Protokoll der Sitzung vom 31.01.2020

Es zeichnet sich ab, dass wir natürlich den konkreten Beitragsausfall der Kommunen an betroffenen Maßnahmen per Spitzabrechnung erstatten müssten. Für zukünftige Maßnahmen sollte aber eine unbürokratische Pauschale angestrebt werden.

Das ist der aktuelle Stand der Diskussion. Ich hoffe, dass wir in der Koalition einen zügigen Durchbruch erreichen. Das werden die weiteren Verhandlungen zeigen. - Danke.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Meister, es gibt zwei Fragen. - Als Erster Herr Harms.

Herr Meister, Ihre Fraktion hat einen konkreten Vorschlag zur Finanzierung der ganzen Sache unterbreitet. Den kennen wir. Nun würde eine solche Steuererhöhung dazu führen, dass man als Einnahme eine allgemeine Steuer erhebt anstelle einer zweckgebundenen Abgabe, bei der ja der entsprechende Entscheidungsträger, also die Kommune, die Wahl hat, wie die Mittel verwendet werden.

Würden Sie erwarten, dass in Zukunft durch diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Entscheidungsfindung mehr oder weniger Straßenbaumaßnahmen stattfinden? Und halten Sie es für wahrscheinlich, dass eine Kommune abzuwägen hat, ob sie diese Mittel dann für Maßnahmen der Kinderbetreuung oder für die Förderung des

öffentlichen Nahverkehrs oder für Straßenbaumaßnahmen einsetzt?

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Sie haben recht. Wenn ich die Ausbaubeiträge abschaffe, wird es immer, egal wie ich es genau finanziere, durch Steuern finanziert sein. Es ist nur die Frage, ob ich diese schon erhoben habe oder ob ich etwas Neues einführe. Das ist der erste Punkt.

Dann zu der Frage, ob es mehr Maßnahmen geben wird. Ich würde davon ausgehen, dass die Bedürfnisse nach Ausbaumaßnahmen steigen würden und der Druck auf die Kommunalpolitik - „Jetzt baue bitte meine Straße aus“ - steigen wird. Ich kenne das aus eigenem Erleben. Die Bürger erscheinen tatsächlich beim Stadtrat Meister und sagen: „An unserer Straße wurde seit 120 Jahren nichts gemacht; ganz schön ist sie nicht, aber ausbauen müsst ihr sie jetzt nicht.“ Es besteht oftmals tatsächlich der dringende Wunsch, dem Ausbau einen Riegel vorzuschieben, weil die Leute Angst vor dem Bezahlen haben.

An dem Tag, an dem wir das ändern, stellt sich die Motivation natürlich anders dar; das ist mir klar und das ist auch menschlich. Dieselben Leute werden kommen und werden sagen: „Herr Meister, an unserer Straße wurde seit 120 Jahren nichts gemacht; die Stadt müsste da jetzt mal ran.“ Natürlich wird das so sein. Aber solche Wünsche hat man natürlich in allen Politikbereichen. Das muss sich in den Gesamtkontext des Haushaltes der Kommune einbetten lassen. Das ist Kommunalpolitik und das entspricht dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung.

Wir als Land sind natürlich darum bemüht, den Kommunen die Mittel, die wir ihnen mit dem Gesetz streichen würden, wieder zur Verfügung zu stellen. Das ist unsere Aufgabe im Rahmen der Konnexität.

Herr Harms hat noch eine Nachfrage.

Müssten, um diesen Konflikt zu lösen, diese Zuweisungen an die Kommunen dann zweckgebunden erfolgen, damit auch tatsächlich die Rettungswege - Straßen sind ja auch Rettungswege - Beachtung finden, oder sind Sie dafür, dass man den Kommunen die Entscheidung überlässt, ob sie das Geld für die Verbesserung des Nahverkehrs, für Kinderbetreuung oder für Straßenbau

maßnahmen, die eben auch Rettungswege sind, einsetzt?

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Ich selber bin für eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und würde es tatsächlich den Leuten vor Ort überlassen, zu entscheiden, in welcher Reihenfolge sie das machen. Das kann von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein. Es kann sein, dass die eine Kommune etwas für die Kindergärten tut. Es kann aber auch sein, dass die Gemeinden sagen, die Schulen und Kindergärten hätten sie saniert und jetzt stünden dringend die Straßenbaumaßnahmen an. Das ist ein Entscheidungsprozess, der vor Ort stattfinden muss.

Es ist auch schwierig, einen festen Betrag für die Investitionen in Straßenbaumaßnahmen vorzugeben. Der Umfang des Betrages ist ja eigentlich nur gegriffen aufgrund finanzieller Gegebenheiten, die wir einst entschieden haben, und hat mit dem tatsächlichen Ausbaubedarf, der regional unterschiedlich ist, nichts zu tun.

Herr Roi hat noch eine Frage. - Herr Roi Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Meister, Sie haben uns recht hastig beschrieben, wie die Verhandlungen ablaufen. Sie schwitzen in den Arbeitsgruppen, haben Sie gesagt.

Ja. Aber die Redezeit ist nicht so lang.

Ja. Das ist alles in Ordnung. Aber wir haben ja gesehen, wie die öffentlichen Debatten vonstatten gingen. Für uns ist wichtig, dass man irgendwann einmal zum Punkt kommt. Deswegen wollen wir Ihnen auch helfen.

Sie werden mir darin recht geben, dass wir als Landtag irgendwann zumindest einmal den politischen Willen aufbringen müssen, um ein konkretes Datum festzulegen. Ich glaube, vor allem erst dann macht es Sinn, wenn Sie in den Haushaltsberatungen die Maßnahmen einleiten, um es umzusetzen. Aber vorher muss man doch erst einmal das Datum festlegen.

