Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Es antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor der eigentlichen Beantwortung der Mündlichen Anfrage möchte ich unterstreichen, dass sich die Umfrage nicht auf Daten zu Kosten für Unterkunft und Heizung bezog. Der Leistungsbereich, für den die Rechtsaufsicht des TMWTA bzw. des Thüringer Landesverwaltungsamts besteht, war somit von der Telefonaktion nicht betroffen.

Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld beantworte ich für die Landesregierung des Weiteren wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Angaben der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen wurden im Bereich der Thüringer ARGEN durch das von der BA beauftragte Service- und Support-Center Hamburg seit 20. Juli 2005 ALG-II-Empfänger telefonisch befragt, deren letzte Vorsprache in der ARGE länger als acht Wochen zurückliegt. Anlass dafür seien Überprüfungen der BA hinsichtlich der durch die ARGEN erfassten Daten zum Status von SGB-IILeistungsempfängern gewesen. Bei der Überprüfung

hätten sich Erfassungs- und Erhebungsfehler gezeigt, die zeitnah bereinigt werden sollten. Mit der Telefonaktion sollten nach Angaben der Regionaldirektion im Wesentlichen der aktuelle Bewerberstatus und Fragen der Erwerbsfähigkeit geklärt werden. In dem Fragenkatalog der BA, nach dem die Befragung erfolgte, sind keine Fragen zu Familienkonstellationen, Freundschaften, Nachbarschaftskontakten, Vereinszugehörigkeiten oder der Wohnsituation enthalten. In rechtlicher Hinsicht beruft sich die BA auf § 67 b SGB X als datenschutzrechtliche Grundlage und materiell-rechtlich auf einen Vertrag der Bundesagentur für Arbeit Nürnberg mit der T-System-International GmbH Nürnberg sowie auf § 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 50 SGB II.

Zu Frage 2: Es wurden laut Fragenkatalog der BA nur Daten erhoben, die den Zuständigkeitsbereich der BA in den ARGEN betreffen. Für diesen Bereich führt gemäß § 47 Abs. 1 SGB II das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Rechts- und Fachaufsicht. Die Bewertung der Telefonaktion obliegt daher dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Allgemein hält die Landesregierung Maßnahmen, durch die eine ordnungsgemäße Leistungsgewährung im SGB II sichergestellt wird, für sinnvoll, soweit die eingesetzten Mittel im Hinblick auf den Datenschutz und das materielle Recht legal sind.

Zu Frage 3: Durch den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz wurde am 15. August 2005 eine datenschutzrechtliche Kontrolle in der ARGE SGB II Gera durchgeführt. Im Ergebnis dieser Kontrolle wurde eine Beanstandung nach § 39 Abs. 1 Thüringer Datenschutzgesetz ausgesprochen und von der ARGE SGB II Gera sowie von allen anderen Thüringer ARGEN eine Stellungnahme dazu erbeten, welche ARGEN sich an der Befragung beteiligt haben und in welcher Form sie ihrer gesetzlichen Pflicht als Auftraggeber nach § 80 SGB X nachgekommen sind. Die Reaktion darauf ist bislang lediglich durch die Zentrale der BA in Nürnberg erfolgt. Diese hält die telefonische Befragungsaktion für rechtlich zulässig. Seitens des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz wurde am 7. September 2005 erneut die ARGE Gera angeschrieben und zusätzlich um Auskunft gebeten, in welcher Form, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt Ergebnisse der Telefonbefragung vorliegen und wie diese genutzt werden sollen. Eine Stellungnahme von Seiten der Thüringer ARGEN sowie eine abschließende datenschutzrechtliche Bewertung durch den Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz liegen noch nicht vor.

Zu Frage 4: Nein.

Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS-Fraktion, in Drucksache 4/1167.

Vergabe von Fördermitteln nach der Gemeinschaftsinitiative Leader+ und Kontrolle ihres Einsatzes

Mit Hilfe des EU-Programms Leader+ werden innovative Projekte zur nachhaltigen Entwicklung ländlicher Räume gefördert. In Thüringen findet dieses Programm viel Zuspruch. Allerdings sind aufgrund des Prozesscharakters der geförderten Projekte die Erfolge nicht in jedem Fall offensichtlich. Mehrfach- und Anschlussförderungen treten auf.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Vereine, Verbände und sonstige Projektträger bekamen in diesem Jahr auf neue Anträge hin Leadermittel für bereits in Vorjahren über Leader geförderte Projekte bewilligt (bitte Höhe der be- willigten Summe, Projekt und Träger angeben)?

