Zweitens haben wir das Angebot gemacht, dass sich VGs zusammenschließen können zu einer Einheitsgemeinde, die die 5.000er Größe haben. Da, Kollege Kuschel, gebe ich Ihnen Recht, dass man zumindest darüber reden muss. Das muss man erst mal prüfen, dass die VGs die mal 5.300 Seelen hatten und die jetzt auf 4.800 gesunken sind, ob man da nicht eine Lösung findet, wenn sie sich denn wirklich jetzt zusammenschließen wollen, ob man nicht da noch etwas ändern kann. Ich glaube, das ist so ein Punkt, da kann man sicher darüber reden.
Also lange Rede, kurzer Sinn: Ich glaube, wir brauchen jetzt nicht noch mal hier Konstruktionsfehler 2002 zu sagen. Wir haben ganz bewusst damals in der Kommunalordnung das so gelassen, wie wir es dort konstruiert haben. Kein Konstruktionsfehler, sondern mit voller Überzeugung haben wir das so gestaltet. Wir bleiben in unserem Wort, wie wir das bisher auch angesagt haben. Ich will nicht noch mal extra auf die ganzen Dinge eingehen.
Wichtig ist, und wir nehmen natürlich die Bitte der Landesregierung auf, dass wir natürlich die Spitzenverbände anhören werden. Das ist nicht das erste Mal, wenn aus Zeitmangel die Dinge etwas beschleunigt werden sollen und Sie wissen auch, meine Damen und Herren, es werden ja nicht so viele, die in diesem Zeitraum noch zustande kommen. Es wird sicher einige geben, Frau Taubert, da muss ich Ihnen widersprechen, denn Sie kennen die Zeitabläufe. Wenn die Landesregierung ihre Dinge, wo die Anmeldungen da sind, in ein Gesetz gießt, also in den Landtag bringt, haben wir immer noch bis Jahresende Gelegenheit, vielleicht auch noch kurz in den Anfang des Jahres hinein zu gehen, wo man das noch machen kann. Sie kennen ja die Abläufe. Ich denke, dass das durchaus möglich ist.
Ich beantrage die Überweisung an den Innenausschuss. Wir werden dort die zwei Spitzenverbände selbstverständlich anhören und wenn entsprechende Anmeldungen da sind, kann ich nur die Landesregierung bitten, dass das dem Parlament zeitig genug zugeleitet wird, damit wir noch die Chance haben mit allen dazu möglichen und nötigen Anhörungen, dass wir das Ganze auch durchführen können. An uns soll es nicht liegen, dass die, die sich freiwillig finden, durch den Gesetzgeber dazu in die Lage versetzt werden. Vielen Dank.
Ich frage Sie: Warum werden dann in dieser Richtlinie freiwilligen Zusammenschlüssen von Kommunen über 3.000 Einwohner - als Beispiel führe ich hier an aus meiner Region die Absichten der beiden Städte Lauscha und Neuhaus zu fusionieren - nicht von dieser Richtlinie erfasst?
Weil die Landesregierung sich auf zwei Punkte konzentriert hat, wie es in der Richtlinie steht, und wir nicht alles damit erreichen wollten. Sie wissen, dass ja auch eine Verstetigung passieren soll, dass zum Beispiel in den Folgejahren das Ganze auch noch weitergeführt werden soll. Wir reden jetzt von diesem Jahr.
Wer hindert denn die daran? Sie kriegen doch kein Geld. Machen können sie es doch, hindert sie doch niemand daran. Hat keiner etwas dagegen?
Ja, Herr Fiedler, Sie haben dankenswerterweise die Überweisung an den Innenausschuss beantragt und eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände angeregt. Könnten Sie uns sagen, ob Sie eine mündliche oder schriftliche Anhörung favorisieren und, wenn Sie keine mündliche Anhörung beabsichtigen, wie Sie das dann begründen?
Also, Herr Kollege Kuschel, ich gehe mal davon aus, dass der Ausschuss in seiner Gänze entscheiden wird, was er macht. Ich könnte mir in dem Falle vorstellen, dass eine mündliche Anhörung schneller geht als eine schriftliche.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, dass viele Kommunalpolitiker nach der Ankündigung der Landesregierung, freiwillige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen finanziell zu fördern, mit großen Erwartungen und Hoffnungen auf diese Richtlinie gewartet haben. Auch ich habe die Ankündigung als einen Schritt in die richtige Richtung gesehen, und auch ich habe öffentlich geäußert, das könnte eine Geschichte sein, der ich auch hier im Landtag zustimmen kann. Nun liegt der diesbezügliche Richtlinienentwurf vor, und ich muss sagen, ich kann die Skepsis und teilweise auch die Ablehnung meiner Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen durchaus verstehen und halte sie in großen Teilen auch für gerechtfertigt,
denn die Gemeinden sind nicht zum ersten Mal hier enttäuscht. Enttäuscht, weil eben nicht klar ist, mit welcher Zielrichtung neue Gemeindestrukturen geschaffen werden sollen. Und das, was Herr Baldus heute hier vorgestellt hat oder deutlich gemacht hat,
ist nichts anderes als Kaugummi, das ist letztendlich keine Zielrichtung, die hier erkennbar ist. Enttäuscht sind die Gemeinden auch, weil das Land glaubt, sich ganz einfach von der Problemlösung freikaufen zu können.
