Protokoll der Sitzung vom 23.02.2001

Weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Teil der Aktuellen Stunde nicht vor. Ich komme damit zum zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) auf Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: "Die Zukunft der Thüringer Sparkassen als kommunale Finanz- und Kreditinstitute - mögliche Auswirkungen durch das EU-Recht" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1328

Das Wort hat Abgeordneter Kretschmer, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, hier ergibt sich auch die Frage: Ich hätte allzu gern gewusst, was die PDS mit dieser Aktuellen Stunde bezweckt, aber nun werde ich meine Position bzw. die Position der CDUFraktion zu dieser angesprochenen Problematik vortragen. Der Beihilfestreit mit der EU-Kommission ist ein Verfahren, welches durch die Geschäftsbanken initiiert worden ist. Es ist in zwei Ebenen zu sehen. Es ist einmal die grundsätzliche Frage, die sich daran aufschaukelt oder darum rankt: Darf sich der Staat überhaupt wirtschaftlich betätigen? Das heißt, das deutsche Grundgesetz sagt, kommunale Selbstverwaltung, während der EU-Vertrag sagt, Wettbewerb des europäischen Binnenmarktes zu gewährleisten. Und das ist ein Verfassungskonflikt und der muss ausgetragen werden, der sich darum rankt um die Daseinsfürsorge. Sie wissen, dass ich beispielsweise bei der Frage der Stadtwerke dort auch eine sehr dezidierte Position habe. Aber, meine Damen und Herren, insbesondere bei den Sparkassen ist es ein Sonderfall kommunaler Wirtschaftstätigkeit, das bedeutet, es ist Bestandteil der mittelbaren Kommunalverwaltung, was sich u.a. auch darin ausdrückt, dass die räumliche Einschränkung auf das eigene Hoheitsgebiet

stattfindet. Es steht also nicht im Ermessen der kommunalen Sparkassen, ob eine geld- oder kreditwirtschaftliche Leistung vorgehalten wird, und das ist besonders bemerkenswert, dass die Sparkassen auch in strukturschwachen Regionen ein flächendeckendes Angebot an Finanzdienstleistungen anbieten. Meine Damen und Herren, das bedeutet, vor Ort wird im Wege der Einlage das gesammelte Kapital in der Region verbleiben und wird vor Ort wieder für wirtschaftliche Investitionen zur Verfügung gestellt. Das heißt, in dieser spannenden Frage - deutsches Grundgesetz zu EU-Vertrag - muss man sagen, dass eine flächendeckende geldkreditwirtschaftliche Versorgung zu angemessenen Konditionen allein mit privatrechtlich organisierten Kreditinstituten nicht erreichbar ist. Hier ist also Daseinsvorsorge, während beispielsweise

(Beifall bei der CDU, SPD)

bei der Frage der Stadtwerke Versorgung mit Energie die Überlegung von Daseinsvorsorge nicht relevant ist. Das ist die eine Frage, die ich stelle. Und deswegen kann man, glaube ich, nicht sagen, dass es Finanzierungsvorteile wegen der öffentlichen Haftungsgarantie gibt, die werden damit nicht aufgewogen. Denn, meine Damen und Herren, hinsichtlich der Eigenkapitalzufuhr sind die als Aktiengesellschaft organisierten Privatbanken generell im Vorteil. Sie holen sich das Eigenkapital von ihren Investoren über die Börse, um zu expandieren. Dieses ist den öffentlichen Banken versperrt. Ich habe auch noch nicht gehört, dass Kommunen im großen Maße ihren Sparkassen zusätzliches Eigenkapital zur Expansion zur Verfügung stellen.

Eine zweite Ebene, die ich ansprechen möchte, ist, dass gerade die Sparkassen einen sozialen Aspekt auch gewährleisten. Wir nennen das fachtechnisch den Kontrahierungszwang, das heißt, es sind nur die Sparkassen, die den Sozialhilfeempfängern diese Konten betreuen. Das machen private Banken nicht. Vielleicht erinnern Sie sich, bei der angestrebten Fusion zwischen der Deutschen Bank und der Dresdner Bank sollten bestimmmte Kundengruppen aussortiert werden, richtig aussortiert werden, und zwar in einen minderwertigen Geschäftsbereich mit einer Grenze bei einem Vermögen von 200.000 DM. Das sind 94 Prozent der deutschen Bevölkerung, also die Kleinanleger, das Massengeschäft, die ausgegliedert werden sollten. Ich möchte aber eine zweite Ebene ansprechen, warum ich meine, dass insbesondere die Geschäftsbanken hier nicht mit offenen Karten spielen. Das dreigliedrige Bankensystem hat sich in Deutschland bewährt und man sollte sie nicht gegeneinander ausspielen, weil diese gewachsene Eigentumsordnung in Deutschland sich bewährt hat und sie soll auch nicht über europäisches Wettbewerbsrecht ausgehebelt werden. Hier spielen die privaten Banken meines Erachtens, ich habe es letztens gelesen in einem Artikel, Monopoli. Vordergründig werden ordnungspolitische hehre Gründe vorgetragen, die Anstaltslast, Gewährträgerhaftung als Beihilfe rechtliche

