Protokoll der Sitzung vom 03.03.2006

Zu Punkt 3 des Antrags: Welchen Verteilungsschlüssel zwischen EFRE und dem ESF legen wir unseren Planungen zugrunde? Die Landesregierung strebt

für die kommende Förderperiode eine Mittelverteilung zwischen dem EFRE und dem ESF im Verhältnis von 70 : 30 an. Wir greifen damit die Vorstellungen der EU-Kommission auf und versprechen uns hiervon auch eine zügige Akzeptanz unserer Planungen. Ein endgültiger Verteilungsschlüssel wird aber erst nach Abschluss der inhaltlichen Diskussion sowie der Verhandlungen mit der Kommission festgelegt. Vor dem Hintergrund der Lissabon-Strategie wird von der Kommission ein besonderes Augenmerk auf arbeitsplatzschaffende Investitionen im EFRE-Bereich gelegt. Zum Vergleich: Bezogen auf das gesamte Operationelle Programm des Freistaats Thüringen 2000 bis 2006 entfallen auf den EFRE 52 Prozent, den ESF 29,3 Prozent und auf den EAGFL 18,7 Prozent der Strukturfondsmittel. Will man jedoch die Vergleichbarkeit zur neuen Förderperiode und zur angestrebten Relation zwischen EFRE und ESF herstellen, so ist der EAGFL herauszurechnen. Der EAGFL wird ab 2007 durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ELER abgelöst und zählt dann nicht mehr zu den Europäischen Strukturfonds. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts wäre das Verhältnis von EFRE zu ESF in der laufenden Förderperiode, die 2006 endet, etwa 64 Prozent zu 36 Prozent.

Abschließend zum Punkt 4 des Antrags: Auch in der kommenden Förderperiode wird die Thüringer Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten Projekten, die aus dem Europäischen Fonds gespeist werden, Priorität einräumen. Bereits in der laufenden Förderperiode werden Projekte, die aus den Europäischen Strukturfonds unterstützt werden, zu ganz erheblichen Anteilen auch von Dritten kofinanziert. Dies gilt es in geeigneter Weise fortzusetzen. Die ostdeutschen Länder haben deshalb in ihrem Positionspapier vom 27. Januar 2006 begrüßt, dass der Europäische Rat im Dezember 2005 außer den zehn neuen Mitgliedstaaten auch Ostdeutschland die Option der privaten Kofinanzierung für die kommende Förderperiode offen gehalten hat. Dies entspricht einer Kernforderung der ostdeutschen Regierungschefs. Entsprechende Abstimmungsgespräche finden gegenwärtig sowohl zwischen Bund, Ländern und EU-Kommission statt.

Meine Damen, meine Herren, ich schließe damit die Stellungnahme der Landesregierung zu Punkt 10 a. Herr Minister Reinholz wird nun im Rahmen der Landesregierung zu Punkt 10 b Stellung nehmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Minister Wucherpfennig nimmt mir die Worte vorweg. Ich rufe Minister Reinholz auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nutze gern den Antrag der Linkspartei.PDS als Anlass, um Sie über den aktuellen Planungsstand zu den Operationellen Programmen in der Förderperiode 2007 bis 2013 zu informieren.

Ein ganz wichtiger Hinweis vorweg: Die Programmplanung ist auf allen drei Planungsebenen, also EU, Bund und Länder, eine strategisch ausgerichtete Planung. Das bedeutet, die Programmplanung definiert strategische Handlungsfelder. Die entsprechenden Dokumente enthalten daher keine Informationen zu den konkreten Richtlinien oder gar zu konkreten Projekten. Für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 liegen drei Planungsdokumente zugrunde. Im Juli 2005 legte die Europäische Kommission einen Entwurf der strategischen Leitlinie über die Kohäsionspolitik für mehr Wachstum und Beschäftigung vor. Diese Leitlinie der Europäischen Gemeinschaft beinhaltet die strategischen Vorgaben für die 25 EU-Staaten.

