Herr Meister, sehen Sie auch eine zunehmende Einkreisung Russlands durch die NATO und durch die Amerikaner?
Das russische Denken ist an dieser Stelle merkwürdig. Ich habe den Eindruck, sie verfolgen noch dieses Imperiale, sie denken in Einflusszonen. Was ehemals zur Sowjetunion gehörte, ist im Prinzip ihre Einflusszone.
Es gibt also dieses imperiale Denken und die Vorstellung von Einflusszonen. Das entspricht nicht meiner Auffassung von Außenpolitik.
Wenn unabhängige Länder wie die Ukraine oder die baltischen Staaten sagen, sie möchten sich gern der Europäischen Union annähern - - So begann der Konflikt in der Ukraine. Es war keine NATO im Spiel, sondern die Ukraine sagte, sie wolle gern enger mit der EU zusammenarbeiten. Das muss möglich sein. Wenn Russland das nicht passt, dann ist das ärgerlich. Aber dann müssen sie überlegen, was sie denn vielleicht mit ihren direkten Nachbarn falsch gemacht haben, dass diese sich in die andere Richtung orientieren.
Ich meine, es ist der Fehler der russischen Außenpolitik, dass sie genau das noch verstärken. Ihre Reaktion war nicht die eines netten Nachbarn, mit dem man gern verhandelt und mit dem man zusammenarbeiten möchte, sondern genau das Gegenteil war der Fall. Insofern, meine ich, geht es in die falsche Richtung. Das Selbstbestimmungsrecht der Staaten und Völker muss man beachten, so oder so.
Herr Meister, es gibt noch eine Nachfrage. Ich würde es aber dabei auch belassen wollen. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.
Herr Meister, ich danke Ihnen erst einmal für Ihre Geduld. Ist unter dem Aspekt, dass die Sanktionen bzw. die Aufhebung der Sanktionen geknüpft sind an die restlose Umsetzung dieses Minsker Abkommens, was aber beide Seiten erledigen müssen, aber nur eine Seite benachteiligt, nicht auch der Gedanke zulässig, dass an dieser Stelle einfach nur ein Werkzeug geschaffen wurde, mit dem die eine Seite unterstützt und die andere Seite weiterhin unterdrückt werden kann? Kann man denn diesen Gedanken nicht einmal zulassen? Was sagen Sie dazu? Ist das möglich?
Zulassen kann man alle Gedanken. Die Frage ist, ob es der richtige Gedanke ist. Ich meine nicht, dass die Ukraine in einer Situation ist zu sagen, wir setzen ein Abkommen nicht um, das letztlich dem Land und dem Frieden dienen soll, um die Russen über diese Sanktionen zu ärgern. Ich glaube das nicht.
Vielen Dank, Herr Meister. - Wir haben noch zwei Debattenredner und nähern uns dem Abstimmungsverfahren. Der nächste Debattenredner ist Herr Hövelmann von der SPD-Fraktion. Sie haben das Wort, Herr Hövelmann.
Frau Präsidentin, ich bin davon ausgegangen, dass wir bei der Debatte die Reihenfolge Regierung, Opposition, Regierung, Opposition usw. beibehalten. Deswegen habe ich eigentlich den Redebeitrag der AfD erwartet. Aber das soll mich nicht daran hindern, an dieser Stelle zu sprechen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Kern der heutigen Debatte geht es um Außenpolitik in einem großen europäischen, ja globalen Maßstab. Herr Minister Felgner hat es angedeutet: Die Einflussmöglichkeiten unseres Landes Sachsen-Anhalt sind an der Stelle bescheiden.
Trotzdem müssen wir uns der Thematik stellen, und zwar sowohl im Interesse unserer Wirtschaft, die zu Russland traditionell gute Beziehungen pflegt, als auch weil man an der Stelle politisch Position beziehen kann.
Ohne Übertreibung sind die Sanktionen gegen Russland wie umgekehrt auch die russischen Sanktionen gegenüber der Europäischen Union das Ergebnis einer Eskalation, wie wir sie in Europa seit dem Kalten Krieg nicht mehr erlebt haben.
Mit der Annexion der Krim und dem militärischen Eingreifen in der Ukraine hat Russland die Grenzen gewaltsam verschoben, das Völkerrecht verletzt und die europäische Friedensordnung infrage gestellt. Groß angelegte russische Militärmanöver mit bis zu 100 000 Soldaten verstärken die Furcht in Polen und in den baltischen Staaten. Angesichts des noch immer ungelösten Konfliktes in der Ostukraine muss aus unserer Sicht der Dialog mit der russischen Förderation wieder intensiviert werden.
Natürlich muss das Ziel dieses Dialogprozesses ein Aufheben der gegenseitigen wirtschaftlichen Sanktionen sein. Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Dialogpartner gleichermaßen beidseitig um eine zufriedenstellende Lösung der aktuellen territorialen und militärischen Probleme bemühen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht nur mit Blick auf die Aktuelle Debatte heute Morgen lohnt es sich, den großen historischen Kontext noch einmal zu erwähnen. Deutschland hat vor 75 Jahren Europa, aber auch Osteuropa mit einem mörderischen Krieg überzogen. Daraus erwächst für uns eine Verantwortung gegenüber unseren Nachbarn in Osteuropa und genauso gegenüber Russland.