2. Wie werden durch Leader geförderte Träger von der Landesregierung auf korrekte Einhaltung der Förderbestimmungen und das Erreichen des mit der Förderung angestrebten Ergebnisses hin kontrolliert?

3. Welche Unregelmäßigkeiten gab es bisher bzw. werden zurzeit untersucht in Bezug auf den sachgerechten Mitteleinsatz, die Einhaltung von Ausschreibungspflichten, die korrekte Erbringung von Eigenmitteln, die Einhaltung von Bindungsfristen und das Ergebnis des Projekts?

4. In welchen Fällen und mit welchem Ergebnis sind in der laufenden Förderperiode von 2000-2006 Prüfungen bzw. Prüfverfahren durch Dienststellen der EU durchgeführt worden, die über die normale Verwendungsnachweisprüfung der Thüringer Bewilligungsbehörde hinausgehen?

Es antwortet Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Gerstenberger beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Eine erneute Förderung hat es lediglich in zwei Fällen gegeben. Es handelt sich zum einen um das Projekt „Baumkronenerlebnispfad“. Projektträger ist die Stadt Bad Langensalza. Es wurden 186.607 € für die Errichtung der Forscherhütte und die Einrichtung von Stationen für die Umweltbildung bewilligt. Bereits im Jahre 2004 wurden 193.837 € für die Errichtung des Baumturmes bewilligt. Es muss jedoch beachtet werden, dass es sich zuwendungsrechtlich um zwei getrennte Projekte handelt. Zum anderen handelt es sich um das Projekt „Netzwerk Färberdorf Neckeroda“. Hier wurden im Jahre 2004 95.742 € für eine Gebäudesanierung und im Jahre 2005 64.142 € zusätzlich für die Errichtung eines Hofladens bewilligt. Zuwendungsempfänger war die Stadt Blankenhain.

Zu Frage 2: Entsprechend dem Thüringer Zuwendungsrecht findet zu jedem Projekt eine Antrags- und Verwendungsnachweisprüfung statt. Diese Prüfung wurden durch Vorortkontrollen, die sich auf mindestens 5 Prozent der getätigten Ausgaben erstrecken, im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung und Zweckbindungsprüfung ergänzt. Zusätzlich zum Thüringer Zuwendungsrecht finden in einem Umfang von mindestens 5 Prozent der Ausgaben so genannte Stichprobenkontrollen auf der Grundlage der europarechtlichen Vorgaben statt. Diese Kontrollen beziehen sich auf die Überprüfung der Effizienz und Wirksamkeit der eingereichten Verwaltungs- und Kontrollsysteme. Des Weiteren sind Projektkontrollen durch die unabhängige Stelle möglich.

Zu Frage 3: Unregelmäßigkeiten im Sinne des EURechts sind mit dem in der Anfrage beschriebenen Bezug bislang nicht aufgetreten. Darüber hinaus gab es drei festgestellte Unregelmäßigkeiten, die auf fehlende Dokumentation, die Nichteinhaltung von Verwendungsnachweisfristen und eine Insolvenz zurückzuführen sind. Alle drei Fälle wurden anhand des geltenden Zuwendungsrechts aufgearbeitet und konnten abgeschlossen werden.

Zu Frage 4: Prüfungen durch Dienststellen der EU sind in der laufenden Förderperiode bislang keine durchgeführt worden.

Danke. Es gibt eine Nachfrage, Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Sind die drei Prüfungen, Herr Minister, auf die Sie unter 3. verwiesen haben, mit einem Ergebnis der Rückforderung abgeschlossen worden oder nicht? Und die andere Frage: Welche drei Prüfungen wa

Fangen wir mit der letzten Frage an. Die drei letzten Prüfungen waren: Eine wegen fehlender Dokumentation, die kann man nachreichen, das ist nicht das Problem. Die Zweite war dann die Nichteinhaltung von Verwendungsnachweisfristen. Ach so, Sie wollten jetzt genau die Projekte wissen. Herr Gerstenberger, das tut mir Leid, das habe ich jetzt nicht hier. Das müssten wir Ihnen noch nachreichen, wenn Sie das gern wünschen.

Bei der Überschreitung der Fristen geht es dann ganz einfach darum, ob derjenige, der die Mittel bekommt, glaubhaft nachweisen kann, warum und weshalb. Wenn das so ist, liegt das im Ermessen des Mittelgebers, ob er sagt, ich fordere trotzdem die Mittel zurück oder ich lasse sie euch. Wenn es gerechtfertigt ist, kann man dann die Mittel auch lassen, sonst werden diese zurückgefordert.