Die Mitgliedstaaten verhandeln zurzeit diese Leitlinien und werden sie voraussichtlich im August 2006 verabschieden. Die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums wurden am 16.02.2006 vom Europäischen Agrarrat verabschiedet. In ihnen werden die für die Umsetzung der zweiten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik der EU wichtigen Prioritäten und Anwendungsbereiche festgelegt. Die EU-Mitgliedstaaten sind daneben verpflichtet, einen nationalen strategischen Rahmenplan vorzulegen. Der nationale strategische Rahmenplan verbindet die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft, das nationale Reformprogramm zur Lissabon-Strategie und den strategischen Einsatz der Strukturfonds in Deutschland. Gegenwärtig stimmen sich Bundesregierung und Länder über den nationalen strategischen Rahmenplan ab und werden ihn voraussichtlich im II. Quartal 2006 vorlegen. Das gilt auch für den nationalen Strategieplan für die Entwicklung ländlicher Räume.

Die Operationellen Programme des Regionalfonds, EFRE, und des Sozialfonds, ESF, sind entscheidend für die Regionalpolitik im Freistaat Thüringen. Im September 2005 hatten wir die Verfahren zur Programmplanung bereits im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit vorgestellt. Wir gehen bei unseren Planungen für die Förderperiode 2007 bis 2013 von folgenden drei Eckpunkten aus:

1. Der wirtschaftliche Konvergenzprozess im Freistaat Thüringen ist genau wie in den ostdeutschen Bundesländern insgesamt in den letzten Jahren kaum fortgeschritten.

2. Die Haushaltssituation des Freistaats Thüringen begrenzt die Handlungsspielräume der Landesregierung in den nächsten Jahren.

3. Die aus den Operationellen Programmen zu fördernden Investitionen haben einen Wirkungshorizont von 20 bis 30 Jahren. Bei der Ermittlung des Investitionsbedarfs muss daher die demografische Entwicklung berücksichtigt werden.

In Übereinstimmung mit der Lissabon-Strategie wird die nächste Förderperiode darauf ausgerichtet, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu unterstützen und dabei Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Daher wird sich die Förderung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen konzentrieren, um diese zu erhöhen. Sie wird sich konzentrieren auf Innovationsprozesse, Forschung und Entwicklung sowie die Ausbildung unterstützen, die wirtschaftsnahe Infrastruktur qualitativ und quantitativ zu verbessern sowie das Humankapital zu stärken. Das Operationelle Programm für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, also der EFRE, zielt schwerpunktmäßig darauf ab, erstens, die Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen Wirtschaft zu fördern, insbesondere dadurch, dass wir zukunftsorientierte Investitionen unterstützen, Wissenschaft und Innovation verbinden und die Unternehmertätigkeit fördern; zweitens, die wirtschaftsnahe Infrastruktur einschließlich Wissenschaft, Bildung, Forschung und städtische Entwicklung zu verbessern sowie drittens, die ökologische Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Vor allem bei der Umsetzung der beiden letztgenannten Schwerpunkte ist die demografische Entwicklung zu berücksichtigen. Für die Umsetzung des Europäischen Sozialfonds, ESF, sind ebenfalls drei Schwerpunkte abgestimmt. Die Mittel des ESF sollen dazu eingesetzt werden, erstens, die Anpassung und Wettbewerbsfähigkeit von Beschäftigten in Unternehmen zu steigern; zweitens, das Humankapital zu verbessern und drittens, den Zugang zur Beschäftigung sowie die soziale Eingliederung von Benachteiligten zu erleichtern. Die Politik für die ländlichen Räume soll die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik flankieren und gleichzeitig einen Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie und der Nachhaltigkeitsziele von Göteborg leisten. Dementsprechend konzentriert sich der Einsatz des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ELER, auf folgende drei Schwerpunkte: erstens, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft; zweitens, Verbesserung der Umwelt und Landschaft; drittens, Lebensqualität im ländlichen Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft.

