Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute das Informationsfreiheitsgesetz in der zweiten Beratung. Nach dem, was Sie hier am Pult erklärt haben, Herr Dr. Hahnemann, ich habe das das letzte Mal ganz freundlich ausgedrückt und habe gesagt, Sie gehen Ihrem Hobby nach. Jetzt haben Sie hier eine Litanei von sich gegeben, indem Sie gesagt haben, Sie wollen nicht darüber reden. Wir haben vor einem guten Jahr ein modernes Informationsfreiheitsgesetz hier in diesem Haus beschlossen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Haben Sie jetzt „modern“ gesagt?)

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Das war ein Versprecher.)

Dass Sie jetzt sagen, dass dieses Gesetz, was beschlossen worden ist, wo man ja bis heute in der kurzen Zeit für ein Gesetz noch gar nicht abschätzen kann, ob das so wirkt oder ob es nicht so wirkt. Dies können Sie ja auch noch nicht sagen, das sind alles Vermutungen. Aber Sie sagen, dass dieses Gesetz gegen die Interessen der Bürger wirkt. Wir haben uns damals bei diesem Gesetz an dem orientiert, was die Bundesregierung in ihrem Gesetz beschlossen hat. Und das, und nicht mehr und nicht weniger, haben wir für unser Gesetz übernommen. Wenn Sie hier von einer Tradition sprechen, dass wir LINKE-Gesetzentwürfe gar nicht in die Ausschüsse bringen, schauen Sie mal heute früh, wir haben

sogar einen LINKEN-Gesetzentwurf platziert gleich heute Morgen. Sie bauen sich da auch immer eine Welt zusammen, die ich nicht so sehen kann.

Dass Sie noch behaupten, dass wir den Bürger als Störfaktor empfinden, das ist eine Unverschämtheit, die man nicht so stehenlassen kann.

(Beifall CDU)

Aber nach Ihrem Beitrag zu diesem Gesetz, in dem Sie inhaltlich gar nicht mehr auf Ihren Gesetzentwurf eingegangen sind, das zeigt doch ganz deutlich, dass Sie der Inhalt doch eigentlich gar nicht weiter interessiert, dass es sich hier um blanken Populismus handelt.

(Beifall CDU)

Ich habe das letzte Mal gesagt, dass dieser Gesetzentwurf weitgehend unbrauchbar ist, dass er in sich widersprüchlich ist, auch wenn der Kollege Höhn von der SPD, der damals dazu gesprochen hat, aber auch erkannt hat, dass in dem Entwurf viele Dinge nicht stimmen. Deshalb werden wir diesen Entwurf heute wieder ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Höhn, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Groß, Ihre Ausführungen jetzt eben hier am Pult veranlassen mich dann doch, in einen kleinen Exkurs in die jüngere Parlamentsgeschichte dieses Hauses in Bezug auf das Thema Informationsfreiheit zu gehen, weil ich glaube, das, was Sie hier den Damen und Herren dargelegt haben, kann man an dieser Stelle so nicht stehenlassen. Offen gestanden, ich glaubte mich zunächst verhört zu haben, als Sie sagten, Ihre Mehrheit hätte im letzten Jahr ein modernes Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet. Den Begriff können Sie wirklich getrost aus Ihrem Vokabular streichen, zumindest im Zusammenhang mit Informationsfreiheit.

Wie wir uns alle vielleicht erinnern, wurde eine Grundlage geschaffen für das Thema Informationsfreiheit im Jahre 2006 mit Inkrafttreten eines entsprechenden Bundesgesetzes. Es gab viele Länder, es waren nach meiner Kenntnis damals zu dem Zeitpunkt, als die SPD-Fraktion im Sommer 2006 den ersten Aufschlag für ein solches Gesetz gemacht hat, schon acht oder vielleicht sogar neun Bundes

länder, die ein über die Bundesregelungen hinausgehendes Gesetz, sogar teilweise weit hinausgehendes Informationsfreiheitsgesetz für ihre Bundesländer beschlossen hatten. Der Entwurf der SPDFraktion zum damaligen Zeitpunkt hat, das konnte man den Protokollen der entsprechenden Anhörungen durchaus entnehmen, in der Fachwelt für Beachtung gesorgt. Das sage ich mit einem gewissen Selbstbewusstsein und auch Stolz, weil wir mit diesen Regelungen, die wir damals vorgeschlagen haben, wirklich dem Thema „Teilhabe und Transparenz der Bürgerinnen und Bürger an staatlichen Entscheidungen“ viel, viel mehr Rechnung getragen haben, als das mit der jetzigen Gesetzgebung überhaupt der Fall sein kann. Sie haben sich dann entschlossen - und das war dann der Höhepunkt des ganzen Verfahrens, ich habe das damals als Bandwurmverfahren bezeichnet -, unseren Gesetzentwurf mit Ihren dünnen Inhalten für das Thema Informationsfreiheit zu implementieren. Wir haben diesem einen Riegel vorgeschoben und Sie sahen sich dann letztendlich doch gezwungen, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, der nunmehr in Kraft ist. Wie er wirkt - Kollege Hahnemann hat das dankenswerterweise mit seiner Anfrage auch an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Die Befürchtungen, die bei der Verabschiedung gehegt worden sind, haben sich erfüllt. Ich sage an dieser Stelle, es konnte auch gar nicht anders sein angesichts dieser Regelungen. Der Vorschlag - und da möchte ich einen weiteren Kritikpunkt Ihrerseits aufgreifen - bzw. der Gesetzentwurf, der jetzt von den Kollegen der Linkspartei hier eingebracht worden ist, hat zwar durchaus Divergenzen zu dem von uns damals eingebrachten, aber er wäre nach unserer Auffassung weit mehr geeignet, dem Thema „Transparenz bei staatlichen Entscheidungen“ Rechnung zu tragen, als das der jetzige Gesetzentwurf jemals kann.

