Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Herr Erben, ich bewundere Ihre Professionalität. Was Sie abliefern, ist ganz großes Kino. Wie stellen Sie sich das vor, wenn wir um 10 Uhr einen Ausschuss einberufen, dort legen wir fest oder stellen einen Antrag durch eine dreiköpfige Fraktion - -

(Zuruf von der SPD: Lesen Sie die Ge- schäftsordnung! - Weitere Zurufe)

- Darf ich ausreden? - Dort stellen wir einen Antrag - -

(Unruhe bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas gedämpfter bitte!

Eine dreiköpfige Fraktion stellt einen Antrag auf Öffentlichkeit und der wird dann von sieben oder acht Mitgliedern weggebügelt. Sollte er durchkommen, haben wir um 10 Uhr in der Sitzung einen Beschluss gefasst. Wollen Sie denn wie der Muezzin mit dem Lautsprecher ausrufen: Ab jetzt ist die Sitzung öffentlich? Oder wie?

In der Praxis kann ich mir vorstellen, dass wir die Öffentlichkeit in einem Ausschuss beschließen und anschließend ist niemand da, weil keiner weiß, dass dieser Teil öffentlich ist. Ganz großes Kino!

Herr Erben, Sie haben das Wort.

Herr Lehmann, zu der von Ihnen eben eingeforderten Professionalität gehört es, die Geschäftsordnung zu kennen. Ich habe sie leider nicht hier liegen. Ich glaube aber, ich kann sie ziemlich genau zitieren. Darin steht nämlich, dass der Antrag in der Sitzung vorher zu stellen ist.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)

Dann steht regelmäßig vier Wochen vorher fest, ob der Antrag a) bestätigt worden ist

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

und b) ob der Tagesordnungspunkt öffentlich ist. - Nur so viel zur Professionalität der Fragestellung.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Herr Abg. Poggenburg der nächste Debattenredner. Bitte, Herr Abg. Poggenburg.

Sehr geehrte Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Eines müssen wir feststellen: Die Änderung der Geschäftsordnung zur Öffnung der Ausschüsse ist längst überfällig. Das haben wir hier von mehreren Abgeordneten vernehmen können.

Die Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen muss einfach als elementares demokratisches Element verstanden werden und nicht als eine Plage. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der AfD)

In mehr als der Hälfte unserer 16 Bundesländer - wir haben es vorhin schon gehört - wird es bereits so praktiziert.

Herr Ministerpräsident, an Sie gerichtet: Wenn wir in Sachsen-Anhalt einmal nicht Schlusslicht sein wollen, dann sollten wir uns der Sache schnellstmöglich annehmen und dann natürlich auch gemeinsam dem AfD-Antrag zustimmen.

(Zustimmung von Matthias Büttner, AfD)

Es wurde hier die parlamentarische Tradition ins Feld geführt. Sie ließe es nicht zu, dem Antrag heute zuzustimmen, weil, wie Frau Lüddemann sagte, die Geschäftsordnung einmal im Jahr und dann gemeinsam mit großer Absprache geändert werden müsse. Anders ginge es wohl schlecht.

Nun haben wir aber auch schon gehört, sie wurde schon geändert - scheinbar außerhalb dieses Prozederes, wie es angekündigt wurde.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Es geht um eine Reform!)

Daran sieht man, es ist einfach nur eine recht verunglückte Form einer Ausrede, die hier ins Feld geführt wird.

(Beifall bei der AfD)

Wenn wir dann hören, wir können dem heute nicht zustimmen, weil auch noch so vieles andere geändert werden muss, dann frage ich mich ehrlich, was ich diesem Satz entnehmen soll.

(Heiterkeit bei der AfD)

Das würde bedeuten, dass wir überhaupt nicht mehr vorwärtskommen. Irgendwann muss doch einmal der erste Schritt getan werden, Frau Lüddemann, auch wenn es Ihrer Fraktion nicht behagt.

(Beifall bei der AfD - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Sie können doch eine öffentliche Fraktionssitzung machen! Machen Sie doch einmal den Anfang!)

Wenn das Thema Transparenz wirklich ein so großes Thema ist, wie Sie es hier darstellen - es scheint im Koalitionsvertrag und in mehreren Wahlprogrammen auch bei anderen Parteien aufzutauchen -, dann frage ich mich, warum es hier und jetzt kein so großes und gewichtiges Thema für Sie ist, dass Sie dieses einmal einzeln angehen - abgesehen von so vielem anderen, was geändert werden muss; damit haben Sie übrigens sicherlich recht - und dem Antrag der AfD-Fraktion zustimmen.

Herr Erben, nein, Sie verstecken sich hier nicht hinter dem Brauch in diesem Hause, wie Sie es gesagt haben. Sie verschanzen sich hinter nichts anderem als hinter politischem Phlegmatismus. Das ist die Wahrheit. - Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Poggenburg. Ich sehe keine Anfrage.

Danke sehr.

Dann möchte ich erst noch einmal darauf hinweisen, als wir in die Behandlung dieses Tagesordnungspunkts eingestiegen sind, hatte ich nicht umsonst vorgelesen: „Erste Beratung“. Denn ein Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung ist nach § 93 genauso zu behandeln wie ein Gesetzentwurf. Laut § 25 muss die Behandlung in zwei Beratungen stattfinden. Also kann heute gar nicht darüber abgestimmt werden.

Sie haben die Möglichkeit, diesen Antrag jetzt an einen Ausschuss zu überweisen. Dafür brauchen Sie mindestens 24 Abgeordnete. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, dann müsste ich auch noch wissen, an welchen Ausschuss. Ich habe bisher keinen Antrag gehört.

(André Poggenburg, AfD, meldet sich zu Wort)

- Herr Poggenburg.

Ich beantrage die Überweisung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Hä? Ältesten- rat! - Swen Knöchel, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Vielen Dank. - Herr Knöchel?

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Lass es!)

Hatten Sie sich gemeldet?

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Nein!)

- Nein.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Wir lassen den Spaß durchlaufen!)

Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? - Das sehe ich nicht. Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion der AfD abstimmen. Wer damit einverstanden ist, dass dieser Antrag zur Änderung des § 85 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen.

(Rüdiger Erben, SPD: Zählen!)

- Es wurde der Antrag gestellt zu zählen. - Es wurde gezählt. Es sind 24 Stimmen. 24 Stimmen sind auch erforderlich.

(Beifall bei der AfD)