Vorteile. Aber im Hintergrund sind es ganz nüchterne Absichten. Im Zuge der Globalisierung sind die Sparkassen unbequeme Wettbewerber, die man aus dem Weg räumen will, und dessen Kunden und Infrastruktur will man übernehmen und damit also Markt- und Machtinteressen deutlich machen, meine Damen und Herren. Ich kann in dieser Diskussion, insbesondere weil sie ja in Ihrer Frage oder Aktuellen Stunde genannt haben "die Zukunft der Sparkassen" nur den Landesvater und Ministerpräsidenten bestärken, in dieser Auseinandersetzung hart zu bleiben, in dieser Grundsatzfrage hart zu bleiben und der EU-Kommission aufzuerlegen, sie soll nachweisen, welche Vorteile denn die Sparkassen aktuell haben, meinetwegen bis hin zum Gerichtshof, meine Damen und Herren. Und wenn wir diese Härte auch durchexekutieren, dann, glaube ich, sind die Thüringer Sparkassen im Verband mit den hessischen Sparkassen für die Zukunft gut gestellt.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat der Abgeordnete Pidde, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe die Botschaft gehört und kann sie eigentlich nur bekräftigen, weil sie für die SPD genauso zutrifft. Hände weg von den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die Sorge um das Sparkassensystem in Deutschland ist durchaus begründet, denn es ist dem massiven Beschuss durch den Privatbankensektor ausgesetzt. Es begann 1993, als der Bundesverband Deutscher Banken die Europäische Kommission aufforderte, das Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik zu eröffnen, da von den Privatbanken die Übertragung des Wohnungsbauvermögens des Landes Nordrhein-Westfalen an die West-LB als unzulässige Beihilfe angesehen wurde. Die Beschwerde hatte Erfolg. Nach jahrelanger Prüfung des Sachverhalts wurde 1999 durch die Kommission entschieden, dass es sich bei dieser Transaktion um eine unzulässige Beihilfe handele. Gegen diese Entscheidung reichten die Bundesregierung, das Land Nordrhein-Westfalen und die WestLB Klage vor den europäischen Gerichten ein, die bis heute nicht entschieden ist.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Nützt das was?)

Dann kommt der zweite Generalangriff, diesmal wird von der europäischen Bankenvereinigung Wettbewerbsbeschwerde eingereicht bei der EU-Kommission in Brüssel, diesmal, wie Herr Kretschmer schon sagte, einerseits wegen der Anstaltslast, zum Zweiten wegen der Gewähr

trägerhaftung. Die Taktik ist klar, das öffentlich-rechtliche Sparkassenwesen soll sturmreif geschossen und dann erobert, sprich abgeschafft werden.

Meine Damen und Herren, die Zeit der Aktuellen Stunde reicht nicht aus, um hier auf die diffusen rechtlichen Aspekte einzugehen, und inzwischen liegen ja zentimeterdicke Gutachten vor, die sich gegenseitig widersprechen. Aber lassen Sie mich ein paar Sätze sagen zur Funktion des öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesens in Deutschland. Wenn wir sehen, wie Banken fusionieren, Bankfilialen geschlossen werden, sich aus der Fläche zurückziehen, wie Banken unumwunden sagen, dass sie nur am Großkundengeschäft verdienen und dass sich alles um Gewinnmaximierung dreht, dann sage ich, das kann nicht im Interesse des Staates sein, das ist nicht im Interesse des Bürgers, das ist nicht in unserem Interesse. Wir müssen uns dafür stark machen, dass alle modernen Finanzdienstleistungen für jeden Kunden flächendeckend in jeder Region verfügbar sind. Herr Kretschmer sagte schon sehr schön, auch Finanzdienstleistungen sind eine Form der Daseinsvorsorge.

