Protokoll der Sitzung vom 08.11.2001

Herr Abgeordneter Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zunächst sage ich erst einmal etwas, was ich ausdrücklich ehrlich meine. Vielen herzlichen Dank an Herrn Dr. Pietzsch für den Bericht und die Schilderung des Ablaufs, was sich in den vergangenen Tagen ereignet hat. Ich denke, das hat auch einigen, gerade Ihnen von der Opposition, gut getan, das vielleicht auch noch einmal zu hören. Ich hoffe, Sie haben es auch verinnerlicht.

Frau Klaus, Sie haben eben gesagt, Sie haben in der vergangenen Woche der Versuchung widerstanden, etwas dazu zu sagen. Sie hätten das vielleicht Ihren Kollegen auch kundtun sollen und Sie hätten vielleicht dieser Versuchung auch heute widerstehen sollen, denn so konstruktiv war das nicht, was von dieser Seite von Ihrer Fraktion in den vergangenen Tagen dazu kam.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Was ist denn von Ihnen gekommen?)

Ich denke, Frau Klaus, wir sind sicherlich alle froh, dass sich der Verdacht nicht bestätigt hat. Vor allem hoffen wir, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaus, SPD: Hoffen allein hilft auch nicht.)

Herr Dr. Pietzsch hat gerade darauf hingewiesen, dass wir, um da etwas zu tun, die Analysemöglichkeiten, die Untersuchungsmöglichkeiten verbessern wollen und werden. Das ist richtig und wichtig. Es ist in den vergangenen Tagen auch zu hören gewesen, dass wir die Strafen für Trittbrettfahrer verstärken wollen, auch das ist richtig und wichtig.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Aber jetzt zum Thema.)

Zum Thema komme ich jetzt gern. Ich habe mir nämlich in Vorbereitung auf die Aktuelle Stunde das angeschaut, was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, in den vergangenen Tagen zu diesem Thema in den Medien kundgetan haben. Da ist mir schon einiges an Widersprüchen und an offensichtlich unterschiedlichen Meinungen aufgefallen. Wenn Frau Heß in einer Pressemitteilung der SPD gar spekuliert, vielleicht habe der Minister gar vorsätzlich den Ausschuss nicht informiert und der Minister habe vielleicht dazu beigetragen, den Thüringer Bürgern Stunden der Angst zu bereiten, dann, denke ich, ist das schon ein relativ straffes Stück für eine Sozialpolitikerin, wenn Sie das einem Minister hier unterstellen.

(Zwischenruf Abg. Heß, SPD: Es war aber so.)

Vor allem vergessen Sie dabei, dass Ihre Kollegen in Schleswig-Holstein zeitgleich aus einem ähnlichen Anlass vor die Presse gegangen sind und glücklicherweise sich auch dort dieser Verdacht nicht bestätigt hat.

(Zwischenruf Abg. Heß, SPD: Es hat aber der Brief dort nicht eine Woche herumgelegen.)

Die PDS-Fraktion hat in einer Pressemitteilung von Frau Thierbach erklären lassen, dass es wichtig wäre, Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig über Gefahren zu informieren, denn das könne Panik verhindern. Richtig, und das haben Sie auch hier wieder gesagt. Ihr innenpolitischer Sprecher, Herr Hahnemann, hat der Regierung in einer dpa-Meldung vorgeworfen, die Regierung habe Informationen zu lange zurückgehalten. Das passt nicht so ganz zusammen.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Wenn man hinhört, passt es zusammen.)

Herr Gentzel hat in einer dpa-Meldung gesagt, er habe kein Verständnis dafür, dass Politiker für einen Fünfminutenauftritt in der ARD solche Pressekonferenzen veranstalten würden. Der gleiche Vorwurf, Frau Heß, den ich Ihnen gemacht habe, trifft in diesem Fall ganz sicher auch zu. Herr Ramelow hat gesagt, die beiden Minister würden zur Verwirrung und Hysterie beitragen. Er wäre der Meinung, der Verdacht müsse geheim bleiben. Frau Thierbach, Sie haben es vorhin richtig gesagt. Sie haben im MDR gesagt, Sie fänden es richtig, dass die Öffentlichkeit informiert wurde. Sie haben im MDR aber noch etwas Weiteres gesagt, was Sie hier am Pult nicht gesagt haben. Sie haben nämlich gesagt, Sie sind der Auffassung, ein geheimer Verdacht bleibe nicht lange geheim, deswegen wäre dies richtig. Auch das spricht dafür, dass es richtig war, dass der Minister die Öffentlichkeit informiert hat. Ich denke, allein an den Beispielen, die ich hier aufgezeigt habe, wird deutlich, dass das, was Sie in den letzten Tagen dazu gesagt haben, widersprüchlich in

sich ist und ein Stückchen davon zeugt, dass auch Sie von Ratlosigkeit

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ratlosigkeit der Landesregierung...)

