Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Auch in unserem Landesenergiekonzept bis 2030 haben wir festgehalten, dass das Land SachsenAnhalt beim Ausbau und bei der Nutzung regenerativer Energien weiterhin führend bleiben will. Dazu wollen wir als Flächenland gegenüber anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland unseren Beitrag leisten.

Um diese beiden Dinge in Einklang zu bringen, einerseits die Konzentration und andererseits den weiteren Ausbau von Windenergie, haben wir in unserem Koalitionsvertrag vorgesehen, diese 2:1-Regelung überprüfen zu lassen; denn wir haben auch in den Gesprächen mit den Regionalen Planungsgemeinschaften festgestellt, dass diese Regelung aus dem Landesentwicklungsplan schwer und schlecht umsetzbar ist und in der Praxis keine Anwendung findet. Wir wollen daher, dass dies überprüft wird und, so wie es Frau Frederking richtig ausgeführt hat, das Repowering 1 : 1 befördert wird.

Jetzt zu dem Antrag der LINKEN. Die Grundsätze, die Sie darin darstellen, könnten wir unterschreiben; denn auch wir wollen, dass Projekte vorrangig mit der Bevölkerung vor Ort abgestimmt werden und dass es einen transparenter Umgang mit projektrelevanten Informationen gibt.

Einzig den Punkt, dass es hierin um ein Siegel für faire Windenergie geht, sehen wir kritisch. Ja, das soll auf freiwilliger Basis erfolgen; Sie haben das auch dargestellt. Sie haben das Beispiel Thüringen angeführt, weil Thüringen dies schon eingeführt hat. Thüringen will jedoch die für Windenergie genutzte Fläche weiter ausbauen. Derzeit beträgt die für die Windenergie genutzte Landesfläche dort 0,3 % und sie wollen die Fläche für die Windenergienutzung auf bis auf 1 % ausweiten.

Eine weitere Ausweitung der Flächen für die Windenergienutzung ist jedoch gar nicht unser Anspruch. Wir wollen weiterhin die Errichtung von Anlagen. Wir wollen auch, dass die Projekte, die entstehen, mit den Bürgern vor Ort diskutiert und fair verhandelt werden. Wie das realisiert werden kann, ist, wie gesagt, diskussionswürdig. Zudem ist zu hinterfragen, wie mit einem Projekt umgegangen wird, welches dieses Siegel nicht hat; denn der Anspruch, wenn die Planung trotzdem ordnungsgemäß durchgeführt wird, besteht weiterhin.

Deshalb beantragen wir, den Antrag der LINKEN in den Ausschuss für Umwelt und Energie zu überweisen, damit wir weiter auch darüber diskutieren können, inwieweit die Lena der geeignete Ort ist, bei dem dieses Siegel, wie Sie es vorschlagen, verwaltet werden kann.

Frau Schindler, kommen Sie bitte zum Ende.

Ja. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und um Überweisung des Antrags der LINKEN in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Gabriele Brakebusch, CDU)

Herzlichen Dank. Fragewünsche sehe ich nicht.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Herr Gallert!)

- Ach, Herr Lange. Das war schon so lange her. Das habe ich wieder vergessen. - Frau Schindler, kommen Sie bitte noch einmal nach vorn.

Ich freue mich über das Wortspiel. - Frau Schindler, ich habe da mal eine Frage. Die Ministerin - auch Sie haben das eben gesagt - setzt auf eine ernsthafte Diskussion über die ganze Frage der fairen Windenergie, den Antrag, den wir eingebracht haben. Nun hat der jetzt nicht mehr anwesende Herr Scheurell gesagt, er möchte diesen Antrag von uns in den Ausschuss überweisen und dort erster Klasse beerdigen, wie er das mit einem Glücksgefühl noch dargestellt hat.

(Zuruf: Dort oben ist er doch!)

- Ach, Herr Scheurell ist dort oben. Dann weiß er Bescheid.

Jetzt wollte ich Sie nur fragen, Frau Schindler: Mit welchem Ziel gehen Sie denn in die Ausschussdebatte, auch mit dem Ziel, den Antrag erster Klasse zu beerdigen, oder haben Sie Interesse an einer ernsthaften Diskussion?