Meine Damen und Herren, gerade für Deutschland, gerade für die mittelstandsgeprägte Wirtschaftsstruktur und ganz besonders für die neuen Bundesländer ist ein Bankenmarkt wie z.B. in Großbritannien verheerend. Aber genau ein solcher Bankenmarkt entstünde, wenn es öffentlich-rechtliche Finanz- und Kreditinstitute nicht gäbe. Deshalb sage ich, die Sparkassen sind ein unverzichtbares Wettbewerbselement im deutschen Bankensystem. Sparkassen sind die wichtigsten Partner des Mittelstands und sie sind die Impulsgeber für die jeweilige Region. Die Sozialdemokraten auf Bundes- und Landesebene machen sich stark und treten allen Versuchen entgegen, die das deutsche Sparkassensystem in Frage stellen. Deshalb bekräftige ich zum Schluss noch einmal die einstimmige Botschaft: Hände weg von den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten! Danke.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Wildauer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kretschmer, ich habe heute keinen Dissens zu Ihren Aussagen. Das hat es hier, glaube ich, auch noch nicht gegeben. Ich möchte nur mal sagen, dass kommunale Selbstverwaltung durchaus auch einschließt, dass Kommunen Träger der Sparkassen sind, und das gab es in Deutschland in bestimmten Bereichen auch schon vor 150 Jahren. Nun gibt es seit längerem Versuche der Brüsseler EUKommission, die in Europa einmalige, ich möchte sagen, in Europa ist es wirklich eine einmalige, öffentlich-rechtliche Struktur der Sparkassen und Landesbanken in Frage

zu stellen und möglichst deren Privatisierung zu fordern. Dem voraus ging die Beschwerde des europäischen Bankenverbandes und Herr Dr. Pidde hat diesen Fakt eigentlich sehr ausführlich dargestellt, darauf kann ich verzichten. Nun wissen wir, dass eine Privatisierung der Sparkassen und Landesbanken natürlich auch im Interesse der Privatbanken ist. Warum? Man sieht ganz einfach in der kommunalen Gewährträgerhaftung und der so genannten Anstaltslast für die Sparkassen eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Privatbanken, da hier Garantien für Konkursabwendungen gegeben sind. Meine Fraktion hält diese Begründung der EU-Kommission für eine abstrakte Unterstellung, die in der Praxis in den letzten zehn Jahren eigentlich nicht belegt werden konnte.

(Beifall bei der PDS)

Aus unserer Sicht wird durch die kommunale Trägerschaft der Sparkassen der Wettbewerb nicht verzerrt. Er wird vielmehr befördert, denn der Bankenstandort Bundesrepublik lebt vom Wettbewerb zwischen den Privatbanken, den Genossenschaftsbanken und auch den kommunalen Sparkassen. Hinzu kommt, dass der öffentliche Auftrag der Sparkassen zudem eine Herausforderung ist, der sich die Privatbanken nicht stellen müssen. Herr Kretschmer hat es hier schon gesagt, ich meine, dass die Sparkassen dadurch hier Aufgaben zu erfüllen und Kosten zu tragen haben, die keineswegs Vorteile gegenüber den anderen Banken sind. Ich brauche hier nur noch einmal zu verweisen auf das Zweigstellennetz. Andere Banken verabschieden sich mehr und mehr aus der Fläche. Wir haben kürzlich erst gelesen von dem Verhalten der Commerzbank in Schmalkalden. Die Sparkassen aber haben flächendeckend ein wohnortnahes Netz der Filialen. Wir plädieren für den Erhalt der kommunalen Trägerschaft.

(Beifall bei der PDS)

Wer diese Trägerschaft in Frage stellt, der stellt auch die kommunale Selbstverwaltung über kurz oder lang in Frage. Die Thüringer Sparkassen arbeiten seit Jahren erfolgreich, auch wenn bisher zwei Fälle der Inanspruchnahme der kommunalen Gewährträgerschaft aufgetreten sind, aber diese Erfolge dürfen letztlich durch eine Privatisierung nicht infrage gestellt werden. Die Sparkassen sind für alle Menschen da, auch für Sozialhilfeempfänger, denn oft würden diese ohne dieses Institut noch weitere Demütigungen erleiden müssen. Wir kennen Informationen aus Großbritannien, dass gerade ein erheblicher Anteil der Bürger dort kein Konto in einer Bank führen kann, weil die Banken für die Betroffenen das ablehnen. Das Ganze ist für uns eigentlich unvorstellbar. Ich finde es erfreulich, dass zum Erhalt der Sparkassen hier ziemliche Einigkeit herrscht und ich möchte sagen, dass das Bekenntnis zu den Sparkassen das eine ist, es schließt allerdings nicht aus, die Notwendigkeit, wie wir sie sehen, nämlich zur Fortschreibung des Sparkassenrechts in Thüringen. Nun kann man die EU-Bedenken nicht einfach ignorieren und Forderungen einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Ich