Meine Damen und Herren, Sie dürfen doch nicht allen Ernstes annehmen, dass sich allein durch eine einmalige Kopfprämie von 30 bzw. 100 € pro Einwohner die strukturellen Probleme auf gemeindlicher Ebene lösen lassen und dass man damit, wie der Herr Mohring heute gegenüber der Presse geäußert hat -
gestern -, einer Gemeindegebietsreform von oben aus dem Wege geht, die nur Unruhe bringt. Herr Mohring, ich kann Ihnen sagen, Unruhe haben wir schon, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, weil das Land keine konkreten Entscheidungen zur Gemeindegebietsreform trifft. Ich möchte das auch noch mal ganz kurz an einem Beispiel erläutern, nämlich daran, was ich tagtäglich erlebe in meiner Verwaltungsgemeinschaft in Großbreitenbach. Man könnte jetzt auch sagen, das ist ein Erlebnisbericht, den ich hier zum Besten geben möchte.
Die Verwaltungsgemeinschaft Großbreitenbach funktionierte bis 1999 nahezu reibungslos. Das hatte auch seinen Grund, denn die meisten ehrenamtlichen Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden waren gleichzeitig Angestellte in der VG. Sie waren so de facto auch hauptamtlich tätig und hatten auch unmittelbaren Zugriff auf den Vollzugsapparat. Doch dann änderte sich die Situation durch die Änderung der Thüringer Kommunalordnung. Die Bürgermeister waren nur noch ehrenamtlich tätig und standen nun einer Verwaltungsgemeinschaft gegenüber, die ordnungspolitisch und behördlich arbeitet, aber - das muss ich hier auch ganz deutlich sagen - oftmals ganz weit weg von den eigentlichen Problemen in den Gemeinden.
Im Zweifelsfall waren bei den Problemen die Bürgermeister verantwortlich, ohne - und das muss man hier sagen - aber einen direkten Zugriff auch auf die Verwaltung zu haben. Was natürlich dadurch entsteht, sind Kompetenzstreitigkeiten. Und auch die Bürger, das kann ich aus eigenem Erleben sagen, wissen zwischenzeitlich nicht mehr so richtig, wer ist denn nun eigentlich hier in der Gemeinde für was zuständig. Deshalb wird auch in der Verwaltungsgemeinschaft Großbreitenbach seit längerer Zeit über die Umwandlung der VG in eine Einheitsgemeinde diskutiert.
Ich möchte auch eines sagen: Die größten Bedenken werden dabei nicht von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinden geäußert, sondern von den Bürgermeistern und Gemeinderäten. Gerade in kleineren Orten gibt es Vorbehalte, weil sie einfach den Verlust der Identität befürchten. Mein Fraktionskollege Kuschel hat schon gesagt, notwendig ist eine bessere Ausgestaltung auch der Ortschaftsverfassung, um auch diese Dinge einfach besser regeln zu können.
Eines muss ich Ihnen natürlich hier an dieser Stelle auch sagen: Die jetzt von Ihnen in Aussicht gestellte Kopfprämie hat zwar den Diskussionsprozess befördert - aber in welche Richtung? Die Bedenkenträger verkünden nämlich nun, wir lassen uns nicht kaufen. Der Bürgermeister von Friedersdorf - und ich möchte das hier auch mal erwähnen -, einer Gemeinde mit 227 Einwohnern, verkündete: Für die paar Euro geben wir unsere Eigenständigkeit niemals auf. Obwohl, ich frage mich natürlich auch, welche Eigenständigkeit ist das eigentlich noch? Sie reduzieren mit der vorliegenden Richtlinie die Strukturdiskussion der Gemeinden ausschließlich auf das Geld. Dies, das kann ich aus Erfahrung sagen, kann und wird auch so nicht funktionieren. Die Bürger und Kommunalpolitiker interessiert nicht nur das Geld. Es geht ihnen um die Zukunft ihrer Gemeinden. Da gibt es Ängste, da gibt es Vorbehalte und diese kann man eben allein mit Geld nicht aus der Welt schaffen.
