Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

Meine Damen und Herren, die verfassungsrechtlichen und bürgerrechtlichen Bedenken, die die PDS-Fraktion mit der Befugnis gemäß § 14 Abs. 5 Polizeiaufgabengesetz hat, sind hier entsprechend des Urteils von MecklenburgVorpommern nochmals ausführlich formuliert worden. Ich fordere Sie auf, warten wir nicht auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichts in Weimar, das uns zwingt, die Verfassungswirklichkeit wieder herzustellen. Aber ich kann Ihnen ankündigen, sollte es in diesem Rahmen zu keiner Änderung des Artikels 14 Abs. 5 Polizeiaufgabengesetz kommen, wird sich die PDS-Fraktion genötigt sehen, sich um eine Auslegung durch den Verfassungsge

richtshof zu bemühen oder bereits öffentlich angekündigte Klagen zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, ich beantrage nochmals die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend an den Innenausschuss, mitberatend an den Justizausschuss. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Es hat das Wort der Abgeordnete Pohl, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Dittes, eine Vorbemerkung: Ich persönlich bin überzeugt, in einem Rechtsstaat und nicht in einem Polizeistaat zu leben.

(Beifall bei der CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Du hast ja Recht.)

Ich denke, zu diesem von der PDS eingebrachten Antrag sind die Argumente ausgetauscht. Immerhin beraten wir nach zwei Lesungen im Jahre 1997, der damaligen Beschlussfassung und der Debatte am 16. Dezember des vergangenen Jahres dieses Thema zum vierten Mal. Aus meiner Sicht, neue Erkenntnisse gibt es nicht.

(Zwischenruf Abg. Zimmer, PDS: Inzwi- schen gibt es ein Verfassungsgerichtsurteil.)

Der Grundsatz, was wir wollen, ist ein Staat, in dem die Bürger vor Verbrechen geschützt werden. Gerade die verdachtsunabhängigen Personenfeststellungen sind eine Maßnahme von relativ geringer Eingriffsintensität, immer wieder auch aus der Sicht des Gemeinwohls. Diese vom Thüringer Landtag beschlossene Gesetzesänderung am 27.11.1997 diente nach dem Wegfall der Grenzkontrollen der Schließung einer Gesetzeslücke, die auf eine landesrechtlich eindeutige Rechtslage gestellt wurde. Die Zahlen, die in der vergangenen Beratung im Dezember des vergangenen Jahres genannt wurden, sprechen doch für sich. Zur Erinnerung möchte ich hier nur zwei Zahlen noch einmal nennen. Bei ca. 70.000 Kontrollen wurden über 3.370 Straftäter festgestellt, von sichergestellten entwendeten Kfz, illegalen Waffen und Drogen, die dann ein Abfallprodukt sind, ganz zu schweigen. Das ist die eine Seite, aber es gibt natürlich auch ganz konkret die rechtliche Seite. Wir halten nach wie vor an der Auffassung fest, dass die die verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrollen regelnde Befugnisnorm mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Sie stellen eine unverzichtbare Ergänzung der vorhandenen Instrumentarien zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kri

minalität dar.

Konkret gesagt: Die in Artikel 6 Abs. 3 unserer Verfassung festgelegten Persönlichkeitsrechte dürfen nur aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Gerade das haben wir mit der Gesetzesnovellierung 1997 vollzogen.

Noch eine Bemerkung, Herr Dittes: Die von Ihnen gemachte Aussage am 16.12.1999 - ich zitiere: "Die Befugnisse der Polizei ins Unermessliche auszudehnen und damit die Bürgerrechte immer weiter einzuschränken, weise ich auch hier noch einmal mit Nachdruck zurück." Ich sage immer wieder, was zählt, ist das Allgemeinwohl. Gerade aus den noch einmal hier dargelegten Argumenten und aus diesen Gründen lehnen wir auch diesen Antrag zum zweiten Mal ab. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Fiedler, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Pohl hat ja jetzt schon einige Dinge gerade gerückt, die Herr Dittes angesprochen hat und hat es noch einmal verdeutlicht, dass wir uns mit dieser Materie des Gesetzentwurfs, bei der es gerade um die ereignis- und verdachtsunabhängigen Kontrollen geht, mehrfach beschäftigt haben. Wir haben es in den Ausschüssen diskutiert. Wir haben die rechtliche Abwägung hier vorgenommen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir dieses Gesetz damals 1997 geschaffen haben. Ich glaube, Herr Pohl, wir haben damals in der Koalition gemeinsam diesen Gesetzentwurf getragen und ich bin dankbar, dass auch heute die SPD weiterhin zu diesem Gesetzentwurf steht. Meine Damen und Herren der SPD, stellen Sie sich vor, Herr Dr. Dewes hätte sich durchgesetzt, Sie hätten heute eine Koalition mit der PDS, wie Sie damit heute umgehen müssten. Ich möchte noch einmal in den Raum stellen, dass man das nicht vergisst, wie das dann einmal gehen kann, wie man dann in die Konflikte gerät.

