Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

(Beifall bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

Sie wollen sozusagen Frauen verbieten, Männer zu wählen. Denn das ist das Ergebnis. Die SPD und die GRÜNEN hatten Frauen auf ihren Listen,

aber die sind nicht gewählt worden. Das ist doch das Problem. Demokratie heißt Wahlfreiheit. Und dafür kämpft die AfD.

(Beifall bei der AfD)

Zunächst weise ich ganz entschieden zurück, dass meine Person oder meine Partei oder meine Fraktion irgendjemandem irgendwie vorschreiben, wen er zu wählen hat.

(Oh! bei der AfD - Robert Farle, AfD: Das sieht man ja an dem Gesetzentwurf!)

Das steht erst einmal vor der Klammer. Jetzt arbeiten wir einmal die Fragen ab. Kollege Meister sitzt dort noch ganz entspannt, aber ich kann mich erinnern, vor fünf Jahren - damals war ich noch Landesvorsitzende meiner Partei - war er nicht so entspannt. Denn natürlich hatten wir heftige Diskussionen. Natürlich ist das nicht richtig, dass jetzt 100 % der GRÜNEN im Stadtrat Männer sind. Aber wir haben nachgearbeitet. Schauen Sie sich unsere Listen an.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD - Unruhe)

Warten Sie einmal. - Wenn eine Frage gestellt wird, dann gehe ich davon aus, dass man die Antwort hören möchte. Wenn man die Antwort hören möchte, dann muss man sich jetzt einmal selbst ein bisschen zurückhalten. - Jetzt können Sie weitermachen, Frau Lüddemann.

Wir haben nachgearbeitet; das haben wir sehr bewusst getan. Kollege Meister kann aus dem Stadtrat berichten - jetzt stehe ich hier und tue das -, dass wir für die nächste Kommunalwahl in fünf Wahlbereichen Frauen vorn auf der Liste haben, in fünf Wahlbereichen Männer. Wir haben dafür gesorgt, dass deutlich mehr Frauen auf den Listen stehen, sodass wir ein durchaus paritätisches Angebot unterbreiten - in Magdeburg wie auch in anderen Kreistagen, Stadträten, Gemeindevertretungen.

Sie werden von mir nie hören - das habe ich eben auch in der Rede in Richtung von Frau Ministerin Keding gehört -, dass ich die absolut sichere Lösung habe, wie man juristisch wasserdicht paritätische Regelungen für irgendeine Ebene herstellen kann. Kumulieren und panaschieren sind große Hürden. Auch das Direktwahlsystem ist eine große Hürde.

Ich plädiere dafür, dass wir die Zielstellung, Frauen gemäß ihrem Anteil an der Bevölkerung abzubilden, in das Wahlrecht implementieren.

In Ordnung. Wir sind jetzt auch schon ziemlich an Ende dieser Redezeit angelangt. - Herr Gebhardt hat noch eine Wortmeldung. Damit geht es wieder von vorn los. Bitte.

Danke, Herr Präsident. - Frau Lüddemann, ich möchte Sie, weil jetzt mehrere Nachfragen in Richtung Kommunalwahlrecht gestellt wurden, fragen, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, dass es eigentlich gut wäre, wenn der Landtag mit einem Gesetz vorangehen würde und nicht als Erste die Kommunen mit einem Parité-Gesetz beauftragen würde, sondern dass der Landtag, der Gesetzgeber hier im Land Sachsen-Anhalt ist, als Erster mit gutem Beispiel vorangeht, und wir dann im Anschluss über die Kommunalwahlen reden.

Darin stimme ich Ihnen absolut zu. Dazu kann ich auf unseren Koalitionsvertrag verweisen; denn dabei geht es tatsächlich um die Landesebene. So ist es beschrieben, so ist es gefordert.

Und da ich Sie gerade in Ihrem Anzug am Mikrofon gesehen habe - das ästhetische Problem ist nicht das Problem. Das inhaltliche Problem ist das, was ich im Blick hatte.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Jetzt wird es in- teressant! - Heiterkeit bei der AfD - Zurufe von der CDU)

Gut. Es gibt keine weiteren Nachfragen, deswegen ist jetzt der Redebeitrag beendet. - Wir können in der Diskussion fortfahren. Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Herr Kolze. Herr Kolze hat das Wort.

