Protokoll der Sitzung vom 14.04.2000

beleinspeisung des ARD-Bouquets 33,1 Mio. DM. Ich denke an diesen Stellen, keiner will den Kinderkanal nicht haben, keiner will Phoenix nicht haben, aber man kann über Kosteneinsparungen in verschiedenen Bereichen reden. Das sind eben angemeldete Bedarfe. Und Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wollten die Einsparpotenziale suchen; ich glaube nicht, dass wir hier das Recht haben, über Intendantengehälter zu reden. Ich denke, das Recht haben wir nicht, das steht uns nicht zu. Das Bundesverfassungsgericht hat am 06.10.1994 festgestellt, Sie haben sich auch auf das Rundfunkurteil bezogen, im Zentrum der Freiheitsgarantie steht die Programmautonomie. Es ist Sache der Rundfunkanstalten, was der Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt, und weiter wird ausgesagt, dass die Anstalten die Freiheit und das Recht haben, neue Programme auszustrahlen. Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird die Finanzierung zugesagt, werden die Programme ermöglicht, die der spezifischen Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen. Ein angemessenen Ausgleich zwischen der Programmautonomie, der Rundfunkanstalten und der vom Gesetzgeber wahrzunehmenden Interessen der Rundfunkempfänger sei herzustellen, heißt es in diesem Rundfunkurteil. Und mir geht es unter anderem und vor allen Dingen um den Interessenausgleich, auch im Interesse der Rundfunkempfänger.

Wir als Parlament haben das Recht, über die funktionssichernden gesetzlichen Programmvorhaben zu wachen, ansonsten gilt in Bezug auf Inhalt und Form der Programme das Recht der Freiheit der Medien. Gleichzeitig soll der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen der Rundfunkteilnehmer sichern. In Bezug auf die Funktionserfüllung wird bestimmt in diesem Urteil, was die Funktionserfüllung erfordert, hängt von wechselnden Umständen ab, namentlich von der technischen Entwicklung und dem Verhalten der privaten Anbieter, dem gegenüber der öffentlichrechtliche im dualen System konkurrenzfähig bleiben muss. Und diese Konkurrenzfähigkeit wollen auch wir, ebenso aber auch den Schutz der Interessen der Nutzer. Vor wenigen Wochen haben wir hier über den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag abgestimmt und damit dem europäischen Recht und einem modernen digitalen Rundfunk stattgegeben. Das bitte ich in der weiteren Diskussion dieses Vorgangs auch zu berücksichtigen. Der Prozess der Digitalisierung war bei den Anstalten und bei der Ausstattung der Anstalten mit hohen Kosten verbunden und es ist neuer Bedarf angemeldet worden. Gleichzeitig wurden neue Landesfunkhäuser errichtet. Die materiell-technische Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist sehr hochwertig. Das wird hier niemand bestreiten wollen. Das garantiert Konkurrenzfähigkeit und Zukunft. Wir alle wissen jedoch auch, dass diese Zukunft ungewiss ist. Ich denke, niemand in diesem Raum hier wird sagen, dass es keine Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Zukunft gibt; zumal es in Europa nicht unumstritten ist, gebührenfinanzierten Rundfunk zu betreiben. Und so erhebt sich die Frage bei den vielen Ausgründungen, die passiert sind, ob es hier sozusagen - ich will das nicht behaupten - auch die Möglichkeit gibt, diesen Weg über

Gebührenfinanzierung aufzumachen. Ich frage nur, ob es nicht auch die Möglichkeit gibt, dass mit den Ausgründungen über Gebührenfinanzierung auch eventuell irgendwann privatisiert werden könnte. Das ist einfach eine Frage.

