(Beifall bei der AfD)

Liebe SPD, liebe CDU, liebe GRÜNE, wenn Sie wieder mit fehlendem Geld argumentieren, ganz gleich in welchem Bereich, dann sagen Sie bitte Ihren Wählern, den Bürgern und vor allem den Schülern ins Gesicht, dass dafür kein Geld vorhanden war, weil Ihnen Gender-Hauptziele wichtiger sind. Sagen Sie es Ihnen bitte. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Siegmund für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Grimm-Benne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wer Schul

geld abschafft, der baut Hürden ab. Das habe ich bereits in der von der SPD-Fraktion beantragten Aktuellen Debatte im Dezember des letzten Jahres gesagt.

Die regierungstragenden Fraktionen haben sich der Thematik bereits angenommen. Dafür bin ich dankbar. Wir haben gemeinsam die Voraussetzung dafür geschaffen, dass in der Altenpflege kein Schulgeld mehr bezahlt werden muss. Das Bildungsministerium ist derzeit mit der Umsetzung betraut.

Auch die Anzahl der Briefe und E-Mails, die ich hierzu bekommen habe, zeigt bereits, wie wichtig es ist und wie wichtig es war, dies zeitnah umzusetzen. Ich wünsche mir sehr - das habe ich bereits gesagt -, dass das auch für andere Berufe gelingt. Aber dafür ist eben mehr notwendig, als Geld in den nächsten Haushaltsplan einzustellen.

Zunächst muss nämlich sorgfältig ermittelt werden, welche Finanzierungsbedarfe überhaupt bestehen. Ob dies allein das Land finanzieren muss, ist ebenfalls zu prüfen. Soweit die hierbei interessierenden Berufe in Bundesgesetzen geregelt sind, sind diese in den Blick zu nehmen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mir ist wichtig klarzustellen, dass die Herstellung der Schulgeldfreiheit zwar völlig richtig ist, um betroffene Ausbildungsberufe attraktiver zu machen, aber dies allein nicht ausreichen wird.

Der Fachkräftemangel, den man sich vor Jahren, als überall und besonders im Osten eine hohe Arbeitslosigkeit herrschte, kaum vorstellen konnte, nimmt rasant an Fahrt auf. Im Jahr 2016 waren bereits 5,5 Millionen Beschäftigte und damit jeder achte Erwerbstätige in der Gesundheitswirtschaft tätig. Seit dem Jahr 2000 hat die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitswesen um rund eine Million - dies sind etwa 27 % - zugenommen. Prognostisch wird man wohl angesichts einer älter werdenden Gesellschaft von weiter steigenden Versorgungsbedarfen ausgehen müssen.

Allerdings geht die Zahl an Schulabgängern zurück. Diese Schulabgänger haben die freie Wahl zwischen vielen Berufen oder Studiengängen. Es ist also klar, dass es attraktive Berufe leichter haben werden, Nachwuchs zu finden. Deshalb müssen Gesundheitsberufe und Erzieherberufe so attraktiv werden, dass sie im Wettbewerb um Auszubildende nicht gegen andere Berufe verlieren.

Es geht deshalb nicht nur darum, kein Schulgeld zu erheben, sondern es geht um viel mehr, zum Beispiel darum, Ausbildungsvergütungen zu zahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schließlich muss nicht nur die Ausbildung attraktiv sein - übrigens für Mädchen und Jungen bzw. für Frauen und Männer gleichermaßen -, sondern der Beruf muss im späteren Berufsleben geschätzt und wertgeschätzt werden.