Die Ressorts und die Arbeitsgruppen des Begleitausschusses, dem auch die Wirtschafts- und Sozialpartner angehören, stimmen derzeit die Handlungsfel

der in den einzelnen Schwerpunkten ab. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, werden wir Ihnen zeitnah über die Entwürfe der Operationellen Programme berichten. Wir werden der Europäischen Kommission bis zum 30.06.2006 mit den Jahresberichten jeweils eine qualitative und quantitative Bewertung der Abwicklung des Operationellen Programms der laufenden Periode sowie der Gemeinschaftsinitiativen zur Verfügung stellen. Auch dazu, meine Damen und Herren, werden wir dem Landtag noch vor der Sommerpause berichten. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache zu diesen beiden Punkten 10 a) und 10 b) und rufe als ersten Redner in der Debatte für die Fraktion der Linkspartei.PDS den Abgeordneten Kubitzki auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Auslöser unseres heutigen Antrags war eine Sitzung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten am 16.02.2006. Dort gab es einen ersten Tagesordnungspunkt - öffentlich war er ausgeschrieben -„Finanzielle Vorausschau und Stand der Planung zur nächsten EU-Förderperiode 2007 bis 2013“, beantragt durch die Mitglieder der CDU-Fraktion. Von Seiten der Staatskanzlei war als Berichterstatter vorgesehen und trat dort auf Herr Stehfest, Abteilungsleiter in der Staatskanzlei. Dieser Tagesordnungspunkt, meine Damen und Herren, war nach drei Minuten beendet, weil dort keine Aussagen getroffen wurden zu dem Stand, wie er jetzt ist, mit der Begründung, es liegen keine Zahlen vor, da das Europäische Parlament den Haushaltsplan abgelehnt hat.

Ich war dort sehr sprachlos nach dieser kurzen Berichterstattung. Öffentlichkeit hat nicht teilgenommen, es wäre blamabel gewesen. Vor allem sah ich dort einen Widerspruch, da Sie, Herr Minister Wucherpfennig, am 27.01.2006 hier im Plenum Folgendes sagten - ich darf zitieren: „In erster Linie geht es darum, dass Thüringen mit umfangreichen EU-Fördermitteln an die Erfolge der letzten Jahre anknüpfen kann. In diesem Sinne hat die Thüringer Landesregierung bereits Anfang 2005 die wichtigsten Schritte zur planerischen Vorbereitung der kommenden EUFörderperiode 2007 bis 2013 unternommen. Bereits im letzten Februar habe ich einen Überblick zu den Verordnungsvorschlägen der Kommission gegeben.“ Sie sagten weiter: „Was bedeutet das nun für Thüringen? Diese Frage beantworte ich damit, dass die Vorbereitung in den Thüringer Fachministerien seit

dem letzten Jahr auf Hochtouren läuft. Der Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit ist vom Kabinett federführend beauftragt worden, im März 2006 einen Vorschlag für die künftigen Schwerpunkte in der kommenden Förderperiode zu unterbreiten. Die von der Europäischen Kommission vorgeschriebene Kohärenz der einzelnen Förderinstrumentarien ist sichergestellt.“ Weil Sie das dort sagten, hat es doch sehr verwundert, dass bei diesem Tagesordnungspunkt im Ausschuss keine Aussagen dazu getroffen wurden.