Zu den Nutzerinteressen: Sie hatten gesagt, Herr Seela, Sie wollten den Vergleich vor 1994 nicht machen. Ich möchte ihn kurz machen. 1994 betrug die Rundfunkgebühr 22,30 DM, 1995/96 23,80 DM und 1997 hat sie sich auf 28,25 DM erhöht. Und, ich denke, zur Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört auch die Gebührenakzeptanz. Ich verweise darauf, dass der moderne digitale Rundfunk den Nutzer auch noch in einer anderen Hinsicht fordern wird. Sie können digitales Fernsehen nur nutzen, wenn Sie auch die entsprechenden Endgeräte haben, das heißt, der Nutzer wird zweimal finanziell belastet. Das angestrebte Ziel, dazu hatten wir uns ja auch bereits einmal verständigt, bei der Digitalisierung ist eine Marktdurchdringung mit Endgeräten bis zum Jahr 2010 von 95 Prozent. Der Nutzer zahlt also zweimal. Und es ist ja nicht nur diese eine Gebühr, die erhöht werden soll. Wir haben gerade eben über die anderen Gebühren gesprochen, deshalb brauche ich das jetzt hier nicht noch einmal auszuführen. Es ist eine Summe von Gebühren, die sich dort für die Menschen aufmacht; und ich denke, zum Beispiel können Sie der Rundfunkgebühr nicht entweichen. Wenn Sie ein Endgerät haben, müssen Sie bezahlen; zum Beispiel ist es für eine Mutter, die 1.500 DM Arbeitslosengeld bekommt, allein mit einem Kind ist, ist die Rundfunkgebühr schon ein Haushaltstitel, das kann man nicht von der Hand weisen. Wir wissen als PDS auch, dass es einen erbitterten Konkurrenzkampf auf dem Medienmarkt gibt und dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwischen Quote und Programmauftrag bewegt wie zwischen Skylla und Charybdis. Das ist überhaupt keine Frage, wer angenommen werden muss, muss auch Quoten erreichen und das hängt natürlich mit der Programmgestaltung zusammen. Das Problem ist uns durchaus bekannt. Dazu will ich nur eins sagen, ich beziehe mich jetzt auf den Fernsehdirektor des MDR, der selbst gesagt hat: "Die Gefahr, dass die Zuschauer abschalten, ist groß und das will keine Redaktion, denn trotz unseres Bildungsauftrags und der Verpflichtung, auch für Minoritäten da zu sein, stehen wir Tag für Tag in einem harten Wettbewerb. Diesem Wettbewerb, das wissen wir, muss sich der öffentlichrechtliche Rundfunk stellen und wir wollen nur mit ihm gemeinsam darüber nachdenken, wie das möglich ist."

Die CDU-Fraktion hat ihre Positionen zu den Einsparpotenzialen dargestellt, ich denke, das Rundfunkurteil lässt dort wirklich Fragen offen, ob das überhaupt möglich ist, diese Einsparpotenziale aufzumachen. Ich möchte aber heute einfach Vorschläge für den Diskussionsrahmen machen, in dem wir uns bewegen könnten, wenn es um die Gebührendebatte geht, vor der Vertragsunterzeichnung. Uns geht es nicht nur um die Benachteiligten und Ausgegrenzten, es geht uns auch nicht darum, alles nur dem Markt zu überlassen, das können Sie sich ja denken. Wir wollen den Gebührenzahler nicht als Kunden, sondern als selbstbewuss

ten, selbstbestimmten Nutzer erleben. Und die Mitherausgeberin der "Zeit", die Gräfin Dönhoff, fragte kürzlich im Weimarer Nationaltheater: "Wie kommt es, dass alles Interesse heute auf die Wirtschaft gerichtet ist und das Geistigkulturelle und Humane an den Rand gedrängt wird?" Man kann diese Frage vielleicht als eine vorsintflutliche Auffassung bestimmen, aber, ich denke, das will hier auch niemand. Das, zumindest denke ich, will hier niemand; bei der anderen Aussage der Gräfin bin ich mir nicht ganz sicher, ob das hier niemand will, sie hat auch gesagt: "Die Wirtschaft ist für den Staat nicht die einzige Sache, zu der er stehen sollte." Das ist natürlich der Punkt, an dem man dann über die weitere Entwicklung diskutieren muss. Für uns wäre eine Berechtigung für Gebührenerhöhung gegeben, wenn eine deutliche Verbesserung der Programme, eine Alternative zur ungehemmten Datenflut und der Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besser wahrgenommen werden könnte.

