Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

und das auch nicht durch endloses Wachstum, sondern durch die Rückkehr zu einer ökonomisch sinnvollen Steuerpolitik.

Damit die Fragen sozusagen gleich beantwortet werden: Dabei hat man nicht zuerst die Einkommensteuer im Blick. Es geht vielmehr um die Eindämmung der überhitzten Finanzmarktgeschäfte durch die überfällige Einführung einer Finanztransaktions- und einer Spekulationssteuer - -

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

- Es geht doch darum, dass wir uns darum kümmern. Wir sind ein Teil des gesamten Systems. Sagt doch nicht immer, wir machen nichts, weil wir es nicht können. Die Leute in Berlin und Brüssel fallen doch nicht vom Himmel.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Sieg- fried Borgwardt, CDU)

Ja, wir müssen anfangen, uns darum zu kümmern. Es geht um die Beteiligung von großen Vermögen an den finanziellen Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft durch die Wiedereinführung einer Vermögensteuer und eine echte

Reform der Erbschaftsteuer, es geht um die Rückkehr zur alten Körperschaftsteuer und es geht letztlich auch um einen effektiven Steuervollzug und den Kampf gegen Steuerflucht und Steueroasen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vergessen Sie also die Schuldenbremse und machen Sie sich klar, dass die aufgelaufenen Defizite endlich abgebaut werden müssen und nicht immer weitergeschoben und angehäuft werden können.

Die Alternative zum Geldverbrennen in nutzlosen Rücklagen sind Investitionen für Zukunftsaufgaben. Trotz der extrem kurzen Beratungszeit nach dem Jahreswechsel werden wir dafür umfangreiche Vorschläge vorlegen.

Nutzen Sie diese Chance und machen Sie aus einem Haushalt, der nur den Mangel verwaltet, doch noch einen, der die Zukunft des Landes gestaltet.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lippmann, es gibt eine Wortmeldung von Herrn Siegmund. Die kann er jetzt wahrnehmen.

Vielen Dank. - Herr Lippmann, ich möchte ganz kurz auf Ihre Ausführungen zur ZASt in Halberstadt eingehen. Wir haben ja jetzt in Stendal das „Glück“, dass wir jetzt das gleiche Ding vor die Nase gesetzt bekommen. Sie sind darauf eingegangen, haben die Situation vor Ort als inhuman bezeichnet.

Ich möchte hier eine kurze Bilanz der ZASt nur von diesem Jahr aufzeigen: 262 Straftaten,

151 Polizeieinsätze, 99 Sachbeschädigungen.

2018 35 Verletzte, allein dieses Jahr 60 Verletzte, davon eine Sozialarbeiterin und vier Wachleute, 23 Schwerverletzte, Sprechstunden nur noch hinter Schutzglas.

Sie haben die Abschiebung dieser Leute als menschenverachtend bezeichnet. Ganz ehrlich, wenn Sie die Einhaltung unseres eigenen Rechtes als menschenverachtend bezeichnen, dann sind Sie es, der vom Verfassungsschutz beobachtet gehört. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine weiteren Fragen. Das war ja auch mehr eine Kurzintervention. - Dann können wir in der Debatte fortfahren.

Bevor ich allerdings den nächsten Redner aufrufe, der bereits nach vorn kommt, begrüßen wir auf

unserer Zuschauertribüne ganz herzlich Studentinnen und Studenten der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt hat Herr Meister für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen in der Verantwortung, innerhalb des zeitlich eng gesteckten Rahmens bis März des nächsten Jahres einen Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 zu verabschieden. Dass er zu spät kommt, ist klar.

Dieser muss dem Land gut tun, seine Zukunft sichern und gestalten und er muss mehrheitsfähig sein. Er sollte nachhaltig sein - dies sowohl in einem finanztechnischen Sinn als auch fachlichen Sinn.

Widmen wir uns zunächst den nicht unerheblichen Problemen des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs. Leider gelingt es uns nicht, die beachtliche Ausgabenhöhe von insgesamt etwa 24,3 Milliarden € in den nächsten beiden Jahren über die laufenden Einnahmen zu finanzieren. Um einen Haushaltsausgleich zu erreichen, wird eine sogenannte globale Minderausgabe von 2 % angesetzt.

Wir gehen also davon aus, dass jährlich Ausgaben in Höhe von insgesamt 220,5 Millionen € irgendwo doch nicht getätigt werden, und veranschlagen sie damit ein zweites Mal. In Summe macht das für beide Jahre 445 Millionen € aus.

Das ist hart an der oberen Grenze des Zulässigen und alles andere als die reine haushaltspolitische Lehre, da das Risiko besteht, dass diese Annahme eben doch nicht in Gänze aufgeht.

Das ärgere Problem ist allerdings der Griff in die Rücklagen. Zur Gegenfinanzierung entnehmen wir den Rücklagen insgesamt über beide Jahre hinweg 582,4 Millionen €. Das ist insofern schwierig, als die Rücklagen naturgemäß nur begrenzt zur Verfügung stehen.

