Protokoll der Sitzung vom 03.06.2005

(Beifall bei der PDS)

Bitte, Abgeordnete Holbe, eine Frage? Gestatten Sie eine Frage, Abgeordnete Enders, von Frau Holbe?

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Nein, Frau Stauche.)

Entschuldigung, Frau Stauche.

Frau Enders, geben Sie mir Recht, dass die Bürgermeister großteils die Notwendigkeit einsehen, dass teilweise Strukturen verändert und Gemeindezusammenschlüsse gemacht werden?

Die Bürgermeister sehen sicherlich die Problematik, aber sie werden niemals und das …

Geben Sie mir …

Ich beantworte Ihnen die Frage hier nicht mit Ja und Nein, auch wenn Sie jetzt hier eine Suggestivfrage stellen. Ich sage Ihnen hier ganz einfach, klar

und deutlich: Freiwillig wird es zu solchen Vereinigungen, Zusammenschlüssen nicht kommen. Es gibt hier wirklich das Problem des Identitätsverlustes. Das muss man einfach sehen und, ich denke, man könnte ganz einfach durch eine Neugestaltung, Veränderungen auch der Ortschaftsverfassung, hier einiges vielleicht auch auf den Weg bringen.

(Unruhe bei der CDU)

Aber da geben Sie mir eigentlich Recht in meiner Annahme, vielleicht können Sie mir Recht geben, dass die Bürgermeister einfach nicht die Verantwortung tragen wollen, aus Eigenverantwortung sagen wollen, wir müssen uns jetzt zusammenschließen. Sie wollen die Verantwortung auf das Land abschieben und sagen, Land macht mal bitte Gebietsreform.

Frau Stauche, dazu muss ich Ihnen sagen, das Land hat die Verantwortung für eine Gebietsreform.

(Beifall bei der PDS)

Das Land muss nämlich Strukturen in seinem Land schaffen. Das ist die Verantwortung und das ist die Aufgabe einer Landesregierung und eines Thüringer Landtags.

(Unruhe bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu dem Antrag in Drucksache 4/873 erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Es ist kein Widerspruch, also ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Zu dem Antrag der Landesregierung, der Ihnen in Drucksache 4/864 vorliegt, möchte ich Ihnen folgenden Hinweis geben: Die Landesregierung hat gebeten, dass der Landtag die aus Zeitgründen von ihr nicht durchgeführte Anhörung zu der Richtlinie nachholt.

Eine Ausschussüberweisung an den Innenausschuss ist beantragt worden. Wird eine Überweisung an weitere Ausschüsse beantragt? Das ist nicht der Fall. Damit werden wir abstimmen über die Überweisung der Drucksache 4/864 an den Innenausschuss. Wer für die Überweisung dieses Antrags an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist die Überweisung einstimmig beantragt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf

Entwurf einer Verordnung über die Auftragskostenpauschale nach § 23 des Thüringer Finanz- ausgleichsgesetzes hier: Zustimmung des Landtags gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Finanzaus- gleichsgesetzes Antrag der Landesregierung - Drucksache 4/868 - Neufassung -

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Bitte, Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, den Gemeinden und Landkreisen ist nach Artikel 93 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen für die Wahrnehmung von übertragenen staatlichen Aufgaben ein angemessener Mehrbelastungsausgleich zu gewähren. Dieser Mehrbelastungsausgleich wird auf zwei Wegen sichergestellt. Zum einen werden den Kommunen die Einnahmen aus der Wahrnehmung dieser Aufgaben zugewiesen, das heißt, ihnen stehen die festgesetzten Gebühren, Ordnungs- und Bußgelder sowie Zwangsgelder als eigene Einnahmen zu. Zum anderen erhalten sie die für den Mehrbelastungsausgleich wesentlich bedeutsamere so genannte Auftragskostenpauschale.

Das Thüringer Finanzausgleichsgesetz enthält in § 23 die wesentlichen Vorgaben für die Berechnung und Auszahlung der Auftragskostenpauschale. Die detaillierte Regelung der Auftragskostenpauschale erfolgt in einer Verordnung des Innenministeriums, die des Einvernehmens des Finanzministeriums und der Zustimmung des Landtags bedarf. Diese Verordnung wird Ihnen heute mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt.