Willy Brandt ist es vor 50 Jahren mit der Einleitung der Entspannungspolitik wie keinem anderen gelungen, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Übrigens - und das sollte uns zu denken geben -: Die Einleitung der Entspannungspolitik begann auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Das zeigt, auch in schwierigen Zeiten ist Verständigung möglich.
Friedens und der Demokratie in Europa beginnen wird. Heute, ein Vierteljahrhundert später sind konfrontative Sprache, aggressives Verhalten auf die politische Bühne zurückgekehrt. Es droht ein Rückfall in gefährliche Zeiten. Wir müssen alles tun, um das zu verhindern. Wir müssen alles daransetzen, dass wir in diese verhängnisvolle Spirale nicht wieder hineinkommen.
Ein Rüstungswettlauf wäre das Letzte, was Russland und Europa gebrauchen können. Ich hoffe, es besteht auch hier in diesem Hohen Hause Konsens darüber, dass ein Ausweg aus dem Konflikt nicht mit militärischen, sondern nur mit diplomatischen Mitteln möglich ist.
Ich stimme mit unserem Außenminister FrankWalter Steinmeier völlig überein, dass man mit Truppenparaden und Manövern allein keine Sicherheit gewinnen kann. Angesichts der globalen Krisen, im Hinblick auf die Bekämpfung der Ursachen von Flucht und Vertreibung in vielen Ländern dieser Welt und zur Eindämmung des Terrorismus müssen wir die Konfrontation in Europa überwinden.
Es gibt für uns Sozialdemokraten für das Verhältnis zu Russland klare Leitlinien. Eine davon ist die Dialogfähigkeit. Wir müssen mehr miteinander und nicht mehr nur übereinander sprechen. In guten Zeiten ist das eine Selbstverständlichkeit, aber gerade in schwierigen Zeiten ist der Dialog besonders wichtig und die größte außenpolitische Herausforderung. Für die nächste Zeit muss deshalb die Devise lauten: So viel Sicherheit wie nötig, aber so viel Dialog und Kooperation wie möglich.
Eine zweite Devise muss lauten: Nachhaltige Sicherheit für Europa kann es nicht ohne Russland und erst recht nicht gegen Russland geben. Deshalb muss es unsere Strategie sein, Russland als einen verantwortungsvollen Partner zurückzugewinnen, Russland wieder in eine verantwortungsvolle Partnerschaft einzubeziehen. Die Sanktionen haben uns geschadet. Uns heißt dabei: Deutschland, der Europäischen Union und Russland. Daher gilt es, die Sanktionen so schnell wie möglich zu beenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen die Landesregierung in ihrem Bemühen bestärken und bitten Sie, unserem Alternativantrag zuzustimmen. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst das machen, was ich auf jeden Fall machen muss und mache es kurz. Wir als AfD haben einen Antrag gestellt, dem wir selbstverständlich zustimmen werden. Denn dieser Antrag trifft das Anliegen aus unserer Sicht am besten; sonst hätten wir den Antrag nicht gestellt.
Wir haben mit diesem Antrag heute eine Debatte angestoßen. Als Praktiker sage ich: Es ist eine ideologische Begründung, warum die Handelsbeziehungen wieder reaktiviert werden sollen und warum sich die Landesregierung für die Aufhebung der Sanktionen einsetzen soll, und zwar überall dort, wo die Landesregierung irgendeine Rolle spielt, ob es der Bundesrat oder der Rat der Regionen in der EU ist. Also an allen Stellen sollte die Landesregierung darauf hinwirken.
Ich habe Sie von der Landesregierung auch so verstanden, dass Sie in diese Richtung wirken wollen. Oder ich hätte etwas missverstanden. Aber wenn wir uns darin einig sind, dann ist das für mich wichtiger als jedes Stück Papier, das hier ellenlang ideologisch diskutiert wird.
Jetzt komme ich aber zu den Papieren, die hier vorliegen. Erstens. Unseren AfD-Antrag finden wir am besten. Dem werden wir zustimmen. Den werden Sie ablehnen. Das ist ganz logisch. So machen Sie es ja immer.
Zweitens. DIE LINKE hat einen Antrag vorgelegt. Dazu sage ich Ihnen: Der Antrag beinhaltet eben nicht eine Barriere in Bezug auf die Krim oder sonst was. Dazu ist mein Vorschlag an meine Kolleginnen und Kollegen nach Absprache mit dem André, dass wir dem Antrag der LINKEN zustimmen werden.
Also erst lehnen Sie unseren ab. Dann stimmen wir mit der LINKEN gemeinsam ihrem Antrag zu; denn darin sind keine künstlichen Barrieren errichtet worden, warum man sich nicht einig werden kann.
Die Kenia-Koalition hat als Einzige Barrieren hineingeschrieben, aber nicht in den Antragstext, was gemacht werden soll - dem könnten wir nämlich voll zustimmen -, nein, in die Begründung, weil sie verhindern will, dass wir für ihren Antrag stimmen. Das werden wir auch nicht tun; denn es gibt ja auch noch den Antrag der LIN
Ich habe jetzt unser Abstimmungsverhalten für Sie erklärt, meine Damen und Herren, aber auch für unsere Fraktion, damit sie nachvollziehen kann, wie wir uns in diesem Fahrwasser bewegen.