Das Problem ist nicht die Ausgabe der Rücklage für den öffentlichen Zweck - dafür ist sie ja letztlich da -, sondern der Zeitpunkt, dass wir es jetzt machen und nicht in einer Phase, in der wir tatsächlich mit schlechteren Wirtschaftsbedingungen zu tun haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Am Ende der Laufzeit des Doppelhaushaltes werden die Rücklagen, wenn er denn so wie vorgeschlagen umgesetzt wird, auf 146,8 Millionen €

geschrumpft sein. Der Pensionsfonds ist gesondert zu betrachten.

Das heißt, ein drittes Jahr mit den gleichen Kennzahlen könnten wir schon nicht mehr so finanzieren. Schlimmer noch: Die mittelfristige Finanzplanung prognostiziert für das Jahr 2022 einen Handlungsbedarf von mehr als 1 Milliarde €.

Da der Pensionsfonds der neue Lieblingsgegner geworden ist: Der Pensionsfonds in seiner jetzigen Höhe würde, wenn wir ihn komplett einfach da hineinkippen - das ist ja ein bisschen die Idee, die von der LINKEN vorgeschlagen wurde -, reichen, um für ein Jahr ein lichterlohes, helles Feuer zu machen. Dann ist er aber auch durch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Dann ist die Frage: Was, Herr Lippmann, machen wir im Jahre 2023? Ich habe gelitten, als Sie über Minuten hinweg Ausgabenwünsche geäußert haben. Diese Ausgabenwünsche haben wir alle hier im Haus; die könnten wir alle ebenfalls äußern. Sie erstellen über Minuten eine solche Liste und dann kommen wir zu der spannenden Frage: Wie finanzieren wir das? - Durch Mehreinnahmen. Dazu kommt von Ihnen dann nur der allgemeine Hinweis: Das muss man im Bund regeln, da brauchen wir eben andere Einnahmen. - Das ist nicht fair. Das ist nicht redlich gegenüber diesem Haushalt.

Dann sagen Sie am Schluss als Aufruf an uns: Machen Sie einen Haushalt, der diese Dinge aufnimmt. Aber Sie sagen gar nicht, wie das gehen soll. Also, ich habe ja Verständnis dafür, dass man sagt: Ich möchte einen finanzpolitisch starken Staat.

(Beifall bei der AfD)

Einen finanzpolitisch starken Staat will ich auch haben. Aber dann muss man sich auch überlegen, wie die Aufteilung in Bund, Land, Kommunen ist und ob die Finanzierung der öffentlichen Haushalte ausreichend ist. Aber jetzt so zu tun, als wäre Sachsen-Anhalt in der Lage, den Milliardenbetrag, den Sie hier mal so schnell heruntergelesen haben, bis März aufzutun, das ist absolut unrealistisch. Das weiß jeder; das wissen auch Sie und das ist nicht fair.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Tho- mas Lippmann, DIE LINKE)

Diese Lücke, die wir im Jahre 2022 haben, werden wir nicht mehr durch Rücklagenentnahmen schließen können. Wir hinterlassen damit nicht irgendwie der nächsten Generation, sondern schlicht schon dem nächsten Haushalt, der nächsten Legislaturperiode, eine nur sehr schwer zu lösende Aufgabe. Das heißt dann nämlich für 2022: entweder Ausgabenreduzierungen, Einnah

meerhöhungen oder eben neue Schulden. Nichts davon ist leicht.

Wieso ist diese Lage so, obwohl die Einnahmen doch auch gestiegen sind? Unsere Ausgaben steigen schneller. Wir haben in vielen fachlichen Fragen jeweils gut begründete Positionen. Das finanzielle Engagement des Landes hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.

Bei der Polizei sind wir auf Gegenkurs zum bisherigen Abbau gegangen: mehr Polizisten, auch mehr Lehrer, seit 2016 deutlich erhöhte Ausgaben für die Kommunen. Die Ausgaben für Soziales und auch für den Umweltbereich sind gestiegen.

Es ist der Wille in der Kenia-Koalition, die Einschnitte der Vergangenheit aufzuholen und auf allen Feldern gleichzeitig die als nötig erkannten Schritte zu gehen. Und kleine Schritte sind unsere Sache nicht.

Leider gelingt jedoch eine finanztechnisch notwendige Prioritätensetzung nicht oder nur ungenügend. Kurioserweise wird von der Opposition, trotz dieser Lage, der regierungstragenden Seite mangelnde Ausgabenfreude vorgeworfen. Ich kann Ihnen sagen: Das ist nicht das zentrale Problem unserer Koalition, da haben wir andere.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der CDU)

Die Fachleute wissen, was ich meine. - Angesichts der Tatsache, dass die Einnahmen für den Doppelhaushalt leicht steigen, allerdings geringer als erhofft, hatten wir Bündnisgrünen für die Haushaltsaufstellung zur Diskussion gestellt, die Summen des Haushaltes 2019, der recht gut finanziert war, in allen Einzelplänen zunächst fortzuschreiben und die Mehreinnahmen dann geordnet in den Rechtsverpflichtungen nach Prioritäten zu verwenden. Wir wären vermutlich auch damit nicht ganz hingekommen, aber das war der Ansatz.

Wir wollten damit bei der Aufstellung des Haushaltsplans stärker die erwartete Leistungsfähigkeit der Landesfinanzen in den Blick nehmen, und zwar keine hypothetische Leistungsfähigkeit, sondern das, was wir tatsächlich an Geld zur Verfügung haben. Es wurde jedoch ein finanziell ambitionierterer Weg gewählt.