Die derzeit geltende Verordnung über die Auftragskostenpauschale nach § 23 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes enthält Erstattungsbeträge für die Jahre 2003 und 2004. Die Bemessung dieser Erstattungsbeträge geht zurück auf eine landesweite Datenerhebung im Jahr 1999. Zur Neuberechnung der Auftragskostenpauschale für das Jahr 2005 wurde die Bemessung der Erstattungsbeträge durch eine erneute landesweite Datenerhebung im Jahr 2004 aktualisiert. Die Erhebung erfolgte mittels eines vom Thüringer Landesamt für Statistik bereitgestellten Datenbankprogramms bei allen Thüringer Kommunen. Zentralstück der Erhebung ist ein Katalog aller Aufgaben, die durch Landesgesetz oder Landesverordnung bis zum 31. Dezember 2003 über

tragen wurden. Dieser Katalog wurde im Vorfeld der Erhebung mit den Fachressorts und den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt.

Sofern nach dem 31. Dezember 2003 weitere Aufgaben an die Kommunen übertragen wurden oder sich Aufgabeninhalte wesentlich verändert haben, wurden diese mit den von den Fachressorts sorgfältig eingeschätzten Kosten einbezogen. Für die übrigen Aufgaben wurden die ungedeckten Kosten unter Annahme einer wirtschaftlichen Verwaltungstätigkeit mittels eines Berechnungsmodus ermittelt, den ich Ihnen an einem Beispiel erläutern möchte.

Angenommen 20 Gemeinden nehmen die Aufgabe X wahr, für jede dieser Gemeinden werden die ungedeckten Kosten je Einwohner für die Aufgabe X ausgehend von den gemeldeten Zeitanteilen, den besonderen Sach- und Zweckausgaben und den Einnahmen ermittelt. Aus diesen - in meinem Beispiel - 20 Einzelergebnissen wird der einwohnerbezogene mathematische Durchschnittswert berechnet. Dieser Durchschnittswert stellt die oberste Schranke der Kosten der Verwaltungstätigkeit dar. Ausgehend von diesem Durchschnittswert wird nun ein Korridor von 50 vom Hundert bis 100 vom Hundert gebildet, auf denen die Spitzenwerte herabgesenkt oder angehoben werden. Nehmen wir an, der Durchschnittswert beträgt 1 €. Liegen die ungedeckten Kosten einer Gemeinde für die Aufgabe X über 1 € pro Einwohner, werden die Kosten dieser Gemeinde auf den obersten Schwellenwert von 1 € pro Einwohner herabgesenkt. Liegen die ungedeckten Kosten einer Gemeinde für die Aufgabe X unter 0,50 € pro Einwohner, werden die Kosten dieser Gemeinde auf den untersten Schwellenwert von 0,50 € pro Einwohner heraufgezogen. Gemeinden, deren ungedeckte Kosten zwischen 0,50 € und 1 € liegen, werden mit den tatsächlichen Werten berücksichtigt. Aus dem so modifizierten Datenbestand wird nun der so genannte bereinigte durchschnittliche Einwohnerwert ermittelt - der Basiswert für die Auftragskostenpauschale. Wird in meinem Beispielsfall ein bereinigter Durchschnittswert von 0,97 € pro Einwohner ermittelt, erhält jede der 20 Gemeinden demnach 0,97 € pro Einwohner für die Erfüllung der Aufgabe X. So werden die durchschnittlich für jede Aufgabe entstehenden ungedeckten Kosten pro Einwohner ermittelt. Dabei wird wegen des unterschiedlichen Aufgabenumfangs und der damit verbundenen Kostenstruktur differenziert zwischen Landkreisen, kreisfreien Städten, großen kreisangehörigen Gemeinden und sonstigen kreisangehörigen Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und erfüllenden Gemeinden. Gegenüber der bisherigen Auftragskostenpauschale wurde für das Jahr 2005 der Berechnungskorridor von 50 Prozent bis 150 Prozent alt auf 50 Prozent bis 100 Prozent neu abgesenkt. Damit wurde einer Anregung

