Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Wir können uns für Sachsen-Anhalt vorstellen, dass der Petitionsausschuss bei komplexen Einzelfällen, die in der Sache ohnehin vom Fachausschuss bearbeitet werden, zum Beispiel Deponie Brüchau, dem Fachausschuss zugleich die dazugehörigen Petitionen zuleitet. Alternativ können Mitglieder des Fachausschusses als Berichterstatter zu Petitionen ihres Fachgebiets im Petitionsausschuss sachkundig vortragen. Hierzu sollten die Geschäftsordnung des Landtags bzw. die Grundsätze des Petitionsausschusses angepasst werden.

Wir als AfD treten grundsätzlich für mehr direkte Demokratie auf allen Ebenen ein, weil wir glauben, dass es in diesem Land eher zu wenig als zu viel Demokratie gibt. Das ist nicht zu verwechseln mit Bürokratie. Daher unterstützen wir jeden Ansatz, staatliches Handeln transparenter zu machen.

Die Rechte von Petenten zu stärken, gehört dazu. Wir wollen den ständigen Dialog, damit sich Politik auch außerhalb des Plenums jeden Tag legitimiert und nicht mit einem Basta durchregiert wird.

Im Januar 2017 stieß unser damaliger Fraktionskollege Diederichs mit einem Selbstbefassungsantrag im Petitionsausschuss eine Grundsatzdebatte über Befugnisse und Grenzen des Petitionsausschusses an. Mit welcher Empörung der Altparteien dieses Ansinnen als überflüssig abgetan wurde, daran wird sich der Kollege sicherlich noch erinnern.

(Zustimmung bei der AfD)

Hatte die Ausschussreise nach München zum Bayerischen Landtag den Horizont ein wenig erweitert und ein Interesse der Altparteien an dem Umgang mit den Anliegen der Bürger geweckt? Haben die regierungstragenden Fraktionen zumindest jetzt das Problem erkannt? Kommt es also einmal mehr nur darauf an, wer etwas sagt, und nicht, was?

Ich fasse den Standpunkt der AfD-Fraktion zusammen. Jede parlamentarische Initiative in Richtung auf mehr Öffentlichkeit und mehr Transparenz findet unsere vollste Unterstützung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe auch hierzu keine Wortmeldungen. Deswegen kommen wir nun zum Debattenbeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es spricht Herr Aldag, der sich schon auf den Weg nach vorn macht.

Ja, ich muss ja schnell machen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wieso?)

Und Start.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Kurz und knackig, in zwei Minuten, meine Erkenntnisse aus der Großen Anfrage.

Erste Erkenntnis: Mit dem Petitionsausschuss haben wir ein gut arbeitendes Gremium, welches sich den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger gewissenhaft widmet. Nichtsdestotrotz macht sich auch der Ausschuss Gedanken darüber, wie man das Verfahren einfacher und transparenter machen kann. Wir werden im Rahmen der anstehenden Parlamentsreform Vorschläge einbringen. Denkbar ist zum Beispiel die öffentliche Beratung von Petitionen gemäß dem Vorbild in Bayern.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜ- NE)

Zweite Erkenntnis ist, Anliegen und Beschwerden, die bei der Landesregierung, den Ministerien und Behörden, eingehen, werden nicht erfasst und ausgewertet. Das finde ich ausdrücklich schade.

Dritte Erkenntnis: Überrascht hat mich die Aussage der kommunalen Spitzenverbände, die meinen, Landräte, Bürgermeister und Ortschaftsbürgermeister wären nah genug an den Bürgerinnen und Bürgern und jegliche Form der Beteiligung wäre gewährleistet.

Ehrlich gesagt, ich empfinde diese Aussage als ziemlich arrogant, zeigen uns doch die vielen Beispiele im Land, dass sich die Menschen bei vielen Entscheidungen nicht mitgenommen fühlen. Gerade wenn es um die Belange in den Kommunen geht, sind die Beteiligungs- und Beschwerdeinstrumente zu wenig bekannt und viele Anliegen werden schlichtweg ignoriert. Wir müssen, so meine ich, alle neu nachdenken. Ich hätte mir gewünscht, dass die kommunalen Spitzenverbände anders auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren.

Ich hätte mir auch gewünscht, dass in den Antworten der Landesregierung progressive und zukunftsgewandte Ausblicke gegeben worden wären, anstatt nur zu sagen, so wie es gerade läuft, ist es eigentlich ganz gut. Das ist mir zu wenig.