Herr Minister, wir könnten uns vorstellen, dass eine inhaltliche Diskussion zum Thema "öffentlich-rechtlicher Rundfunk", zum Beispiel in Bezug auf das kostenintensive Auseinanderdriften der Vormittagsprogramme von ARD und ZDF und beim Onlineangebot, wie es auch der KEF-Bericht konstatiert, geführt werden könnte; die Verwendung der Mittel der Landesmedienanstalten für welchen Zweck und in welcher Form, also zum Beispiel die von uns immer wieder andiskutierte Stiftung für Medienpädagogik oder wie immer wir sie auch nennen wollen.

Wir könnten über das Verhältnis von Quote und Auftrag diskutieren, über demokratische Willensbildungsprozesse in diesem Zusammenhang, wie die attraktiv gestaltet werden können und über Möglichkeiten der Prüfung der Rechnungshöfe in den Töchtern des MDR. Das wäre z.B. ein Punkt, über den man meiner Meinung nach reden müsste und natürlich, das ist der Vorschlag der PDS, über eine Begrenzung bzw. ein Zurückfahren des Outsourcings. Ich betone es nochmals: Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wir wollen auch seine Finanzierung. Ich denke, da befinden wir uns durchaus mit dem Bundesverfassungsgericht konform. Wir wollen nicht nur die Interessen der Anstalten, sondern wir wollen vor allem die Interessen der Nutzer gewahrt wissen, in diesem Sinne ist unser Antrag gestellt worden. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Schwäblein, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion bekennt sich auch durch mich noch einmal zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir sollten aber durchaus auch die Gefährdung des jetzigen Gebühren

modells ins Auge nehmen. Zum einen drückt die Europäische Union darauf, das ist nicht neu, den Rundfunk unter ihre Regelungshoheit zu bekommen, indem sie erklärt, dies sei ein Wirtschaftsfaktor und damit Regelungskompetenz der EU. Wir haben bisher den Standpunkt vertreten, wir sollten es auch weiterhin tun, dass Rundfunk Ländersache ist, durch den Kulturcharakter damit verbunden ist. Wenn aber, das sei durchaus kritisch angemerkt, die Öffentlich-Rechtlichen immer mehr in dem Sinn des Schemata und teilweise auch in den Inhalten den Privaten folgen und Kultur - wie auch in den letzten Jahren zu vermerken - zunehmend in die ganz späten Abendstunden abgeschoben wird, kann durchaus dieser Kulturcharakter von kritischen Leuten hinterfragt werden.

(Beifall Abg. Carius, CDU)

Hinzu kommt, der Werbeanteil beim Öffentlich-Rechtlichen, der die Wächter bei der EU erst recht kritisch werden lässt und sagt, bitte, ihr macht ja dort Wirtschaftsbetrieb, umso mehr gehört das zu unserer Regelungskompetenz, so dass man ernsthaft darüber nachdenken sollte, auch angesichts des geringen Anteils, den Werbung heute noch ausmacht, über Werbung als Ganzes nachzudenken, wenn man auch den Verzicht ins Auge fasst. Werbung verlangt ein entsprechendes Umfeld und die Vorabendprogramme weisen heute schon den Qualitätsverlust von werbegestalteten Programmen nach. Wer da durchschaltet, wird keinen Unterschied mehr zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten erkennen können. Das schaltet man schlicht und einfach weg. Angesichts der Programmexplosion, die die digitalen Möglichkeiten heute gestatten, kommt zunehmend die Frage auf, was wird da eigentlich noch gesendet? Wenn wir da nicht aufpassen, ist nicht auszuschließen, dass der Unsinn der Talkshows aufs Öffentlich-Rechtliche noch weiter überschwappt, das ist ja derzeit schon geschehen. Die Leute sind mittlerweile übersättigt, da gibt es eine Rückwärtsentwicklung; aber wir sollten aufpassen, dass nicht plötzlich auch solche Big Brother-Ausrutscher dann vielleicht sogar ins Öffentlich-Rechtliche schwappen, wenn dann die nächsten Blüten im Privaten schon getrieben wurden. Ich sehe da schon ein paar Gefährdungen. Des Weiteren haben mittlerweile Datenschützer berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Rundfunkgebühren geäußert, insbesondere auch durch das Verfahren, in dem das geschieht, indem eine aufwendige Bürokratie am Ende auch Spitzel nach außen schickt, die an den Türen lauschen, ob die Leute drinnen ein Rundfunkgerät haben und sie schauen auf der Liste nach, ob die da sind, dann stellen sie, wenn jemand öffnet, Fangfragen. Die Diskussion geht gerade erst los, deshalb bitte ich auch die Regierung zu prüfen, ob wir nicht eventuell doch die Idee einer Pauschale, die zudem viel niedriger ausfallen würde, ins Auge fassen, die für alle gilt und nicht bloß für den Rundfunkgerätebenutzer. Damit wäre auch die leidige Debatte, sind PC nun Rundfunkempfangsgeräte oder sind sie es nicht, einfach dahin. Wir könnten bei der Gelegenheit auch gleich die Werbefreiheit durchsetzen, für die ich nach wie vor werbe, damit wir weiterhin einen