des Landkreistags gefolgt, der eine stärkere Orientierung an den notwendigen Kosten bei effektiver und wirtschaftlicher Verwaltungstätigkeit eingefordert hat. Die Aufgabenträger werden durch diese Änderung gehalten, die übertragenen Aufgaben möglichst kostengünstig zu erfüllen. Flankierend wurde die so genannte Interessenquote, die von der errechneten Auftragskostenpauschale abgezogen wird, von 20 Prozent auf 12 Prozent abgesenkt. Die Interessenquote ist in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Sie bringt das Eigeninteresse der Kommune an der Wahrnehmung der Aufgaben zum Ausdruck und trägt Synergieeffekten Rechnung, die durch eine gemeinsame Erfüllung kommunaler und staatlicher Aufgaben bedingt sind. Die Senkung der Interessenquote von 20 Prozent auf 12 Prozent wurde mit Veränderung des Berechnungskorridors möglich, da bereits hierdurch der Anreiz zu einer wirtschaftlichen und effektiveren Aufgabenwahrnehmung vergrößert wurde. Die Neuregelung der Auftragskostenpauschale erfasst alle bislang kommunalisierten Aufgaben. Für jede neu zu übertragende Aufgabe bedarf es einer zusätzlichen Mittelbereitstellung aus dem Landeshaushalt in Form einer Zuführung an den KFA, solange die Auftragskostenpauschale im KFA verbleibt. Den Kommunen wurden auf Basis des Entwurfs der Verordnung bereits Abschläge gezahlt. Den Kommunen erwächst somit kein finanzieller Nachteil daraus, dass die intensiven Vorarbeiten innerhalb der Landesregierung und Abstimmungen mit den kommunalen Spitzenverbänden auch aufgrund von kurzfristigem Anpassungsbedarf bis April andauern. Die Ihnen vorliegende Verordnung ist vor dem Hintergrund der geplanten Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen auf das Jahr 2005 befristet. Eine Fortschreibung wird nach der Sommerpause im Lichte des Haushaltsentwurfs 2006/2007 und des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes erfolgen. Es ist beabsichtigt, rechtzeitig zu Jahresbeginn eine Nachfolgeregelung vorzulegen. Ich bitte namens der Landesregierung um Zustimmung zu dieser Verordnung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kuschel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die bisherige Thüringer Praxis zur Finanzierung der übertragenen Aufgaben über die Auftragskostenpauschale ist derzeit verfassungsrechtlich umstritten. Nicht von ungefähr ist deshalb eine Klage vor dem Thüringer Verfassungsgericht aus

dem Jahr 2003 anhängig. Wesentlicher Streitpunkt ist dabei die Definition und Anwendung des Konnexitätsprinzips. Das Verfassungsgericht wird am 21. Juni dieses Jahres seine Auffassung zur Angemessenheit der finanziellen Ausstattung der Kommunen durch das Land und zum Umgang mit der Auftragskostenpauschale mitteilen. Gleichzeitig wird sich das Verfassungsgericht auch zur Frage äußern, ob bei einer solchen Angelegenheit wie der Auftragskostenpauschale der Landtag weitgehend unbeteiligt sein darf. Gegenwärtig ist bei der Ermittlung der Auftragskostenpauschale die Landesregierung Herr des Verfahrens. Der Landtag kann dem Verordnungsentwurf nur zustimmen oder diesen ablehnen. Eine inhaltliche Mitwirkung ist dem Landtag jedoch weitgehend verwehrt.

Wir als PDS-Fraktion haben dieses Verfahren immer kritisiert und abgelehnt, und zwar aus folgendem Grund: Als Gesetzgeber überträgt der Landtag den Kommunen die Aufgaben. Wenn es jedoch um die Finanzierung dieser Aufgaben geht, liegt die eigentliche Entscheidungskompetenz bei der Landesregierung. Dies ist für uns ein Widerspruch. Wir fordern hier die Zuständigkeit des Landtags und gehen davon aus, dass dies der Verfassungsgerichtshof ähnlich sehen wird.

(Beifall bei der PDS)

Bereits in der Mündlichen Verhandlung hat das Gericht durchblicken lassen, dass die bisherige Praxis zur Festsetzung der Auftragskostenpauschale zumindest bedenklich ist. Insofern sehen wir die begründete Gefahr, dass nach der Zustimmung zu dieser Verordnung wesentliche Bestandteile überholt sind, während die Tinte des Innenministers auf der Verordnung noch nicht getrocknet ist. Es wäre deshalb sinnvoll, die Zustimmung zum vorliegenden Verordnungsentwurf bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts auszusetzen. Für die Kommunen hätte diese Aussetzung keine weitergehenden Folgen. Der Innenstaatssekretär hat ja bereits darauf verwiesen, dass die Auftragskostenpauschale gegenwärtig als Abschlagszahlungen an die Kommunen ausgezahlt wird, als vorläufige Zahlung und nach In-Kraft-Treten der Verordnung erfolgt dann die Spitzabrechnung. Das Gleiche träfe zu, wenn in der Folge des zu erwartenden Gerichtsurteils die Auftragskostenpauschale dann durch den Gesetzgeber letztlich festzusetzen wäre.