denke ganz einfach, dass jetzt die Politik gefordert ist, sich mit den EU-Auffassungen aktiv auseinander zu setzen, auch wenn zuerst die Bundesregierung dazu befragt ist. Nach uns vorliegenden Informationen muss sich gegenwärtig die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission erklären, inwieweit sie das deutsche Sparkassenrecht mit dem Gemeinschaftsrecht in Übereinstimmung bringt. Die Bundesregierung kann jedoch wegen der Zuständigkeit der Länder eine solche Angelegenheit nicht regeln, ohne vorher auch die Länder zu fragen, so meinen zumindest wir. Wir halten es deshalb für notwendig, dass sich Landtag und auch Landesregierung zur Zukunft der Sparkassen positionieren. Ich erfuhr, dass es bereits Überlegungen seitens der Helaba diesbezüglich gibt, diesen EU-Vorgaben gerecht zu werden. Das finde ich gut. Wir fordern aber auch, dass in den Diskussionsprozess der Gesetzgeber rechtzeitig mit einbezogen wird. Es ist nicht vernünftig und kann wohl auch nicht angehen, dass wir solche Informationen, die außerordentlich wichtig sind, aus der Presse erfahren.

Frau Abgeordnete, ich muss auch Sie mahnen, aber wegen der Redezeit. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, gut. Ich meine, dass wir uns nicht nur mit der Landesbank beschäftigen müssen, sondern künftig eben auch mit der Sparkassenorganisation und das war letztlich auch der Hintergrund für die Beantragung der heutigen Aktuellen Stunde. Wir meinen, dass im Ergebnis dieser Aktuellen Stunde wirklich weitere parlamentarische Aktivitäten notwendig sind.

Letzter Satz, Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist um. Das Anliegen ist verstanden, glaube ich.

Es reicht auch, ich danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Mohring, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht kann ich das fortsetzen, was Frau Dr. Wildauer sagen wollte,

(Heiterkeit bei der CDU)

weil wir tatsächlich bei dem Thema Sparkassen und Erhalt der Sparkassenstruktur in Thüringen und in Deutschland überhaupt nicht weit auseinander liegen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Verges- sen Sie die kommunalen Betriebe nicht!)

Wenn der Schemmel nicht immer dazwischenreden würde, könnte man hier manche Debatte viel sachlicher führen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich denke, wir sind uns in der Bewertung auch einig darüber, dass wir tatsächlich, nicht nur die Thüringer, auch andere Bundesländer, uns einig sind, dass das, was Gewährträgerhaftung ist in Deutschland und was Anstaltslast ist, halt nicht den Beihilfetatbestand erfüllt nach dem EU-Recht, so wie das die Europäische Bankenvereinigung sieht und so wie das offensichtlich auch die EU-Kommission sehen will. Deshalb ist es wichtig und es ist auch wichtig, dass wir darüber reden und möchten noch einmal ganz klar sagen, dass künftig alle, sowohl der Sparkassen- und Giroverband als auch die Politik in Deutschland, mit einer Stimme reden müssen, weil nur dann hat es auch Sinn, die schwierige Konstruktion, die in den anderen europäischen Ländern eben nicht vorherrscht, dass wir mit Gewährträgerhaftung und Anstaltslast arbeiten, dass auch die anderen das Verständnis dafür aufbringen, dass wir dieses Institut, was es schon lange vor der EU gab, was es vor der Europäischen Union gab, was es vor der Kommission gab, was es vor den Beihilfevorschriften in Europa gab, dass dieses in Deutschland vorhandene Institut beibehalten werden kann. Das ist wichtig, diese Vermittlung rüberzubringen, und es ist deshalb wichtig, allein, es ist auch von der SPD angesprochen worden, mit dem Blick nach England einfach noch einmal zu sehen, dort wissen die, die sich ein bisschen damit beschäftigt haben, mit dem Thema, im Vorfeld, dass 4 Mio. Bürger in England kein Konto besitzen. Es hängt einfach damit zusammen, dass diese ortsnahe Struktur von Sparkassen, so wie sie bei uns in Deutschland vorherrscht, fehlt. Diese Struktur wollen wir hier verhindern, dass so etwas entsteht. Wir wollen, dass jeder Anspruch auf sein Konto hat und jeder auch die Möglichkeit hat, Kreditinstitute und ihre Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: So ist es.)