(Zurufe: Aus der Männerfraktion! - Ästhe- tisch! - Heiterkeit - Frank Scheurell, CDU: Na, weil er Fachmann ist! - Zuruf: Der An- zug sitzt! - Weitere Zurufe - Siegfried Borg- wardt, CDU: Der Hals wird immer dicker!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das mit der Ästhetik liegt ja, Gott sei Dank, im Auge des Betrachters. Und das ist gut so.

Liebe Frau Kollegin Kolb-Janssen, nachdem Sie bis 2016 - ich meine, zehn Jahre lang - dem Gleichstellungsministerium vorgestanden haben, empfinde ich die Kritik an unserer Ministerin Frau Keding eher als unangebracht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Um eine paritätische Besetzung von Kandidierendenlisten zu erreichen, wollen wir prüfen, ob ein verfassungskonformes Parité-Gesetz auf den Weg gebracht werden kann, das Regelungen sowohl für die kommunale als auch für die Landesebene enthält. Genau so steht es im Koalitionsvertrag und daran halten wir uns.

In meinen Redebeiträgen zu Gleichstellungsthemen habe ich schon oft gesagt: Ich lebe in einem Frauenhaushalt mit meiner Frau und zwei Töchtern. Ich bin der Letzte, der Frauen die Gleichberechtigung verwehren würde. Insofern stimme ich dem Slogan „Die Hälfte der Macht den Frauen“ durchaus zu.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN - Zurufe von Siegfried Borgwardt, CDU, von der LINKEN und von den GRÜNEN)

Ich konnte mich immer auf meine Mädels verlassen.

Dennoch muss ich die Euphorie ein bisschen bremsen. Der Brandenburger Landtag hat im Januar 2019, wie Sie wissen, das erste ParitéGesetz in Deutschland beschlossen. Das Gesetz soll für eine gleiche Vertretung von Frauen und Männern im Parlament sorgen. Die Parteien werden mit dem Gesetz verpflichtet, gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten auf den Landeslisten aufzustellen.

Ursprünglich sollte es auch in den Wahlkreisen sogenannte Wahlkreisduos geben. Das heißt, in jedem Wahlkreis hätten eine Frau und ein Mann gewählt werden müssen. Das hat die Regierungskoalition letztendlich jedoch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken aufgegeben.

Den hier vorliegenden Gesetzentwurf verstehe ich dagegen so, dass pro Wahlkreis je eine Frau und ein Mann zur Wahl stehen müssen. Das heißt, es müssen nicht eine Frau und ein Mann gewählt werden, aber die Wähler müssen zwischen den Geschlechtern wählen können. Ich denke, das habe ich richtig verstanden.

Für den Brandenburger Vorstoß hagelt es nun erwartungsgemäß von vielen Seiten Kritik. So wird unter anderem ins Feld geführt, dass die Freiheit der Parteien gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes betroffen ist, weil die Parteien in ihrer freien Kandidatenaufstellung eingeschränkt werden. Zusätzlich dürfte ein Eingriff in den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes vorliegen.

Die Bedenken sind aber noch zahlreicher. Wenn man die Fachliteratur dazu liest, wird schnell klar, dass die verfassungsrechtliche Kernfrage letztendlich darauf hinauslaufen wird, ob die Eingriffe

aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichbehandlung der Geschlechter gerechtfertigt sein könnten. Sie sehen, die Frage der rechtskonformen Umsetzung eines solchen Parité-Gesetzes ist nicht ganz einfach.

Nun werden Sie mir sicherlich entgegenhalten: War ja klar, dass sich die CDU dagegen sträubt und nach Argumenten gegen ein solches Gesetz sucht. Aber das tun wir nicht - im Gegenteil. Das CDU-geführte Ministerium für Justiz und Gleichstellung ist bereits dabei, ein Wahlrechtsforum zu organisieren, das sich mit der Frage beschäftigen soll, inwiefern ein solches Parité-Gesetz verfassungskonform umgesetzt werden könnte.