Meine Damen und Herren, bereits vor längerem wurde durch die Landesregierung eine neue Ermittlung der kommunalen Aufwendungen zur Realisierung der übertragenen Aufgaben angekündigt. Dass es nunmehr diese Ermittlung auf Grundlage des Jahres 2003 gibt, ist zunächst erfreulich. Offenbar ist die Landesregierung mit Unterstützung des

gesamten zur Verfügung stehenden Verwaltungsapparats in der Lage gewesen, die tatsächlich entstandenen Kosten bei den Kommunen zusammenzutragen. In diesem Zusammenhang fragen wir jedoch - im Übrigen auch das Verfassungsgericht -, weshalb eine solche Kostenermittlung nicht auch mal bei den pflichtigen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Kommunen möglich ist. Nur wenn das ermittelt wurde, wie sich die Kosten für die kommunalen Pflichtaufgaben zusammensetzen, welche Aufwendungen dabei den Kommunen tatsächlich entstehen, kann eine Aussage darüber getroffen werden, inwieweit die kommunale Finanzausstattung des Landes als angemessen anzusehen ist.

Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, auch für die Pflichtaufgaben des eigenen kommunalen Wirkungskreises eine solche Kostenermittlung vorzunehmen und diese dem Landtag vorzulegen. Der Aufwand dürfte aus unserer Sicht nicht höher sein als beim Aufgabenkatalog des übertragenen Wirkungskreises.

Meine Damen und Herren, seit Jahren gibt es Streit über die Höhe der so genannten kommunalen Eigeninteressenquote bei der Ermittlung der Auftragskostenpauschale. Die PDS hat sich dabei nie gegen solche Eigeninteressenquoten ausgesprochen. Wir haben jedoch immer wieder gefordert, dass die Höhe der Eigeninteressenquoten nach einer anerkannten Methode und nicht auf Grundlage politischer Erwägungen zu erfolgen hat. Die jetzt beabsichtigte Absenkung der kommunalen Eigeninteressenquote von bisher 20 Prozent auf künftig 12 Prozent könnte durchaus als ein Schritt in die richtige Richtung verstanden werden, würden nicht gleichzeitig die Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Pauschalen zuungunsten der Kommunen verändert. Insofern ist die Absenkung der Eigeninteressenquote lediglich als Pyrrhussieg der Kommunen anzusehen. Leider hat der Thüringische Landkreistag in seiner schriftlichen, äußerst kurzen Stellungnahme diese Kopplung nicht berücksichtigt. Der Landkreistag kommt deshalb aus unserer Sicht zu dem einseitigen positiven Ergebnis, welches uns allen zur Kenntnis gegeben wurde.

Weshalb die Landesregierung die Berechnungsmethode zu Lasten der Kommunen verändert hat, erschließt sich der PDS-Fraktion nicht. Wenn die Landesregierung eine tatsächliche finanzielle Besserstellung der Kommunen für die Wahrnehmung des übertragenen Aufgabenbereichs erreichen wollte, hätte sie diese Kopplung ausschließen müssen. Was die CDU-Landesregierung öffentlich erreichen will, ist klar: Sie will den Eindruck erwecken, als würde das Land einen größeren Anteil an den entstehenden Kosten des übertragenen Wirkungskreises übernehmen. Es wird Sie nicht überraschen, wenn wir immer