öffentlich-rechtlichen kulturvollen Rundfunk bewahren können. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Landesregierung Herr Minister Dr. Krapp.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach dem Statement von Frau Dr. Kaschuba war mir nicht mehr ganz klar, warum die PDS diesen Antrag gestellt hat, denn das war ein sehr starkes Statement für den öffentlichrechtlichen Rundfunk und für die Gebühren im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die anderen Diskussionen haben teilweise einiges vermischt, nämlich die jetzige Gesetzeslage und Diskussionen über mögliche Gesetzesänderungen, z.B. im Bereich der Gebührenerhebung.

Ich möchte mich hier auf einige grundsätzliche Bemerkungen auf der Basis der gegebenen Gesetzlichkeit beschränken. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die Rundfunkfreiheit im Grundgesetz Artikel 5 verankert ist. Diese Verankerung verpflichtet den Gesetzgeber, dafür zu sorgen, dass diese Rundfunkfreiheit erhalten wird. Der Gesetzgeber ist in Deutschland die Gesamtheit der 16 Länderparlamente, also auch der Thüringer Landtag. Dieser Gesetzgeber hat eine duale Rundfunklandschaft etabliert, also die Polarität zwischen privatem Rundfunk und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Auftrag bekommen, den so genannten Grundversorgungsauftrag für Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung. Das Gegenstück zu diesem Auftrag ist die Zusicherung des Gesetzgebers, dass Bestand und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantiert werden. Zu dieser Garantie gehört auch die Garantie der ausreichenden Finanzierung. Der Gesetzgeber, auch der Thüringer Landtag, hat für diese Finanzierung im Wesentlichen die Rundfunkgebühr festgelegt. So weit die Grundlagen. Nun ist die interessante Frage, wie sich die Höhe der Gebühr bestimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat nach manchem Streit in dieser Frage festgelegt, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühren ein Verfahren verlangt, das dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die zur Erfüllung seiner Aufgaben im dualen System erforderlichen Mittel gewährleistet und ihn vor politischer Einflussnahme auf das Programm wirksam sichert. Das ist ganz entscheidend und in diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht in seinem so genannten 7. Rundfunkurteil festgeschrieben, dass diesem Ansatz am ehesten durch ein gestuftes und kooperatives Verfahren entsprochen werden kann, das der Eigenart der jeweiligen Teilschritte entspricht und die Möglichkeit politischer Einflussnahme ausschließt oder zumindest stark begrenzt. Aufgrund dieser Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurde ein entsprechendes Verfahren in Form des Dritten

