Das Erfinderzentrum, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist 1997 auf den Weg gebracht worden. Es ist auf den Weg gebracht worden, weil davon auszugehen war, dass der Freistaat Thüringen ein starkes und ein nachhaltiges Interesse an sinnvollen und praktikablen Erfindungen hat und sich dafür engagierte, dass diese Erfindungen eine wirkliche Marktchance erhalten. Es war klug, es war wirklich klug, dieses Erfinderzentrum in Ilmenau anzusiedeln, in unmittelbarer Nähe zur Technischen Universität, im selben Gebäude wie das Patentzentrum PATON und man erreichte etwas Einmaliges, etwas wirklich Einmaliges: komplexe Patentdienstleistungen in höchster Qualität für die Thüringer Wirtschaft und Wissenschaft, und wenn schon nicht aus einer Hand, dann zumindest doch in einem Haus. Das ist ein Markenzeichen für Thüringen, um das wir anderenorts beneidet werden.
Herr Kretschmer, Sie können nachher gern hier vorkommen und können mir dann entsprechend darauf antworten, das wäre vielleicht mal ein Beitrag.
Die Erfolge dieses Konzepts können sich sehen lassen. Thüringen gehört mit seinen Patentanmeldungen - und das ist auch heute hier mehrfach angeklungen - der letzten Jahre, 2004 waren es 752, zu den Spitzenreitern unter den neuen Bundesländern. Bei den Patentanmeldungen pro 100.000 Einwohner sind wir mit 31 Anmeldungen die Spitze, weit vor Sachsen mit 19 und den anderen Bundesländern. Als Erfolg zu bewerten ist auch die Tatsache - das hatte ich heute hier auch schon eingangs gesagt -, dass das Erfinderzentrum Thüringen für seine Arbeit auf der Nürnberger Erfindermesse 2005 mit dem „Großen Preis“ der Messe- und Ausstellungsleitung ausgezeichnet worden ist. Eine ähnliche Auszeichnung gab es auf der Erfindermesse in Genf, für die ein auch für die Schweiz beispielhaftes erfinderisches Klima, garniert mit Auszeichnungen für die einzelnen Erfinder, zahlreiche Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, ich habe es hier schon erwähnt. Und, Herr
Minister, derartige Auszeichnungen werden nicht Erfindern zuteil, die den hundertsten Dosenöffner - oder ich glaube, Sie haben gesagt, den 27. Dosenöffner - erfunden haben. Ich muss Ihnen sagen, Herr Minister, ich hätte erwartet, dass Sie mit mehr Hochachtung und vor allem mit mehr Respekt über die Leistungen dieser Erfinder sprechen.
Diese Kreativen und ihre Erfindungen sind Werbung für Thüringen, sind allerbeste Werbung für Thüringen und allzu viel Werbung dieser Qualität gibt es nicht - leider. Aber das ist es nicht nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, was dieses Erfinderzentrum in Thüringen so wichtig macht. Es sind vor allem auch die wirtschaftlichen Aspekte, ich werde nachher noch einmal darauf kommen. Der so genannte freie Erfinder in Thüringen, meist Handwerker oder Klein- und mittelständische Unternehmer, weiß, dass es vor allem auf sein Engagement, seine Energie und seine Geduld ankommt, wenn er seine Erfindungen erfolgreich vermarkten will. Er weiß aber auch, ohne Hilfe und Unterstützung wird es noch schwerer, ja, für manche Erfindung wird es unmöglich sein, sich auf dem Markt eine Chance zu erarbeiten. Es geht um Existenzsicherung bei den Unternehmen und es geht um Arbeitsplätze, es geht um zukunftsfähige Arbeitsplätze. Es ist deshalb unredlich, wenn man, wie im Landtagsausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit geschehen, im Patent- und Erfinderwesen auf einen kurzzeitigen schnellen Erfolg setzt und obendrein die Zahlen einseitig auslegt, wie das heute hier auch geschehen ist. Damit offenbart der Minister - und wir reden hier vom zuständigen Minister für Technologie - ein bedenkliches Verständnis von Forschung und Innovation. Dem Erfinderzentrum mangelnde Verwertungen vorzuwerfen, aber zugleich die vorhandenen Verwertungen zu ignorieren, zeugt von Einäugigkeit.