wieder auf dieses Täuschungsmanöver der Landesregierung öffentlich hinweisen. Völlig unklar ist uns nach wie vor, wie das Land denn auf die 12 Prozent Eigeninteressenquote gekommen ist. Wäre nicht auch eine Eigeninteressenquote von 15 Prozent oder eine Quote von 9,99 Prozent möglich gewesen? Welche Überlegung steht also hinter der Zahl 12? Zufällig ergibt die Summe zweier handelsüblicher Würfel im Höchstfall ebenfalls die Zahl 12. Vielleicht ist darin der Ausgangspunkt zu finden. Schließlich hat die Landesregierung schon oft mitgeteilt, hinter verschlossenen Türen nachzudenken und ggf. als Nebenprodukt der Verhandlungen zur Spielbank hat man eben diese Zahl 12 ausgewürfelt. Wir fordern hingegen klare Kriterien für die Ermittlung der Eigeninteressenquote und die Anwendung der bisherigen Berechnungsmethode zur Ermittlung der Pauschalsätze bei den einzelnen übertragenen Aufgaben. Ihre jetzige Methode unterstellt, dass eine Reihe von Kommunen bei der Aufgabenwahrnehmung im übertragenen Wirkungskreis gegen die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt. Ein derart pauschalierter Vorwurf an die Kommunen ist aus unserer Sicht ungeheuerlich. Er spricht im Übrigen auch den Kommunalaufsichten, die die Haushaltssatzung und die Haushaltspläne der Kommunen zu würdigen bzw. zu genehmigen haben, ein Armutszeugnis aus. Wenn Sie als Landesregierung schon den Kommunen misstrauen, sollten Sie zumindest Ihren eigenen Landesbehörden rechtmäßiges Handeln zutrauen. Die Einhaltung der Haushaltgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit werden unbestritten durch die Aufsichtsbehörden auch für die Aufgabenwahrnehmung im übertragenen Wirkungskreis überprüft. Insofern erübrigt sich Ihr Pauschalvorwurf an die Kommunen oder Sie müssen die Arbeit Ihrer Aufsichtsbehörden qualifizieren. Sie sehen also, es spricht alles dafür, die bisherigen Berechnungsmethoden für die Ermittlung der Auftragskostenpauschalen beizubehalten. Sie verstoßen zudem eklatant gegen anerkannte mathematische Regelungen der Durchschnittsermittlung, indem Sie den Durchschnitt ermitteln und einfach sagen, der Durchschnitt ist dann auf einmal die Höchstgrenze. Also wenn das ein Schüler der fünften Klasse in seiner Mathematikarbeit schreibt, bekommt er die Note 5.

Meine Damen und Herren, auch bei der Ermittlung der einzelnen Auftragskostenpauschalen hat die Landesregierung offenbar keine objektiven Kriterien zugrunde gelegt, sondern vielmehr politisch motivierte Entscheidungen getroffen. Ich verweise hier nur beispielhaft auf die Auftragskostenpauschale im Bereich der Bauordnungsbehörden. Es ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Landesregierung offenbar seit Jahren nun eingesehen hat, dass die Bauordnungsbehörden schon über einen längeren Zeitraum nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Bisher hatte

die Landesregierung einfach unterstellt, dass die Bauordnungsbehörden kostendeckende Gebühren erheben, und hat deshalb dafür keine Auftragskostenpauschale ausgewiesen. Dies war unbestritten bis vor einigen Jahren so. Zwischenzeitlich haben sich aber die Bedingungen grundsätzlich geändert. Die Anzahl der Bauanträge ging zurück, ebenso die Höhe der Bauinvestitionen. Dies führt dazu, dass die Kostendeckung schon über mehrere Jahre in den Bauordnungsämtern nicht mehr dargestellt werden kann. Da andererseits jedoch die Kommunen verpflichtet sind, bestimmte Kapazitäten in den Bauordnungsbehörden vorzuhalten, ist es nur folgerichtig, dass auch hier das Land eine Kostenerstattung vornimmt. Der im Verordnungsentwurf jedoch ausgewiesene Erstattungsbetrag ist aber aus unserer Sicht nur ein symbolischer. Keinesfalls führt er zu einem angemessenen Kostenausgleich bei den Kommunen. Gerade hier sehen wir Nachbesserungsbedarf.

