Protokoll der Sitzung vom 23.02.2000

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Gerade deshalb.)

hätten das seit Jahren merken müssen - § 6 Abs. 4 hätte Sie schnell belehrt, dass wir diese Regelung "Rechtsverordnung mit Zustimmung des Parlaments" genau dort stehen haben, wo es um die Große kreisangehörige Stadt geht. Das ist Ihnen jahrelang nicht aufgefallen und jetzt regen Sie sich auf und sagen: So ein Unding.

(Beifall bei der CDU)

Das wird alles auf den Kopf gestellt. Ich verstehe das nicht. Das ist doch reine Polemik, die Sie hier betreiben. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Die gibt es nicht. Dann kann ich die Aussprache schließen. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der SPDFraktion in Drucksache 3/363. Wer für diesen Antrag stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer sehr großen Anzahl von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Drucksache 3/357 ab. Wer für diese Beschlussempfehlung stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Gegenstimmen und auch Stimmenthaltungen ist diese Beschlussempfehlung mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/169 unter Berücksichtigung dieser Beschlussempfehlung ab. Wer für diesen Gesetzentwurf stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Gegenstimmen und auch einigen Stimmenthaltungen ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Ich bitte sich von den Plätzen zu erheben, wenn Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer Anzahl von Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist der Gesetzentwurf angenommen.

Es gibt eine Wortmeldung, Herr Schemmel.

(Zuruf Abg. Schemmel, SPD: Ich möchte eine persönliche Erklärung abgeben.)

Bitte, Herr Abgeordneter Schemmel, Sie haben das Wort.

Ich habe mich nicht der zu beschließenden Materie wegen bei dieser Schlussabstimmung enthalten, sondern ich habe mich enthalten, und ich darf das noch einmal betonen, weil ich möchte, dass hier rechtssystematisch gearbeitet wird, dass hier nach der Geschäftsordnung gearbeitet wird und dass das Parlament seine Kontrollpflicht ausübt. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 3

Thüringer Gesetz zu dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/222 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien - Drucksache 3/349 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist der Abgeordnete Seela.

Verehrte Präsidentin, verehrte Damen und Herren, der Ausschuss für Bildung und Medien hat mich beauftragt, hier über die Beratung zum Thüringer Gesetz des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags und Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs zu berichten. In seiner letzten Plenarsitzung am 28. Januar dieses Jahres hat sich der Thüringer Landtag zu fortgeschrittener Stunde, wie Ihnen noch bekannt sein dürfte, mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung für das Thüringer Gesetz zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs in erster Lesung beschäftigt. Im Ergebnis dieser Lesung wurde der Entwurf an den zuständigen Ausschuss für Bildung und Medien überwiesen. Bei der Terminierung der Ausschussarbeit fand die Tatsache besondere Berücksichtigung, dass das In-Kraft-Treten des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags bereits in Kürze für den 1. April 2000 geplant ist. Aus diesem Grund war der Gesetzentwurf der Landesregierung kurzfristig bereits am 17. Februar 2000 Beratungsgegenstand einer Ausschuss-Sitzung. Im Ergebnis dieser Sitzung fassten die Mitglieder des Ausschusses bei 2 Stimmenthaltungen mehrheitlich den Beschluss, dem Plenum die Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung in Drucksache 3/222 ohne Änderung zu empfehlen. Die Diskussion im Ausschuss wurde insbesondere von folgenden Schwerpunkten bestimmt:

1. Eine besondere Berücksichtigung fand erwartungsgemäß die datenschutzrechtliche Bewertung der im Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs. Unter Berufung auf eine Auskunft der Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz bestätigten die Vertreter der Landesregierung dabei, dass die betreffenden Regelungen im Gesetz datenschutzrechtlich unbedenklich seien.

2. Es wurde über die im Gesetz vorgesehene Liberalisierung von Werbebestimmungen debattiert, insbesondere über den Sinn und die Zweckmäßigkeit von Werbung in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dabei wurde die Frage gestellt, ob die Öffentlich-rechtlichen ohne Werbung profilierter wären.

3. Unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit für öffentlich-rechtliche und private Veranstalter wurde die im Gesetz vorgesehene Erweiterung von digitalen Fernsehdiensten besprochen. Eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der öffentlich-rechtlichen Veranstalter aufgrund der Gebührenerhebung würde in diesem Zusammenhang nicht vorliegen.

4. Aus aktuellem Anlass, dem Start des Programmprojekts "big brother" ab 1. März, wurde ebenfalls über den im Gesetz neu aufgenommenen § 2 a informiert. Der Zusatz im Gesetz soll gewisse Grundstandards für Programminhalte, insbesondere die Achtung und den Schutz der Würde des Menschen, festschreiben.

Abschließend möchte ich Ihnen noch erklären, dass die Debatten über die Gebührenerhebung nicht Gegenstand der Beratungen des Ausschusses waren. Damit habe ich Ihnen, meine verehrten Damen und Herren, die Empfehlung des Ausschusses sowie die Beratungsschwerpunkte, das Thüringer Gesetz für den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs betreffend, im Wesentlichen vorgestellt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache eröffnet. Zunächst hat das Wort Frau Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Seela hat ja die Berichterstattung für den Ausschuss vorgenommen und hat zusammengefasst, welche wesentlichen Fragen dort noch einmal besprochen wurden. Aufgrund der Kurzfristigkeit lag leider das Protokoll der Ausschuss-Sitzung noch nicht vor; ich denke aber, daraus hätten sich vielleicht noch einige Fragen ergeben. Wie Sie wissen, ist der konkrete Anlass unserer Befassung der Entwurf des Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der die notwendige Umsetzung entsprechender Richtlinien des Europäischen Parlaments in nationales Recht beinhaltet. Im Kern geht es vor allem um eine Anpassung an die Fernsehrichtlinie der Europäischen Union; Werbebeschränkungen werden gelockert und die öffentlich-rechtlichen Anstalten zu digitalen Angeboten über den bisherigen Umfang der Sendetätigkeit hinaus ermächtigt. Ausgeklammert wurden Art und Umfang des öffentlichen Angebots sowie dessen Finanzierung. Bemerkenswert ist die Formulierung eines Grundstandards, darauf hat Herr Seela schon hingewiesen, der Programminhalte für öffentliche als auch für private Anbieter formuliert. Die Achtung der Menschenwürde und der sittlichen und religiösen Überzeugungen werden deklariert und es werden Inhalte untersagt, die in sonstiger Weise die Menschenrechte verletzen. Diese nicht erlaubten Inhalte werden aber im Staatsvertrag selbst nur sehr knapp beschrieben und es gibt bereits jetzt Diskussionen, z.B. bei SAT 1, was denn das alles nicht sein kann. Hier bleiben deutliche Interpretationsspielräume offen; ob so genannte "Schmuddel-Talk-Shows" die Menschenrechte oder besser die Menschenwürde verletzen, bleibt also in einem freien Diskussionsraum.

Meine Damen und Herren, die Umsetzung europäischer Normen ist ein ständig sich vollziehender Prozess, meist verläuft er unbeachtet von der Öffentlichkeit. Man könnte eigentlich auch im Falle dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags mit den Schultern zucken und es zur Kenntnis nehmen. An dieser Stelle will ich aber auf ein grundsätzliches Problem verweisen: Tatsächlich ist an diesem Vier