Heute, Herr Minister, bin ich Ihnen dankbar für die Berichterstattung; doch hätte im Ausschuss schon vieles gesagt werden können, dann hätte vielleicht manches in unserem Antrag anders gestaltet werden können. Wir haben auch heute festgestellt, dass es zwischen unserem Antrag und Ihren Ausführungen, die Sie gemacht haben, zum größten Teil Übereinstimmung gibt und eigentlich die Bemühungen von Ihnen und von den Gremien der Landesregierung geteilt werden. Wir tragen auch Ihre Ausführungen zum größten Teil mit, was die Verteilung der Mittel betrifft. Richtig ist, dass die drei Strukturfonds der Europäischen Union auch für unser Land und für den Aufbau Ost eine zentrale Rolle spielen und so stehen gerade in dieser Förderperiode uns 21,4 Mrd. € zur Verfügung, davon 17,2 Mrd. € für EFRE und ESF. Diese Milliarden geben uns, den ostdeutschen Bundesländern, die Möglichkeit, eigenständige strukturelle und beschäftigungspolitische Strategien zu verfolgen. Die Bedeutung wächst besonders auch dann, wenn wir an die angespannte Haushaltssituation in den ostdeutschen Bundesländern denken. Diese Feststellung trifft besonders auch für die ESF-Mittel zu. So bestreiten die ostdeutschen Bundesländer mit den ESF-Mitteln inzwischen weitaus mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitsmarktpolitik.

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist es sowohl gut als auch schlecht, dass sich die EU-Mitgliedstaaten im Dezember letzten Jahres wider Erwarten doch noch auf die Mittelausstattung für die Strukturfonds für den Zeitraum 2007 bis 2013 verständigt haben. Gut ist es, dass es ab dem Jahr 2007 zu keiner Unterbrechung in der Strukturfondsförderung kommt. Schlecht ist, dass für die ostdeutschen Länder im Vergleich zur laufenden Förderperiode deutlich weniger EU-Mittel zur Verfügung stehen. Von den in dieser Förderperiode bisher 20,7 Mrd. € werden es in der neuen Förderperiode nur - Herr Minister, Sie sagten es - 13,3 Mrd. € für EFRE und ESF sein. Das entspricht weit weniger als 80 Prozent der Mittelausstattung der laufenden Förderperiode.

Die Strukturfonds sind in der zukünftigen Förderperiode ein Instrument zur Umsetzung der neuen Lissabon-Strategie. Sie zielt auf die nachhaltige Stär

kung von Wachstum, Beschäftigung und sozialem Zusammenhalt ab. Die drei zentralen Bestandteile dieser Strategie sind erstens, Wissen und Innovation für Wachstum zu entwickeln, zweitens, einen attraktiven Raum für Investitionen zu schaffen und drittens, Wachstum und Beschäftigung für sozialen Zusammenhalt zu erzeugen. Wie das die Landesregierung umsetzen will, dazu gab es im Ausschuss keine Aussagen. Heute, Herr Minister, haben Sie das nachgeholt.

Die EU setzt also, um die Wettbewerbs- und Beschäftigungssituation zu verbessern, auf die Entwicklung der Humanressourcen, auf Bildung, Wissen und Innovation. Diese Ausrichtung gilt für den Einsatz der Strukturmittel besonders in den Regionen mit Entwicklungsrückstand, den so genannten Konvergenzgebieten, ehemals Ziel-1-Gebieten, zu denen auch Thüringen gehört. Daraus folgt, dass dem EFS in der neuen Förderperiode eine besondere Bedeutung zukommt. Das ist vor allem eine originäre Aufgabe zur Verbesserung der Beschäftigungssituation. Deshalb wollen wir auch in der neuen Förderperiode die Beibehaltung des Verteilerschlüssels der Fördermittel. Wir haben geschrieben im Antrag 66,6 Prozent für EFRE, 33,3 Prozent für ESF. Das, Herr Minister, kommt weitgehend auch der Siebzig-zu-Dreißig-Verteilung, wie Sie das vorgesehen haben, nahe. Die Landesregierung muss der Kofinanzierung entscheidende Bedeutung beimessen. Die europäischen Mittel sind doch für das Land eine der kostengünstigsten Varianten zur Förderung von Projekten und Investitionen, die sonst gänzlich nur durch Landesmittel finanziert werden könnten. Dabei sagen wir aber auch, es müssen nachhaltige Projekte gefördert werden, also nicht bloß für einen bestimmten Zeitraum, sondern diese Projekte müssen so gestaltet werden, dass sie für die Zukunft Bedeutung haben. Die Mittel sind nicht zu verwenden für das Stopfen von Haushaltslöchern.