Lassen Sie mich kurz auch auf die Verwertungen eingehen: Das Erfinderzentrum führte im September/Oktober 2005 eine Befragung mit einem ausgeklügelten Fragebogen zum Thema „Stand der Patentverwertungen von Thüringer Wirtschaftserfindungen“ durch. Es wurden 281 bislang geförderte freie Erfinder, Unternehmen und Forschungseinrichtungen kontaktiert. Leider haben sich nur 52 Wirtschaftserfinder beteiligt, doch selbst deren Ergebnisse sind sehr beeindruckend. Auffallend ist besonders, dass in jedem Fall - ich betone, in jedem Fall - das Auftragsvolumen bzw. der Umsatz aus der wirtschaftlichen Verwertung von Patenten oder Gebrauchsmustern von 1999 bis zum Jahr 2004 nicht nur kontinuierlich gewachsen ist, sondern zum Teil potenziert wurde. Es erwies sich als richtig, Erfindungen, die eine echte Marktchance erkennen lassen, mit Schutzrechtsanmeldungen zu koppeln und dann auch gezielt zu för
dern. Die Wertschöpfung ist bei einem maximalen Investitionsvolumen von 1.800 € Förderhöchstgrenze bei nationalen und bei maximal 10.000 € bei internationalen Patentanmeldungen enorm hoch. Insgesamt wurde somit ein Auftragsvolumen und Umsatz in Höhe von sage und schreibe über 13 Mio. € für den Zeitraum 1999 bis 2005 angegeben. Wenn man noch bedenkt, es haben sich nur 52 von 281 Erfindern beteiligt, dann kann man getrost davon ausgehen, dass die tatsächliche Wertschöpfung im Land um ein Vielfaches hier höher liegt. Noch weitere Zahlen, Herr Minister, auch die sollten Sie sich anhören, weitere Fakten möchte ich hier angeben. Bei der Umfrage wurde nach der Motivation für die Erfindungen gefragt. Überraschend ist, dass die Befragten als Hauptmotivation die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen angegeben haben. Erst an dritter Stelle kommt das Ziel der Unternehmenserweiterung. Wir sollten hier diesem Personenkreis unseren Dank aussprechen. Sie müssen gestärkt und nicht durch diese Politik in diesem Land bestraft werden.
Diese Zusammenhänge, Herr Minister, haben Sie hier nicht erwähnt, die haben Sie in die Bewertung des Erfinderzentrums nicht mit einbezogen. Was mich und meine Fraktion am meisten bedenklich stimmt, ist das völlig falsche Verständnis von Innovation, dem diese Landesregierung folgt. Jeder, der sich mit Forschung, Innovation, ja mit Wissenschaft beschäftigt hat, weiß nur zu gut, dass ein Input-Output-Denken nur bedingt zu realisieren ist. Manches, gerade in der Forschung, braucht eben seine Zeit, ehe der wirtschaftliche Erfolg eintritt. Dies zu akzeptieren, ist ein Teil von Erfinderkultur. Diese Erfinderkultur braucht Zeit und Geld, auch eine breite Basis und so eine Erfinderkultur, die hatten wir einmal, Herr Minister.
Lassen Sie mich noch drei weitere Fakten für die Bedeutung des Sektors Innovation anführen, die vor fünf Wochen der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft auf einer internationalen Festveranstaltung in Berlin erläuterte. Ich zitiere: „In den USA hat man errechnet, dass bis zu 75 Prozent des amerikanischen Wirtschaftswachstums zwischen 1950 und 2003 aus Innovationen in Forschung und Entwicklung resultierten. Eine Studie aus dem Jahr 1997 hat darüber hinaus festgestellt, dass sich fast drei Viertel der Zitate in US-Patentschriften auf Publikationen aus öffentlich geförderter Forschung beziehen.“ Das heißt, ohne eine öffentliche Förderung gebe es einen Großteil der Patente nicht. Interessant ist auch, Herr Minister, dass Länder, die in hohem Maße öffentliche Gelder in Forschung und dabei ja vielfach in Grundlagenforschung investieren, doppelt profitieren. Denn dort fließt in aller Regel auch aus der Industrie viel Geld in diesen Bereich. Genau dahin, Herr Minister, müssen wir. Das erreichen wir nicht, indem wir immer
und überall sparen und schon gar nicht bei den Mitteln für Forschung und Technologie. Unsere Fraktion hat dazu in der laufenden Haushaltsdebatte - leider, muss ich betonen - wie jedes Jahr wieder, weil ja Jahr für Jahr das Land gerade hier kürzt, einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht.
