Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Wir wollen grundsätzlich die aktuellen Bestimmungen umkehren, sodass nicht mehr im Ausschuss beschlossen werden kann, dass eine Beratung öffentlich stattfindet. Vielmehr soll grundsätzlich alles öffentlich sein, was in den Ausschüssen gesagt und besprochen wird.

Ein wesentliches Ziel der AfD ist es, dass die Bürger dadurch wieder die Möglichkeit erlangen, sich umfassend zu informieren. Die Bürger wollen schließlich mitgenommen werden. Deshalb müssen wir die Landtagsausschüsse öffnen. Öffentliche Ausschusssitzungen dienen der Transparenz und sind ein Zeichen für eine lebendige Demokratie.

Die Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen ist auch in den Geschäftsordnungen anderer Landtage bereits geregelt, nämlich in den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, SchleswigHolstein, Hamburg und Bremen. In acht von 16 Bundesländern sind damit Ausschusssitzungen öffentlich. Dort funktioniert das Modell für mehr Bürgernähe und Transparenz offensichtlich schon. Warum nicht auch in Sachsen-Anhalt?

Hierzu lade ich Sie, sehr geehrte Kollegen von der Kenia-Koalition, recht herzlich ein. Ich erinnere Sie an Ihren eigenen Koalitionsvertrag. Darin steht unter anderem - ich zitiere -:

„Unsere Demokratie lebt vom Respekt vor demokratischen Grundrechten und davon, dass Bürgerinnen und Bürger sich an Entscheidungen beteiligen und diese nachvollziehen können. Deshalb wollen wir Partizipation und Transparenz weiter stärken. [...] Die Partizipation und den Dialog mit unserer Bürgerinnen und Bürgern wollen wir stärken und die Transparenz demokratischer Entscheidungen erhöhen. [...] Politik wird nicht zuletzt danach beurteilt, wie sie selbst erlebt wird. Keine Bildungsmaßnahme kann das erreichen, was transparente Politik und ein fairer Umgang mit politisch Andersdenkenden bewirken kann.“

Hört, hört!

(Zustimmung bei der AfD)

Ich zitiere weiter:

„Wir sehen es daher auch als unsere Aufgabe an, unser eigenes Reden und Handeln selbstkritisch daraufhin zu prüfen, inwieweit wir damit die Bürgerinnen und Bürger für Politik und politische Mitwirkung interessieren. Wir sind zudem davon überzeugt,“

- so heißt es in der Koalitionsvereinbarung -

„dass anders gehandelt werden muss, wenn Bürgerinnen und Bürger neues Vertrauen in das Funktionieren von Demokratie und die Problemlösungskompetenz demokratischer Institutionen und Akteure fassen sollen.“

Auch wenn Sie heute, sehr verehrte Kollegen von der Kenia-Koalition, stellenweise einen sehr zerstrittenen Eindruck hinterlassen haben, so hoffe ich doch, dass Sie sich wenigstens in der Frage der Transparenz einig sind.

(Oh! bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb lade ich Sie natürlich ein, diesen Antrag zu unterstützen. In der Frage der Transparenz haben Sie in der AfD einen würdigen Partner. Denn dies fordern wir selbstverständlich auch, frei nach unserem Motto: Transparenz statt Filz und Mauschelei.

(Beifall bei der AfD)

Die AfD ist schließlich für eine lebendige und bürgernahe Demokratie. Das Parlament und die Landtagsausschüsse sind ein zentraler Bestandteil unserer Demokratie auf Landesebene. Deshalb müssen die Ausschüsse des Landtages den interessierten Bürgern endlich offenstehen.

Liebe Linksfraktion, Sie müssten unserem Antrag eigentlich zustimmen; denn in Ihrem Wahlprogramm sprechen Sie sich ausdrücklich für die öffentlichen Ausschusssitzungen aus. Die SPDFraktion müsste unserem Antrag auch zustimmen; denn in Ihrem Wahlprogramm sprechen Sie sich auf der Seite 66 dafür aus und sagen:

„Wir wollen die Arbeit des Landtages durch reguläre öffentliche Ausschusssitzungen transparenter und erlebbarer gestalten.“

Auch die GRÜNEN müssten unserem Antrag zustimmen; denn sie schreiben in ihrem Wahlprogramm auf der Seite 69:

„Die ersten Schritte auf einem langen Weg hin zu einem offenen und transparenteren Landtag werden wir weitergehen. Diese Offenheit wollen wir auch durch grundsätzlich öffentliche Ausschusssitzungen umsetzen.“

Bei der CDU war diesbezüglich nichts Konkretes zu finden - das passt ins Bild -,

(Heiterkeit bei der AfD)

wobei man fairerweise sagen muss, dass die CDU den eben zitierten Koalitionsvertrag unterschrieben hat. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der CDU-Fraktion immer noch dazu steht, auch wenn heute der erste Abgeordnete gesagt hat, dass er kein Kenianer sein wolle.

(Heiterkeit bei der AfD - Frank Scheurell, CDU, lacht)

Aber ich denke, dass der Koalitionsvertrag immer noch eine Mehrheit in der CDU findet.

Ich stelle also fest, dass die Fraktionen AfD, LINKE, SPD und GRÜNE grundsätzlich für die Öffnung der Landtagsausschüsse sind. Zudem stelle ich fest, dass die Fraktion der CDU den Koalitionsvertrag unterschrieben hat, in dem es um mehr Transparenz und mehr Demokratie geht. Eine breite Mehrheit für unseren Antrag dürfte daher kein Problem sein. Ich bin sehr gespannt.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluss noch einige grundsätzliche Gedanken zum Ansinnen unseres Antrages. Ich habe vorhin einen Blick in die Geschichte gerichtet und möchte dies auch zum Abschluss tun.

