Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Herr Minister Köckert, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich die Beiträge, so unterschiedlich sie gewesen sind, richtig verstanden habe, so sind wir uns hier einig in diesem Haus, dass etwas getan werden muss und dass man die Situation nicht so belassen kann, wie wir sie jetzt vorgefunden haben. Sowohl von der PDS, von Frau Dr. Wildauer, als auch in den Beiträgen von Herrn Schemmel und eindrücklich auch von Herrn Fiedler ist dieses deutlich geworden. Es muss etwas getan werden. Zweitens: Es gab immer einen Innenminister in dieser Landesregierung. Der Innenminister hat immer eine ganz bestimmte Situation vorgefunden, auch der Innenminister, der 1994 in dieses Amt gekommen ist. Darüber ist hier schon ausgiebig diskutiert worden. Aber es gab auch immer Aufgabenträger. Eine für mich sehr enttäuschende Erfahrung in diesem Prozess ist, dass es augenscheinlich Aufgabenträger gibt, die sonst etwas der Kommunalaufsicht mitteilen, nur nicht die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Und es gibt - drittens - eine Situation, in der wir in den letzten Jahren standen, dass die Rechtslage nicht so eindeutig und klar gewesen ist, dadurch, dass wir zwar das Thüringer Kommunalabgabengesetz haben, aber die Verwaltungsgerichtsbarkeit einige der dort durchaus variabel auslegbaren Punkte noch nicht eindeutig normiert hat. Insofern ist auch die sich herausgebildet habende Rechtslage der letzten Jahre nicht ganz ohne Ursache für die Situation, in der wir jetzt stehen. Ich will etwas zu den konkreten Zahlen sagen, die Herr Schemmel erbeten hat. Im Altenburger Land sind uns keine detailliert nachprüfbaren Angaben übergeben worden. Im Eichsfeld könnte eine Beitragssumme von 16 Mio. DM verjähren. In Gotha droht eine Beitragssumme von 30 Mio. DM zu verjähren. Immer im Landkreis - das sind mehrere Aufga

benträger. In Greiz wurden, bis auf einen Aufgabenträger, keine detailliert nachprüfbaren Angaben gemacht. Dort könnte es eine Summe zwischen 3 und 4 Mio. DM sein. Der Landkreis Hildburghausen hat keine Angaben gemacht. Wir wissen aber, dass auch dort eine nicht unerhebliche Summe schlummert, weil sie das Problem der Altanschlussnehmer bisher noch nicht angegangen sind. Aber über die Gebühren - das wollte ich dann noch zu Herrn Schemmel sagen - das zu nehmen, ist klageanfällig. Darüber müssen sich die Aufgabenträger im Kreis Hildburghausen Gedanken machen, wie dort weiter zu verfahren ist. Im Kyffhäuserkreis werden uns keine Probleme gemeldet; ich finde, das ist nachzuprüfen. Im Landkreis Nordhausen scheinen auch von Altanschlussnehmern die Beiträge erhoben worden zu sein. Im Saale-HolzlandKreis waren bei der Abfrage ungefähr noch 8 Mio. DM Außenstände, aber hier wurde zugesichert, dass bis zum Ende des Jahres die Bescheide erlassen werden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage von Herrn Abgeordneten Sonntag?

Wenn ich mit meiner Aufzählung fertig bin, Frau Präsidentin.

Der Saale-Orla-Kreis, hier beläuft sich die gegebenenfalls noch zu erhebende Summe auf ca. 80 Mio. DM. Landkreis Saalfeld hat nur zur Hälfte beziffert und muss nachgeprüft werden. Schmalkalden-Meiningen hat nur zu einem Drittel beziffert - es muss nachgefragt werden. In Sömmerda ist die Zuarbeit leider nicht verwertbar. In Sonneberg erheben nicht alle Aufgabenträger von Altanschlussnehmern die Beiträge - die genauere Summe kann noch nicht beziffert werden. Im Unstrut-Hainich-Kreis wird uns gemeldet, es gäbe keine Probleme, was nicht ganz glaubwürdig ist, wer die freie Reichsstadt Mühlhausen kennt. Der Wartburgkreis hat ein Problem mit einem seiner Zweckverbände, die Summe kann nicht genannt werden. Das Weimarer Land kann die Summe auch noch nicht beziffern, hat aber Aufgabenträger, die keine Beiträge von Altanschlussnehmern erheben. Im Bereich der kreisfreien Städte, wo die Kommunalaufsicht im Landesverwaltungsamt ihre Aufgaben erfüllt, schwanken die Angaben der einzelnen Aufgabenträger zwischen 5 und 82 Mio. DM. Das, meine Damen und Herren, ist nur der beitragspflichtig zu stellende Teil. Überall dort, wo man über Verbandsbeschlüsse den Weg gesucht hat, dieses Delta der nicht erhobenen Beiträge durch die Gebühren hereinzubekommen, muss eine neue Gebührenkalkulation aufgestellt werden, die mit weit niedrigeren Gebühren arbeiten muss. Das heißt, auch hier vergrößert sich noch einmal die Differenz zu dem eigentlich zu Erhebenden. Das trifft insbesondere dann die Gemeinden und Mitglieder von Verbänden, die diese Summen über allgemeine Haushaltsmittel erbringen müssen.

