Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Meine Damen und Herren, die momentane Personalpolitik der Landesregierung führt in eine Sackgasse. Auch stellt sich die Frage nach der praktischen Wirksamkeit einiger Maßnahmen. So sollen z.B. die Thüringer Beamten mehr Freizeit bekommen, damit die Landesregierung Personalkosten spart. Frau Diezel ist der Annahme, dass in bestimmten Lebensabschnitten die Leute mehr freie Zeit schätzen, auch wenn das mit finanziellen Einbußen verbunden ist. Sie ist auch von der Tauglichkeit dieser Maßnahme zur Linderung der Haushaltsmisere überzeugt, wir als PDS-Fraktion nicht.

Meine Damen und Herren, wer kann es sich schon leisten, weniger zu arbeiten, was logischerweise auch weniger Einkommen bedeutet. Hier wäre es interessant, einen Überblick über die tatsächliche Nachfrage bis hin zur Bereitschaft der Beamten zur Inanspruchnahme der Maßnahmen zu haben.

Meine Damen und Herren, die mit diesem Gesetz im Beamtenrecht vorgenommenen Änderungen sind weder tauglich im Sinne der Begründung des Gesetzes, noch sind sie aus der Sicht der PDS-Fraktion notwendig für Thüringen. Wir brauchen etwas anderes, wozu es Mut braucht, den die Landesregierung momentan nicht aufzubringen vermag. Thüringen braucht eine größere Verwaltungsreform, eine

umfassende Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform. Es wird heute noch Thema hier in diesem Hause sein. Im Rahmen einer solchen umfassenden Reform ist dann ein Schritt nach dem anderen und nicht eben der zweite vor dem ersten, wie es die Landesregierung wieder einmal praktiziert, zu machen. Es ist eine grundlegend andere Herangehensweise erforderlich. Ich möchte anlässlich der ersten Lesung einige Punkte nochmals kurz zusammenfassen: Wir brauchen eine Aufgabenüberprüfung und davon abgeleitet eine langfristige Strukturänderung. Der Prozess der Strukturänderung ist gemeinsam mit den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst und nicht am grünen Tisch zu entscheiden. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich noch einmal Kritik am Verhalten der Landesregierung üben. Erst schränkt sie die demokratische Mitbestimmung im Rahmen der Personalvertretungen ein und dann nimmt sie solche massiven Eingriffe in die Rechte der Betroffenen vor.

Meine Damen und Herren, so funktioniert ein erfolgreicher Verwaltungsumbau nicht. Das Personalvertretungsgesetz ist aus unserer Sicht dringend novellierungsbedürftig. Es ist zu ändern in ein Gesetz, welches den Namen auch verdient. Auch bedarf es einer begleitenden Gesetzgebung zur verwaltungsfunktionalen Gebietsreform, die die Grundzüge benennt und die Grundlage weiteren Handelns ist. In ihr sind die Ziele, die Grundsätze, die Entscheidungsgrundlagen und die Rahmenbedingungen für die funktionale Verwaltungsreform in Thüringen zu formulieren. Auf der Grundlage dieses durch den Landtag beschlossenen Vorschaltgesetzes sind dann die notwendigen Einzelentscheidungen bezüglich der Aufgabendefinitionen, der Aufgabenverteilung etc. zu treffen.

Meine Damen und Herren, unter den angeführten Gesichtspunkten ist auch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes kritisch zu betrachten. Wir werden daher im Rahmen der Ausschussarbeit eine Anhörung zum Gesetzentwurf beantragen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gentzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine Binsenweisheit, die finanziellen Ressourcen im Freistaat Thüringen sind immer knapper und deshalb will die Landesregierung das Dienstrecht ein Stückchen flexibler gestalten. Das Beam

tenrechtsrahmengesetz gibt die Möglichkeiten dazu. Vorausgehend will ich dazu formulieren: Wir sehen das, was Sie hier formuliert haben, zum Großteil positiv. Wer die Behördenstrukturen verändern will - das birgt immer die Möglichkeit in sich, Behörden auch aufzulösen und zu verschmelzen -, derjenige braucht solche Instrumente. Der Thüringer Beamtenbund stimmt dieser Vorlage prinzipiell und grundsätzlich zu. Er unterscheidet sich damit nicht von der SPD-Landtagsfraktion, aber zur Vollständigkeit gehört auch, dass der Thüringer Beamtenbund in diesem Zusammenhang eine Novelle des § 33 Abs. 1 Nr. 2 Thüringer Beamtengesetz im gleichen Sinne anmahnt. Es geht dort um die Frage, warum soll es nicht möglich sein, unter Wahrung des Status Landesbeamter zu sein, auch zumindest zeitweise in den kommunalen oder in den Bundesdienst zu gehen. Ich halte das für einen nachvollziehbaren Ansatz und würde mich freuen, wenn wir im Innenausschuss dazu auch eine Debatte führen könnten.

