Protokoll der Sitzung vom 20.11.2019

Ich will nur zwei mehr oder weniger prominente Vertreter benennen, zum Beispiel den in den letzten Tagen sehr häufig in den Medien zu findenden Hallenser Stadtrat Donatus Schmidt,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Pfui!)

den Sie, Herr Raue, in der letzten Sitzung mit den Worten umschrieben haben - ich zitiere -:

„Im Übrigen ist Herr Schmidt ein bürgerlicher Patriot aus der Mitte dieser Gesellschaft“

Sie haben das noch etwas putzig begründet; das näher auszuführen will ich mir an dieser Stelle mit Rücksichtnahme auf die Redezeit ersparen.

Oder ich rede über den Weißenfelser Stadtrat Peter Hofmann, der munter antisemitische Bilder liked und kommentiert. Auch hierzu will ich mich gar nicht in Einzelheiten verlieren. Das zeigt doch sehr deutlich, dass sich Antisemiten sehr wohl - und das auch in Führungspositionen - in Ihrer Partei fühlen.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Es ist zweifelsohne ein Minderheitenrecht, das Ihnen auch überhaupt nicht genommen wird, einen solchen parlamentarischen Untersuchungsaus

schuss zu beantragen. Ich zweifele aber an dem Aufklärungswillen, denn durch Ihren Antrag zieht sich wie ein roter Faden - oder in dem Fall wie ein blauer Faden - die Vorverurteilung von Handelnden. Man muss da gar nicht weit lesen. Wir gehen in den Punkt 1A, da heißt es:

„welche Personen und Institutionen maßgeblich die Fehleinschätzung der Gefährdungslage im Zuge des Terroranschlages in Halle (Saale) zu verantworten haben.“

So zieht sich das weiter durch den gesamten Text. Deswegen bezweifele ich, dass es Ihnen um Aufklärung geht, es geht Ihnen vielmehr um Vorverurteilung

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

und Instrumentalisierung einer Tat, die letztendlich zum Tod von zwei völlig unschuldigen Menschen geführt hat.

Wir haben einen Änderungsantrag gestellt - der ist Ihnen bekannt - zur Verkleinerung des Ausschusses, damit dieser effektiv wird. Sie selbst haben dazu beigetragen durch die Fülle von Anträgen auf die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen und Ähnlichem. Darüber hinaus erschließt sich mir Ihr Antrag zur Besetzung jetzt noch nicht völlig. Denn meines Wissens ist nicht das Plenum

dazu berufen, den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden zu wählen. Dazu gibt es ja Ihre handschriftliche Anmerkung. Das wäre vielleicht vom Präsidium noch einmal zu prüfen, ob das entsprechend so abzustimmen ist. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank. Es gibt zwei Wortmeldungen, Herr Erben, eine von dem Abg. Herrn Farle und eine von dem Abg. Herrn Büttner. - Nein, Sie ziehen zurück, okay, aber Herr Farle hat jetzt das Wort. Bitte.

Ich habe vorhin schon gesagt, ich finde es toll, dass wir diesen PUA jetzt einrichten können. Wir werden dort sehen, dass viele Dinge kritisch zu prüfen sind. Herr Erben, Sie selbst haben in dieser ersten Anhörung im Innenausschuss eine Menge richtiger Fragen aufgeworfen. Ich bin schon neugierig, wie wir diese Fragen gemeinsam aufklären werden. Denn ich erwarte von Ihnen, dass Sie an der Aufklärung interessiert sind und an den Schlussfolgerungen für die künftige Bewältigung von Gefährdungslagen.

Das Zweite, was ich anmerken möchte, ist, dass der Herr Innenminister hier nicht vorverurteilt wird.

Es werden die richtigen Fragen gestellt, aber es wird auch klipp und klar deutlich gemacht, dass wir nicht bereit sind hinzunehmen, dass Hunderte von Polizisten im Einsatz sind, mit ihrem eigenen Leben in Gefährdung stehen - das waren auch Gedanken, die Sie dort geäußert haben -, dass sie für einen solchen Fall unzureichend bewaffnet sind, um sich mit einem solchen Amokläufer oder Täter oder antisemitischen Mörder und Terroristen auseinanderzusetzen, und ihr Leben aufs Spiel setzen müssen, weil sie eben nicht über die entsprechend Mittel verfügen.

Darum geht es uns, nicht gegen die Polizei, sondern für die Polizei, für effektivere Einsätze, damit ein Hubschrauber nicht erst nach einer Dreiviertelstunde dort eintrifft, wo er gar nicht mehr beobachten kann, wie das Tatgeschehen abläuft.

Diese Sachen müssen alle diskutiert werden. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe als Parlament. Wir als AfD stehen dem sehr positiv gegenüber.

Außerdem sage ich Ihnen eines: Die Neun haben wir beantragt. Dass jetzt der stellvertretende Ausschussvorsitz hier vorgesehen ist, das kam von der Verwaltung selbst. Die haben darauf bestanden, dass wir diesen Antrag noch entsprechend korrigieren und erweitern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Erben.