In Mecklenburg-Vorpommern erfolgt z.B. die Kofinanzierung bei EFRE zu 50 Prozent aus GA-Mitteln. Das heißt, die Kofinanzierung sollte entscheidende Priorität haben, weil sie entscheidende Finanzierungsinstrumente sind, um Projekte bei uns zu finanzieren. Dazu gibt es von Seiten meines Fraktionskollegen Michael Gerstenberger noch weitere Ausführungen.

Nun beansprucht die Regierung in Berlin überdies ein eigenes ESF-Bundesprogramm. Damit wird das Problem, dass den ostdeutschen Ländern in der neuen Förderperiode sowohl absolut als auch in Relation zum EFRE voraussichtlich deutlich weniger Mittel zur Verfügung stehen, und die Situation verschärft werden. Sie sagten, für Verkehrsprojekte und auch Mittel für ESF insgesamt sollen im Vorwegabzug 2,5 Mrd. € einbehalten werden. Da gehen wir,

Herr Minister, mit Ihrer Begründung, was besonders die Verkehrsprojekte betrifft, nun nicht ganz mit. Richtig ist, wie Sie gesagt haben, dass die Einbehaltung der ESF-Mittel zur Gestaltung des Arbeitsmarkts nicht dazu dienen darf, dass die Bundesregierung mit ESFMitteln ihren Eigenanteil, ihre Eigenmittel dafür finanziert. Aber bei den Verkehrsprojekten, Herr Minister, ist es doch im Prinzip genauso. Da sagten Sie, die EFRE-Mittel dienen dann dazu, der Bundesregierung ihre Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ zu realisieren. Aber auch diese Argumentation widerspricht eigentlich Ihrer Argumentation bei den ESF-Mitteln, weil nämlich das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ ein Bundesprogramm ist. Damit würde die Bundesregierung zur Realisierung ihres Bundesprogramms statt Eigenmittel ESF-Mittel verwenden. Ich sage mal an dieser Stelle: Was Sie bei den einen ablehnen, was die ESF-Mittel betrifft, Herr Minister, das sollten Sie auch ablehnen, was die EFRE-Mittel dann betrifft, weil wir der Meinung sind, dass wir im Land Thüringen wissen, für was wir unsere Gelder brauchen.

Der Bund setzt diese ESF-Mittel bisher überwiegend über die Bundesagentur für Arbeit um. Die Erfahrungen mit diesem Bundesprogramm sind überwiegend schlecht. So hatte der Bund Probleme, überhaupt das Geld sinnvoll auszugeben und lässt daher einen Teil seiner Mittel, nämlich 200 Mio. €, in einem komplizierten Verfahren von den Ländern umsetzen. Darüber hinaus zeigen die Evaluierungen, dass das ESFBundesprogramm nur bedingt erfolgreich gewesen ist.

