Protokoll der Sitzung vom 27.02.2020

„Wir kommen nicht als Befreier! Wir kommen als Sieger!“

„Ich verabscheue es, mich bei den Deutschen entschuldigen zu müssen.“

(Zuruf von Bernhard Daldrup, CDU)

Ich will noch dazu sagen: Herr Churchill träumte schon als junger Mann lange vor dem Zweiten Weltkrieg von so vielen brennenden deutschen Städten wie möglich. Auch das können Sie selbst nachlesen. Genau das führte im Zweiten Weltkrieg die Royal Air Force in vielen deutschen Städten durch.

Herr Raue, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja. - Und zwar vernichtete sie nicht die deutsche Industrie, sondern bewusst die deutsche Bevölkerung.

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin.

Nein, Herr Raue, Ihre Redezeit ist schon überschritten.

Bitte nur diesen Satz, weil er ganz wichtig ist.

Nein, Herr Raue, Sie haben auch schon vorhin Ihre Redezeit überschritten.

Sie befreite

Herr Raue, ich sage es noch einmal deutlich.

viele deutsche Väter von ihren Familien.

Herr Raue, wenn ich sage, Ihre Redezeit ist zu Ende - Sie überziehen ständig die Redezeit; ich schaue wirklich ganz genau hin und lasse immer ein paar Sekunden mehr zu -, dann müssen Sie sich bitte auch daran halten.

(Alexander Raue, AfD, nickt von seinem Platz aus)

Herr Striegel, Sie haben jetzt noch einmal die Möglichkeit zu erwidern.

Herr Raue, ich fürchte, Sie müssen Ihrem Fraktionsvorsitzenden heute Abend einen Kasten Bier ausgeben, und zwar für den Beweis dafür, dass

seine Worte hohles Geschwätz waren, dass sie in seiner Fraktion ganz offensichtlich nicht geteilt werden,

(Beifall bei den GRÜNEN)

dass in der AfD-Fraktion das, was wir immer wieder feststellen, wirklich fröhliche Urständ feiert: Antiamerikanismus, Revisionismus, das eben nicht als Befreiung begreifen Können des Datums des 8. Mai 1945.

Gott sei Dank ist es unter den demokratischen Fraktionen dieses Hauses Konsens, dass das ein Tag der Befreiung war. Bei Ihnen nicht. Wir stellen fest, das ist der Unterschied zwischen Ihnen und dem Rest des Hauses. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, außer die von Herrn Loth. - Herr Loth, Ihr Fraktionsvorsitzender hat sich bereits zu Wort gemeldet. Das zählt als Wortmeldung, wenn er sich ganz normal meldet. Dann hätte er sich als Fraktionsvorsitzender melden müssen. Das hat er aber nicht getan. Also hatte Ihre Fraktion bereits zwei Wortmeldungen. - Das nur als Hinweis.

(Robert Farle, AfD: Das ist Ihre neue Ma- sche, ja?)

Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Schulenburg. Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 8. Mai soll als Tag der Befreiung vom Faschismus ein staatlich anerkannter Feier- und Gedenktag werden, an dem die allgemeine Arbeitsruhe gilt. Sie wollen damit dem Beispiel anderer Bundesländer, in denen Sie Ihre Regierungsverantwortung zur Umsetzung Ihrer Forderung genutzt haben, folgen.

In der DDR, in der der staatlich verordnete und gelenkte Antifaschismus eine wichtige ideologische Rechtfertigung der Diktatur und der Herrschaft der SED war, wurde der 8. Mai bis 1966 und einmalig im Jahr 1985 als Feiertag begangen. Für uns ist diese Forderung ganz losgelöst von der Diskussion, dass wir eigentlich schon genug Feiertage haben, politisch nicht vertretbar.

Mit der Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde der Zweite Weltkrieg in Europa beendet. Für viele Länder Europas ist der 8. Mai zu Recht ein Tag, an dem feierlich der Befreiung von der deutschen

Fremdherrschaft und des Grauens des Krieges gedacht wird.

Auch in Deutschland war der 8. Mai 1945 für viele Menschen ein Tag der Hoffnung und Zuversicht, an dem die Welt von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befreit worden ist. Daher wird in Deutschland an diesen Tag jährlich erinnert. Der 8. Mai ist auch ein Tag der Mahnung, dass Antisemitismus und Rassismus keinen Platz in unserer Gesellschaft haben dürfen.

Wir dürfen jedoch bei der Würdigung der herausragenden Bedeutung des 8. Mai 1945 eines nicht vergessen: Bei vielen Menschen in Ost- und Mitteldeutschland haben an diesem Tag nicht der Frieden, die Freiheit, die Zuversicht und die Freude Einzug gehalten.

Denken Sie an Flucht und Vertreibung, an die Menschen aus den Ostgebieten, von denen viele ihr Hab und Gut, ihre Heimat und ihr Leben verloren haben. Denken Sie an die Verbrechen von Angehörigen der Roten Armee an der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten, wie etwa die systematischen Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen, die sich auch mit Verweis auf die eigenen leidvollen Erfahrungen nicht rechtfertigen lassen.