Es war die Rede davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch heute hier wieder, dass die bisherigen Leistungen des Erfinderzentrums der Thüringen innovativ GmbH in Ilmenau auf das PATON und auf die IHK verteilt werden sollen. Also, ich weiß nicht, wer von der Landesregierung mit den dort tätigen Verantwortlichen die dazu notwendigen Gespräche geführt hat. Ich habe mit beiden Einrichtungen gesprochen und ich sage Ihnen, beide, sowohl die IHK als auch PATON, sagen, und das sagen sie klar und eindeutig, das, was das Erfinderzentrum seit 1997 geleistet hat, das erreichte Niveau können wir nicht fortsetzen. Die IHK selber schätzt ein, dass ihr bereits vorhandenes Angebot spezieller Erfinderberatungen durch erfahrene Patentanwälte das Erfinderzentrum hier nicht ersetzen kann. Werbung und Messen bleiben völlig auf der Strecke, um nur ein Beispiel zu sagen, und zum Null-Tarif, das sei hier auch betont, geht das nicht. Ähnliches ist auch aus dem PATON zu hören. Der Rektor der TU Ilmenau, Prof. Dr. Scharf, nannte die Abwicklung des Erfinderzentrums als einen Schritt rückwärts. Prof. Schramm, der Leiter des PATON, prognostiziert, dass mit dem Wegfall des Erfinderzentrums ein Rückgang der Erfindungen um mindestens 20 Prozent in Thüringen eintreten wird. Wir gleichen uns also in Breite und Spitze des Thüringer Erfinderwesens nicht BadenWürttemberg an, so wie es für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung hier in Thüringen notwendig wäre, wir holen nicht weiter auf, sondern werden in Zukunft verlieren. Zum wirtschaftlichen Schaden, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommt der moralische und der ideelle Schaden für die von der Landesregierung einst so gepriesene Denkfabrik Thüringen hinzu. Dieser Schaden, dies will ich hier auch ganz deutlich unterstreichen, weil ich an dieser Stelle mit verschiedenen Fachleuten in vollster Übereinstimmung liege, ist einzig und allein dieser Landesregierung selbst und ihrer Kurzsichtigkeit anzulasten.
Noch ist es nicht zu spät, zumal die Konzepte dafür seit längerem auf dem Tisch liegen. Es gibt das Konzept zur Zusammenführung von PATON und Erfinderzentrum seit Anfang des Jahres 2004. Seitdem ist es mehrfach vervollkommnet worden. Warum dieses Konzept zur Zusammenführung von PATON und Erfinderzentrum zu einem Landespatentzentrum von der Landesregierung bislang ignoriert wurde, kann sie nur selbst aufklären. Aber am Geld kann es nicht
Ich will doch hoffen, dass hier Kompetenzgerangel zwischen Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium außen vor bleibt. Ich bin überzeugt, dass es einen Weg über Ressortgrenzen hinweg geben kann, dieses Zusammengehen von PATON und Erfinderzentrum unbürokratisch und nachhaltig zu regeln im Interesse von Wirtschaft und Wissenschaft und im Interesse der Thüringer Erfinder.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Fraktion der Linkspartei.PDS fordere ich Sie auf, sich unserem Antrag anzuschließen, der Eingliederung der Aufgaben des Erfinderzentrums Thüringen in das PATON an die Technische Universität Ilmenau zuzustimmen, damit Überlappungen und Lücken in der Thüringer Patentinfrastruktur zu beseitigen und damit natürlich auch einen mutigen Schritt nach vorn zu wagen und das Konzept komplexe Patentdienstleistungen höchster Qualität für die Thüringer Wirtschaft und Wissenschaft aus einer Hand auf den Weg zu bringen.
Lassen Sie mich noch eins sagen. Ich lese zurzeit Bertold Brecht; der hat mal gesagt, Herr Minister, werte Abgeordnete: „Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ Danke schön.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Das Wort hat Minister Reinholz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Kollegin Enders, kommen Sie doch einfach einmal wieder in die Realität zurück.