Wir wollen das vor allen Dingen auch deshalb, weil eben gerade nur die Sparkassen in Deutschland diejenigen sind, die erstens sehr flächendeckend vor Ort für den Bürger da sind und die unsere mittelständische Struktur in Deutschland und vor allem auch in Thüringen, deswegen reden wir hier auch im Thüringer Landtag darüber, dass auch unsere mittelständische Handwerksstruktur in Thüringen mit Krediten versorgt werden kann. Es ist tatsächlich so über den Daumen gepeilt, dass bei den meisten Landkreisen, dort wo Sparkassen auch da sind, dass das

Kreditvolumen bei den Großbanken, was Handwerker und Mittelständler haben, bei 10 Prozent liegt und dass tatsächlich das Kreditvolumen insgesamt, was Handwerker und Mittelständler bei Sparkassen haben, bei 60 Prozent liegt. Allein dieser Unterschied zeigt, wie wichtig die Verbundenheit und die Nähe zur Sparkasse ist.

Meine Damen und Herren, dennoch bleibt ein wichtiger Wermutstropfen. Ich will darauf nicht großartig eingehen, weil das den Europapolitikern vorbehalten bleiben sollte, aber ein Blick auf Nizza sei gestattet mit dem Hinweis darauf, dass es der Bundesregierung nicht gelungen ist in Nizza, den Begriff und die Definition für die Daseinsvorsorge abschließend zu definieren. Das ist nicht zustande gekommen, weil natürlich auch andere das Verständnis dafür nicht aufbringen, aber angesichts der Diskussion, die wir um die Sparkassenstruktur in Deutschland haben, wegen dem Beihilfeverfahren, wäre es sinnvoll gewesen, auch in Nizza da schon einen Pflock einzuschlagen in der Frage. Das ist nicht passiert, es ist offen. Letztendlich müssen wir mit den Konsequenzen und der Auseinandersetzung mit der Kommission dazu leben.

Meine Damen und Herren, vor einem dürfen wir auch nicht die Augen verschließen, nämlich davor, dass die Sparkassen in Thüringen trotz der Diskussion oder vielleicht auch wegen der Diskussion auch nicht umhinkommen Fusionsgedanken zu hegen und weitere Fusionen ihrer Sparkassen voranzutreiben. Das ergibt einfach die Notwendigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit. Vor diesem Blickwinkel darf sich natürlich niemand verschließen und deshalb ist es für uns besonders wichtig, dass wir gegenüber der Europäischen Union obsiegen, nämlich weil dann natürlich möglicherweise einige Kreisfürsten auf die Idee kommen würden, ihre Anteile den Sparkassen zu verklingeln und das Geld ruckzuck in ihre Haushalte einzustellen. Nach zwei Jahren hat niemand mehr etwas davon, weil dieses zusätzliche Geld verbraucht ist. Diese Gefahren sind natürlich auch da. Das darf man bei der ganzen Diskussion nicht verkennen. Ich bin aber an der Stelle noch einmal froh, dass wir uns hier im Parlament einig sind mit dem Appell auch nach außen hin, dass hoffentlich auch alle anderen Beteiligten mit einer Stimme gegenüber der Europäischen Kommission sprechen. Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Sedlacik, PDSFraktion, um die Einigkeit weiter zu verstärken.

Es freut mich natürlich, das noch weiter fortzusetzen, was Frau Dr. Wildauer gesagt hat und mein Vorredner, Herr Mohring. Natürlich hat man eine Einmütigkeit hier im Parlament nicht so sehr oft und ich denke, wir sind

schon ganz neugierig, wie sich das Land auch positionieren wird, denn in den Kommunen und Sparkassen ist natürlich eine große Verunsicherung da. Ich möchte nichts wiederholen. Soziale Aspekte sind genannt worden, es ist auch genannt worden, dass die kommunale Trägerschaft unbedingt beibehalten werden muss. Warum? Ich möchte hier noch ein paar Argumente hinzufügen. Die kleine und mittelständische Wirtschaft braucht auch unbedingt die Sparkassen vor Ort, denn es nützt ihnen nichts, wenn am grünen Tisch in Frankfurt am Main bestimmte Verträge ausgehandelt werden, denn gerade die Sparkassen sind in der Lage, die Beratungspflicht oder Beratungsmöglichkeiten als Dienstleistung besonders anzubieten. Und die Bank vor Ort, mit der kann man anders arbeiten als mit einer Bank irgendwo weit weg.

(Beifall bei der PDS)