Wenn es schon ums Geld geht, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, dann wird mir als Landtagsabgeordnete immer wieder die Frage gestellt, letztlich erst beim Gemeinde- und Städtebund bei der Bürgermeistervollversammlung,
da werden den Thüringer Kommunen in diesem Jahr 150 Mio. € gestrichen und die gleiche Landesregierung will dafür gefeiert werden, dass davon eventuell 10 Prozent an die Kommunen zurückgegeben werden. Das ist die Diskussion in den Gemeinden vor Ort.
Meine Damen und Herren, eine solche Richtlinie kann hilfreich sein. Sie kann ein richtiger Schritt in die richtige Richtung sein, wenn - und das ist heute auch schon mehrfach hier gesagt worden - ein
Meine Damen und Herren der Landesregierung, das, was Sie hier tun, das ist der zweite Schritt vor dem ersten.
Das wäre dann auch eine Möglichkeit, wenn zum Beispiel eine Freiwilligkeitsphase zeitlich befristet wäre und feststehen würde, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmte Gemeindestrukturen vorhanden sein müssen. Dann würde eine solche Richtlinie eine hohe Wirksamkeit entfalten. Doch so wie gegenwärtig wird die Richtlinie kaum förderlich sein. Eventuell kann im Einzelfall eine befriedigende Lösung gefunden werden. Auch bietet die Richtlinie keine Möglichkeit - und das möchte ich hier auch noch mal ansprechen -, bestimmte strukturelle Neuordnungen über bestehende Grenzen von Verwaltungsgemeinschaften auch vorzunehmen.
Auch hier ein Beispiel aus meiner Region: Es gibt Intentionen, sich mit einer anderen Gemeinde aus einer anderen Verwaltungsgemeinschaft zusammenzuschließen. Aber eine Förderung über diese Richtlinie, so, wie sie gegenwärtig auch besteht, wird damit nicht möglich sein und das halte ich auch für nicht gut und für nicht richtig.
Meine Damen und Herren, bei den vielen Gesprächen, die ich in den letzten Wochen geführt habe, wurde mir bis jetzt ein Fall bekannt, wo Gemeinden in einer Verwaltungsgemeinschaft über eine Neustrukturierung nachdenken. Das ist die Verwaltungsgemeinschaft Rennsteig. Gut, das sind jetzt - in meinen Gesprächen die ich geführt habe - Dinge, die ich auch gehört habe. Hier greift die Richtlinie nicht, weil jetzt diese eventuell neu zu gründende Einheitsgemeinde dann unter 5.000 Einwohner hätte. Ich habe hier auch wohlwollend zur Kenntnis genommen, was der Herr Fiedler gesagt hat, dass man im Innenausschuss noch einmal zu dieser Problematik diskutieren will, denn ich halte das für ganz wichtig. Hier haben sich Kommunen zusammengefunden und das ist wirklich auch ein schmerzlicher Prozess für alle. Es wäre auch hier wichtig und notwendig, dass diesen Gemeinden die Höchstförderung zuteil wird.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass Veränderungen bei den Gemeindestrukturen notwendig sind. Dies durch das Land finanziell zu fördern, halte ich auch für richtig. Die vorliegende Richtlinie wird aber diesem Anspruch nicht gerecht. Die Gemeinden müssen wissen, was die Zukunft für sie bringt, welche Aufgaben sie in welchem Umfang und mit welchen Standards zu erfüllen haben. Die
Gemeinden brauchen finanzielle Planungssicherheit hinsichtlich der Steuereinnahmen und auch der Landeszuweisungen. Ihre raumordnerischen Funktionen müssen klar sein. Gemeinden, die künftig Ortsteile sind, brauchen Sicherheiten zur Wahrung ihrer Identität. Kurz, Thüringen braucht - und da wiederhole ich mich jetzt auch noch einmal - eine umfassende Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform mit klaren Zielstellungen und klaren Rahmenbedingungen.
Bestandteil einer solchen Reform kann die freiwillige Förderung von Neugliederungsmaßnahmen sein und die Landesregierung geht hier einen anderen Weg; aus meiner Sicht einen Weg in die Sackgasse. Sie denkt, einzelne Probleme mit ein wenig Geld lösen zu können. Dieser Ansatz ist geprägt von ziellosem Aktionismus und - ich sage und das weiß ich - das muss zwangsläufig scheitern. Unterstützung und Hilfe für die Kommunen muss anders aussehen, muss anders gestaltet werden. Ich fordere die Landesregierung auf, werden Sie endlich Ihrer Verantwortung für die Kommunen gerecht. Danke schön.