Meine Damen und Herren, deshalb ist die Situation so ernst, weil es hier nicht um Peanuts geht, nicht um wenige Hundertausend Mark, sondern hier geht es um dreistellige Millionensummen und hier geht es um ein Reglement, welches zukünftigen Klagen widersteht. Das kann nur geschaffen werden, indem die Beiträge ausgewogen von allen, die den Vorteil von den neuerrichteten Anlagen haben, erhoben werden. Das ist bislang augenscheinlich nicht der Fall gewesen.

Sie hatten eine Antwort an den Abgeordneten Sonntag versichert.

Herr Minister, ist es eine hilfreiche Information für Sie, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich diese Woche von einem Aufgabenträger im Altenburger Land inständig gebeten wurde, der Novellierung zuzustimmen?

(Unruhe bei der CDU)

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Kollege Sonntag, ich gebe zu, diejenigen, die zu einem kommen und sagen, bitte verlängert, die Zahl derjenigen wiegt ungefähr die Zahl derjenigen, die sagen, um Gottes Willen verlängert nicht, auf. Insofern lohnt es nicht, in dieser Frage nun zu schauen, was ist eigentlich opportun, wenn man nach dem Willen derer geht, die vor Ort Verantwortung tragen - ich teile die Meinung des Kollegen Fiedler, dass augenscheinlich manche Verantwortliche meinten, sie können mit dem 31.12. dieses Jahres mit dem Knallen der Korken noch etwas mehr begießen, als sie nun zu begießen haben.

Meine Damen und Herren, als Letztes noch zu Frau Dr. Wildauer, damit ich die notwendige Mittagspause nicht zu sehr zusammenkürze. Frau Dr. Wildauer, diese Passage im kommunalen Abgabengesetz, die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht festlegen, die kann überall dort nicht zur Anwendung gebracht werden, wo es schon gültige Satzungen gibt

(Beifall bei der CDU)

und wo - weil es halt 1997 schon eine gültige Satzung gab, vielleicht beschlossen 1996 - nach dieser Satzung erhoben werden muss und es ihnen jetzt nichts nützt, wenn sie im Jahr 2000 im Dezember eine neue Satzung basteln und sagen, die Beitragspflicht entsteht erst 2003. Insofern unterhalten wir uns gerade über die Fälle, die sie auch durch eine Neufassung ihrer Satzung nicht mehr einfangen können. Deshalb ist das zwar ein Vorschlag, der von vielen schon ins Gespräch gebracht worden ist, der

aber hier in diesem Falle nicht hilft. Im Übrigen sollten Sie nicht klagen, dass 1998 Ihr Vorschlag nicht angenommen wurde, den Sie ja auch mit Blick auf Mühlhausen gemacht haben, sondern Sie hätten ja hier gelassen dastehen und sagen können: Willkommen im Club. Auch das hätten Sie machen können. Aber jetzt einem Vorschlag nicht zustimmen zu wollen, den Sie vielleicht vor zwei Jahren schon hatten, erscheint für mich etwas widersinnig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss überweisen zu lassen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist die Ausschussüberweisung abgelehnt. Ich schließe die erste Beratung und erinnere daran, dass die zweite Beratung für den morgigen Tag vereinbart worden ist. Trotzdem findet die Innenausschuss-Sitzung statt, sie hat nämlich einen anderen Tagesordnungspunkt, und zwar im Raum 340. Wir können in die Mittagspause eintreten, die pünktlich um 14.00 Uhr beendet wird.

Wir setzen die Plenarsitzung fort mit dem Tagesordnungspunkt 14

Fragestunde

Als Erster hat Herr Abgeordneter Scheringer eine Frage in Drucksache 3/1076. Bitte, Herr Abgeordneter.

Ausgliederung der Abteilung Landwirtschaft aus dem Landesverwaltungsamt

Pressemitteilungen zufolge ist im Zuge struktureller Veränderungen in der Landesverwaltung auch die Auflösung der Abteilung Landwirtschaft im Landesverwaltungsamt geplant. Weiterhin soll die Landwirtschaftsverwaltung zweistufig organisiert werden. Vermutlich werden diese Maßnahmen weit reichende Konsequenzen für die derzeit beschäftigten Mitarbeiter sowie die Organisation der Verwaltung insgesamt mit sich bringen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Verfolgt die Landesregierung generell ein Konzept zur Neugestaltung der Agrarverwaltung, und wenn ja, steht diese in Zusammenhang mit einer eventuellen Umstellung auf eine zweistufige Verwaltung in Thüringen?

