1. Ist die Landesregierung ebenfalls der Auffassung, dass ausschließlich die Bundesregierung für die Situation der ambulanten Psychotherapie im Freistaat verantwortlich ist, wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?
2. Ist aus Sicht der Landesregierung das Budget nach Artikel 11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze verfassungswidrig?
3. Wie wirkt sich die wie begründete Entscheidung des Thüringer Schiedsamtes konkret für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aus?
4. Wird der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 aus Sicht der Landesregierung den Vorgaben des Bundessozialgerichts und dem § 85 Abs. 4 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch gerecht?
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die Landesregierung beantworte ich die Fragen folgendermaßen:
Auf die Frage, ob es die Auffassung der Landesregierung ist, dass ausschließlich die Bundesregierung für die Situation der ambulanten Psychotherapie im Freistaat verantwortlich ist, sage ich ja. Und zwar ist das Schlimmste nicht das Psychotherapeutengesetz, sondern die Verbindung des Psychotherapeutengesetzes mit dem Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung, weil dieses Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung eben die Deckelung des Budget festgeschrieben hat. Denn ansonsten wäre es leichter möglich gewesen, im Rahmen von Verhandlungen eine Budgetöffnung zu finden und die Budgetöffnung, die wir versucht haben zu finden im Rahmen einer Kompromissverhandlung, ist ja eindeutig auch von der Bundesregierung konterkariert worden durch den schon mehrfach von mir zitierten Brief.
Dieser Effekt verstärkt sich für die neuen Länder allerdings noch dadurch - und das geht nun wieder auf das Psychotherapeutengesetz zurück -, dass das Ausgangsniveau, also die Basis für die Budgeterrechnung das Jahr 1996 gewesen ist; ein Zeitpunkt, zu dem eigentlich die Versorgungsstrukturen in Thüringen sich noch im Aufbau befunden haben. Und wenn ich sage ja, die Bundesregierung hat dafür Verantwortung, dann sage ich noch mal ausdrück
lich, dass die Verantwortung der Bundesregierung auch zu einem nicht unerheblichen Teil für das Scheitern der Einigungsbemühungen der Kassen und Kassenärztlichen Vereinigung in Thüringen verantwortlich ist. Dass diese Rechtsauffassung, die unterdessen von allen Ländern keineswegs geteilt wird und auch von anderen nicht mehr geteilt wird, die die Bundesregierung oder die Bundesgesundheitsministerin allerdings nicht zurückgenommen hat, die Meinung, aber man versucht sich so heimlich, still und leise daraus zurückzuführen. Und letztlich haben auch, und das ist nun wieder vielleicht indirekt noch eine Schuld, die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung es nicht geschafft, sich auf bundesweite Empfehlung zur Problemlösung zu einigen. Dieses hätte ich mir auch intensiv gewünscht. In einigen Bundesländern hat es, eigentlich hart an der Grenze des Rechts, Vereinbarungen gegeben und die aufsichtsführenden Ministerien drücken beide Augen zu oder sehen weg, was sie eigentlich nicht dürften. Erst in dritter Linie ist die aufsichtsführende Behörde, nämlich das Ministerium, zuständig. Das Ministerium müsste aber ganz strikt im Rahmen der Gesetzmäßigkeiten handeln, d.h., es müsste eigentlich sogar Vereinbarungen der Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung, die über die Budgetfestlegung hinausgehen, beanstanden.
Zu Frage 2 ist aus Sicht der Landesregierung das Budget nach Artikel 11 für Psychotherapeuten verfassungswidrig: Ich sagte schon, das Psychotherapeutengsetz lässt eine Öffnung zu, von daher sehe ich hier keine Verfassungswidrigkeit. Zum anderen obliegt es auch der Selbstverwaltung, die Verteilung des Honorars nach dem Honorarverteilungsmaßstab festzulegen.
Zu Frage 3 - wie wirkt sich die Entscheidung des Thüringer Schiedsamtes konkret aus und ob ich unterdessen die Begründung kenne: Ja, sie liegt seit etwa eineinhalb Tagen bei mir vor und wird bearbeitet. Es wird im Augenblick erst einmal nachgeprüft, wie sich konkret die Budgetfestlegung durch die Schiedsstelle auswirken wird. Nach meinen ersten überschlagsmäßigen Berechnungen wird es nicht zu den befürchteten Rückzahlungen kommen, sondern möglicherweise sogar ein kleines Plus dabei herauskommen, weil die Ersatzkassen in der zweiten Hälfte dieses Jahres die Zahlung des Punktwertes erheblich reduziert hatten. Es waren ursprünglich Zahlungen von 6,8 Pfennigen als vorläufiger Punktsatz festgelegt und dann bis auf etwa 4 Pfennige runtergegangen worden. Die Festlegung der Schiedsstelle liegt bei etwa, ich drücke mich jetzt erstmal vorsichtig aus, 5,6 Pfennigen, so dass ein gewisses Plus dabei rauskommt. Allerdings muss ich da wieder etwas Wasser in den Wein gießen, denn die Kassenärztliche Vereinigung und die Primärkassen sind ja in eine gewisse Vorleistung gegangen, und zwar in eine Vorleistung, die etwas höher ist als das, was die Schiedsstelle dann schließlich festgelegt hat. Muss ich sehen.
Zu Frage 4 - wird der Beschluss des Bewertungsausschusses - Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung von Kas
senärztlicher Bundesvereinigung, Spitzenverbände der Kassen - vom 16. Februar 2000 aus Sicht der Landesregierung den Vorgaben des Bundessozialgerichts gerecht: Ja, denn die Entscheidung des Bundessozialgerichts bezieht sich auf eine Zeit, in der kein Budget festgelegt ist, so dass hier die Möglichkeit der Verteilung durch die Selbstverwaltung besteht, so wie es auch offensichtlich ansteht. Aber insbesondere in Thüringen laufen die Budgetverhandlungen noch und ich werde bis dahin natürlich überhaupt nicht eingreifen können und auch nicht eingreifen wollen.