Infolge des Endes der nationalsozialistischen Tyrannei wurde in der sowjetischen Besatzungszone eine neue Diktatur unter dem Roten Stern errichtet. Hinrichtungen, Deportationen, Zwangsarbeit sowie willkürliche Inhaftierungen wurden von den neuen Machthabern systematisch angewandt.

Zuchthäuser und Konzentrationslager aus der NSZeit wurden durch die Rote Diktatur als Speziallager weitergenutzt, in denen nach dem Krieg viele Menschen erniedrigt und qualvoll getötet worden sind. Deshalb war für viele Menschen in Ost- und Mitteldeutschland der 8. Mai kein Tag der Freude und Zuversicht.

(Oliver Kirchner, AfD: So ist es!)

Erst im Jahr 1989 erhielten die Bewohner der ehemaligen DDR die Chance, eine Demokratie aufzubauen.

Über die hier diskutierte Forderung der LINKEN wurde bereits mehrfach, auch im Deutschen Bundestag, beraten. Der Bundestag hat unter anderem am 7. Mai 2015 mit den Stimmen der CDU-, CSU- und SPD-Koalitionsfraktionen bei Stimmenthaltung der GRÜNEN den Antrag der LINKEN abgelehnt, dem 8. Mai den Status eines gesetzlichen Gedenktages zu verleihen.

Letztendlich stehen wir Ihrer Forderung auch ablehnend gegenüber, da wir einen nationalen und internationalen Gedenktag für die Opfer des Na

tionalsozialismus haben, nämlich den 27. Januar, den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz.

Nur angesichts des Umstandes, dass Sie mit Ihrem Antrag die Exekutive auffordern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, werden wir den Antrag in den Innenausschuss überweisen. Wir werden über den Antrag in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage beraten. Die Landesregierung will die Novelle ja alsbald einbringen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von An- dré Poggenburg, fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Abg. Schulenburg. Es gibt eine Wortmeldung vom Abg. Herrn Gallert. - Sie haben das Wort, Herr Gallert.

Herr Schulenburg, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört. Am Ende der Rede frage ich mich jetzt Folgendes und deswegen frage ich Sie das: Die Bezeichnung des 8. Mai als Tag der Befreiung stammt nicht aus der Fraktion DIE LINKE, sondern geht auf eine Entscheidung zurück, die ein Bundespräsident dieser Bundesrepublik Deutschland aus den Reihen der CDU unter historischer und geschichtlicher Würdigung gefällt hat.

Ihre Rede widerspricht dem ausdrücklich, und zwar nicht hinsichtlich der Frage, ob der 8. Mai ein Gedenktag werden soll, sondern weil Sie - so habe ich Sie verstanden -, sagen: Den 8. Mai 1945 kann man nicht als Tag der Befreiung bezeichnen. Das hätte ich jetzt gern von Ihnen aufgeklärt. Vielleicht habe ich Sie falsch verstanden.

Herr Schulenburg, bitte.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich habe umfangreich dargestellt, dass es in der Gesellschaft sehr unterschiedliche Meinungen zu diesem Tag gibt. Von der einen Seite wird der 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung gesehen. Von der anderen Seite der Gesellschaft wird er als Tag einer neuen Diktatur gesehen. Genau diesen Standpunkt, nämlich dass es keine einheitliche Meinung in der Gesellschaft gibt, habe ich in meiner Rede umfangreich dargestellt.

Vielen Dank, Herr Abg. Schulenburg. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. - Der nächste De

battenredner wird das fraktionslose Mitglied des Landtags Herr Poggenburg sein. Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ich habe den Antrag der LINKEN zum 8. Mai vor mir liegen. In Bezug auf den Punkt 2 möchte ich Ihnen sehr gern zustimmen, nämlich dass wir am 8. Mai 2020, also im Hinblick auf 75 Jahre der Vergangenheit, einen gemeinsamen Gedenktag - wie gesagt: Gedenktag - ausrichten.

Dem ist überhaupt nicht zu widersprechen. Ja, der 8. Mai - das wurde gerade auch vom Sprecher der CDU-Fraktion sehr richtig gesagt - war für viele, viele Menschen ein Tag der Befreiung; richtig, gut so. Aber er war für viele, viele Menschen, für Hunderttausende, wenn nicht gar für Millionen von Menschen eben auch ein Tag der persönlichen Schande im Sinne von Vergewaltigungen, von Mord und von Totschlag, die durch andere außerhalb des NS-Regimes gegen sie verübt wurden, von Zwangsumsiedlung, von Zwangsvertreibung und von Tod in Lagern der Alliierten. Auch das ist nun einmal ein Teil der Wahrheit. Das ist ein Teil der Wahrheit.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Antrag nicht nur von einem Sieg über den Nationalsozialismus geschrieben haben, sondern von einem Sieg über Deutschland - Sieg über Deutschland, also über ein Land und ein Volk. Wenn man das im Antrag so formuliert, dann klammert man diese ganzen Hunderttausenden und Millionen von Menschen aus, die ich gerade mit genannt habe.