geprägt sind, aber gleichzeitig ein gewisses Profilierungsstreben betreiben. Aber auch Sie müssten sich zu dieser Thematik unbedingt äußern und irgendwo ein Stückchen zur Verunsicherung beitragen.

Ich denke, das haben wir gehört, nichts ist so gut, als dass wir es nicht besser machen könnten. Konstruktive Kritik dazu ist richtig und wichtig. Nicht hilfreich ist dabei aber profilneurotische Besserwisserei. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten sehe ich keine Meldungen, aber der Herr Minister möchte noch mal. Bitte, Herr Minister Dr. Pietzsch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nehme noch mal gerne zu dem, was hier gesagt worden ist, Stellung. Ich stehe nach wie vor dazu, dass die Pressekonferenz in der Situation, in der wir uns befanden, die richtige Reaktion gewesen ist. Ich habe auf die Anfrage im Rahmen der Landespressekonferenz, die ich am Dienstag gehalten habe, wo ich gefragt wurde, ob ich es genauso machen würde - unter den gegebenen Umständen würde ich es genauso machen, sage ich Ihnen hier ganz deutlich.

Meine Damen und Herren, ich habe vielleicht nicht deutlich genug gemacht, ich will es aber hier noch einmal deutlich sagen: Es muss auch zwischen allen Bundesländern und der Bundesregierung in diesem Fall eine Abstimmung geben. Da ist auch ein gewisser Nachholbedarf.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaus, SPD: Der meiste Nachholbedarf ist in Thüringen.)

Frau Dr. Klaus, ich kann Ihnen und Frau Heß nur sagen, wenn Sie Konsequenzen fordern, dann fordern Sie die und wenn Sie den thüringischen Sozial- und Gesundheitsminister für einen Deppen halten, dann halten Sie Frau Moser in Schleswig-Holstein genau so für eine Deppin, denn die haben nicht anders reagiert.

(Beifall bei der CDU)

Das ist Ihre Parteigenossin. Ich verwahre mich ganz entschieden gegen diese Unverschämtheit aus Ihren Reihen. Das ist Ihr Aktionismus, um zwei Minuten im Fernsehen gewesen zu sein, der mich veranlasst hat, die Pressekonferenz zu halten. Ich wäre froh und glücklich gewesen, wenn ich diese Pressekonferenz hätte nicht halten müssen. Und das habe ich auch den Journalisten vor Ort gesagt, meine Damen und Herren. Es ist schon peinlich, es ist wirklich peinlich, wie Sie aus dieser ernsten, wirklich ernsten und verantwortungsvollen Situation versuchen politischen Aktionismus herauszuholen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist unredlich, was Sie da vorwerfen, meine Damen und Herren. Was die Verantwortung angeht, ich habe sehr deutlich gesagt und ich sage es hier noch einmal, die Untersuchungszeit ist zu lange gewesen und das muss sich ändern. Ich sage auch, dass ich mich durchaus, auch als Person, in der Verantwortung fühle, hier die Strukturen zu ändern und dafür zu sorgen, dass solch eine lange Untersuchungszeit nicht wieder vorkommt.

Ich weiß nicht ganz, Frau Dr. Klaus, was Sie mit dem Nordhausen-Fall gemeint haben? Wir haben in der Zwischenzeit 95 Fälle. Vergessen Sie doch bitte nicht, der Fall in Rudolstadt ist doch nicht der einzige Fall. Wir haben 95 Fälle, bloß es sind negative Fälle, Gott sei Dank, gewesen bei den Untersuchungen. Gott sei Dank. Hier ist ein positiver Verdacht und zwar ein hochgradiger Verdacht nicht von einem Waschküchenlabor geliefert worden, sondern einem Bundesinstitut, was Referenzlabor für dieses ist. Und diese Aussage, die habe ich verdammt noch mal ernst zu nehmen, die kann ich nicht einfach unter den Tisch kehren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, helfen Sie mit, dass wirklich sachlich mit den Dingen umgegangen wird, denn es ist doch nicht zu Ende. Machen wir uns doch nichts vor, es geht doch noch weiter. Wir müssen hier zusammenstehen, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Natürlich müssen wir Schwachstellen ausräumen, da habe ich nie ein Geheimnis daraus gemacht. Aber, ich denke, wir müssen auch als Demokraten und Parlamentarier hier zusammenstehen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

So, weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Ich kann damit auch den zweiten Teil der Aktuellen Stunde schließen.