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Ein echtes Problem.)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ken- nen Sie ja, im Augenblick...)

Naja, auch Staatssekretäre der Justiz, die sich ja sicher aufmerksam auch damals mit der Materie beschäftigt haben - unser damaliger Minister hat ja das auch geprüft, dass es gesetzeskonform ist -, werden dem auch heute weiter zustimmen. Da bin ich mir sehr sicher. Herr Dittes, ich möchte auch noch einmal darauf verweisen, Sie hatten ja die Argumente gebracht mit Mecklenburg-Vorpommern,

Verfassungsgericht. Sie wissen so gut wie ich - wir alle wissen es -, vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Wir gehen davon aus, dass unsere Argumente, die wir vorgelegt haben mit dem Gesetzentwurf, mit der Begründung, die auch der Justizminister Dr. Birkmann untermauert hat... Sie können das nachlesen im Protokoll vom 16. Dezember 1999 auf der Seite 302, dort ist es noch einmal dargelegt. Ich will da nicht noch einmal tief einsteigen, weil wir es ausgiebig gemacht haben. Ich gehe davon aus, dass hier das Gericht, wenn es zur Entscheidung kommt, Sie haben ja angekündigt, dass Sie in diese Richtung gehen wollen, das ist Ihr gutes Recht, wenn Sie meinen, das so zu machen, wir denken, dass sich das Gesetz bewährt hat im Freistaat Thüringen, die Zahlen sprechen für sich, sie sind genannt worden, wenn die Erfolgsquote, wie es Kollege Wetzel geschildert hat, bei 7 Prozent der durchgeführten Maßnahmen liegt, so gibt es offenbar Ereignisse, die zu kontrollieren und aufzuklären sind. Ich denke, es gibt hier einen Verdacht. Es ist noch einmal deutlich gemacht worden, dass auch bei diesen ganzen Kontrollen doch viele Dinge aufgeklärt werden konnten. Ich konnte bis jetzt noch nicht feststellen, mir ist es jedenfalls nicht bekannt, dass es von Bürgern, die kontrolliert werden - jawohl sie werden kontrolliert und es wird dem einen oder anderen auch unangenehm sein - in Größenordnungen - Staatssekretär Speck hat es dargestellt - Beschwerden gibt. Ich glaube auch, es nützt nichts, wenn man immer wieder Horrorszenarien an die Wand wirft. Ich erinnere mich noch recht gut, in der 1. Legislatur, Herr Dittes, Ihr Vorgänger, der Herr Höpcke, hat auch immer solche Szenarien hier vorn von der Polizei dargestellt, wie die bösen Polizisten die armen Menschen - es waren Demonstranten, aber nicht Demonstranten, sondern so Rechte und Linke, die durch das Land ziehen - und Sie erinnern sich noch an Maura, was wir vor kurzem diskutiert haben, wie die Polizei gerade auch mit diesem Instrumentarium hier mit eingreifen kann. Wir sollten einfach bei den Tatsachen bleiben. Bis jetzt gibt es keine Beschwerden von Betroffenen, jedenfalls sind sie nicht bekannt. Es hat sich bewahrheitet, dass mit diesem Instrumentarium die innere Sicherheit im Freistaat weiter und noch verstärkt gewährleistet werden kann. Ich glaube, die Menschen im Lande spüren das schon, dass hier nicht überzogen wird und dass hier kein Polizeistaat ist. Ich weise das noch einmal ausdrücklich zurück. Wir sind in einem Rechtsstaat angekommen, Herr Dittes, und ich glaube, Sie wissen doch, wie das geht, es trifft den einen oder anderen. Wir sind im Rechtsstaat und das ist gut so. Ich glaube, dass wir hier auch bleiben sollten. Ich will jetzt gar nicht noch einmal auf die ganzen Dinge eingehen, sie sind ausgiebig benannt worden. Ich jedenfalls lehne es im Namen meiner Fraktion ab, dass wir es im Ausschuss noch einmal beraten, und ich fordere auch meine Kolleginnen und Kollegen auf, gemeinsam mit der SPD Ihren Gesetzentwurf abzulehnen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Wie ich sehe, liegen keine weiteren Wortmeldungen vor; dann die Landesregierung, Herr Minister Köckert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, Ihre Rede, Herr Dittes, hat erstens deutlich gezeigt, Sie wissen überhaupt nicht, was ein Polizeistaat ist, haben wahrscheinlich auch eine vollkommen verkehrte Vorstellung davon. Und die Bilder, die Sie von einem Polizeistaat malen, der sich hier angeblich ausbreiten würde, sind mehr als lächerlich. Damit verniedlichen Sie eigentlich das Problem eines wahren Polizeistaats. Man fragt sich in der Tat, warum Sie so etwas machen. Ich frage mich z.B. auch, warum Sie die Erfolge dieser verdachtsunabhängigen Kontrollen ignorieren, Sie, der sich in einer Menge von Kleinen Anfragen statistisch von der Landesregierung nach Jahresscheiben geordnet jedes rechte Skin-Konzert, welche Titel dort gespielt worden sind, welche Bands aufgetreten sind, aufbereiten lässt, und das alles noch nach Örtlichkeit und nach Jahreszahl. Ich wundere mich nur, dass Sie es nicht auch noch nach Monaten machen. Sie haben bisher noch keine einzige Anfrage gestellt, wo Sie einmal danach gefragt haben, wie viele Rauschgifttabletten, wie viel Heroin, wie viele Waffen, wie viele Fahrzeuge denn bei den ereignis- und verdachtsunabhängigen Kontrollen aufgegriffen worden sind, dann könnten wir Ihnen sehr genau zeigen,

(Beifall bei der CDU)

dass das, was Sie versucht haben herunterzuspielen, in der Tat eine beträchtliche Menge ist. Wenn man zig Tausende Ecstasy-Tabletten aus den Autos herausholt, wenn man kiloweise Heroin von den Autobahnen herunterholt, dann kann ich Ihnen nur sagen, das ist ein Beitrag zur Stärkung der inneren Sicherheit.

(Beifall bei der CDU)

Es macht einfach, denke ich, das sollten Sie auch als Opposition nach den ganzen Jahren lernen, keinen Sinn, gegen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Politik machen zu wollen.

(Beifall bei der CDU)

Das macht überhaupt keinen Sinn. Solange ich Innenminister in diesem Freistaat bin, werde ich dafür Sorge tragen, dass wir der Polizei dieses Instrument der verdachtsund ereignisunabhängigen Kontrollen belassen, weil es eine beträchtliche positive Wirkung auf die innere Sicherheit hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe einer Prüfung vor dem Verfassungsgericht gelassen entgegen. Lassen Sie es doch darauf ankommen. Wir sind als Landesregierung der Meinung, dass es nicht die Befugnisse der Polizei überschreitet. Wenn Sie anderer Meinung sind, lassen Sie es prüfen. Ich denke, die positiven Aspekte dieses Paragraphen des Polizeiaufgabengesetzes überwiegen in großem Maße. Bisher, ich glaube der Abgeordnete Fiedler hatte es schon erwähnt, hat sich noch keine einzige der kontrollierten Personen beschwert. Vermutlich war da kein Gesinnungsgenosse von Ihnen dabei, das kann ja sein, aber keine einzige Beschwerde in dieser Angelegenheit ist

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Gibt es zu wenig.)

in Thüringen erhoben worden. Die Erfolge, die wir auf den Autobahnen, auf der A 9, auf der A 4 und auf anderen wichtigen Bundesstraßen in unserem Land haben, geben uns Recht, dass wir diese Bestimmung im Polizeiaufgabengesetz belassen. Ich bin der CDU-Fraktion wie auch der SPD-Fraktion sehr dankbar, dass sie hier Ihren Antrag ablehnen werden. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Dr. Birkmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Dittes, nachdem Sie mich ausdrücklich angesprochen haben, glaube ich, sollte ich Ihnen ganz kurz erwidern. Ich finde es schon beeindruckend, wie Sie anhand eines vorbereiteten Redemanuskripts hier zehn Minuten referieren. Ich habe Ihnen letztens schon gesagt, wir replizieren. Ich repliziere auf Ihre Ausführungen. Ich möchte allerdings mit aller Entschiedenheit zurückweisen, wenn dies nicht anhand eines zehn- oder zwanzigseitigen Manuskripts geschieht, sondern ad hoc, dass dies nicht wohl überlegt sei. Wir haben selbstverständlich - ich habe die Mappe mitgebracht - unmittelbar im Anschluss an die Entscheidung des Verfassungsgerichts von Mecklenburg-Vorpommern im Justizministerium die Frage erneut geprüft. Ich kann das bestätigen, was der Abgeordnete Fiedler gesagt hat, so, wie mein Vorgänger Herr Kretschmer und das Justizministerium zum Ergebnis gekommen sind, dass die damalige Regelung verfassungskonform ist, das ist auch jetzt das Ergebnis dieser Prüfung. Es gibt keinen Anlass dafür anzunehmen, dass inzwischen aufgrund der Erkenntnisse durch das Verfassungsgericht in Mecklenburg-Vorpommern wir zu einer anderen Bewertung gekommen sind. Ich habe auch letztens gesagt, dass ich der festen Überzeugung bin, weil die Argumente so, wie wir sie sehen, den rechtlichen Voraussetzungen entsprechen, dass unsere Regelung vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof Be

stand haben wird, und zwar deswegen, weil die Voraussetzungen klar sind. Es ist eine Güterabwägung vorzunehmen - der Abgeordnete Pohl hat eben noch einmal auf Artikel 6 hingewiesen -, und das ist geschehen. Ich finde, es ist einfach, zu sagen, es sei keine Zeit vorhanden gewesen, wir hätten das so runtergesagt. Das stimmt nicht, wir haben das sehr gründlich geprüft und der Bürger kann sich hier darauf verlassen, dass das, was angewendet wird, auch Bestand hat, dass das richtig und rechtens ist. Darauf möchte ich hinweisen. Und Ihr Hinweis zur Schleierfahndung - auch da weise ich darauf hin, dass ich versucht habe hier darzutun, wie sich dies aus den Ereignissen in den 70er Jahren entwickelt hat. Dabei bleibe ich auch.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung. Von der PDS war Ausschussüberweisung beantragt. Ich lasse zunächst darüber abstimmen. Wer für eine Ausschussüberweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Das ist abgelehnt. Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich frage: Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/139 - zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Er ist abgelehnt. Das heißt, bei Gesetzentwürfen aufstehen. Reicht. Gut, es ist abgelehnt, es ändert nichts am Ergebnis.

Dann kommen wir zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3

Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/160 ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Wildauer. Wir nehmen jetzt einen Wechsel im Präsidium vor, Frau Dr. Klaubert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben heute in zweiter Lesung über den Gesetzentwurf der PDS zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung zu beraten, der sich ausschließlich auf das kommunale Wirtschaftsrecht richtet. Bevor ich zum Anliegen der Initiative meiner Fraktion komme, erlaube ich mir eine Vorbemerkung. Herr Staatssekretär Speck und Herr Abgeordneter Böck gefielen sich in der ersten Lesung darin, meine Fraktion mit billiger Polemik zu überziehen. Abgesehen davon, dass sie damit Unkenntnis über die Entwicklung kommunaler Wirtschaftsstrukturen in der Geschichte der BRD vorführten, abgesehen auch davon, dass diese billi

ge Polemik von demokratisch unverantwortlicher Ignoranz gegenüber dem Deutschen Städtetag und dem Verband kommunaler Unternehmen zeugt, abgesehen also von diesen tatsächlich Besorgnis erregenden Darstellungen, kann ich mir nicht verkneifen Ihnen mitzuteilen, dass es mir sehr schwer fällt, hier nicht öffentlich Vermutungen darüber anzustellen, wer sich womöglich für die wirtschaftliche Schwäche der Kommunen erkenntlich zeigen könnte. Der interne Spenden- und Entscheidungsfilz der CDU übertrifft ja alle Phantasien.