2. Trifft es zu, dass seitens der Landesregierung beabsichtigt ist, auf der oberen Verwaltungsebene (Landes- verwaltungsamt) die Agrarverwaltung auszugliedern bzw. aufzulösen?

3. Wenn ja, wie wird künftig eine klare nachgelagerte Kompetenzverteilung zwischen dem Umwelt- und dem Agrarressort gewährleistet?

4. Auf welche Weise wurden im Vorfeld betroffene Mitarbeiter, der Landtag, Kommunen, Verbände und Vertreter des landwirtschaftlichen Berufsstandes in die Entscheidungen einbezogen?

Herr Minister Sklenar, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, werter Herr Abgeordneter Scheringer, Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung ist der Auffassung, eine zweistufige Verwaltung im Landwirtschaftsbereich ist ausreichend. Derzeitig werden entsprechende Umsetzungsmaßnahmen erarbeitet.

Zu Frage 2: Ja.

Zu Frage 3: Auch künftig wird eine klare nachgelagerte Kompetenzverteilung zwischen dem Umweltbereich und dem Agrarbereich gewährleistet. Es wird nicht zu Verlusten in der Aufgabenwahrnehmung durch diese Maßnahme kommen. Wir haben es ja bereits seit Beginn der 2. Legislaturperiode mit Erfolg praktiziert.

Zu Frage 4: Die genannten Verbände werden bei der Umsetzung des Kabinettsbeschlusses beteiligt. Bei allen erforderlichen Umsetzungen des Personals werden die arbeits- und beamtenrechtlichen Bestimmungen und das Personalvertretungsrecht beachtet. Sowohl der Hauptpersonalrat als auch der Personalrat des Landesverwaltungsamtes sind selbstverständlich in die Überlegung zur Umsetzung einbezogen.

Gibt es Nachfragen?

(Beifall bei der CDU; Abg. Schemmel, SPD)

Das ist nicht der Fall. Vielen Dank. Wir kommen damit zur Frage in Drucksache 3/1078, eine Frage des Abgeordneten Pohl. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt

Der Presse war im Zusammenhang mit der Amtseinführung des Präsidenten des Landeskriminalamts Kunkel zu entnehmen, dass im Landeskriminalamt Thüringen der Bereich Staatsschutz ausgebaut werden soll.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Aufgaben wird diese Abteilung in Zukunft haben?

2. Wie ist die Abgrenzung der Arbeit dieser Abteilung zu der des Landesamts für Verfassungsschutz gewährleistet und worin bestehen dann die Unterschiede?

3. Welche Erfahrungen gibt es in anderen Bundesländern mit einem außerhalb der Landesämter für Verfassungsschutz angesiedelten Staatsschutz und welche Aufgaben sind ihm dort zugewiesen?

Herr Staatssekretär Brüggen, bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Auftrag der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Das Landeskriminalamt ist beauftragt, behördenintern im Rahmen einer Umorganisation eine Abteilung Staatsschutz zu konzipieren, von der sämtliche dieser Behörde übertragenen polizeilichen Aufgaben mit Staatsschutzrelevanz wahrgenommen werden. Zusätzlich sollen wegen des Sachzusammenhangs von dieser Abteilung Personenschutzaufgaben übernommen und koordiniert werden.

Zu Frage 2: Unterschiede für die Aufgabenstellung des Landeskriminalamtes sowie des Landesamts für Verfassungsschutz und damit eine Abgrenzung der Arbeit beider Behörden ergeben sich aus den einschlägigen Rechtsvorschriften. In erster Linie sind hierbei das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung des Freistaats Thüringen und das Thüringer Polizeiaufgabengesetz sowie das Thüringer Verfassungsschutzgesetz zu nennen. Das in Artikel 97 Satz 2 Thüringer Verfassung manifestierte Trennungsgebot zwischen polizeilichen und nachrichtendienstlichen Aufgaben wird auch durch die Einrichtung einer Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt nicht berührt. Dies schließt aber nicht aus, dass es zukünftig weiterhin Berührungspunkte zwischen beiden Behörden geben wird, die jedoch durch die jeweiligen gesetzlichen Grundlagen begrenzt bleiben werden.

Zu Frage 3: Mit der Einrichtung einer Abteilung Staatsschutz wird die Organisation des Landeskriminalamts Thüringen den Landeskriminalämtern anderer Länder angeglichen, u.a. denen in Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, in denen der Staatsschutz bereits in einer Fachabteilung organisiert ist.