ten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nichts mehr zu ändern. Er ist unterzeichnet und wir befinden hier nur noch über das Zustimmungsgesetz. Auch wenn die Staatskanzlei in der letzen Legislaturperiode über den Stand der Erarbeitung informiert hat und auch wenn auf der Bundesebene Anhörungen mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der Landesmedienanstalten, des Verbands privater Rundfunk und Telekom e.V., Jugendschutzeinrichtungen und den Datenschutzbeauftragten stattfanden, erhebt sich doch die Frage, warum nicht im Zuge der Erarbeitung des Vertrags wenigstens eine Anhörung, eine gesonderte Thüringer Anhörung stattgefunden hat, um in einem wirklich demokratischen Meinungsbildungsprozess zu Ergebnissen zu kommen, die der Ministerpräsident in die Beratungen hätte einbringen können. Es wäre wünschenswert, wenn in Vorbereitung des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der uns ja unmittelbar bevorsteht, vielleicht eine solche Anhörung stattfindet. An dieser Stelle will ich das noch einmal deutlich unterstreichen: Herr Seela hat gesagt, dass in der Diskussion und auch im Ausschuss über Gebührenerhöhung noch nicht gesprochen wurde, aber Sie wissen alle, dass die Gebührenerhöhung bereits in der Presse und in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Es wird ja ein wesentlicher Inhalt des nächsten Staatsvertrags sein nach dem KEF-Bericht. Ich würde wirklich hier noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen wollen, dass ich mir in dem Zusammenhang eine öffentliche Meinungsbildung im Vorfeld der Erarbeitung des Vertrags wünsche.

Eine zweite Bemerkung: Ihnen ist bekannt, dass die PDS den europäischen Einigungsprozess immer als einen Prozess der wirtschaftlichen und sozialen Einigung sehen wollte. In der Regel überwiegt jedoch bei der Integration der wirtschaftliche Aspekt. Diese Art von Denkmuster finden wir unserer Meinung nach auch in unserem Beratungsgegenstand in sehr widerspruchsvoller Weise wieder. Die Umsetzung der EU-Richtlinien, wie sie im Änderungsvertrag vorgesehen sind, ist mit einer weiteren Öffnung auch und gerade des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Markt verbunden. Dies betrifft insbesondere Fragen der Werbung, des Sponsorings und des Teleshoppings. Der vorliegende Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht im Falle von Teleshopping und Werbung großzügigere Regelungen vor als die bisher geltenden. Werbezeiten verändern sich, Bildschirmteilung und der Einsatz von Laufbändern lassen Interpretationsspielräume zu, was Werbung ist und was nicht Werbung ist bzw. ob es Information oder Mediendienst ist. Insbesondere in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollten aus unserer Sicht Fragen des Sponsorings und der Werbung weiter diskutiert werden. Werbefreiheit kann auch ein Moment von Qualität sein, wobei wir durchaus akzeptieren, dass Fragen der Wirtschaftlichkeit zu beachten sind, sie können sich aber nicht ausschließlich aus dem Zusammenspiel von Gebührenerhebung und Werbung und Einnahmen aus Werbung ergeben. Es stellt sich für uns auch die Frage der Erfüllung des Auftrags öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Grundversorgung der Bevölkerung mit In

formationen, Bildung, Beratung und Unterhaltung und der Vermittlung besonderer kultureller Leistungen. Selbst die KEF beklagt die fortschreitende Quotenabhängigkeit der Programme, deren Qualität, wie wir ja bereits seit Jahren spüren, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk abnimmt. Die PDS will einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ob er durch die im kommerziellen Bereich beabsichtigten Öffnungen verwirklicht wird, bleibt offen, zumal sich vor dem Hintergrund von Ausgründungen Fragen nach der Marktorientierung, wenn nicht sogar schon mehr, aufmachen lassen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist in der Europäischen Union kein unumstrittenes Thema, das wissen Sie. Der vorliegende Staatsvertrag lässt aus meiner Sicht für die Zukunft unter rein wirtschaftlichen Aspekten sowohl eine Entwicklung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk durch seine Öffnungsklauseln, aber auch den Weg zur Privatisierung zu. Das Bekenntnis der Landesregierung zu öffentlich-rechtlichem Rundfunk, wie es auch im Ausschuss noch einmal unterstrichen wurde, begrüßen wir deshalb ausdrücklich.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns heute in der Lesung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Verbesserung des Gebühreneinzugs. Deshalb will ich mich noch auf einige wenige Punkte beschränken.