Der Thüringer Beamtenbund stimmt diesem Gesetz auch grundsätzlich zu, weil eine Versetzung von Beamten, z.B. in den einstweiligen Ruhestand, nur mit deren Zustimmung erfolgen kann. Auch das sehen wir positiv. Selbstverständlich, Herr Hauboldt, haben Sie Recht, dieser Gesetzentwurf spiegelt nicht in Ansätzen den Reformbedarf im Freistaat Thüringen wider. Natürlich haben Sie Recht, diese so genannte Behördenstrukturreform der Landesregierung ist nicht das Blatt Papier wert, auf dem es steht. Wir werden jetzt im Prinzip von den Sünden der Vergangenheit eingeholt. Hätten wir nicht in bestimmten Bereichen so extensiv verbeamtet, wie wir das auch gegen die Kritik unserer Fraktion in der Vergangenheit immer wieder getan haben, hätten wir die Probleme jetzt nicht so extrem und bräuchten eventuell auch die Novelle des Gesetzes nicht. Es ändert nichts daran, dass wir im Augenblick Tatsachen vorfinden, die uns die Möglichkeiten geben müssen, dort flexibler zu arbeiten. Deshalb sage ich vorsichtig - wir sind in der ersten Lesung - eine positive Bewertung der SPD-Landtagsfraktion zu diesem Gesetz. Ich will aber auch sagen, dass die eine oder andere Frage in jedem Fall noch in der Innenausschuss-Sitzung zu klären sein muss, die ich hiermit auch beantrage. Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Fiedler zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege, also wir müssen schon noch

etwas zu dem beitragen. Im Gegensatz zur PDS stehen wir zum Beamtentum, was sich in Deutschland und auch in Thüringen grundsätzlich bewährt hat, das muss man erst mal voranstellen. Herr Kollege Gentzel, Sie haben angemahnt, dass man über den § 33 reden kann, das ist ja das übliche Verfahren, dass man in der Ausschussberatung darüber spricht. Ich möchte nicht noch mal alles wiederholen, was Minister Dr. Gasser hier vorgetragen hat, wir sind in der ersten Beratung. Meine Fraktion sieht hier eine Möglichkeit - und ich will das noch mal ausdrücklich sagen -, wenn der Beamte, der durch Umstrukturierung, Zusammenlegung oder ähnliche Dinge, die mit der Behördenstrukturreform in Gang gesetzt werden, dass er das annehmen kann. Er muss es nicht, er kann es. Man muss es noch mal ganz deutlich machen, damit auch der Letzte das verinnerlicht, dass das ein Angebot ist. Ich denke, diese Möglichkeit ist auch mit den Spitzenverbänden besprochen worden und hier gibt es Zustimmung. Ich bitte also daher um Überweisung an den Innenausschuss und dann werden wir es zügig beraten.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, demzufolge kann ich die Aussprache schließen. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist einstimmig die Überweisung vorgenommen worden. Weitere Überweisungsanträge gab es nicht.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7. Ich hatte es angekündigt, dass wir vor der Mittagspause keinen weiteren Tagesordnungspunkt aufrufen, denn die nächste Beratung würde doch längere Zeit in Anspruch nehmen. Ich würde vorschlagen, dass wir in einer Stunde, also zehn vor zwei, mit der Fragestunde fortsetzen. Ich wünsche Ihnen guten Appetit!

Ich eröffne die Sitzung wieder und rufe auf den Tagesordnungspunkt 26

Fragestunde

Wir kommen zunächst zur Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Buse, PDS-Fraktion, in Drucksache 4/871.

Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in der Thüringer Straßenwartungs- und Instandhaltungs GmbH (TSI)

Das Thüringer Justizministerium hat namens der Landesregierung dem Untersuchungsausschuss der 3. Legislaturperiode - „Geschäftsführung der Thüringer Straßenwartungs- und Instandhaltungs GmbH (TSI) , Aufsichtstätigkeit der Landesregierung über die Geschäftsführung der TSI und Effektivität der TSI“ - (UA 3/2) regelmäßig über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in der TSI Bericht erstattet. Die Berichterstattung betraf Anlass, Richtung, Verlauf und Ergebnisse der Ermittlungen.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren bekanntlich zum Zeitpunkt der Beendigung des Untersuchungsverfahrens am Ende der 3. Wahlperiode des Thüringer Landtags noch nicht abgeschlossen, so dass von der Landesregierung dem Untersuchungsausschuss kein abschließender Bericht vorgelegt werden konnte.