Rundfunkänderungsstaatsvertrags erarbeitet und auch durch den Thüringer Landtag zum Gesetz erklärt. In diesem Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde die so genannte Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, kurz KEF, etabliert und mit entsprechenden Handlungskompetenzen ausgerüstet. Das Verfahren ist siebenstufig und beginnt mit der Bedarfsanmeldung der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Es wird fortgesetzt durch die Überprüfung dieses Bedarfs durch die KEF. Es gibt dann eine Rückkopplung zu den Anstalten durch die KEF und danach eine Berichtsvorlage der KEF; dieser Bericht liegt inzwischen vor und ist öffentlich zugänglich. Interessant ist nun, wenn man diesen Bericht studiert, dass die KEF in ihrer aktuellen Bewertung der von ARD und ZDF angemeldeten Gebührenerhöhung diese jeweils deutlich um mehr als 40 Prozent gekürzt hat. So hat die KEF die beantragten Summen bereits bei der ARD um ca. 2,6 Mrd. DM und beim ZDF um ca. 1,1 Mrd. DM reduziert. Dies ist im Bericht nachzulesen. Und dieser Bericht wird nun der Rundfunkkommission der Ministerpräsidenten zugeleitet, die sich darüber eine Meinung bilden wird. Danach werden die Landesregierungen entscheiden und danach sind die Landesparlamente zur endgültigen Entscheidung aufgefordert. Nun ist aber in diesem Zusammenhang wichtig, sich zu erinnern, dass auch der Thüringer Landtag - nicht dieser, sondern der vorhergehende Thüringer Landtag - im Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag festgelegt hat, dass weder die Rundfunkkommission der Ministerpräsidenten noch die Landtage das Recht haben, in die Bedarfsermittlung und die Bewertung durch die KEF einzugreifen, und dies wegen der Politikferne des Rundfunks. Gewisse Eingriffe in die Bedarfszahlen sind also weder durch die Landesregierung noch durch den Landtag möglich, weil auch der Thüringer Landtag dies so festgelegt hat. Das sind die Grenzen der Diskussion, die ich hier einmal ganz deutlich aufzeigen will.

Allerdings ist festzustellen, dass die Gebührenempfehlung der KEF, die auf dem Tisch liegt, noch nicht das abschließende Meinungsbild im Gesamtzusammenhang dieses Verfahrens zur Ermittlung der Gebührenhöhe darstellt. Das bedeutet, dass die empfohlene Rundfunkgebührenerhöhung um 3,33 DM aktuell noch kritisch hinterfragt werden kann. Dazu gehören insbesondere die berechtigten Interessen der Gebührenzahler, insbesondere die soziale Verträglichkeit. Sie können davon ausgehen, dass die Ministerpräsidentenkonferenz diesen Bereich, der ihr zur Entscheidung zugewiesen ist, ausloten wird und dann einen entsprechenden Vorschlag an die Kabinette und diese ihrerseits einen entsprechenden Vorschlag an die Landtage vorstellen werden. Es muss aber noch einmal klar gesagt werden: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Gebührenfestsetzung nicht zum Zwecke der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden darf, und das sind die vom Gesetzgeber selbst gesetzten Grenzen. Das bitte ich bei der weiteren Diskussion zu beachten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt. Wir stimmen zuerst über den Antrag der PDS-Fraktion - Drucksache 3/524 - ab. Wer für diesen Antrag stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer sehr großen Zahl von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Alternativantrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/563. Wer für diesen Antrag stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Ich hatte jetzt schon nach Gegenstimmen gefragt. Stimmenthaltungen? Mit einigen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag angenommen. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 13 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13 a

Trägerwechsel der Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/540

Wünscht die antragstellende Fraktion eine Begründung? Nein. Dann eröffne ich die Aussprache. Als Erste hat sich Frau Abgeordnete Heß zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Trägerwechsel der Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie wird seit der 1. Wahlperiode des Thüringer Landtags diskutiert. Es wurde aber nicht nur in der vergangenen Zeit diskutiert, es wurde auch einiges saniert, und zwar an allen drei Standorten, beispielsweise im Bereich der Sicherheitsvorkehrungen im Maßregelvollzug oder auch z.B. im Bereich der Stationen, die wurden nach langer Zeit endlich in einen menschenwürdigen Zustand versetzt. Gleichzeitig erfolgten in der Belegung - die Landesfachkrankenhäuser waren zu DDR-Zeiten hoffnungslos überbelegt - grundlegende Änderungen. Die Landesfachkrankenhäuser werden im Rahmen der unmittelbaren Trägerschaft des Landes als wirtschaftlich und rechtlich unselbständige Regiebetriebe nach Landeshaushaltsordnung geführt. Eine Anfang 1995 eingesetzte Arbeitsgruppe aus Vertretern des Sozialministeriums, der drei Landesfachkrankenhäuser und der Personalräte, Vertreter des Justizministeriums und des Landesverwaltungsamts haben einen umfangreichen Bericht mit Vorschlägen zur Neugestaltung der Betriebsführung, der Trägerorganisation und der Trägerrechtsform der psychiatrischen Landesfachkrankenhäuser in Thüringen erarbeitet. Als beste Form hatte die Arbeitsgruppe eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit den drei Einzelstandorten herausgearbeitet. Diese Form wurde in der Anhörung auch durch den externen Sachverstand bestätigt und eine privat-gewerbliche Trägerschaft grundsätzlich abgelehnt.