27 Jahre nach dem Mauerfall haben sich leider Politik- und Politikerverdrossenheit in der Bürgerschaft wieder angestaut. Die Abkopplung der Funktionseliten in den politischen Parteien und die Arroganz der Macht führten dazu. Der Unmut der Bevölkerung fand in der AfD ein starkes Ventil.

Die Bürger im Land fordern zu Recht mehr Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte in ihrer Demokratie. Wir wollen mehr Demokratie wagen. Wir als AfD begrüßen das. Wir betrachten unsere Bürger als mündige Bürger.

Die AfD will ebenfalls mehr Demokratie wagen. Die Herstellung der Öffentlichkeit in den Ausschüssen ist ein Baustein, die Politikverdrossenheit zu bekämpfen. Nun weiß ich jetzt schon, was gleich wieder kommt, vor allem von der linken Seite. Einige von Ihnen, auch wenn Herr Striegel heute nicht anwesend ist, werden uns wieder Populismus vorwerfen - wie immer. Dazu möchte ich nur sagen, diese Worthülse ist ein häufig im Koalitionsvertrag auftauchender Begriff.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Deswegen stelle ich die Frage: Was heißt Populismus eigentlich? - Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort Populus ab und bedeutet Volk. Dazu kann ich nur sagen: Diesen Vorwurf lassen wir uns natürlich gern gefallen, wenn wir unter Populismus eine volksnahe Partei verstehen, die

dem Volk auf den Mund schaut und die für Bürgernähe und Transparenz steht.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Aber insbesondere die GRÜNEN und die LINKEN verklären bekanntermaßen diese Begriffe im Wettbewerb um die Deutungshoheit der Begrifflichkeiten, markiert das Brandmarken missliebiger Parteien und Personen mit Populismus doch etwas anderes.

Der Begriff „Populismus“ wird als Kampfbegriff verwendet. Sie wollen in einem moralisierenden Diskurs Menschen, die eine andere Meinung oder eine andere politische Meinung haben als Sie und der mediale Mainstream, von der Debatte ausschließen. Aber Etikettierungen und Diffamierungen haben im argumentativen Wettstreit nichts zu suchen; denn dadurch zerstören Sie die politische und demokratische Kultur in unserem Land.

27 Jahre nach dem Mauerfall müssen wir in Deutschland und natürlich auch in Sachsen-Anhalt auf der Hut sein, dass die Demokratie, die eigentlich die politische Ordnung darstellt, die die Herrschaft des Volkes garantiert, nicht zu einer Demokratie mutiert, die das eigene Volk für dumm verkauft, ausbeutet und die letztlich nur zur Versorgung von Parteikadern da ist.

Modernisieren wir die Demokratie und machen wir sie fit für die Zukunft. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem zeitgemäßen Antrag; denn mehr Transparenz in diesem Hause stünde uns allen gut zu Gesicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt noch zwei Anfragen. - Frau Lüddemann zieht ihre Frage zurück. Frau Hildebrandt. Bevor Frau Hildebrandt aber zu Wort kommt, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren aus der Region Quedlinburg recht herzlich im Hohen Hause zu begrüßen. Hallo!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Hildebrandt, Sie haben das Wort.

Ich habe eine Frage. Wenn Sie die Ausschussprotokolle immer so intensiv lesen, dann möchte ich wissen, wie viele Wortmeldungen es von Ihren AfD-Abgeordneten in allen bisherigen Sitzungen des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr gegeben hat.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Sie waren noch nicht öffentlich, da lohnt es sich nicht!)

Möchten Sie antworten, Herr Roi?

Ja. - Vielen Dank für diese Frage. Ich habe die Wortmeldungen nicht gezählt. Ich weiß aber, dass wir uns in jedem Ausschuss geäußert haben. Wenn Sie die Zahl wissen wollen, dann werde ich einen Referenten beauftragen, der Ihnen die Zahl zukommen lässt. Ansonsten können Sie einfach ins Protokoll schauen. Fakt ist eines - das kann ich hier sagen -: Die AfD hat sich immer beteiligt.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Roi. - Ich sehe keine weiteren Anfragen. Ich sehe auch nicht, dass sich die Landesregierung zu Wort melden möchte. Somit können wir jetzt in die Debatte einsteigen. Es sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Beginnen wird Frau Lüddemann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort. Bitte, Frau Lüddemann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Ausschusssitzungen öffentlich abzuhalten ist eine tolle Sache. Das ist überhaupt keine Frage. Ich würde alles ad absurdum führen, was in unserer Programmatik steht, wenn ich das negieren würde. Wir haben das als GRÜNE schon gefordert, als wir noch nicht im Parlament waren. Wir haben entsprechende Anträge gestellt, als wir in der Opposition waren.

Aber es ist auch gute Tradition in diesem Hohen Hause, dass die Geschäftsordnung einmal pro Legislaturperiode geändert wird und dass dies bisher immer gemeinsam mit allen in diesem Hohen Hause vertretenen Fraktionen besprochen wurde. Wenn Sie den Koalitionsvertrag sehr aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass wir eine Parlamentsreform verabredet haben. Es wird noch zu klären sein, in welcher Weise welche Dinge vorzusehen sind. Auch das ist gute Tradition, immer in Gemeinsamkeit vorzubereiten.

Wir haben das mit der Frau Präsidentin besprochen, bevor sie gewählt wurde. Sie hat diesbezüglich eine hohe Zustimmung signalisiert. Sie hat einen Fahrplan dargestellt, wie sie das in großer Transparenz mit den Bürgerinnen und Bürgern des Landes, mit den Angestellten in diesem Hohen Hause, mit den Fraktionen gemeinsam vorbesprechen will.