Herr Farle, Sie haben hier im Zusammenhang mit der Sondersitzung des Innenausschusses richtig festgestellt: Meine Fraktion war die erste, die Selbiges verlangt hat. Wir haben in unserem Selbstbefassungsantrag sehr viele kritische Fragen zu den Schutzmaßnahmen, zu dem Polizeieinsatz gestellt und haben deswegen auch unseren Selbstbefassungsantrag ausdrücklich nicht für erledigt erklärt.

Das kann man jetzt möglicherweise tun, damit man nicht alles zweimal hört, weil wir nunmehr den Untersuchungsausschuss eingesetzt haben.

Ich verstehe jetzt Ihre Kritik an mir nicht. Sie stellen auf der einen Seite fest, dass ich kritische Fragen, wie Sie es bezeichnen, in Ihrem Sinne gestellt habe - ich weiß zwar nicht, ob das in Ihrem Sinne war -, um mich anschließend dafür zu kritisieren. Diese Logik erschließt sich mir an der Stelle nicht ganz.

Den zweiten Punkt habe ich, ehrlich gesagt, schon wieder vergessen. Aber dann wird er wahrscheinlich nicht so wichtig gewesen sein. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Herr Erben. Der Abg. Herr Büttner hat seine Frage zurückgezogen. - Somit kommen wir zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Quade. Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Oktober und November 1939

(Lachen bei und Zurufe von der AfD)

ermordeten Einheiten des Selbstschutzes - auch „volksdeutscher Selbstschutz“ genannt und in den Jahren zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges als brutale, mörderische Kampfgruppe gegründet - mindestens 1 200 Menschen im nördlichen Polen. Sie trieben Intellektuelle, Lehrerinnen und Lehrer, Priester und viele Jüdinnen und Juden in ein Tal und erschossen sie. An anderen Orten in Polen verübte diese Gruppe weit größere, weit brutalere Massaker, bevor sich die Selbstschutzeinheiten auf andere Teile des NS-Apparates, wie SS und Gestapo, verteilten.

Diesen Kriegsverbrechern und der Wehrmacht hat der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan

Protschka gerade einen Gedenkstein gewidmet

und für sie aufstellen lassen, für den offenbar auch Geld aus der NPD gegeben wurde, damit den Mördern ein Denkmal gesetzt wird.

Die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden ist ein Verbrechen, das ohne die Wehrmacht nicht möglich gewesen wäre. Für den Bundesvorsitzenden der AfD sind die Taten der Wehrmacht Leistungen von Soldaten, auf die er stolz sein will - der Bundesvorsitzende, der in Brandenburg an der Havel von einer „globalistischen Krake“ sprach, aber nicht, weil er aus dem „Stürmer“ vorlas, sondern aus seinem Skript, weil nämlich Antisemitismus untrennbar mit der AfD verbunden ist.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Ronald Mormann, SPD, und von Jürgen Barth, SPD)

Da ist es völlig egal, ob man auf Gauland, ob man auf Gedeon oder auf Donatus Schmidt schaut, weil in der AfD immer mehr Menschen immer öfter und immer lauter den Nationalsozialismus nicht mehr nur relativieren, sondern sich positiv auf ihn beziehen.

Meine Damen und Herren! Dass diese Partei heute einen Antrag stellt, mit dem sie so tut, als wollte sie den antisemitischen Terroranschlag von Halle aufklären, das ist nicht nur Heuchelei, das ist auch eine widerwärtige Verhöhnung der Opfer und der Betroffenen.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - Zustim- mung von Ronald Mormann, SPD)

Was die AfD tatsächlich will, ist, von sich selbst und der Verantwortung der extremen Rechten für den Anschlag in Halle abzulenken, was man auch daran sieht, dass sie nicht mit einer einzigen Frage, nicht einmal pro forma, der Motivation des Täters nachgehen will.

Sie will Politik als Spektakel und dafür eine Plattform. Und sie will das schärfste Instrument des Parlaments stumpf schleifen, sicherlich auch deshalb, damit es sie nicht schneidet, sollte es einmal gegen sie verwendet werden.

Dass nach dem Anschlag von Halle viele Fragen zu stellen sind, liegt auf der Hand. Wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier stehen in der Verantwortung, alles zu tun, was wir können, um Antworten zu finden. Die Orte dafür sind der Innenausschuss und dieses Parlament. Es gibt keinen Grund, sie nicht dort zu bearbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Reden wir über die große, die zentrale Frage, nämlich die Frage, warum der Innenminister jüdische Einrichtungen in Sachsen-Anhalt

Frau Abg. Quade, kommen Sie dann bitte zum Schluss.

das tue ich - ohne den nötigen Schutz hat stehen lassen. Das ist eine Frage der politischen Verantwortung, die ganz klar im Raum steht. Um sie zu klären, braucht es aber keinen Untersuchungsausschuss und schon gar keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der eigentlich nur eine getarnte Plattform für die extreme Rechte ist.

Daher lehnen wir diesen Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Farle. - Herr Farle, da die Abg. Frau Quade keine Fragen beantworten möchte, haben Sie natürlich das Recht, eine Kurzintervention zu starten. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war ja absehbar. Frau Quade verweigert sich ja ständig der Debatte.