Herr Minister, sind Sie mit mir einer Meinung, wenn ich sage, die Auswirkung auf den Osten nach Psychotherapeutengesetz Artikel 11 Abs. 2, wo die Budgetgrenze 96 festgelegt ist, war so lange bekannt, dass alle verantwortlichen Politiker eigentlich hätten eingreifen müssen, einschließlich Ihrer Partei als auch meiner Partei?
Da muss ich Ihnen sagen, es wäre möglich gewesen in entsprechenden Nachverhandlungen, als dieses abzusehen war, dort einzugreifen, aber nicht mehr in dem Augenblick, als das Solidaritätsstärkungsgesetz beschlossen war. Das muss man auch dazu sagen.
Weitere Nachfragen sehe ich nicht, damit beantwortet. Wir kommen zur nächsten Anfrage, die Drucksache 3/415. Abgeordneter Fiedler bitte.
Zum Ausbau der Autobahn A 4 Dresden–Eisenach bei Jena gehen die Überlegungen derzeit in Richtung einer Tunnellösung durchs Leutratal. Die Refinanzierung durch private Investoren soll durch eine Maut erfolgen. Dies hat Bundesverkehrsminister Klimmt (SPD) ins Gespräch gebracht.
Frau Präsidentin, namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Fiedler wie folgt:
Zu Frage 2: Durch den Bund werden in Abstimmung mit den Ländern 17 Projekte hinsichtlich der Finanzierbarkeit durch Maut geprüft. Der Leutrataltunnel ist ein Projekt, das mit Maut finanzierbar wäre. Zur Schließung von Finanzierungslücken wird von Seiten des Bundes über eine generelle Gebührenerhebung für die Benutzung von Autobahnen nachgedacht. Zurzeit ist nicht klar, zu welchen Ergebnissen der Bund dabei kommen wird. Zurzeit gibt es also auch noch kein endgültiges Votum des Bundes. Die Landesregierung wartet das endgültige Votum ab, um dann die verschiedenen Varianten auf Vor- und Nachteile zu prüfen und endgültig dazu Stellung zu nehmen.
Zu Frage 3: Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens für den Abschnitt der A 4 im Bereich Leutratal wird neben der Tunnelvariante auch die Ausbauvariante landesplanerisch beurteilt. Bevor über die Finanzierung entschieden wird, muss zunächst durch das Land geklärt werden, ob im Leutratal neu- oder ausgebaut werden soll.
Herr Minister, wenn wir von Tunnelvariante reden, reden wir da im Einvernehmen immer von dem langen Tunnel und nicht von dem kurzen Tunnel?
Das wollte ich noch mal ausdrücklich hören, Herr Minister. Ja, der Herr SPD-Minister will ja die Maut haben.
Das ist kein SPD-Minister, Herr Kollege, sondern das ist ein CDU-Minister. Wenn der manchmal auch mal irrt, muss man ihn wieder auf den Weg bringen.
Ja, Entschuldigung, Frau Präsidentin. Herr Minister, noch eine zweite Nachfrage. Sie sagten ja, dass im Raumordnungsverfahren geprüft wird ggf. auch offener Ausbau. Das ist also in den Variantenbetrachtungen mit dabei?
Herr Minister, sehen Sie auch einen Nachteil für den Wirtschaftsstandort Ostthüringen bei Einführung einer Maut auf einer Zugangsstraße A 4 nach Ostthüringen?
Herr Kollege Dr. Schuchardt, ich sehe vor allen Dingen ein generelles Finanzierungsproblem im Bereich der Verkehrsinvestitionen und mir scheint, man muss über dieses generelle Problem auch nachdenken. Dieses Problem ist nicht nur in Ostthüringen und nicht nur im Leutratal gestellt, sondern bundesweit auf allen Autobahnen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich eine generelle Regelung zur Finanzierung dieser Verkehrsinvestitionen deutschlandweit bevorzugen würde.
Herr Minister, würden Sie bei Anerkennung dieser generellen Finanzierungsprobleme und der Inaussichtstellung möglicherweise genereller Regelungen entschieden einem Maut-Modell ausgerechnet in den neuen Bundesländern, ausgerechnet in Thüringen, widersprechen?
Ihre Frage hängt ab davon, wie eine Mautregelung ausgestaltet wäre. Es ist durchgerechnet worden, dass es denkbar wäre, zu recht niedrigen Sätzen eine solche Lösung zu realisieren. Der Hinweis auf die Kosten für die betroffene Region ist kein ausreichendes Beurteilungskriterium. Man muss noch mehr einführen in die Entscheidungsfindung. Dann wird sich zeigen, dass man ohne generelle Regelungen nicht auskommt.
Soweit dazu. Damit sind auch die Nachfragen aus dem Haus erschöpft. Wir kommen zur Anfrage in Drucksache 3/416 des Abgeordneten Höhn. Hier möchte ich noch eine Vorbemerkung machen. Bereits gestern hatte ich darauf hingewiesen, dass die Landesregierung eine abweichende Auffassung zur Neufassung dieser Frage vertritt. Das Problem lässt sich aber dadurch lösen, dass der Abgeordnete Höhn zunächst die Fragen 1 bis 3 vorträgt, die identisch sind mit der vorhergehenden Fassung, und selbstverständlich ist es dem Abgeordneten Höhn unbenommen, im Rahmen der Nachfragen auch die Frage 4 zu stellen.