(Beifall DIE LINKE)

Ihr Gesetz bleibt nämlich zum Teil, was Versagensgründe betrifft, noch deutlich hinter dem Bundesgesetz zurück und das spricht allein für sich. So viel dazu.

Sie haben auch den Vorwurf geäußert, wir hätten uns mit dem Thema nicht befasst. Den Vorwurf gebe ich gern zurück: Sie haben uns gar nicht die Chance gelassen, in den entsprechenden Gremien dies zu tun. Aber nichtsdestotrotz, die Inhalte des Gesetzentwurfs der Linkspartei waren es allemal wert, sich damit zu befassen. Neben den positiven Aspekten, die ich eben erwähnt habe, gibt es vom Grundsatz her natürlich auch Punkte, wo ich inhaltlicher Art anderer Auffassung bin. Ich will exemplarisch an der Stelle drei Aspekte anführen, von denen ich glaube, dass unser Gesetzentwurf von 2006 dazu besser geeignet wäre. Es geht einmal um die Versagensgrün

de. Da ist unsere damals getroffene Formulierung offener, transparenter als jetzt in dem Gesetzentwurf der Linkspartei. Ein Vorschlag, da frage ich mich - ich bin ja selber auch mal Bürgermeister gewesen -, wie diese sogenannte Eilfallregelung, die sich die Linkspartei an dieser Stelle vorstellt, in der Praxis umgesetzt werden soll, wenn der Antragsteller der Behörde selbst eine Frist setzt, bis wann diese entsprechenden Auskünfte zu erteilen sind. Das halte ich dann doch eher für problematisch. Auch da fand ich unsere Regelung etwas zielführender.

Der letzte Punkt, wo wir uns auch ganz äußerlich im Gesetzentwurf unterscheiden: Wir sehen die Zuständigkeit für das Thema Informationsfreiheit - so wie in den allermeisten landesgesetzlichen Regelungen anderer Bundesländer - beim Datenschutzbeauftragten besser aufgehoben als beim Bürgerbeauftragten. Das sind die wesentlichen Punkte, die man aber im Verlauf einer Ausschussberatung durchaus hätte diskutieren können und möglicherweise zu einer Kompromisslösung hätte finden können. Dieser Weg ist uns leider versagt geblieben. Insgesamt hoffe ich auf die neue Legislatur, wo dann dieses Thema „Informationsfreiheit“ im Sinne der Bürgerinnen und Bürger neu und vor allem besser geregelt werden kann. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor - doch, Abgeordneter Dr. Hahnemann bitte für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, drei Dinge will ich erwidern. Das Erste - da schließe ich mich Herrn Kollegen Höhn an -, Frau Groß, was Sie für ein modernes Informationsfreiheitsgesetz halten, muss nicht wirklich ein modernes Informationsfreiheitsgesetz sein.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Jetzt hast du sie erschreckt.)

(Beifall DIE LINKE)

Ich gebe doch zu, dass der Evaluierungszeitraum, den ich meiner Kleinen Anfrage zugrunde gelegt habe, nur neun Monate ist. Das ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass wir auf dieses Gesetz ziemlich lange haben warten müssen und dass eine Legislaturperiode nun einmal irgendwann endet. Deswegen habe ich auch nur davon gesprochen, dass wir hätten reden können im Ausschuss über den Verdacht, ob die geringfügige Nutzung des Infor

mationsfreiheitsgesetzes etwas mit der Regelung zu tun hat. Ich habe mich nicht hier hingestellt - weder in der ersten Beratung noch vorhin - und gesagt, das liegt ganz genau daran und vielleicht sogar nur daran. An einer Stelle, Frau Groß, ist Ihnen die Wahrheit so ein bisschen abhanden gekommen. Sie haben gesagt, Sie haben ein Informationsfreiheitsgesetz auf der Grundlage des Bundesgesetzes verabschiedet, nicht mehr und nicht weniger. Dieses, Frau Groß, stimmt nicht. Sie haben weniger verabschiedet. Sie haben nämlich, bezogen auf die Regelungen des Bundesgesetzes, sogar noch zusätzliche Einschränkungen vorgenommen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie blei- ben dahinter zurück.)