Ich denke, ich habe in meinen Ausführungen dargestellt, welche Intention wir verfolgen. Ich möchte darüber diskutieren, auch über die Grundsätze, die in diesem Siegel dargestellt sind.

Wir haben - das habe ich auch dargestellt - Zweifel an der Umsetzung eines solchen Siegels. Die Ziele selbst unterstützen wir, aber an der Umsetzung und der Darstellung, was machen wir auf freiwilliger Basis, was machen wir mit Anlagen, die eben dieses Siegel nicht haben, haben wir Zweifel.

Wir werden damit ein anderes Vorhaben nicht verhindern können. Wenn sich Vorhaben entsprechend dem Siegel auf freiwilliger Basis zertifizieren lassen, wie es vorgeschlagen worden ist, gut. Aber, wie gesagt, für mich sind noch so viele Fragen offen, die ich im Ausschuss diskutieren möchte.

Herzlichen Dank. - Dann können wir in der Debatte fortfahren. Frau Eisenreich hat noch einmal das Wort.

Vielen Dank. - Fangen wir noch einmal bei der Akzeptanz an. Ich möchte Ihnen, Frau Ministerin,

ausdrücklich dafür danken, dass sie genau den richtigen Akzent gesetzt haben.

Was nützt uns erneuerbare Energie und der Umbau der Energiewirtschaft, wenn die Bürgerinnen und Bürger sagen, das interessiert uns nicht, wir werden nur gestört, wir sind ohnehin nicht beteiligt, es wird uns wieder von oben aufgedrückt? - Darin sind wir uns schon mal einig. Ich denke, das sollte ein bisschen als Leitbild vorangetragen werden.

Ich hatte gerade, als ich Sie, Herr Dr. Grube, zu den Entflechtungsmitteln habe sprechen hören, noch so ein bisschen Hoffnung. Sie sagten - ich kann es nur sinngemäß wiedergeben -, dass wir in die Zukunft schauen und zukunftsweisend denken müssen. Diese Illusion ist mir in der Diskussion zu den Anträgen und insbesondere zu unserem Antrag gerade wieder komplett genommen worden.

Also, wir machen alles wie bisher. Wir brauchen nichts Neues. Sachsen-Anhalt muss auch nicht vorausdenken und sich nicht mit Dingen auseinandersetzen, die es so bisher nicht gegeben hat. Wir reden Anträge in den Ausschüssen tot. - Schön dass Sie es hier so klar und in aller Deutlichkeit gesagt haben. Es ist für die Öffentlichkeit auch sehr interessant, wie in diesem Land mit Ideen umgegangen wird. Ich glaube, damit haben wir in Sachsen-Anhalt ein grundsätzliches Problem. Das hat nicht nur mit Energie zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht zur Lena noch ein Ansatzpunkt. Es gibt die Lena. Alle haben irgendwie schon einmal davon gehört. Aber so richtig klar ist vielen nicht, welche Aufgabe sie eigentlich hat. Wir sind der Auffassung, dass sie Aufgaben hat, aber dass sie durchaus noch sehr sinnvolle Aufgaben erfüllen könnte. Denn für eine Energieagentur ist gerade Beratung zu Projekten und Information ein ganz wichtiger Punkt, der von so einer Einrichtung übernommen werden sollte.

Das müssen doch nicht Tausende Einrichtungen vor Ort sein, sondern wir haben diese Institution installiert. Lassen Sie sie uns einfach mal ein bisschen entwickeln und ihr auch einmal eine andere Aufgabe geben, von der vor allem die Menschen im Lande profitieren. - Das wäre von meiner Seite alles dazu.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Eisenreich. Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Scheurell. Die würde ich jetzt zulassen. Ihnen steht es dann frei, darauf zu reagieren. - Herr Scheurell, Sie haben das Wort.

Danke, sehr geehrter Herr Gallert. - Sehr geehrte Frau Eisenreich, als Erstes eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen und dann eine Frage.

Meine Bemerkung. Ich halte mich mit meiner Äußerung nur an die Transparenzregeln. Ich habe Ihnen nichts vorgemacht, was ich eventuell nachher nicht erfülle. Das ist doch das, was Sie wollen.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ja, ja, immer so weiter!)