Zur Einführung der digitalen Übertragung von Rundfunkprogrammen: Der Gesetzentwurf befördert alle Prozesse, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Digitalisierung kann zur Marktbeherrschung führen aufgrund von technischem Know-how und finanzieller Stärke, sie kann die Zugangsmöglichkeiten für Nutzer und Anbieter einschränken, das kann also auch Sie selbst betreffen. Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen und nur auf einige Probleme aufmerksam machen. Artikel 2 Abs. 3 des vorliegenden Gesetzes formuliert, dass der zusätzliche Anteil an der Rundfunkgebühr nach Artikel 1 § 40 Abs. 1 des Staatsvertrags für die dort genannten Aufgaben einschließlich der Förderung von landesrechtlich gebotener Infrastruktur zur Versorgung des Landes und zur Förderung von Projekten neuartiger Rundfunkübertragungstechniken der Landesmedienanstalt bis Dezember 2004 zusteht. In Bezug auf die Förderung von nicht kommerziellen Veranstaltern lokalen und regionalen Rundfunks und Projekten zur Förderung der Medienkompetenz kann nach Maßgabe des Gesetzes gefördert werden. Die PDS will eine breite und vielfältige Medienlandschaft, die durch einen starken öffentlich-rechtlichen, durch private Sender und nicht kommerzielle lokale und regionale Anbieter gekennzeichnet ist. Der Gesetzgeber muss aus unserer Sicht den Zugang auch für die zuletzt Genannten schnellstmöglich erschließen und auf die Entwicklung entsprechender Standards drängen. Herr Minister Krapp hat das in der Ausschuss-Sitzung auch bestätigt, dass das schnellstmöglich geschehen wird. Das erscheint umso dringlicher, da es das Ziel ist, bis zum Jahr 2010 eine Marktdurchdringung mit Endgeräten, die auch digital empfangen können, von 95 Prozent zu erreichen. Hier möchte ich nur nebenbei eine Frage aufwerfen, dies ist im Vertrag freilich

nicht verankert, die für die Nutzer von Rundfunk interessant ist: Ab wann wird nur noch digital gesendet und bei wie viel Prozent analoger Nutzer endet der Auftrag der Grundversorgung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk? Das ist eine Frage, die offen bleibt.

Zu einem weiteren Stichwort - Medienkompetenz: Projekte zur Förderung der Medienkompetenz sind umso wichtiger, weil auch der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag z.B. Fragen des Jugendschutzes nicht in der Gänze regeln kann. Ich weise darauf hin, dass die Landesmedienanstalten das Recht haben, privaten Anbietern die Möglichkeit einzuräumen, ganztägig auch jugendgefährdende Sendungen zu senden, wenn entsprechend vorgeschaltet wird. Ich habe bereits auf die verschiedenen Talkshows aufmerksam gemacht. Der Landesregierung ist seit Jahren ein Vorschlag der Landesmedienanstalt für eine Stiftung "Medienkompetenz" bekannt.

Herr Dr. Krapp, Sie haben diesen Vorschlag begrüßt. Die PDS würde Ihr Anliegen, eine Stiftung Medienkompetenz oder Medienpädagogik ins Leben zu rufen, deutlich unterstützen, schon allein, um es einmal nicht ganz so ernsthaft zu sagen, weil nicht jeder wahrscheinlich mit der Tatsache zurechtkommt, dass er per Tastenklick Fernsehen gucken muss in Zukunft. Wir fragen jetzt aber ganz ernsthaft: Gibt es im Zusammenhang mit dem vorgelegten Gesetz Vorstellungen der Landesregierung, wie viel Mittel der Landesmedienanstalt für dieses Projekt zur Verfügung stehen? Dabei stellt sich eine Frage am Rande: Sind die 2 Prozent Anteil am Gebührenaufkommen für die Landesmedienanstalt ausreichend, um neue Projekte zu fördern? Die KEF schlägt eine Gebührenerhöhung von 3,33 DM vor und führt in ihrem Bericht aus, die derzeitigen pauschalen 2 Prozent am Gebührenaufkommen seien kein Anreiz zu einem wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit Gebührenmitteln durch die Landesmedienanstalten. Wie will sich der Ministerpräsident auf der Ministerpräsidentenkonferenz vor dem Hintergrund der im Vertrag beschriebenen neuen Entwicklung dazu positionieren?