Meine Damen und Herren, die Finanzierung des übertragenen Wirkungskreises ist ja seit Jahren umstritten. Seit diesem Jahr erfolgt sie vollständig im Kommunalen Finanzausgleich. Damit bezahlen de facto die Kommunen die Aufgaben, deren sich das Land entledigt, aber gleichzeitig die Kommunen mit der Realisierung beauftragt. Die letzten Jahre haben das belegt. Die Auftragskostenpauschale wurde zwar immer wieder erhöht, dies aber zulasten der anderen Finanzzuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich, wie zum Beispiel den Schlüsselzuweisungen. Diese Art „Kartenspielertrick“ ging zulasten der Kommunen. Die Begründung der Landesregierung zur Rechtfertigung dieser Verfahrensweise, dass nämlich das Land zusätzliche Mittel aus dem Landeshaushalt der Finanzausgleichsmasse zufließen lässt, gilt seit diesem Jahr nicht mehr; insofern auch nicht mehr das Argument. Wir fordern deshalb erneut, die Auftragskostenpauschale endlich aus dem Kommunalen Finanzausgleich zu streichen und sie stattdessen im Haushalt des Innenministeriums, also außerhalb des Finanzausgleichs, auszuweisen. Dies erhöht zum einen die Transparenz und schließt „Taschenspielertricks“ zulasten der Kommunen aus. Dies müsste auch in Ihrem Interesse als Landesregierung sein, denn sicherlich wollen Sie sich nicht immer Trickserei vorwerfen lassen. Was Aufgabe des Landes ist und deren Umsetzung den Kommunen übertragen wurde, muss auch letztlich aus den Töpfen des Landes bezahlt werden, und dies außerhalb des Finanzausgleichs.

Meine Damen und Herren, mit dem Zustimmungsvorbehalt des Landtags zum vorliegenden Verordnungsentwurf der Landesregierung haben wir heute lediglich die Möglichkeit, diesen Entwurf abzunicken oder abzulehnen. Um der Landesregierung die Gelegenheit zu geben, unsere Fragen ausführlich zu beantworten und die Anregungen des Landtags in

die Verordnung aufzunehmen, werden wir die Ausschussüberweisung beantragen. Meine Darlegungen haben gezeigt, wie notwendig und sinnvoll dies ist. Auch wenn diese Verordnung nur für dieses Jahr gelten sollte, haben die Gemeinden einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene Kostenerstattung für den übertragenen Wirkungskreis. Das Land steht hier in der Pflicht. Die Auftragskostenpauschale ist kein Geschenk oder ein Entgegenkommen des Landes, sondern die Folge des Grundsatzes: „Wer bestellt, muss auch bezahlen“. Die Kommunen sind dabei nicht unersättlich, sondern bestehen nur auf einen angemessenen Ausgleich. Ich bin überzeugt, dass die Kosten für das Land, wenn die staatlichen Aufgaben selbst wahrgenommen werden müssten, vielfach höher wären. Die Kommunen wollen im Interesse der Bürger diese Aufgaben gern auch künftig für das Land wahrnehmen. Sie können aber diese Aufgaben nicht subventionieren, schon deshalb nicht, weil Bund und Land seit Jahren eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen verhindern und blockieren. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Taubert.

Danke. Mit dem von der Landesregierung vorgelegten Verordnungsentwurf zur Auftragskostenpauschale wissen die Kommunen nunmehr, was sie dem Ministerpräsidenten wert sind. Auf den ersten Blick und im direkten Vergleich zwischen den Pro-KopfErstattungsbeträgen 2004 und 2005 sind die auszureichenden Beträge gar nicht so weit voneinander abweichend. Multipliziert mit den Einwohnerstärken unserer Kommunen werden die Reduzierungen schon wesentlich deutlicher. Die Auftragskostenpauschale in ihrer heute in Thüringen praktizierten Form ist noch weit entfernt von der gewollten Form in der Thüringer Verfassung. Die Absenkung der Eigeninteressenquote von 20 Prozent auf 12 Prozent möchte vermitteln, dass sich das Finanzministerium auf die Kommunen zubewegt. Leider muss der geneigte Leser des Verordnungsentwurfs bald feststellen, dass damit nur ein Ausgleich einer anderen Einsparung abgefangen wird. Es handelt sich also nicht um eine wirkliche Einsicht, dass unseren Kommunen das Geld für die übernommenen staatlichen Aufgaben und Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises ehrlich zusteht, es ist eher der Versuch eines Taschenspielertricks oder eines Zaubertricks, den manche Zuschauer durchschauen und manche, das sieht man an den Stellungnahmen, offensichtlich nicht. Man modifiziere das Rechenwerk, indem man die Streubreite der tatsächlich anfallenden Kosten für

die einzelnen übertragenen Aufgaben in unzulässiger Weise einengt, damit sind von vornherein niedrigere Kostenansätze die Grundlage für die folgenden Berechnungen. Wir sagen ganz deutlich, dass diese Art von Manipulation nicht mit uns machbar ist.