Jetzt meine Frage. Sehr geehrte Frau Eisenreich, wem wird es besser gehen, wenn wir irgendein Siegel mehr haben? Welchen Mehrwert wird es für die Bevölkerung, für den Steuerzahler haben, wenn wir das machen, was das Land Thüringen gemacht hat? Thüringen hat nur 0,3 % der Landesfläche für Windenergie ausgewiesen; wir haben 2 %.

Sie bekommen auch die Zeitschrift „Neue Energie“. Dieser können Sie monatsaktuell entnehmen, wie weit der Zubau ist, wie weit die Leistung ist. Wenn Sie dann nach Thüringen schauen, dann wird Ihnen schwindlig, oder?

Wenn ich nach Thüringen schaue, wird mir niemals schwindlig.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Da haben Sie freie Sicht!)

Herr Scheurell, das Grundproblem ist doch ein anderes: Wollen wir nun endlich Bürgerinnen und Bürger an dieser Energiewende teilhaben lassen, was bisher nicht der Fall war, oder wollen wir das nach wie vor abwiegeln?

(Zurufe von der CDU)

Darauf brauche ich nicht weiter einzugehen. Aber was Ihre Transparenz angeht, von Ihnen hätte ich auch nichts anderes erwartet.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann haben wir die Chance, in der Debatte fortzufahren. Frau Frederking hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Scheurell, vielleicht konnten Sie meinen Zwischenruf nicht hören. Auf die Frage, wie wir mit den Fledermäusen umgehen, lautete die Antwort: Wir schalten die Windanlagen ab, wenn sie fliegen.

(Zuruf von Frank Scheurell, CDU)

- Doch, das haben Sie gehört. - Das ist durchaus praktikabel. Denn man weiß, es gibt nur ein ganz bestimmtes Zeitfenster. Das kann man wunderbar lösen.

Die Energiewende auf Kostensteigerungen zu reduzieren, wird in keiner Weise den Herausforderungen gerecht, vor denen wir stehen. Wir haben es schon jetzt mit massiven Folgen der Klimakatastrophe zu tun, die nicht nur bei uns Schäden in Milliardenhöhe - Stichwort Hochwasser - verursacht, sondern die auch die Lebensgrundlagen für Menschen in den Gebieten bedroht, wo die Landwirtschaft aufgrund von Dürren oder von Überschwemmungen mit Salzwasser unmöglich wird. Ich möchte daran erinnern: Geld kann man nicht essen. Wir müssen deshalb das erhalten, was uns erhält.

Auch wir halten das Thema „Teilhabe an der Energiewende“ für sehr wichtig für ihre Akzeptanz. Es müssen auch möglichst viele von ihr profitieren können. Deshalb hatte die grüne Landtagsfraktion bereits im September 2013 einen Antrag gestellt, der genau dieses Anliegen aufgegriffen hatte.

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Bei dem Punkt finanzielle Beteiligung bin ich mir nicht sicher, ob es ausreichend ist, um einen Mehrwert in der Region zu erreichen oder ob noch andere Optionen infrage kommen.

Beispielweise gibt es in Dänemark die Vorgabe, dass die jeweilige Kommune einmalig einen Betrag vom Windpark erhält. Es gibt auch die Überlegung, dass pro Bürgerin oder Bürger in einem gewissen Umkreis des Windparks ein bestimmter Betrag bezahlt wird. So könnten auch diejenigen profitieren, die keine finanziellen Spielräume für risikobehaftete Anteilskäufe haben.

Die im Antrag genannten Kriterien sind grundsätzlich richtig. Darüber, inwieweit diese allerdings in der Praxis unter den Rahmenbedingungen von Ausschreibungen noch angewandt oder wirksam werden können, müsste im Ausschuss diskutiert werden.

Es müsste auch über die Frage diskutiert werden, inwieweit ein Siegel die gewünschte Akzeptanzwirkung entfaltet. Ferner geht es um die Frage, welche Folgen es haben soll, wenn ein Unternehmen eben kein Siegel hat. Also, was folgt daraus? - Die Erfahrungen aus Thüringen können hier sicherlich hilfreich sein.