Ich wünsche mir, dass wir uns auf allen Ebenen ernsthaft darüber Gedanken machen, wie man Beteiligung offener, transparenter und attraktiver gestalten kann, damit sich noch mehr Menschen in unserem Land mitgenommen fühlen und wirklich ernsthaft an Entscheidungen teilhaben können. - Vielen Dank. 13 Sekunden habe ich noch.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜ- NE)

Ja, Herr Aldag, Sie haben es geschafft, zwei Minuten zu unterbieten. Das ist schon bemerkenswert. - Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Krause.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Jantos! Herr Krause hat einen Trauerfall!)

- Herr Jantos spricht demzufolge für die CDUFraktion. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwer, als Vierter im Bunde noch etwas Neues erzählen zu wollen. Es ist vieles gesagt worden.

Ich bin seit dem Jahr 2002 mit kurzen Unterbrechungen im Petitionsausschuss und sehe die Sache schon ganz ernst. Es war für mich persönlich immer der wichtigste Weg. Der Petitionsausschuss ist das Mittel, das der Abgeordnete einsetzen kann, das auch der Abgeordnete einsetzen kann, der nicht im Petitionsausschuss ist, der damit eigentlich auch vor Ort hausieren gehen kann. Darum müsste diese Möglichkeit, sich beschweren zu können oder sein Recht zu finden, noch populärer werden.

Ich habe hier noch einiges über die zentrale Meldeplattform usw. aufgeschrieben. Ich will mich aber auf den Petitionsausschuss beschränken.

Es ist einfach aus meiner Erfahrung heraus wichtig, dass wir den Petitionsausschuss nicht mit brachialer Gewalt modernisieren. An uns wenden sich die Bürger auch, weil sie wissen, ihre Probleme werden intern und anonym behandelt.

Der Petitionsausschuss hat nun einmal die Möglichkeit, an alle Institutionen auf allen Ebenen, ob das die Kommune, die Verwaltung oder das Ministerium sind, heranzugehen und die Probleme zur Aufklärung zu bringen, indem man dort die entsprechenden Fragen stellt. Man kann die Mitarbeiter vorladen, man kann sogar einen Minister vorladen. Ich will ein positives Beispiel bringen, wie es gelungen ist.

Im Mansfelder Land stand die Wipperliese einmal vor dem Aus. Es war zu Ende. Sie war eigentlich abbestellt worden. Wir haben über den Petitionsausschuss eine Anhörung gemacht. Dabei war das Ministerium vertreten. In der nächsten Ausschusssitzung wurden beschlossen, dass die Wipperliese doch wieder fahren kann, und sie fährt heute mit vollen Zügen, nicht mehr an allen Tagen, aber bedarfsgerecht.

Ein zweites Problem, wozu man einfach sagen kann, auch heute kann jeder Bürger sein Recht bekommen: Im Stadtteil Helfta in den Lutherstadt Eisleben wollte ein großer Investor Windräder aufstellen, sodass das historische Kloster beeinträchtigt und der Rotmilan geschädigt worden wäre usw. usf.

Wir haben vor Ort eine Sitzung des Petitionsausschusses durchgeführt. Wir haben es uns mit allen Ministerien, mit Kulturverantwortlichen, mit der Bürgerinitiative, mit allem Drum und Dran,

angesehen. Das Ergebnis war die Ablehnung dieser Investition durch alle Institutionen. Jetzt klagt der Investor wieder. In der Zwischenzeit hat sich aber herausgestellt, dass der Landrat, der korrupt den Investor unterstützen wollte, was wir damals nicht wussten, bei dieser Maßnahme eine Niederlage erlitten hat.

Meine Damen und Herren! Wenn wir den Petitionsausschuss vorsichtig modernisieren, nicht alles an die große Glocke hängen und an die Öffentlichkeit bringen, aus dem Petitionsausschuss keine Fernseh- oder Rundfunkschau machen, dann werden wir die Interessen der Bürger weiter vertreten können. Wir können natürlich immer etwas verbessern. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Daniel Szarata, CDU)

Wir danken dem Redner und kommen nunmehr zum Abschlussbeitrag. Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal Frau Buchheim das Wort. Bitte.

Danke. - Ja, ich muss darauf doch noch erwidern. Schade, dass Herr Olenicak nicht anwesend ist. - Ich sage immer „Olnischak“. Er hat mir gesagt, dass es so ausgesprochen wird. Mach einer sagt Olenicak. Also, ich weiß auch nicht, wie er richtig ausgesprochen wird.