Damit bleiben Sie - da hat Herr Höhn recht - sogar hinter diesem nun wahrlich nicht besonders modernen Informationsfreiheitsgesetz zurück.

Sie haben uns vorgeworfen, unser Gesetzentwurf enthielte Widersprüche. Ich weiß jetzt nicht genau, welche Widersprüche Sie meinen, das ist aber auch nicht ganz erheblich, denn ich habe hier in diesem Landtag schon öfter erlebt, dass Gesetzentwürfe Widersprüche oder Mängel hatten. Ich würde sagen, eine überwältigende Mehrheit dieses Hauses war der Meinung, dass unter anderem Ausschussüberweisungen dann dafür da sind, dass man gegebenenfalls solche Widersprüche in einem Gesetzentwurf auch ausmerzt. Im Übrigen gelingt es auch der Landesregierung, Gesetzentwürfe mit so vielen Widersprüchen auszustatten, dass sie sie am Schluss zurückziehen muss.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Was dann wirklich viel Geld kostet.)

Letztens, Frau Kollegin Groß, haben Sie mir vorgeworfen, dass ich in der zweiten Beratung nicht auf Inhalte eingegangen bin. Das gebe ich zu. Sie sind nicht bereit gewesen, über die Inhalte des Gesetzentwurfs im Ausschuss zu reden, dann dürfen wir als gewählte Abgeordnete in diesem Landtag in der zweiten Beratung eines Gesetzentwurfs die Gelegenheit dazu benutzen, der Öffentlichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern, den Besuchern auf der Tribüne und allen Anwesenden hier im Haus unsere Meinung darüber zu sagen, warum wir meinen, dass genau das hier stattfindet. Das habe ich gemacht. Zur parlamentarischen Beratung gehört auch die Kritik der parlamentarischen Beratung dazu. Ich hoffe, dass Herr Kollege Höhn recht behält, dass nach dem Herbst 2009 das Thema „Informationsfreiheit“ wieder und mit einem anderen Erfolg eine Rolle spielen wird. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt liegen mir tatsächlich keine Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar direkt über den Gesetzentwurf der... - zur Geschäftsordnung Abgeordneter Schröter, bitte.

Frau Präsidentin, namens der CDU-Fraktion beantrage ich namentliche Abstimmung.

Dann werden wir über diesen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/4953 in namentlicher Abstimmung abstimmen. Ich bitte, die Stimmkarten einzusammeln.

Es konnte jetzt jeder seine Stimmkarte abgeben. Dem wird nicht widersprochen, dann schließe ich den Abstimmungsvorgang sofort

(Unruhe CDU)

und bitte um Auszählung.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Oh, das war aber jetzt...)

Herr Kollege Fiedler, erstens sitzen Sie in der falschen Reihe, zweitens schließt die Präsidentin den Abstimmungsvorgang und manchmal gibt es auch eine große Fraktion hier, die sich bei Abstimmungen über die Zeit hinweg noch deutlich vermehrt. Alles ist in Ordnung, die Stimmen werden ausgezählt.

Wir kommen zum Abstimmungsergebnis: Es wurden 69 Stimmen abgegeben; mit Ja stimmten 28 Abgeordnete, mit Nein stimmten 41 Abgeordnete, es gab keine Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 1).

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf Tagesordnungspunkt 5

Thüringer Gesetz zur Änderung von Vorschriften zum Brand- und Katastrophenschutz sowie zum Kommunalen Versorgungs- verband Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4963 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/5144 - ZWEITE BERATUNG

Zunächst hat das Wort Abgeordneter Fiedler aus dem Innenausschuss zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kameradinnen, liebe Kameraden des Feuerwehrverbandes, die auf der Tribüne sitzen, liebe Gäste!

(Beifall CDU)

Ja, so viel Zeit muss sein, denn das sind diejenigen, die für uns in den Einsatz gehen und ihr Leben einsetzen und das muss in dem Hohen Hause ab und zu auch mal gesagt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Bevor ich zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses komme, möchte ich noch mal ausdrücklich bemerken, dass wir heute eine wirkliche Sternstunde des Parlaments in Thüringen haben, dass wir als erstes Bundesland eine sogenannte Feuerwehrrente oder Ehrenpension, wie man es immer nennen will, hier auf den Weg bringen. Ich glaube, da ist der Freistaat Thüringen federführend und vorn dran und deswegen, glaube ich, dass das wirklich uns sehr gut zu Gesicht steht, dass wir hier das Ehrenamt so hoch halten. Das möchte ich voranstellen.