Herr Seela hatte bereits darauf hingewiesen, dass die PDS deutliche Fragen zum Datenschutzes hatte. Ich möchte sie hier noch einmal kurz benennen. In Artikel 3 - Änderung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk - wird den Meldebehörden die Pflicht auferlegt, dem MDR und der Gebühreneinzugszentrale im Falle der Anmeldung, Abmeldung oder des Todes folgende Daten volljähriger Einwohner zum Zwecke des Einzugs der Rundfunkgebühr zu übermitteln. Familienname, Vorname, Doktorgrad, Geburtsdatum, gegenwärtige und frühere letzte Anschrift, Haupt- und Nebenwohnung, Tag des Ein- und Auszugs, Familienstand, beschränkt auf die Angabe verheiratet oder nicht, Sterbetag. Rätselhaft ist uns wirklich, der Herr Minister hatte darauf aufmerksam gemacht, dass der Doktorgrad mit aufgenommen wurde, weil der eine oder andere beleidigt sein könnte, wenn er nicht mit dem Doktorgrad angeschrieben oder angespro

chen wird, dass es Beschwerden geben könnte, aber es bleibt trotzdem rätselhaft, wozu die Angabe des Doktorgrades bei einem Gebühreneinzug notwendig ist, da bisher keine Regelung bekannt ist, die diesem Personenkreis einen abweichenden Gebührensatz auferlegt. Man könnte eher ein wenig auf die Idee kommen, dass dort auch Nutzerprofile versucht werden zu erahnen. Fraglich ist auch, wozu MDR und GEZ die Daten erhalten, da der MDR den Rundfunkgebühreneinzug nicht selbst betreibt, sondern die GEZ als beauftragte Stelle.

Eine Information des Landtags halten wir für erforderlich, wie und nach welchen konkreten Vereinbarungen die Meldebehörden den Abgleich der Personendaten mit der GEZ abwickeln. Erst wenn das bekannt ist, kann man urteilen, ob der besonderen Schutzwürdigkeit persönlicher Daten entsprochen wird und der Thüringer Innenminister dem Datenschutz angemessene Regelungen zur Geltung gebracht hat oder ob er das beabsichtigt. Wir fragen auch hier noch einmal - wir haben es im Ausschuss bereits gefragt -: Muss das Thüringer Meldegesetz geändert werden? Der § 29 Abs. 2 lässt die Weitergabe an öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten nicht zu, da sie keine öffentlichen Stellen im Sinne des Gesetzes sind.

Zu bestimmen wäre auch noch, was regelmäßiger Datenabgleich mit dem Ziel der Datenaktualisierung bedeutet - halbjährlich, jährlich oder wann? In einem weiteren Punkt geht es nur noch um die Sperre von Medienangeboten bezüglich des Jugendschutzes. Der Ordnungswidrigkeitenkatalog umfasst jetzt 41 Ziffern. Die Bußgelder reichen bis zur Höhe von 1 Mio. DM. Ob das aber wirklich den Jugendschutz befördert, bleibt offen. Hier scheint eine Rechtsfolgenabschätzung unverzichtbar. Ich möchte abschließend sagen - Sie werden ja schon deutlich unruhig, aber Sie wird das digitale Fernsehen auch erreichen, Sie werden sich damit beschäftigen müssen, auch mit seinen Folgen -, dass sich die Fraktion der PDS im Thüringer Landtag bezüglich dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags der Stimme enthalten wird. Auf die Probleme habe ich hingewiesen. Sie liegen auch und vor allem im Vorfeld des Zustandekommens dieses Vertrags, weil wir denken, dass in solchen Angelegenheiten durchaus eine Voranhörung notwendig gewesen wäre. Danke.