Inzwischen ist fast ein weiteres Jahr vergangen und ich frage die Landesregierung:

1. Sind die staatsanwaltlichen Ermittlungen zwischenzeitlich abgeschlossen?

2. Wenn ja, was kann man zu den Ergebnissen mitteilen?

3. Wenn nein, welche Prognose zum zeitlichen Abschluss der Ermittlungen kann gegeben werden?

Danke. Es antwortet Staatssekretär Scherer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Buse beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Zu Frage 2: Die Antwort erübrigt sich nach der Beantwortung der Frage 1.

Zu Frage 3: Eine zeitliche Prognose zum Abschluss der Ermittlungen kann derzeit nicht abgegeben werden.

Danke schön. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Höhn, SPD-Fraktion, in Drucksache 4/879.

Amtsgerichtsschließung trotz entgegenstehender Bundesgesetze?

In einem Bericht der Zeitung „Thüringer Allgemeine“ vom 12. Mai 2005 war zu lesen, dass mit § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) und mit § 50 Abs. 1 Satz 1 des Personenstandsgesetzes (PStG) zwei bundesgesetzliche Vorschriften die Existenz eines Amtsgerichts an den Sitz einer Staatsanwaltschaft bzw. an den Ort eines Landgerichts knüpfen. Sollte die Landesregierung den Amtsgerichtsstandort Mühlhausen aufgeben wollen, so werde dies „juristisch schwierig“. Darauf habe auch ein Schreiben des Mühlhäuser Richterrats an den Ministerpräsidenten hingewiesen, das bisher unbeantwortet geblieben sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Rechtsauffassung, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 StrEG und § 50 Abs. 1 Satz 1 PStG der von ihr beabsichtigten Schließung des Amtsgerichts Mühlhausen entgegenstehen?

2. In welchem Umfang hat die Landesregierung die genannten beiden bundesgesetzlichen Vorgaben bei der Erarbeitung ihres so genannten Behördenstrukturkonzepts für den Bereich Justiz und gerade im Hinblick auf den Amtsgerichtsstandort Mühlhausen berücksichtigt?

3. Sollte die Landesregierung die Rechtsauffassung vertreten, dass die beiden Vorschriften einer Schließung des Amtsgerichts Mühlhausen entgegenstehen: Welche Initiativen hat die Landesregierung bereits ergriffen oder wird sie noch ergreifen, um die zwei genannten Vorschriften so anpassen zu lassen, dass eine Schließung des Amtsgerichtsstandorts Mühlhausen möglich wäre?

4. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung bisher (Stand 12. Mai 2005) nicht auf ein Schreiben des Mühlhäuser Richterrats geantwortet, in dem auf die genannten gesetzlichen Hürden bei der anvisierten Schließung des Amtsgerichts Mühlhausen hingewiesen wurde?

Danke. Es antwortet Staatssekretär Scherer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Für Maßnahmen der Gerichtsorganisation sind nach Artikel 30 und Artikel 92 Grundgesetz originär die Länder zuständig. Der Bund kann deshalb weder durch das Gerichtsverfassungsgesetz noch durch andere Bundesgesetze Sitz und Bezirk der Gerichte in den Ländern konkret bestimmen. Die beiden in der Anfrage angesprochenen Normen sind verfassungskonform so auszulegen, dass ein Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat. Durch eine solche Auslegung wäre die grundgesetzliche Kompetenzordnung im Bereich der Gerichtsordnung gewahrt.

Zu Fragen 2 und 3: Ich verweise auf die Beantwortung zu Frage 1.

Zu Frage 4: Der Richterrat wandte sich mit Schreiben vom 22. April 2004 an den Herrn Minister und äußerte die Bitte um ein Gespräch über die geplante Schließung des Standorts Mühlhausen und die damit zusammenhängenden Fragen. Dieses Gespräch zwischen dem Richterrat und dem Minister fand im Rahmen seines Gerichtsbesuchs in Mühlhausen am 12. Mai 2005 statt. Dabei wurden die im Schreiben des Richterrats erwähnten Fragen ausführlich erörtert. Einer schriftlichen Antwort bedurfte es daher nicht.

Danke. Gibt es Nachfragen? Abgeordneter Höhn, bitte.

Herr Staatssekretär, können Sie noch etwas detaillierter über die Inhalte bzw. Ergebnisse dieses Gesprächs zwischen Richterrat und Minister Auskunft geben?

Das Gespräch zu diesem Thema hatte den Inhalt, den ich zur Frage 1 referiert habe.

Danke. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Gerstenberger, PDSFraktion, in Drucksache 4/883.