Bei der dritten Sache, bei einer Insolvenz, muss man natürlich dann pflichtgemäß die Mittel zurückfordern. Aber Sie wissen ja, was dann letzten Endes dabei herauskommt.

Ich werde Ihnen diese drei Fälle dann noch nachreichen.

Danke schön. Weitere Nachfragen gibt es nicht, damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Wolf, Linkspartei PDS-Fraktion, in Drucksache 4/1172.

Die Berücksichtigung von Frauen im Gesetzentwurf zum Thüringer Familienfördergesetz

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zum Thüringer Familienfördergesetz in Drucksache 4/1200 vorgelegt, der erhebliche Auswirkungen auf Frauen haben wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Haben die Gender-Beauftragten in allen Ministerien den Gesetzentwurf zum Thüringer Familienfördergesetz hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Frauen geprüft, wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?

2. Mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung der zunehmenden Verarmung von Frauen entge

genwirken, wenn sie aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Thüringen langzeitarbeitslos werden?

Ich sehe Herr Wehner hat auch noch Nachholbedarf.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sehr großen.)

3. Warum sieht die Landesregierung zwar die Förderung von Familienverbänden, nicht aber die Förderung von Frauenverbänden und hier insbesondere des Landesfrauenrates vor?

(Unruhe im Hause)

Herr Wehner, es wäre schön, wenn Sie so ruhig sein könnten, dass ich meine Frage in Ruhe vortragen kann.

4. Wie soll die Arbeit der Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen und der Frauenzentren gesichert werden, wenn sie dem Haushaltsvorbehalt unterliegen?

Es antwortet Staatssekretär Illert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Dies gehört nicht zu den Aufgaben der Gender-Koordinatoren. Vielmehr gilt hier das Ressortprinzip.

Zu Frage 2: Die arbeitsmarktpolitische Förderung von Frauen besitzt im Freistaat Thüringen einen hohen Stellenwert. Die Landesregierung bekämpft nach wie vor insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit von Frauen im Rahmen ihrer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Arbeitslose Frauen werden daher im Rahmen der arbeitsmarktpolitischen Förderung besonders berücksichtigt, z.B. durch höhere Förderbeträge. Diese Politik zeigt entsprechend positive Ergebnisse. Sie ist allerdings in ihrer Wirkung begrenzt durch die Ihnen allen bekannten bundespolitischen Rahmenbedingungen. Deshalb ist es ebenso unrealistisch wie unredlich, die Folgen der ungenügenden Wirtschafts- und Arbeitsmarkpolitik der noch amtierenden Bundesregierung der Thüringer Landesregierung anzulasten. Im Übrigen ist der Begriff der zunehmenden Verarmung in diesem Kontext viel zu vage, als dass man ihn anders als nur polemisch verstehen könnte.

Zu Frage 3: Diese Unterstellung weise ich zurück. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf ermöglicht die Landesregierung in Artikel 2 § 3 Abs. 1 dort unter Nummer 7 die Förderung von landesweiten Zusammenschlüssen und die Förderung der Zusammenarbeit von Frauenverbänden. Das Lesen der Begründung zu § 3 hätte erkennen lassen, Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: „Überdies zielt die Regelung in Nummer 7 auf die Forderung des Landesrates Thüringen e.V. als Interessenvertreter, Schnittstelle und Dienstleister der Thüringer Frauenorganisation und als Sachwalter von mehr als 200.000 Thüringerinnen ab."

Zu Frage 4: Es ist gegenwärtig nicht möglich, dem hohen Haus neue Leistungsgesetze mit entsprechenden Verpflichtungen vorzulegen. Die zurzeit sehr angespannte Haushaltssituation nicht nur im Freistaat ist durch die miserable wirtschaftliche Lage in ganz Deutschland bedingt, die enorme Steuerausfälle nach sich zieht. Sie ist das Ergebnis der verfehlten Politik der noch amtierenden Bundesregierung.

Gibt es Nachfragen? Bitte schön, Frau Abgeordnete Leukefeld.

Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, dass Frauen - vor allen Dingen Arbeitslosengeld-II-Empfänger - zunehmend von Armut betroffen sind?

Es kommt auf den Armutsbegriff an, den man verwendet. Ich bin der Überzeugung, dass der Armutsbegriff, der von Ihnen verwendet wird, falsch ist.