Diese Frage betrifft nicht nur uns hier in SachsenAnhalt, auch andere Bundesländer spielen mit dem Gedanken, ein solches Gesetz zu schaffen. So hat die schleswig-holsteinische Justizministerin, übrigens mit CDU-Parteibuch, eine Tandemlösung vorgeschlagen, bei der die Parteien in jedem Wahlkreis zwei Direktkandidaten aufstellen, jeweils einen Mann und eine Frau, quasi wie in dem Gesetzentwurf der LINKEN.

Auch auf der Bundesebene haben Bundesjustizministerin Katarina Barley und andere den brandenburgischen Vorstoß begrüßt und bereits deutlich gemacht, dass sie sich auch für den Bundestag eine paritätische Verteilung wünschen würden.

Ich halte es für sehr sinnvoll, dass wir uns mit dieser Frage vertieft beschäftigen. Daher plädiere ich für eine Überweisung des Gesetzentwurfs in den Rechtsausschuss; denn wir sind nun einmal eine Fraktion bzw. Partei der Vernunft, und deshalb preschen wir nicht einfach mit kühnen Ideen nach vorn, sondern sondieren zunächst einmal die Lage und schauen, ob sich bestimmte Ideen und Vorschläge überhaupt umsetzen lassen. Das ist wie bei den Straßenausbaubeiträgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Dr. Katja Pähle, SPD, meldet sich zu Wort)

Frau Pähle, Sie möchten als Fraktionsvorsitzende sprechen? - Okay, dann machen wir das erst einmal. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zur Richtigstellung zwei Sätze sagen. Erstens. Frau Kollegin Kolb-Janssen war fünf Jahre lang Gleichstellungsministerin, davor war dieser Bereich im Bereich des Sozialministeriums. Also müssten Sie andere Menschen befragen.

Der zweite Hinweis, den ich geben möchte, ist, dass in dieser Zeit der Koalitionsvertrag eine Verabredung zur Prüfung eines solchen Gesetzes nicht vorgesehen hat. - Vielen Dank.

Herr Kirchner hatte eine Frage? - Ja, entschuldigen Sie. Wir haben bei Herrn Kolze also Herrn Kirchner unterschlagen. Herr Kolze, kommen Sie doch noch einmal nach vorn, wenn Sie wollen. - Offensichtlich. Herr Kirchner hat jetzt die Chance, eine Frage zu stellen.

Sehr geehrter Herr Kolze, Sie möchten eine Überweisung, um über die Verfassungskonformität im Ausschuss zu diskutieren. Da sich die Linkenfraktion an dem Brandenburger Modell orientiert, würde ich empfehlen, das gänzlich zu unterlassen; denn hierzu gibt es ein Rechtsgutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtages Brandenburg, der ganz klar festlegt, dass das verfassungswidrig ist, 71 Seiten stark.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der legt über- haupt nichts fest! - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Der legt nichts fest!)

Vielleicht sollte man sich das erst einmal zu Gemüte führen, bevor man so etwas in den Ausschuss überweist. Damit könnte man viel Zeit sparen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Lieber Kollege Kirchner, erstens legen die nichts fest.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE, lacht)

Zweitens geht es uns neben der verfassungsrechtlich konformen Prüfung auch darum, unsere eigenen Intentionen, nämlich im Rahmen dieses Wahlrechtsforums, vorzutragen, zur Diskussion zu stellen und dann mit den Koalitionspartnern und allen anderen, die daran teilhaben möchten, gern zu einem guten Parité-Gesetz zu kommen. Da kann es durchaus sein, dass aus dem hier vorliegenden Gesetzentwurf das eine oder andere zu verwerten ist. Von daher finde ich es richtig, dass wir auch diesen Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen.

Warten Sie, jetzt hat Herr Roi noch eine Frage. - Bitte.

Für mich ergibt sich nach alldem, was Sie gesagt haben, tatsächlich eine Frage. Ich habe Ihnen

aufmerksam zugehört. Sie haben viel erzählt, was man da alles machen kann, aber eine klare Position der CDU-Fraktion konnte ich nicht hören. Am Ende geht es darum: Hier liegt ein Paritätsgesetz auf dem Tisch, in Anlehnung an das Modell aus Brandenburg. Die Frage, die sich mir stellt und die sich sicherlich auch viele Wähler stellen, ist: Wollen Sie ein solches Gesetz oder wollen Sie es nicht? Können Sie das bitte beantworten?