Der vorliegende Alternativantrag der Koalitionsfraktionen gibt einen guten Rahmen auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit in Sachen Schulgeldfreiheit in Sachsen-Anhalt. Durch gemeinsame Kraftanstrengungen von Parlament und Regierung - damit möchte ich meinen Kollegen vom Bildungsministerium einbeziehen - wird es möglich sein, das Schulgeld für weitere Berufsausbildungen zeitnah abzuschaffen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin Grimm-Benne für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, ich versuche zu den hier Anwesenden zu sprechen und nicht für den Online-Kanal, für den es offensichtlich andere tun.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mit dem vorliegenden Antrag erleben wir ein gutes Beispiel dafür, was die AfD unter Nachhaltigkeit bzw. Recyceln versteht: wenn man einfach die Idee anderer aufgreift, eigene Texte formuliert und ein Problem aufgreift, das schon andiskutiert worden ist und zu dem schon Lösungsvorschläge erarbeitet worden sind, die im Rahmen der Aktuellen Debatte im Dezember des letzten Jahres vorgetragen worden sind.

(Ulrich Siegmund, AfD: Es wurden keine konkreten Beschlüsse gefasst!)

- Es wurden keine konkreten Beschlüsse gefasst, das ist korrekt. Die Ministerin hat in der damaligen Rede gesagt - das kann man anhand des Protokolls nachvollziehen, sehr geehrter Herr Siegmund -, dass die entsprechenden Vorschläge, die diskutiert worden sind, von der Ministerin im weiteren Arbeitsablauf aufgenommen worden sind.

Bereits in meiner damaligen Rede habe ich deutlich gesagt, dass die Schulgeldfreiheit für den Bereich der Erzieher- und Heilberufe wichtig ist, aber nur ein Bestandteil sein kann, um diese Berufsfelder attraktiv zu gestalten, sowohl für diejenigen, die in den Beruf einsteigen, als auch für

die sogenannten Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, gerade weil ein nicht unbeträchtlicher Teil entsprechende Schulgelder bezahlen muss, aber ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler eben kein Schulgeld zu bezahlen hat.

Ich bekräftige an dieser Stelle gern mein Bekenntnis, dass sowohl staatliche Bildungseinrichtungen als auch private Bildungseinrichtungen hierbei notwendig sind; denn nur gemeinsam kann es gelingen, den Fachkräftebedarf entsprechend zu decken. Dass der entsprechende Personalbedarf hoch ist und zukünftig steigen wird, ist allen Anwesenden klar.

Die Berufszweige konkurrieren dabei unter anderem mit der Industrie, dem Handwerk, der öffentlichen Hand - den Justizbereich hatten wir heute bereits bei anderen Debatten aufgegriffen -, mit der Bundeswehr und noch vielen anderen. Alle wollen junge Menschen zu einem beruflichen Einstieg in ihre Branche bewegen.

Welche Maßnahmen notwendig sind, um den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers attraktiv zu gestalten, habe ich bereits im Dezember im Plenarsaal ausführlich erläutert. Deswegen verzichtete ich auf Wiederholungen und verweise auf das Papier der Landtagsfraktionen der CDU aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, das inzwischen auch von den Thüringer Kollegen unterstützt wird.

Was die Gesundheitsberufe betrifft, wurden inzwischen auf der Bundesebene entsprechende Initiativen entwickelt. Unter anderem sollen die Vergütungssätze bundesweit gleich sein. Das wird die Einkommenssituation der Heilberufe deutlich verbessern.

Ein paar ganz kurze Worte zu dem Thema Pflegeberufe. Aktuell wurden weitere Konzepte zur Bekämpfung des Fachkräftemangels vorgestellt. Dabei müssen wir sehr darauf achten, dass sich die unterschiedlichen Anbieter, also Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste, nicht gegenseitig das Fachpersonal abwerben. Gerade die ambulanten Pflegedienste haben mit ihren ungünstigen Arbeitsbedingungen einen relativen Wettbewerbsnachteil.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber wenn es unser politischer Wille ist, den wir alle erklärt haben, die ambulante Versorgung aufrechtzuerhalten und die Menschen möglichst lange im eigenen Wohnumfeld zu belassen, dann müssen wir hierauf noch einmal besonders schauen.

Es geht schlussendlich darum, das Image dieser Berufe deutlich zu verbessern. Dazu können wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, alle unseren Beitrag leisten, und zwar nicht nur dadurch, dass wir Wertschätzung und Anerkennung

im Plenum äußern, sondern auch dadurch, dass wir dies in unserem täglichen Handeln zeigen.