(Beifall bei der PDS; Abg. Wolf, CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Döring, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der seit 1991 geltende Rundfunkstaatsvertrag zwischen den 16 Bundesländern ist zum vierten Mal geändert worden. Erneut wurden Anpassungen erforderlich, die das vorliegende Thüringer Gesetz notwendigerweise zur Folge haben, dem

wir zustimmen werden. Die Änderungen werden weitergehen, vermutlich im Herbst dieses Jahres, es wurde vorhin schon gesagt, werden in einem Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag Regelungen über Probleme zu treffen sein, die Öffentlichkeit und Medienlandschaft bereits jetzt stärker bewegen als es die Bestimmungen des vorliegenden Staatsvertrags und des entsprechenden Thüringer Gesetzes tun. Dann wird es unter anderem um eine erneute Gebührenerhöhung gehen, die immer auch zugleich eine Auseinandersetzung um Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit sich bringt. Es geht dann auch um den Finanzausgleich zwischen den öffentlichrechtlichen Anstalten zur langfristigen Sicherung einer finanzierbaren Grundversorgung. Weder bei dem heute vorliegenden noch bei den vermutlich im Herbst zu erwartenden Regelungen geht es jedoch um die Beschränkung der Übertragung endloser Faschingsübertragungen. Hier bleibt weiterhin die Fernbedienung der Fernsehnutzer gefordert.

Meine Damen und Herren, rechnen wir die mehrfachen Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags der Dynamik der Medienentwicklung zugute. Mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und dem entsprechenden Thüringer Gesetz werden notwendige Anpassungen an europäische Regelwerke, also an die EG-Fernsehrichtlinie und das Änderungsprotokoll des Europarates zur Europakonvention über das grenzüberschreitende Fernsehen vorgenommen. Das hat unter anderem erfreuliche Folgen für sportbegeisterte Fernsehnutzer. Großereignisse, wie Olympische Spiele, Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft und Endrundenspiele von Fußballweltmeisterschaften und Fußballeuropameisterschaften sowie die wichtigsten Spiele der europäischen Fußballvereinsmeisterschaften dürfen auch zukünftig nicht, wie zeitweise befürchtet, ausschließlich im Pay-TV ausgestrahlt werden.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Ich denke, damit wird nicht nur den Bedürfnissen breiter Fernsehzuschauerschichten Rechnung getragen, sondern auch den finanziellen Begehrlichkeiten mancher Sportfunktionäre und privater Fernsehanbieter werden Grenzen gesetzt. Wir begrüßen das.

Weiterhin gibt es Änderungen zum Jugendschutz. Hier ist allerdings über traditionelles Fernsehen hinaus in den neuen Medien einschließlich Internet noch mehr zu tun zu neuen Formen der Werbung auf geteilten Bildschirmen, zur Gewährleistung des Zugangs von ARD und ZDF zu digitalen Programmvarianten und anderen Regelungen, die durch die modernen Medienentwicklungen erforderlich wurden, denen wir zustimmen, auch wenn sich erst noch herausstellen wird, ob weitere ergänzende, erweiternde oder beschränkende Folgebestimmungen erforderlich werden.

Im Ausschuss für Bildung und Medien haben wir uns vergewissert, dass durch die neuen Festlegungen zum Ge

bühreneinzug, die in den anderen neuen Bundesländern bereits entsprechend geregelt sind, Belange des persönlichen Datenschutzes nicht beeinträchtigt werden.

Meine Damen und Herren, mit der heutigen Zustimmung zum vorliegenden Gesetz erfüllen wir die Frist, die für die Ratifizierung des Staatsvertrags gesetzt wurde, sonst hätten wir Sanktionen der EU zu erwarten. Es reicht für Thüringen schon, wenn solche Sanktionen auf anderen Gebieten drohen.

Meine Damen und Herren, ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses beim Rundfunkhören und beim Fernsehen die Aufmerksamkeit und innere Anteilnahme, mit der Sie auch die Beratung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen begleiten. Danke.