Das ist der Hintergrund unseres Antrages. Wir wollen Sie in Ihren Arbeitsgruppen sozusagen treiben, damit Sie vielleicht noch ein bisschen mehr schwitzen. Aber wir wollen Ihnen gleichzeitig

auch helfen, indem wir vorher das Datum festlegen wollen, und dann müssen Sie liefern. Denn letztlich entscheiden wir hier alle über den Haushalt. Aber dafür brauchen wir irgendwann einmal ein Datum, damit man die Regeln entsprechend umsetzen und die Mittel im Haushalt beschaffen kann. Das ist der Hintergrund.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Sie wollen erst das Datum!)

- Sie hätten ja auch einen Alternativantrag stellen können, der Ihr Datum enthält.

Meine Frage ist diese: Welches ist das von Ihnen favorisierte Datum, mit dem Sie in die Beratungen gehen wollen? - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Ich kann nur für meine Fraktion sprechen. Wir favorisieren das bayerische Modell mit einer Rückwirkung zum 1. Januar 2020. Das wäre meine Vorstellung.

(Robert Farle, AfD: Das ist doch unser An- trag!)

Die Finanzierung ist aber offen. Wie wir uns die Finanzierung vorstellen, habe ich gesagt. Aber welche Größenordnungen das sind, weiß ich nicht.

Das Absurde an Ihrem Antrag ist: Sie fragen nach einem Datum, klären aber gar nicht, was zu diesem Datum eigentlich passiert. Ich habe die verschiedenen Beispiele genannt.

Wenn man die erste Variante nimmt, die ich genannt habe, also Anknüpfung an den Planungsbeginn, dann können Sie den 1. Januar 2020 als Stichtag beschließen; Beitragsbescheide kommen aber noch bis 2030. Das ist nach Ihrem Antrag möglich. Ich weiß, dass Sie das nicht wollen. Aber das haben Sie nicht geregelt. Insofern fragen Sie nach einem Datum, sagen aber gar nicht, was passieren soll.

Wenn Sie die harte bayerische Variante nehmen, dann sind Sie mit dem 1. Januar 2021 als Stichtag immer noch relativ gut dabei, weil es dann tatsächlich zu Ende ist. Insofern ist die Frage, die Sie in Ihrem Antrag stellen, nicht wirklich hilfreich.

Ich habe nur den momentanen Diskussionsstand aufgelistet. Dazu habe ich eine Meinung. Aber was sich am Ende durchsetzt, werden wir sehen.

Herr Meister, Sie sehen, Frau Funke hat noch eine Frage.

Herr Meister, ich verstehe die ganze Herumeierei um ein Datum an dieser Stelle nicht,

(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)

und auch nicht die ganze Diskussion darüber. Warum kann nicht einfach der Antrag gestellt werden, dass wir das im Ausschuss besprechen? Dort kann man darüber doch miteinander reden. Auch von den LINKEN wurde schon gesagt, wir müssten überparteilich eine gemeinsame Lösung finden. Aber dies findet per se nicht statt, weil dieser Antrag von der AfD kommt; so scheint es mir zumindest. Für alle wäre es doch nützlich, wenn zumindest Sie als Koalitionsfraktionen eine Ausschussüberweisung beantragen, um es dort und nicht hier im Plenum sachlich und in aller Ruhe zu besprechen.

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Der Witz ist eben, dass wir momentan innerhalb der Koalition eine einheitliche Meinung brauchen; diese ist noch nicht da. Das kann ich ganz offen sagen. Ich habe die verschiedenen Optionen aufgezählt und jetzt muss die Koalition zu sich finden. Diese Situation würde durch eine Ausschussberatung auch nicht besser werden. Jeder kann eine Ausschussberatung herbeiführen. Sie können einen Selbstbefassungsantrag stellen und, zack, beraten wir darüber im Ausschuss.

Der Gesetzentwurf der LINKEN wird ohnehin im Ausschuss beraten. Das Problem, dass das nicht einfach im Landtag beraten wird, geht darauf zurück, dass wir zwar wissen, dass die Mehrheit für die Abschaffung im Landtag gegeben wäre, aber noch keine Mehrheit haben hinsichtlich der konkreten Form der Abschaffung.

Das ist eben tatsächlich nicht mit einem Federstrich zu machen, sondern bringt - Sie merken es - diffizile Probleme mit sich. Diese müssen am Ende gelöst werden; es muss letztlich auch passen, sowohl finanziell als auch für die Leute.

Wenn ich mit der Variante, die ich als negativ beschrieben habe, um die Ecke komme, dann können wir zwar sagen, dass die Beiträge abgeschafft worden sind, aber die Leute hauen uns auf der Straße - jetzt natürlich nur verbal -, weil es natürlich nicht wirklich eine Abschaffung wäre, wenn ich mit einer solchen Anknüpfungstat um die Ecke komme. Das ist meine Meinung.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Meister für den Redebeitrag. Für die CDU

Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Krull. - Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der möglichen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschäftigt uns schon seit geraumer Zeit. Wir machen uns die Diskussion nicht einfach, auch weil es nicht Thema des Koalitionsvertrages von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist.

Es ist kein Geheimnis, dass meine Fraktion bezüglich der avisierten Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nicht in Gänze in Jubelstürme ausgebrochen ist. Diese kritische Betrachtung des Sachverhalts wurde auch von den kommunalen Spitzenverbänden lange geteilt.

Bezüglich der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen möchte ich beispielhaft ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2018 zitieren. Darin heißt es: