Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

(Beifall CDU)

Ebenfalls positiv zu bewerten - um einmal dabei zu bleiben, das kann ja durchaus auch aus den Reihen der Opposition mal anerkannt werden, dass es nicht nur Kritik, sondern auch insofern positive Begleitung dieses Vorhabens gibt - ist auch - Frau Ministerin hat es angesprochen -, dass die Regelungen zur Untersuchungshaft nunmehr in einem Gesetz zusammengefasst sind. Auch das ist eine von uns sehr angestrebte Regelung. Weil ich nun einmal beim Positiven bin - und ich will mich bei den inhaltlichen Ausführungen wirklich nur aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht auf das Wesentliche beschränken, denn ich denke, die Ausschussberatungen zu diesem Gesetz werden noch durchaus umfangreich und - ich sage auch schon voraus - sicher interessant werden -, positiv zu bewerten aus unserer Sicht - das ist schon erwähnt worden - ist die Frage der grundsätzlichen Trennung der Untersuchungsgefangenen von verurteilten Strafgefangenen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Die getrennte Unterbringung, insbesondere junger Untersuchungshäftlinge, von den übrigen Gefangenen oder andere Haftarten, ist ebenfalls positiv zu bewerten, wie auch die geplante gesetzliche

Verankerung von schulischer und beruflicher Aus- und Weiterbildung junger Untersuchungshaftgefangener. Über die Frage der Arbeitsmöglichkeiten, die jetzt auch Untersuchungshaftgefangenen eingeräumt werden sollen, muss man sicher im Detail noch einmal etwas näher drüberschauen, weil da einige Formulierungen im Gesetz sind, die mir etwas zu „weich“ sind oder etwas zu große Auslegungen offenlassen. Das ist ein Punkt, den wir durchaus noch einmal im Ausschuss ansprechen wollen.

Ich will aber auch nicht verhehlen, Frau Ministerin, dass es einen Punkt gibt, bei dem ich schon heute ganz entschiedenen Widerstand oder ganz andere Auffassungen deutlich machen will - Sie haben es in Ihrer Rede auch angesprochen -, es geht um die Frage der Einschränkung von Persönlichkeitsrechten von Untersuchungshaftgefangenen. Sie haben sicher recht, wenn das Grundgesetz hier einen Richtervorbehalt nicht ausdrücklich vorsieht, aber alle Einschränkungen von Persönlichkeitsrechten im Bereich des Strafvollzuges wie auch im präventiven Bereich, bei Maßnahmen von Polizei- und Verfassungsschutz, stehen - und ich halte das für ausdrücklich wichtig - unter dem sogenannten Richtervorbehalt. Ich mag und ich will es nicht einsehen, warum ausgerechnet bei den Gefangenen, die selbst nach diesem Gesetzentwurf in § 4 als unschuldig nach wie vor zu gelten haben, dieser sogenannte Richtervorbehalt nicht im Gesetz verankert werden soll, so dass diese Einschränkungsmöglichkeiten von Persönlichkeitsrechten ausschließlich den Anstaltsleitungen obliegen soll. Das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, den werden wir entschieden bekämpfen. Ich habe auch mit einigen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, die bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs mitgewirkt haben, in Gesprächen feststellen dürfen, dass es genau dieser Punkt war, der nach wie vor zu Diskussionen innerhalb der 12er-Gruppe geführt hat. Einige von ihnen waren schon verwundert, dass, bevor dieser Punkt so richtig ausdiskutiert worden ist in dieser Arbeitsgruppe, Thüringen nun den Vorreiter spielt und diesen Gesetzentwurf als Erstes … Ich habe mich heute noch einmal erkundigt, wir sind tatsächlich die Allerersten, und wenn ich mir das geplante Verfahren anschaue, Frau Ministerin, auch mit Blick auf die Kollegen der CDU-Fraktion, die jetzt im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beteiligt sind, wir haben uns durchaus, was die Zeitschiene betrifft, ein ehrgeiziges Ziel offensichtlich vorgenommen und das, obwohl es an dieser Stelle erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt - ich habe es schon einmal gesagt, ich würde es gern noch einmal wiederholen -, wo wir wirklich entschiedenen Widerstand hier ankündigen. Das ist ein Punkt, auf den ich ganz besonderen Wert lege. Deswegen habe ich ihn noch einmal so herausgestellt.

Ansonsten werden wir uns natürlich weiteren umfassenden inhaltlichen Diskussionen dieses Gesetzes im Ausschuss nicht verschließen. Ich möchte mich der Forderung meines Kollegen Hauboldt anschließen, der eine mündliche Anhörung zu diesem Gesetz gefordert hat. Auch das wäre im Interesse der SPD-Fraktion. Wir werden dazu morgen in der frühmorgens angesetzten Ausschuss-Sitzung sicher darüber zu befinden haben. Ansonsten denke ich, dass dieser Gesetzentwurf noch genügend Stoff für inhaltliche, reiche Diskussionen bietet. Danke.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Carius zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ministerin hat schon zahlreiche Dinge zum materiellen Gehalt des Gesetzes ausgeführt. Meine beiden Kollegen haben zwar jeden Esprit vermissen lassen, aber auch zu den inhaltlichen Dingen zahlreich Stellung genommen. Ich möchte deswegen nur zwei Bemerkungen machen.

Ad eins, Herr Kollege Höhn, was Sie jetzt sagen zur Frage, dass die Gerichte nun nicht mehr nur für verfahrensrechtliche, nicht mehr für den Vollzug zuständig sind, da muss man natürlich auch sehen, sicher ist das eine Einschränkung, auf der anderen Seite ist aber der Strafvollzug und sind die Anstalten im Strafvollzug eben so sachnah, dass sich die Frage stellt, ob es wirklich sinnvoll ist, dass die Gerichte hier ständig mit Verfahren, die reine Vollzugsdinge anbelangen, belastet werden. Insoweit ist es auch, glaube ich, unter dem Aspekt, den wir heute Nachmittag in der Aktuellen Stunde beraten haben, nämlich eine Überlastung von Gerichten, zu überlegen, ob es sinnvoll ist, hier die Gerichte zusätzlich zu belasten mit Anforderungen, die sie normalerweise nicht regeln, wo aber die Anstalten sehr viel mehr Erfahrungen vor Ort haben. Aber ich denke, wir werden das inhaltlich sehr gut beraten.

Zum Punkt, den die Linksfraktion gemacht hat: Herr Hauboldt, was die Sache anbelangt, dass Sie insgesamt ein ganz anderes Bild haben von Sicherheitsgesetzen und von Justizvollzugsgesetzen, ich stelle mir persönlich da immer die Frage, ob Sie nicht die Vollzugsgesetze bereits im Bereich der Justiz verwechseln mit den Regeln für ein Ferienlager. Aber die Frage können wir dann sicher auch im Ausschuss klären. Ich beantrage hiermit die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaange

legenheiten. Wir werden uns ja - darauf haben wir uns ja bereits verständigt - in der morgigen Sitzung mit einer mündlichen Anhörung letztlich befassen. Unsere Fraktion wird auch eine Liste von Anzuhörenden vorlegen. Um weitere Redundanzen zu vermeiden und damit wir die Tagesordnung möglichst schnell abarbeiten, darf ich Ihnen herzlich danken und bitte um Überweisung des Gesetzes.

(Beifall CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu dem Antrag auf Ausschussüberweisung.

Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz zur freiwilligen Eingliederung der kreisangehöri- gen Gemeinde Bernterode in die Gemeinde Breitenworbis sowie zur Bildung der Landgemeinde Nesse-Apfelstädt Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4804 - ERSTE BERATUNG

Ich nehme an, dass der Innenminister dazu das Wort zur Begründung erhalten möchte. Das ist so. Bitte, Herr Innenminister Scherer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Thüringer Landesregierung hat den Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Eingliederung der kreisangehörigen Gemeinde Bernterode in die Gemeinde Breitenworbis sowie zur Bildung der Landgemeinde Nesse-Apfelstädt in den Thüringer Landtag eingebracht und diesem Hohen Haus zur Beratung vorgelegt.

Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist zum einen die Eingliederung der Gemeinde Bernterode in die Gemeinde Breitenworbis, zum anderen der Zusammenschluss der Gemeinden Apfelstädt, Gamstädt, Ingersleben und Neudietendorf zur Landgemeinde NesseApfelstädt, zur ersten Landgemeinde nach § 6 Abs. 5 der Thüringer Kommunalordnung. Mit dem Gesetz

entwurf werden die bestehenden kommunalen Strukturen weiter verbessert. Die Schaffung solcher Verwaltungseinheiten wird mittel- und langfristig zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden führen. Die vorgelegten Neugliederungsmaßnahmen erfolgen auf Initiative der betroffenen Gemeinden. Sie haben die hierfür maßgeblichen Beschlüsse und gegenseitigen Vereinbarungen bereits getroffen. Die Beschlüsse und Vereinbarungen wurden kommunalaufsichtlich geprüft und sind weder inhaltlich noch rechtlich zu beanstanden.

Bei der Eingliederung der Gemeinde Bernterode in die Gemeinde Breitenworbis geht die Landesregierung davon aus, dass damit eine Vielzahl weiterer Verbesserungen der kommunalen Struktur erreicht wird. Verwaltungsressourcen werden eingespart und es entstehen neue Bündelungsmöglichkeiten innerhalb der aufnehmenden Gemeinde und der betroffenen Verwaltungsgemeinschaft Eichsfeld-Wipperaue. Diese hat dann eine Mitgliedsgemeinde weniger zu betreuen und dadurch werden insgesamt neue Handlungsmöglichkeiten und weitere finanzielle Spielräume eröffnet. Die Eingliederung von Bernterode in das im Regionalplan Nordthüringen als Grundzentrum ausgewiesene Breitenworbis ist konsequent. Bereits jetzt schon sind beide nicht nur räumlich, sondern auch infrastrukturell, kommunalpolitisch und gesellschaftlich eng miteinander verbunden. Sie nutzen beispielsweise grundzentrale Versorgungseinrichtungen gemeinsam wie allgemein- und fachmedizinische Einrichtungen. Die Gemeinden haben einen einheitlichen Grund- und Regelschulbezirk. Schließlich sind beide Mitglied im Wasser- und Abwasserzweckverband „Eichsfelder Kessel“ und seit 1991 Mitglied in der Verwaltungsgemeinschaft „Eichsfeld-Wipperaue“ mit Sitz in Breitenworbis. Soweit zu diesem Gemeindezusammenschluss - dann zu dem zweiten. Die Gemeinden Apfelstädt, Gamstädt, Ingersleben und Neudietendorf sind die alleinigen Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft Nesse-Apfelstädt-Gemeinden im Landkreis Gotha. Der Gemeindezusammenschluss zur Landgemeinde Nesse-Apfelstädt führt dazu, dass die Verwaltungsgemeinschaft durch Gesetz aufgelöst werden muss. Damit entfällt diese Verwaltungsstruktur. Anstelle der bisherigen Strukturen entsteht eine ausreichend große und stabile Landgemeinde. Damit ist eine weitere Verbesserung der Leistungs- und Verwaltungskraft zu erwarten. Hierbei kommt das neue in § 6 Abs. 5 der Thüringer Kommunalordnung geregelte Instrument der Landgemeinde erstmals zur Anwendung. Es sorgt hier für eine möglichst schonende Fortentwicklung der Gemeindestrukturen und durch das gestärkte Ortschaftsrecht bleiben die geschichtlichen und kulturellen Eigenarten der bisherigen Gemeinden soweit wie möglich erhalten. Die neu zusammengeschlossene Gemeinde wird gemäß § 36 Abs. 2 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes mit 620.000 €

Landesmittel gefördert werden. Damit diese Förderung möglich ist, muss, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, der Zusammenschluss noch im Dezember 2009 wirksam werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung ist der Auffassung, dass sich der bisher beschrittene Weg der freiwilligen Gemeindeneugliederung bewährt hat. Es ist genau das Gegenteil von dem, was die Partei DIE LINKE für die Thüringer Gemeinden im Sinn hat - nicht nur, wenn man an die Großkreise denkt, die beabsichtigt sind, sondern auch an übergroße Gemeinden, mit denen sich der Bürger nicht mehr identifizieren kann, damit wird die Verbindung Bürger und Staat zerstört - unsere Politik geht genau in die andere Richtung. Kommunale Identität stärkt die Bindung, führt zu bürgerschaftlichem Engagement und nur das ist kommunale Selbstverwaltung. Ich bitte Sie, den Neugliederungsentwurf zu unterstützen. Die Landesregierung wird Ihnen in den Ausschüssen für Fragen zur Verfügung stehen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und rufe als Ersten für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Kuschel auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur wenige Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf. Wir sind ja heute in der ersten Lesung und die Ausschussberatungen stehen erst noch bevor. Ja, Herr Innenminister, auch wenn Sie es immer wieder wiederholen, Sie geben bewusst unser Diskussionsangebot für eine umfassende Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform fehlerhaft wieder. Ich unterstelle, dass Sie lesen können oder zumindest Leute in Ihrem Haus haben, die das beherrschen,

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das ist der Gipfel.)

und ich gehe mal davon aus, dass die sich mit unserem Konzept beschäftigt haben. Ich will Ihnen noch einmal sagen, was wir auf der gemeindlichen Ebene in diesem Konzept vorgeschlagen haben.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist eine Frechheit!)

Wir haben vorgeschlagen, die Verwaltungsgemeinschaften in Einheitsgemeinden vom Grundsatz her umzuwandeln, weil sich dann aus Sicht des Bürgers im Wesentlichen nichts ändert, weil der Weg zur Verwaltung identisch ist - unabhängig davon, ob es sich um eine Verwaltungsgemeinschaft oder eine Einheitsgemeinde handelt. Dort, wo die Bürger der Auffassung sind, die Verwaltungsgemeinschaft soll bleiben, dann soll es so bleiben. Dort haben wir auch gesagt, das sollen bitte schön die Bürger entscheiden und nicht die Bürgermeister. Ihr Vorwurf, wir würden angeblich Großgemeinden hier favorisieren - ich weiß nicht, woher Sie das schlussfolgern. Was die Landkreise betrifft noch einmal: Wir wollen keine größeren Landkreise, sondern wir wollen die Landkreise schrittweise in Regionalkreise umwandeln, aber nur im Zusammenhang mit dem Umbau der Landesverwaltung. Das ist Voraussetzung, dass wir die Landesverwaltung aus der Dreistufigkeit in die Zweistufigkeit überführen. Dann kann man darüber reden, die Landkreise in Regionalkreise umzuwandeln. Alles andere, was Sie immer wieder thematisieren, entspricht nicht den Realitäten. Meine Wahrnehmung ist, dass die Bürger das zunehmend begreifen, denn überall, wo wir unser Konzept zur Diskussion stellen, sind diese zumindest spannender.

Diese Vorbemerkungen waren notwendig, weil der Innenminister es für angemessen erachtet hat, das noch einmal zu thematisieren, deswegen diese Erwiderung.

Jetzt zum vorliegenden Gesetzentwurf - zunächst zu § 1, was die Eingliederung der Gemeinde Bernterode nach Breitenworbis betrifft: Dort fragen wir uns, wie der Inkraftsetzungstermin zustande gekommen ist. Herr Innenminister, Sie schlagen vor, dass das Gesetz hier zum 1. September 2009 in Kraft tritt. Das heißt, die beiden jetzt noch selbstständigen Gemeinden wählen am 7. Juni zu den nächsten Kommunalwahlen noch in den alten Strukturen. Die kommunale Wahlperiode beginnt am 1. Juli. Im Grunde genommen wird dann ab 1. September der Gemeinderat von Breitenworbis erweitert. Aber für die längste Zeit der Amtsperiode, nämlich bis 2014, haben die Einwohner der neuen Gemeinde nicht die Möglichkeit, in den neuen Strukturen ihren Gemeinderat zu wählen. Hier stellt sich die Frage, ob es nicht möglich ist, das Gesetzgebungsverfahren so zu gestalten, dass bereits ab 1. Juli in den neuen Strukturen der Gemeinderat besteht. Wir wollen das prüfen, wir werden das morgen im Innenausschuss - morgen findet eine Innenausschuss-Sitzung statt, wobei die Anhörung und Auslegung beschlossen wird - noch mal thematisieren. Wir halten es für absolut notwendig, es so zu organisieren, dass möglichst zum 1. Juli der neue Gemeinderat in der neuen Struktur zustande kommt. Nach uns vorliegenden Informationen haben sich beide Gemeinden auf Zusa

gen aus dem Innenministerium verlassen, dass das zeitlich doch noch leistbar ist. Auch das werden wir sicherlich in der Ausschussberatung noch einmal thematisieren. Da hat es aber keinen Zweck, den Blick nach hinten zu richten, sondern wir wollen eine Lösung nach vorn gerichtet und das heißt, wir wollen das Gesetzgebungsverfahren so schnell wie möglich gestalten und halten das für leistbar.

Zum Zweiten - Umwandlung der Verwaltungsgemeinschaft Nesse-Apfelstädt in eine sogenannte Landgemeinde: Ich werde das immer wieder betonen, die Landgemeinde ist nichts anderes als eine Einheitsgemeinde mit einer ausgebauten Ortschaftsverfassung. Wir müssen also aufpassen, dass wir nicht irgendwie in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, es ist etwas Neues. Es ist ein anderer Name und das unterscheidet sich von der klassischen Einheitsgemeinde nur durch eine ausgebaute Ortschaftsverfassung. Das nur für diejenigen, die möglicherweise dort hoffen, dass da irgendetwas anders läuft als in einer Einheitsgemeinde. Dort sehen wir zwei Probleme. Das ist auch das Inkrafttreten des Gesetzes diesmal am 1. Dezember. Mit den Fördermitteln hat das aus unserer Sicht weniger zu tun, denn entscheidend für den Anspruch ist nicht das Inkrafttreten, sondern die Antragstellung. Die Antragstellung war bereits, so dass, selbst wenn es zum späteren Zeitpunkt in Kraft treten würde, die Finanzmittel aus unserer Sicht auszuzahlen wären. Aber unabhängig davon stellt sich auch hier für uns die Frage, ob es nicht beschleunigt werden kann, denn dort haben wir die Situation, dass alle selbstständigen Gemeinden auch am 7. Juni ihre Gemeinderäte neu wählen, um wenige Monate später, nicht mal ein Jahr später - es muss bis zum 28. Februar 2010 dann der neue Gemeinderat gewählt werden -, innerhalb eines nahezu halben Jahres müssen die Leute zweimal zur Wahlurne. Auch hier stellt sich die Frage, ob es uns gelingt, Landesregierung und auch sicherlich der Innenausschuss, ein Verfahren zu finden, um möglichst diese doppelte Wahl in diesem kurzen Zeitraum auszuschließen. Es gibt nach unseren Informationen - das war auch der Presse zu entnehmen - dort insbesondere Diskussionen um den Namen. Ortsunkundige müssen sicherlich erst mal schauen, wo das liegt. Es gibt dort den Vorschlag, warum man sich nicht am Namen der größten Orte, dann später Ortsteile, orientiert. Wir werden im Rahmen der Gesetzesbehandlung den Vorschlag unterbreiten, dass der Name im Gesetz nur vorläufig festgelegt wird und die endgültige Entscheidung zum Namen letztlich die Bürger in einem Bürgerentscheid treffen. Wir sind überzeugt, das wird allen Beteiligten gerecht. Da können auch die Befürworter des jetzigen Namens ihre Argumente vortragen und auch die, die das etwas kritischer sehen und lieber Ortsnamen, die jetzt schon existieren, haben wollen. Die können dann ihre Argumente gegeneinander abwä

gen und dann entscheiden die Bürger und dann ist zu erwarten, dass das auf eine größere Akzeptanz stößt. So wie gegenwärtig besteht die Gefahr, dass die Bürger uns den Vorwurf machen, wir würden das von oben herab festlegen, sicherlich auf Antrag der beteiligten Gemeinden. Aber da die Diskussionen wohl sehr heftig sind und mancher das auch zur alles entscheidenden Frage macht, ist unser Vorschlag, das im Rahmen eines Bürgerentscheids zu machen, das ist sicherlich zumindest ein diskussionswürdiger Vorschlag. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Taubert zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben ein weiteres Gesetz zur freiwilligen Eingliederung kreisangehöriger Gemeinden. Wir freuen uns, dass auf dem Weg der Freiwilligkeit sich Gemeinden aufgemacht haben und natürlich auch mit ihren Bürgern darüber gesprochen haben im Vorfeld, um sich zusammenzuschließen. Ich denke auch, dass es wichtig ist und dass wir einen Weg finden werden, so schnell wie möglich über diesen Zusammenschluss zu beraten, zumal wenn wir in den Anhörungen feststellen können, dass die Leute vor Ort diese Zusammenschlüsse auch wollen.

Bei dem ersten Zusammenschluss der Gemeinden im Eichsfeld ist natürlich die Frage: Ist das tatsächlich die richtige Größe? Wir kommen auf über 3.000 Einwohner, das ist unbestritten. Wir haben ja auch gesagt - auch die SPD-Fraktion -, dann soll es so sein. Trotz alledem muss man den Leuten vor Ort mit auf den Weg geben: Wie ist die demographische Entwicklung in ihrer Region, können sie diese Größenordnung halten. Man kann ja durchaus, wenn man darüber sprechen möchte, auch vor Ort schauen, ob das möglich ist, oder werden sie in kürzester Zeit eben durch demographische Einschnitte weit darunterfallen. Dann müsste man schauen, wie man das vermittelt.

Unstrittig ist, dass der Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaft ein guter Schritt ist. Wenn auch der vor Ort schon ausgiebig diskutiert worden ist - und uns liegen keine gegenteiligen Erkenntnisse vor -, soll es uns recht sein, wenn wir so schnell wie möglich auch an der Stelle einen weiteren Gemeindezusammenschluss haben. Alles in allem zeigt es schon, dass die Diskussion auch um die Gemeindegebietsreform in Thüringen Wirkung gezeigt hat.

Nicht darüber zu diskutieren, wäre der größte Fehler gewesen. Darüber zu diskutieren, auch kontrovers darüber zu diskutieren, ist weitaus sinnvoller, weil sich dann Bürgerinnen und Bürger auch ein Bild machen können, muss sich bei mir in der Region etwas ändern, wenn ich noch eine gute Qualität kommunaler Dienstleistungen haben möchte? Denn das ist das eigentliche Ziel solcher Gemeindereformen. Es geht ja nicht darum, dass einer aus dem Parlament recht hat, dass eine Fraktion recht hat, ob es nun die größeren oder die kleineren sind, das spielt keine Rolle. Das Ziel ist einfach, dass Verwaltungskraft weiterhin in guter Qualität angeboten werden kann. Das war ja auch der Grund, warum wir gesagt haben, wenn wir unter eine gewisse Größe gehen, können wir das nicht mehr leisten, weil trotz allem guten Willen, der vor Ort herrscht in der Verwaltung - das fängt bei Vertretungsfragen an und hört bei einer qualitativ guten Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf -, wenn wir das nicht mehr anbieten können, dann sind wir als Gesetzgeber gefragt.

Bei den beiden vorliegenden Fällen wollen wir das positiv begleiten und werden schauen, ob es tatsächlich auch notwendig ist, vorläufige Namen zu vergeben. Ich weiß, wie das ist, wenn die größte Gemeinde den kleineren auch ihren Willen aufdrückt. Auch das trägt nicht unbedingt zur Befriedung vor Ort bei. Deswegen muss man das wirklich mit großem Bedacht machen. Danke schön.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Groß zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenminister hat den Gesetzentwurf eingebracht. Bevor ich dazu einiges sage, möchte ich eine Bitte äußern an Sie, Frau Präsidentin, ich möchte Sie bitten, das Protokoll noch einmal zu lesen, und zwar die Rede des Abgeordneten Kuschel. Ich finde es eine Unverschämtheit, wie der Innenminister und die Beamten im Innenministerium hier betitelt worden sind. Man sollte mal prüfen, ob das nicht einen Ordnungsruf wert ist.

(Beifall CDU)

Ich freue mich auch wie meine Fraktion, dass wir hier diesen Gesetzentwurf vorliegen haben mit den §§ 1 und 2, die Neugliederung in die einzelnen Namen ist schon angesprochen worden und welche Gemeinden es betrifft. Wir haben hier freiwillige Neu

gliederungen. Wir haben als CDU Fraktion immer auf die Freiwilligkeit gesetzt und haben damit höchste Akzeptanz vor Ort. § 2 sieht den Zusammenschluss der Gemeinden Apfelstädt, Ingersleben, Gamstädt und Neudietendorf vor. Hier werden wir die erste Landgemeinde haben in Thüringen und es werden weitere folgen. Jeder kennt sicherlich Beispiele dafür. Ich denke, gerade auch dieses erweiterte Ortschaftsrecht findet doch die Akzeptanz in den zukünftigen Ortschaften in einer Landgemeinde. Deshalb begrüße ich das. Sie haben vorhin hier eingebracht, das ist von allen beiden Vorrednern gesagt worden, dass es wünschenswert wäre, wenn wir die Behandlung des Gesetzentwurfs im Innenausschuss relativ zügig gestalten könnten. Ich habe deshalb heute schon mit beiden Oppositionsfraktionen gesprochen, wir werden morgen am Ende des Plenums eine Innenausschuss-Sitzung durchführen, werden die entsprechende Anhörung durchführen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Beschließen.)

Beschließen, danke, Herr Kollege Fiedler. Aber wir müssen natürlich auch sehen, die Fristen sind im Gesetz festgelegt und die Fraktion DIE LINKE hatte dazu auch schon einen Entschließungsantrag gestellt. Ich denke, nach Prüfung der Fristen ist er auch deshalb wieder zurückgezogen worden. Ich beantrage wie die Kollegen auch die Überweisung an den Innenausschuss und kann nur sagen, wir werden alle Möglichkeiten prüfen, dass wir schnellstens das Verfahren erledigen können, aber die gesetzlichen Fristen sind nach wie vor einzuhalten. Danke schön.