(Matthias Büttner, AfD: Volker! - Heiterkeit bei der AfD)

Es gibt eine unterschiedliche Handhabung, die er offensichtlich auch so nach außen gibt.

Ich habe vorhin das Gefühl gehabt, er war sich nicht sicher, ob er reden muss, und griff dann irgendein Blatt. Als er hier vorn stand, hatte ich wirklich den Eindruck, er hat das Papier gegriffen, das wir am Donnerstag im Ausschuss thematisieren wollen. Dann wollen wir uns erst einmal damit auseinandersetzen, wie wir uns über die Fraktionen hinweg im Petitionsausschuss die künftige Arbeit in unserem Ausschuss vorstellen. Letzten Endes gingen die Ausführungen hier am Thema vorbei.

In der Großen Anfrage wurden viele andere Dinge aufgegriffen. Ich danke Frau Schindler und Herrn Aldag, die darauf eingegangen sind und mit mir auch der Meinung waren, dass das Beschwerdemanagement in der Landesverwaltung wirklich verbesserungswürdig ist und dass es wünschenswert wäre, wenn man sich dem Thema dort auch insgesamt widmen würde.

Schade, Herr Minister Stahlknecht ist auch nicht mehr im Saal. Ich hätte ihm gerne erwidert, ja,

wenn die kommunalen Spitzenverbände darum bitten, davon abzusehen, diese Anfrage beantworten zu müssen - letzten Endes sind wir alle irgendwo in kommunalen Vertretungen; wir haben dort das Recht, Anfragen an den Hauptverwaltungsbeamten zu stellen -, dann kann man das natürlich auch über diesen Weg tun. Die Frage ist, ob es wirklich dieses Weges bedarf oder ob man nicht eine andere Lösung, eine generelle Beantwortung vorziehen sollte.

Ja, da jetzt auch noch von Herrn Jantos viel zum Petitionswesen in unserem Ausschuss gesagt wurde - ich habe die Aussprache darauf heute nicht fokussiert, weil die Anfrage viel umfassender war. Ich denke, dass wir das im Ausschuss zunächst insgesamt thematisieren sollen.

Sie hatten noch gesagt, dass manch einer das nicht möchte und man sollte doch nicht alles öffentlich machen. Als wir in München waren und uns das Petitionswesen dort angesehen haben, haben wir gesehen: Der Petent hat auch das Recht, darauf hinzuweisen, dass er sein Anliegen nicht öffentlich behandelt haben will. Diese Möglichkeit gibt es also durchaus. Somit kann man das entsprechend händeln. Darin sehe ich also nicht die große Gefahr, wie Sie sie hier zu sehen glauben. Wir haben ja am Donnerstag noch die Möglichkeit, uns darüber umfassend auszutauschen.

Insgesamt möchte ich sagen, dass ich der Parlamentsreformkommission dankbar dafür bin - wir hatten dort unseren Antrag eingebracht, das Petitionswesen zu reformieren -, dass man das letzten Endes in die Hände des Ausschusses gegeben hat, dass man sich dort erst einmal austauscht und dann gemeinsam die Vorstellungen einreicht.

Ich habe wirklich große Hoffnungen und überfraktionell auch Vertrauen darin, dass wir das Petitionswesen im Sinne eines bürgernahen, digitalen und transparenten Verfahrens neu ausrichten werden. Ich denke, wir alle sind uns darüber einig, dass Reformbedarf besteht, denn sonst wäre es letzten Endes nicht zu dieser Entscheidung in der Parlamentsreformkommission gekommen.

Abschließend noch der Hinweis: Wir alle wollen bürgerschaftliches Engagement fördern. In der Debatte ist klar geworden, dass alle auch niedrigschwellige Beteiligungsangebote, auch auf der kommunalen Ebene, eingefordert haben und es ebenso wie wir gesehen haben, dass es vor Ort eben doch nicht so einfach ist, wie es von den kommunalen Spitzenverbänden dargestellt wird, dass dort auch entsprechender Handlungsbedarf besteht.

Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass wir auch auf der kommunalen Ebene, möglicherweise über

einen entsprechenden Paragrafen in der Kommunalverfassung, mehr Druck erzeuge können, damit die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auf der kommunalen Ebene entsprechend bearbeitet werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)