(Beifall bei der PDS)

Wenn Herr Staatssekretär Speck der PDS am Beispiel des vorgelegten Entwurfs unterstellte, sie könne nicht von Staatswirtschaft ablassen, dann trifft diese Behauptung ebenso auf den Thüringer Gemeinde- und Städtebund zu. Bemerken darf ich, dass es die von uns vorgeschlagene Regelung bereits in anderen Bundesländern, u.a. in Bayern in Bezug auf das selbständige Kommunalunternehmen, gibt. Eine Vermutung über den Grund für die Art und Weise der Äußerungen verkneife ich mir, wie gesagt, mühsam.

Ein anderer möglicher Grund wäre, dass Herr Staatssekretär die Vorschläge des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes und des Verbandes kommunaler Unternehmen einfach nicht zur Kenntnis genommen hat. Für einen Staatssekretär ein unverzeihbarer Fehler. Herrn Böck kann ich eine Randbemerkung in seinem persönlichen Krümelbuch, es handelt sich wohl mehr um ein Brockenbuch, nicht ersparen. Auch wenn er das Märchen vom Hasen und Igel noch so schief ins Bild setzte, die PDS-Fraktion hat, wie er sehr genau weiß, keineswegs die Erklärungen der jetzigen Landesregierung zum Standpunkt für ihre kommunalpolitische Arbeit genommen diesbezüglich. Hinweise der Landesregierung diesbezüglich sind nicht notwendig, ganz im Gegenteil. Gerade an der Frage der Thüringer Kommunalordnung arbeiten wir seit Jahren unter Hinzuziehung von Experten, Betroffenen, breiter Öffentlichkeit und ganz besonders mit unseren über 900 PDS-Kommunalpolitikern und -Abgeordneten. Wir kämen ja nicht auf die Idee zu bestreiten, dass es noch Diskussionsbedarf gibt, schließlich haben wir es mit komplizierten Interessenlagen und mit komplizierten Rechtsfragen zu tun. Im Ergebnis unserer jahrelangen Arbeit haben wir uns ein differenziertes Wissen angeeignet und sind im Unterschied zu Herrn Böck - es ist sehr schade, dass er heute nicht da ist - durchaus in der Lage, zwischen kommunaler Infrastruktur und Bäckern zu unterscheiden.

Nun zum Gesetzentwurf unserer Fraktion: Wir verwiesen hier mehrfach darauf, dass die Thüringer Kommunalordnung in Gänze änderungsbedürftig ist. An dieser Stelle beschränken wir uns jedoch auf die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, weil besondere Zeitnot besteht. Die Koalition der vorigen Legislatur und auch die jetzige Landesregierung übten sich mitnichten in hasen

hafter Geschwindigkeit, wie Herr Böck das vorgibt. Obwohl sich das Problem seit langem abzeichnet, vermissen wir bis heute wirksame Aktivitäten der Regierungsverantwortlichen. Für manche Bereiche kann man kaum noch etwas tun. Da hat uns letztlich die Zeit überholt. Andere Bundesländer novellierten ihre Kommunalordnungen bereits vor Jahren entsprechend; Thüringen nicht. Seit längerem liegen Forderungen Betroffener, wie des Verbands kommunaler Unternehmen, auf dem Thüringer Tisch, ohne dass die Regierung sich zu besonderer Eile gemahnt fühlte. Zum Schaden der Thüringer Kommunen, zum Nachteil kommunaler Unternehmen und auf Kosten kommunaler Selbstverwaltung hielt sie an völlig überholten Regelungen der Kommunalordnung fest und sie ließ sich auch von den Ergebnissen der öffentlichen Anhörung des Innenministeriums am 6. Dezember nicht sonderlich beeindrucken. Dort schlugen der Verband kommunaler Unternehmen, Vertreter aus Stadtwerken und der Thüringer Gemeinde- und Städtebund Änderungen des kommunalen Wirtschaftsrechts vor, die mit Schwerpunkten des PDS-Entwurfs übereinstimmen. Ich denke, dass dies Einfluss auf Inhalt und Stil unserer Plenardebatte haben sollte.

Ich komme zur Begründung unseres Gesetzentwurfs. Er ist in drei inhaltliche Schwerpunkte zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen gegliedert.