Ergänzend dazu muss ich anmerken, dass die Bundesagentur für Arbeit Mittel in Milliardenhöhe im letzten Jahr nicht abgerufen hat. Hier - und diese Kritik kann ich nicht ersparen - sind offensichtlich wenig Überlegungen von Seiten des Bundes angestellt worden, wie man die Menschen in Lohn und Brot bringt. Es drängt sich der ungeheuerliche Verdacht auf, dass dies gar nicht das Ziel war, sondern dass es lediglich darum ging, Einsparpotenziale für den Finanzminister zu schaffen. Diese Mittel, flankiert mit europäischen Mitteln, bieten doch gerade ideal typische Möglichkeiten, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu fördern. Am Geld kann es also nicht liegen. Deshalb möchte ich noch einmal unsere Forderung betonen, dass die Mittel, die der Bund einbehalten will, in die Länder gehören, weil hier gewusst wird, wie können sie nachhaltig eingesetzt werden. Das ist der Sinn unserer Anträge. Ich konnte ja feststellen, Herr Minister, weitgehend gibt es dafür Übereinstimmung mit Ihren Ausführungen. Aus diesem Grunde bitte ich um Unterstützung dieser Anträge, weil sie letzten Endes auch Ihre Tätigkeit unterstützen. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Bergemann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zur Zusammensetzung und Verteilung der Gesamtzuweisungen für die europäische Förderperiode 2007 bis 2013 ist jetzt in der Diskussion. Herr Minister Wucherpfennig hat zu dem Punkt, wie ich finde, sehr ausführlich und inhaltlich sachgerecht Stellung genommen. Das wird vielleicht Herrn Gerstenberger dieses Mal auch freuen. Ich brauche da nicht im Detail noch einmal darauf einzugehen, ich würde mich da nur wiederholen können, denn das Gesagte kann ich auch voll und ganz unterschreiben.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Ist das ein Lob?)

Dennoch, glaube ich, muss man auch heute zu dem Zeitpunkt konstatieren, das sind keine belastbaren und verlässlichen Zahlen, die genannt worden sind, zumindest ist es auf der Rechengrundlage, die bisher durchgeführt worden ist, noch nicht zuverlässig. Deshalb kann auch kein endgültiges Ergebnis der Gespräche in der MPK - das letzte Mal am 24.02. - oder auch mit dem Bund über die innerdeutsche Verteilung der Konvergenzmittel zwischen den einzelnen deutschen Ländern geschehen, genauso wenig über eventuelle innerstaatliche Kompensationsmöglichkeiten.

Herr Kubitzki, weil Sie den Ausschuss angesprochen haben: Der Antrag kam ja von unserer Fraktion, diesen Tagesordnungspunkt zu verschieben. Herr Stehfest hat dort sachgerecht eine Zeitleiste vorgestellt, wie uns dieses Thema noch ein ganzes Stück begleiten wird. Wir kennen sie ja, Sie waren dabei. Völlig klar ist, man kann das jetzt sehen, wie man will, ob Sie jetzt als Trittbrettfahrer hier auftreten und mit einem Antrag, der inhaltlich eigentlich in unseren Antrag hineinpasst oder das eigenständig, wie Sie gesagt haben, in großer Übereinstimmung mit der Landesregierung, die ich nicht feststellen konnte. Das, was Minister Wucherpfennig zu den einzelnen Punkten vorgetragen hat, da hat es schon Differenzen zu Ihrem Antrag gegeben, sogar deutliche Differenzen. Aber, ich meine, wir hatten den Ausschuss am 16.02. und da war zumindest für uns klar, dass wir uns erhofft haben, dass auf der MPK-Ost am 24.02. und dem nachfolgenden Termin am 31. März, die Herr Minister Wucherpfennig genannt hat, weitere, möglicherweise verlässliche Zahlen kommen, denn man kann ja jeden Tag darüber reden. Es ist auch gut, dass wir über solche Probleme sprechen, gera

de die uns sehr wichtig sind in den neuen Ländern, aber mir wäre es schon lieber, wir hätten dann an einer Stelle auch einmal Verlass darauf, das ist das Geld, mit dem wir arbeiten können in den Strukturfonds. Das müsste dann schon gewährleistet sein. Da hat mich der Antrag zum jetzigen Zeitpunkt Ihrerseits doch schon ein ganzes Stückchen überrascht, zumal Sie auch wissen, dass erst mit der Einigung von Parlament, Kommission und Rat eine genaue Berechnungsgrundlage vorliegt und die ist zurzeit nicht gegeben.