Wir kehren zurück in die laufende Tagesordnung und kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 4, das heißt, wir haben noch viel zu tun.

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Meldegesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1837 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1926 ZWEITE BERATUNG

Als Berichterstatter wurde Abgeordneter Pohl benannt und wir sind in der zweiten Beratung. Ich bitte zunächst mit der Berichterstattung zu beginnen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf - Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Meldegesetzes - wurde durch das Parlament am 11. Oktober 2001 an den Innenausschuss überwiesen. Im Innenausschuss wurde er gründlich beraten und so auch bestätigt. Ich bitte um Annahme dieses Änderungsgesetzes.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Wortmeldungen zur Aussprache liegen mir nicht vor. Wir kommen damit unmittelbar zur Abstimmung und zwar direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, wir haben es eben gehört, in Drucksache 3/1926 die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzenwurf zustimmen, dies mit Handzeichen anzuzeigen. Danke, übergroße Mehrheit. Trotzdem die Frage nach Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Auch nicht. Dann einstimmig so angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Ich bitte die Abgeordneten, die zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. Danke. Ich frage auch hier nach Gegenstimmen? Was nicht der Fall ist. Enthaltungen? Auch nicht. Dann auch in der Schlussabstimmung einstimmig angenommen.

Wir können den Tagesordnungspunkt 4 schließen.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1902 ERSTE BERATUNG

Ich frage, wird Begründung durch den Einreicher gewünscht. Das ist der Fall. Der Abgeordnete Schemmel, SPD-Fraktion, hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute früh eine Regierungserklärung entgegen genommen und da ging es lang und gründlich um Demokratie und die Verteidigung unserer Demokratie. Nun weiß jeder, dass die Verteidigung der Demokratie kein technischer Vorgang ist, sondern dass dies ein Prozess ist, der nur von den Bürgerinnen und Bürgern getragen und geführt werden kann. Ich erinnere an das Zitat vom Ende der Weimarer Republik, das Sie alle kennen, dass es dort an Verteidigern der Demokratie gemangelt habe. Verteidigung setzt aber voraus, dass ich das, was ich verteidigen will, innerlich akzeptiere. Diese Akzeptanz, die setzt voraus, dass mir das Geschehen transparent ist. Das heißt, nur wenn ich etwas durchschauen kann, kann ich es auch begreifen. Dann kann ich auch diese Demokratie verteidigen. Unser Entwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, der will nur dieses Ziel erreichen, dass wir die Transparenz für den Bürger herstellen und dass wir damit dem Bürger die Möglichkeit geben über Akzeptanz auch für die Verteidigung unserer Demokratie einzutreten. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das war die Begründung. Damit kommen wir zur Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hahnemann, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in unserer Informationsgesellschaft wird die ökonomische Kluft überlagert durch die digitale Kluft, das heißt, durch den unterschiedlichen Zugang zu Informationen. Auch national sind die Zugangsmöglichkeiten zu Informationsund Kommunikationstechnologien ungleich verteilt. Bundespräsident Rau sprach in diesem Zusammenhang von einer "Wissensgesellschaft mit beschränktem Zugang". Informationen und der zeitnahe Zugang zu ihnen ist aber eine Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe. Also müsste ein Informationszugangsrecht den Charakter eines Grundrechts haben. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion für ein Thüringer Informationsfreiheitsgesetz ganz ausdrücklich. In Brandenburg sieht die Landesverfassung in Artikel 21 ein Informationszugangsrecht als Grundrecht vor. In Thüringen ist das leider nicht der Fall. Aber auch das Grundgesetz und die Thüringer Landesverfassung enthalten Ansatzpunkte für Informationszugangsrechte. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der besonderen Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, wie es in Artikel 2 Grundgesetz und Artikel 6 Abs. 2 der Thüringer