Einerseits sagten Sie, Herr Minister Pietzsch, dass Sie in Ihrem Haus genügend kompetente Mitarbeiter mit Sachverstand haben, auf deren Rat Sie ggf. zurückgreifen würden. Andererseits ignorieren Sie die gutachterliche Empfehlung, die alle Beteiligten als beste Lösung akzeptieren. Übrigens, Sachverstand richtet sich nicht nach dem Parteibuch.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist richtig!)

Zu den Forderungen, die Einzelstandorte zu belassen, ist zu sagen, jeder Standort mit Maßregelvollzug ist vom Ruf her belastet. Die drei Standorte sind historisch gewachsen, die Bevölkerung ist sehr oft in irgendeiner Weise mit dem Krankenhaus verbunden, so dass es dort auch eine sehr hohe Akzeptanz für die Psychiatrie gibt. Das größte Problem bei einem angedachten Trägerwechsel ist der Maßregelvollzug. Dieser ist eindeutig eine hoheitliche Aufgabe. Aus diesem Grunde bietet sich ebenfalls ein öffentlich-rechtlicher Träger an. Länder wie BadenWürttemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz haben als Trägerform eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder einen Eigenbetrieb gewählt. Diese Länder sind gewillt, selbst Verantwortung zu tragen. Ich frage Sie, Herr Minister Pietzsch, halten Sie diese Politiker für verantwortungslose Gesellen? In Thüringen scheinen nämlich die Uhren anders zu gehen.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ja!)

Hier will man die Landesfachkrankenhäuser in eine privatrechtliche Trägerschaftsform bringen. Der Maßregelvollzug soll durch einen Beleihungsvertrag dann an einen neuen Träger gehen. Was geschieht, wenn nach einigen Jahren der neue Träger von sich aus den Beleihungsvertrag kündigt? Geht dann allein der Maßregelvollzug zurück ans Land? Das wäre aus medizinischer Sicht das Aus für den Maßregelvollzug, denn wer will als Mediziner nur im Maßregelvollzug arbeiten, ohne Anbindung an den medizinischen Fortschritt, der dann nebenan im Krankenhaus stattfindet. Wer vom Pflegepersonal ist psychisch und physisch in der Lage, sein Leben lang dort zu arbeiten? Eine hohe Fluktuationsrate wäre vorprogrammiert. Fällt das Krankenhaus und der Maßregelvollzug ans Land zurück, hat dann plötzlich der Finanzminister das Geld, die geleisteten Investitionen u.Ä. zu bezahlen? Alles ungeklärte Fragen, die bei einem Trägerwechsel in eine Anstalt des öffentlichen Rechts nicht geklärt werden müssten.

Es ist übrigens nicht so, dass mit einer anderen Trägerschaft auch weiterhin die umfassende und vielfältige Versorgung, die jetzt die Landesfachkrankenhäuser leisten, weiterhin gewährleistet ist. Nach den Erfahrungen von Experten anderer Bundesländer, hier gibt es von Hessen ein Gutachten, erfolgt wohl eine Rosinenpickerei nach den wirtschaftlichsten Patienten. Machen wir uns doch

endlich klar: Wir haben ein Patientengut, das alles andere als wehrhaft ist, und wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Gestern fand eine Veranstaltung der ÖTV statt, an der viele Mitarbeiter der drei Landesfachkrankenhäuser teilnahmen. Bei dieser Veranstaltung war auf einem Transparent zu lesen: "Stiefkind Psychiatrie - in der Nazizeit vergiftet, im Sozialismus vergessen, in der Marktwirtschaft verkloppt." Ich denke, darüber sollten alle, vor allem aber die Herren Minister Pietzsch und Trautvetter, gehörig nachdenken. In allen Aussagen des Gesundheitsministers zum Thema "Trägerwechsel bei den Landesfachkrankenhäusern" findet sich kein einziger stichhaltiger Grund, der gegen das Ergebnis der Arbeitsgruppe, und zwar gegen die Errichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts spricht.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Wenn jetzt etwas anderes von der Landesregierung gewollt wird, so ist das ausschließlich der Wille des Finanzministers und hat nur finanzielle und keine sachlichen oder gar fachliche Gründe.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Das wär's jetzt.)