Herr Kollege Pidde hatte das letzte Mal auch deutlich gemacht, dass der gefundene Kompromiss vom Dezember im Rat natürlich an keiner Stelle aufgeschnürt werden darf oder daran gerüttelt werden sollte. Die Ziele der Landesregierung in diesem Punkt für uns waren auch klar, dass die Planungssicherheit ein Stück geschaffen wird, Maximierung vor allen Dingen auch des EU-Mittelzuflusses und natürlich auch möglichst schneller Abschluss der Planungsverfahren, damit auch die pünktliche Anschlussfinanzierung gewährleistet werden kann. Uns läuft die Zeit davon. Der Minister hat es ja gesagt, die Österreicher haben bisher überhaupt noch gar kein Verhandlungsmandat. Wenn man sich die Zeitleiste anschaut vom März, jetzt wird sie in den April verschoben, bis dann die Genehmigung der Operationellen Programme in die Tat umgesetzt werden kann - das haben wir schon einmal erlebt -, dann kann das nämlich ziemlich lange dauern. Der 01.01.2007 ist nicht so weit weg und möglicherweise heißt es dann wieder Vorleistung des Landes in die Finanzierungsprobleme. Das geht natürlich nicht. Zu dem Punkt wird dann auch noch Thomas Kretschmer etwas sagen.

Jetzt vielleicht noch kurz zu Ihrem Antrag, Herr Kubitzki, weil Sie sagten, Übereinstimmung mit der Landesregierung: Im ersten Punkt werden Sie sich sicher nicht wundern, dass die CDU-Fraktion wie die Landesregierung auch die anderen ostdeutschen Länder im Paket insgesamt die Neuauflage dieses Bundesprogramms „Verkehr 2007 bis 2013“ unterstützt. Da gibt es gar keine Frage. Dass wir in Sachen Infrastruktur noch deutlichen Nachholbedarf haben, auch bezüglich des Bundesverkehrswegprogramms, das ist uns allen hinlänglich bekannt. Da unterstützen wir schon die Position eindeutig, dies zu erhalten. Die kritische Haltung zum ESF haben Sie zur Kenntnis genommen.

Zu Ihrem zweiten Punkt - Votieren im Bundesrat: Hier hat der Minister auch ausgeführt, dass das auf höchster politischer Ebene natürlich geschieht, und zwar zwischen Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten. Das ist also auch nicht unsere Ebene hier, auf der das beraten oder beschlossen werden könnte.

Im dritten Punkt wollen Sie den bisherigen Verteilerschlüssel von 66,6 Prozent EFRE und 33,3 Prozent ESF erhalten. Thüringen orientiert hier bei dieser Mittelverteilung zwischen EFRE und ESF im Verhältnis 70 : 30 Prozent. Das sind auch die Vorstellungen der Kommission. Wer Brüssel kennt, weiß, dass man gerade bezüglich dieser Lissabon-Strategie natürlich mit solch einer Orientierung auch sehr hilfreich agieren kann, was letztendlich die Genehmigung durch Brüssel betrifft.

Zum letzten Punkt habe ich ja bereits im Januar begrüßt, dass man in der ganzen Debatte auch die Möglichkeit privater Kofinanzierungen europäischer Fördermaßnahmen mit einbezieht. Im Übrigen, und wie in der letzen Förderperiode auch, sind aus den Strukturfondsmitteln bereits Mittel durch Dritte mit eingeflossen oder konnten kofinanziert werden, also auch hier nichts Neues. Deshalb wird meine Fraktion Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nachdem wir bereits im vergangenen Plenum das Thema EU - speziell hier die finanzielle Vorschau für die Jahre 2007 bis 2013 - im hohen Haus beraten haben, geht es heute gleich zweimal um europäische Themen. Wie im letzten Plenum geht es wieder einmal um das Geld. Während der unter 10 a) vorliegende Antrag darauf basiert, dass Thüringen so viel EUMittel wie möglich unmittelbar bekommt, geht es im Antrag 10 b) darum, wie die künftige Mittelverteilung auf die einzelnen Verwendungszwecke erfolgt. Beide Anträge haben Ihren Sinn. Es kommt jedoch erschwerend dazu - und das ist gerade schon gesagt worden -, dass der zukünftige Finanzrahmen für die Förderung der ostdeutschen Ziel-1-Gebiete noch gar nicht feststeht. Ich denke, man hätte mit diesen Anträgen noch warten sollen bis klar ist, wie viel Geld für welchen Verwendungszweck überhaupt konkret zur Verfügung steht. So reden wir über das Fell des Bären, der zwar schon einmal gesichtet wurde, aber der noch nicht erlegt worden ist.

Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht ist für beide vorliegenden Anträge eine differenzierte Betrachtungsweise angezeigt. Es ist richtig, dass es das Ansinnen der Bundesregierung gibt, dass aus der Gesamtsumme der Fördermittel des Fonds für regionale Entwicklung und des Europäischen Sozialfonds ein bestimmter Prozentsatz herausgelöst wer

den soll, um eigenständige Bundesprogramme aufzulegen. Wenn man über dieses Ansinnen diskutiert, muss man aber wissen, dass diese Verfahrensweise nichts Neues ist, Herr Minister Wucherpfennig hat darauf hingewiesen, sondern auch in der Vergangenheit so angewendet wurde. Aus meiner Sicht kann es also nicht darum gehen, den Bund dafür zu verteufeln, dass er solche Programme mit einem Teil der EU-Gelder auflegt. Wichtig ist die Beantwortung der Frage, nach welchen Mechanismen die Gelder aus dem Bundesprogramm wohin fließen sollen. Erst wenn die Frage eindeutig beantwortet ist, kann entschieden werden, ob es für die neuen Länder und auch für Thüringen eher gut oder eher schlecht ist.

Mit dem derzeit noch geltenden EFRE-Bundesprogramm wurden beispielsweise besonders wichtige Bundesverkehrswege in den Ziel-1-Gebieten, also in den neuen Bundesländern, gefördert und damit ein schnellerer Weiterbau verschiedener Maßnahmen erreicht. In der derzeitigen Förderperiode waren in Thüringen beispielsweise die Mitte-DeutschlandSchienenverbindung oder Teile der Autobahn A 71 Förderprojekte im Rahmen des EFRE-Bundesprogramms. Hier im Haus gab es große Übereinstimmung, dass diese Vorhaben besonders wichtig für die Entwicklung in Thüringen sind und dass sie deshalb auch schnell zu realisieren sind.

Es hat auf der Verhandlungsebene zwischen Bund und neuen Ländern letztlich eine Einigung über das EFRE- und das ESF-Bundesprogramm für die Jahre 2000 bis 2006 gegeben und auch Thüringen konnte dem so zustimmen. Damals war natürlich der zur Verfügung stehende Gesamtmittelansatz deutlich höher, als das jetzt der Fall ist, und das Abzwacken durch den Bund war für die neuen Länder nicht so schmerzhaft wie bei der gleichen Verfahrensweise in der nun vor uns liegenden Förderperiode. Deshalb sollten wirklich gute Gründe für die Realisierung solcher Bundesprogramme vorliegen. Ohne diese guten Gründe wäre die von der Bundesregierung vorgesehene Verfahrensweise abzulehnen. Darüber sollte man vielleicht noch mal im Haushalts- und Finanzausschuss beraten, was Herr Minister Wucherpfennig auch zu den ESF-Mitteln gesagt hat.

Im Punkt 3 fordert der Antragsteller, dass der Verteilungsschlüssel zwischen EFRE und ESF auf Landesebene wie bisher beibehalten wird, also zwei Drittel zu einem Drittel. Grundsätzlich, denke ich, war dieser Verteilungsschlüssel in den zurückliegenden Jahren so in Ordnung. Ohne jedoch zu wissen, welche EU-Mittel in der kommenden Förderperiode zur Verfügung stehen, halte ich es aber für nicht sinnvoll, dass man jetzt dazu schon eine Festlegung trifft.