Die Zahlen, die ich Ihnen vorhin genannt habe, werden auch nicht dadurch anders, dass Sie hier eine polemische Rede halten. Aber wenn Sie mir vielleicht vorhin nicht zugehört haben, bin ich gern bereit, das noch einmal zu wiederholen.
Innerhalb von fünf Jahren sind durch das EZT 780 Patente betreut worden. Das sind lediglich 17 Prozent aller Patente in Thüringen. Sie tun so, als wenn damit das Patentwesen in Thüringen zusammen
brechen würde. Jetzt kommt noch einmal dazu, von den 780 Patenten sind nur 263 von freien Erfindern gewesen. Genau über diese reden wir. Diese 263 Erfinder haben innerhalb von fünf Jahren drei Patente zur weiteren Verwendung angemeldet. Das sind weniger als 0,1 Prozent aller Thüringer Patente.
Am Untergang von 0,1 Prozent aller Thüringer Patente wird weder die Denkfabrik noch die Wissenschafts- und Forschungslandschaft Thüringens zugrunde gehen.
Wenn Sie von Auszeichnungen sprechen, Frau Kollegin Enders: Nicht das EZT ist ausgezeichnet worden, sondern die Erfindungen sind ausgezeichnet worden. Die Erfindungen, Kollegin Enders, wenn Sie mir vorhin richtig zugehört hätten, werden auch weiterhin auf Messen präsent sein, nämlich entweder über die Thüringen innovativ GmbH oder über das PATON. An der Stelle, Frau Kollegin Enders, kann ich einfach nicht nachvollziehen, was das Geschrei um 0,1 Prozent aller verwerteten Patente in Thüringen soll. Sie dürfen mir eine Frage stellen.
Danke schön, Frau Vizepräsidentin. Herr Minister, auch die Wiederholung der Zahlen macht es nicht besser.
Nein, das ist wirklich zu eng gedacht, aber ich muss ja eine Frage stellen. Können Sie mir mal eins erklären, warum eine Eingliederung des Erfinderzentrums auch sicherlich unter Effektivitätsgründen und auch mit Mitteleinsparung nicht - Sie haben davon gesprochen, dass nicht jede Fallgrube dann abgedeckt ist -, aber nicht genau dieses eine Defizit, was
aber doch eine große Bedeutung hat, warum Sie sich sperren, das zu tun. Ich kann es nicht begreifen. Wenn Sie mir das wirklich noch mal erklären könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Gern, Frau Leukefeld, das erkläre ich Ihnen gern, aber wahrscheinlich haben Sie dem Abgeordneten Krapp nicht so ganz zugehört. Der hat versucht zu erklären, warum das überhaupt nicht erforderlich ist. Ich will noch mal eines hinten dransetzen: Das EZT hat im Jahr 2005 187.000 € Förderung ausgereicht und selber für seine Existenz 384.000 € verbraucht. Kann ich nicht einen Teil des Geldes einfach woanders ausreichen über die einzelbetriebliche Technologieförderung? Ich brauche das EZT an der Stelle definitiv nicht. Daran wird die Erfindungsförderung in Thüringen nicht zugrunde gehen. Wir werden das Geld einfach effizienter einsetzen und es sind Steuermittel, die wir einsetzen.
Herr Minister, ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden. Es geht hier nicht um die Zahlen, die Ihnen vorliegen, das sind nämlich die Unternehmen, die nur über diese Förderrichtlinie finanziert worden sind. Herr Minister, es geht auch darum und ich habe Ihnen das hier heute noch mal ganz eindeutig gesagt: Es gibt eine Studie, in der man wirklich noch einmal nachvollzogen hat, welche Patente wurden in eine Verwertung gebracht. Da hat man auch gefragt, wie viel Umsatz oder welche Dinge daraus entstanden sind. Das habe ich hier an diesem Pult schon einmal erklärt. Es haben an dieser Befragung nur 52 Erfinder teilgenommen und diese 52 Erfinder - also manchmal fragt man sich hier, also das ist ein Umgang hier in diesem Hause, Herr Minister, ich rede mit Ihnen!
Herr Minister, ich rede mit Ihnen und vielleicht wäre es mal angebracht, wenn Sie auch mal zuhören würden. Das gehört nämlich in so einem hohen Haus