Ich kann hier nur an Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, appellieren, dass Sie nicht um einer kurzfristigen Einnahmeverbesserung willen langfristig die gute Versorgung eines solch sensiblen Patientenguts aufs Spiel setzen. Im Übrigen schreiben die Landesfachkrankenhäuser schwarze Zahlen. Die Defizite in den Wirtschaftsplänen 2000 sind künstliche Defizite.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Das ist ja allerhand.)

Die Gründe dafür hat der zuständige Abteilungsleiter gestern zum Teil mit sehr großem Erstaunen aufgenommen. Die Gründe dafür liegen aber auch in der schlechten Zahlungsmoral des Landes. Hier kommt die Doppelzüngigkeit am deutlichsten zum Ausdruck. Auf der einen Seite bringt die CDU Anträge zur Verbesserung der Zahlungsmoral ein und auf der anderen Seite hinkt das Finanzministerium mit den Zahlungen für den Maßregelvollzug lange hinterher. Ja, wenn Herr Trautvetter da wäre, könnte ich ihn selber fragen, aber, ich glaube, die Frage wird an ihn weitergegeben. Glaubt er denn wirklich, dass es einem ungesunden Betrieb gelingen würde, monatelange Rückstände auszugleichen? Eine unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts des Landes Thüringen bietet viele verschiedene Vorteile. Der Maßregelvollzug bleibt in öffentlicher Hand, die innere Organisation kann frei gestaltet werden; sie haben zusammen wirtschaftlich gute Möglichkeiten der Optimierung, die positiven Ergebnisse fließen zurück in die Einrichtungen und bedienen keine Aktionäre und die Trägerform der Anstalt des öffentlichen Rechts wird von den Mitarbeitern der Landesfachkrankenhäuser akzeptiert. Dies wird in einem so sensiblen

Bereich, wie es die Psychiatrie ist, auch von den Patienten gespürt. Ich fordere Sie eindringlich auf, die Argumente der Häuser aufzugreifen, unter Einbeziehung des ministeriellen Sachverstands in sich zu gehen und eine Empfehlung, die in einem fachlichen und demokratischen Prozess gewachsen ist, letztlich auch umzusetzen.

Die Fraktion der SPD beantragt die Überweisung der Drucksache 3/540 federführend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss.

(Beifall bei der SPD; PDS)

Danke, Frau Abgeordnete Heß. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Arenhövel ums Wort gebeten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Heß, es handelt sich hier um eine Grundsatzfrage, in der wir nun mal anderer Meinung sind.

(Beifall Abg. Jaschke, CDU)

Ich denke, wir sollten diese Kontroverse hier ruhig auch ein Stück austragen. Wir sind natürlich der Meinung, dass das Land hier Aufgaben hat und dass es im öffentlichen Interesse liegt, dass das Land die Krankenhäuser aufrechterhält und dass es für den fachlich guten Betrieb der Krankenhäuser verantwortlich ist; aber wir sind nicht der Meinung, dass der Staat das alles auch allein machen muss, sondern wir denken, es ist gut, wenn es eine plurale Trägerlandschaft gibt, wenn frei gemeinnützige kommunale oder auch privatrechtliche Träger sich engagieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind froh darüber, dass alle drei Standorte in Thüringen erhalten bleiben sollen. Die CDU-Landtagsfraktion wird natürlich sehr genau darauf achten, dass das fachliche Konzept entscheidend ist für die Vergabe, und zwar prioritär und erst in zweiter Linie die Verkaufssumme. Deshalb stehen wir zu dem, was wir hier sagen. Auch ich bin gestern mit bei der Veranstaltung der ÖTV gewesen; Frau Heß, und das, was Sie hier erheben, ist ein schwerer Vorwurf gegen den Finanzminister. Deshalb bin ich

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Ich hätte gern diese Konferenz besucht.)