Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

Siegfried; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Dr. Krapp, Michael; Dr. Krause, Peter; Krauße, Horst;

Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus; Kubitzki, Jörg; Künast, Dagmar; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; Lehmann, Annette; Lemke, Benno; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Matschie, Christoph; Meißner, Beate; Mohring, Mike; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Pilger, Walter; Primas, Egon; Reimann, Michaele; Reinholz, Jürgen; Rose, Wieland; Dr. ScheringerWright, Johanna; Prof. Dr. Schipanski, Dagmar; Schröter, Fritz; Dr. Schubert, Hartmut; Schugens, Gottfried; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Skibbe, Diana; Dr. Sklenar, Volker; Stauche, Carola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Wackernagel, Elisabeth; Walsmann, Marion; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Wolf, Katja; Worm, Henry; Dr. Zeh, Klaus.

Haben alle ihre Stimmzettel abgegeben? Nein? Haben jetzt alle Ihre Stimmzettel abgegeben?Ja, dann beende ich den Wahlgang und bitte um Auszählung der Stimmen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich gebe Ihnen das Wahlergebnis bekannt. Es sind 76 Stimmzettel abgegeben worden. Alle Stimmzettel waren gültig. Es sind 61 Jastimmen, 13 Neinstimmen, 2 Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht und Frau Beate Meißner ist gewählt. Ich frage Frau Meißner: Nehmen Sie die Wahl an? Ja, sie nimmt die Wahl an. Ich gratuliere Ihnen recht herzlich und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Wahrnehmung dieser Funktion.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 2 auf

Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahl- gesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der Linkspartei.PDS und der SPD - Drucksache 4/2361 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaan- gelegenheiten - Drucksache 4/2460 - ZWEITE BERATUNG

Die Fraktionen sind übereingekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Das Wort hat der Abgeordnete Höhn aus dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Berichterstattung. Bitte, Herr Abgeordneter Höhn.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, als Berichterstatter aus dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten kann ich hier Bericht erstatten, dass der Ausschuss diesem Gesetzentwurf zugestimmt hat. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Da der Ausschuss die Annahme empfiehlt, stimmen wir jetzt direkt ab über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der Linkspartei.PDS und der SPD in zweiter Beratung. Wer ist für diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf, den bitte um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, durch das Erheben von den Plätzen Ihre Stimme abzugeben. Wer ist für diesen Gesetzentwurf? Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Enthaltung, damit ist dieser Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3

Thüringer Ladenöffnungs- gesetz (ThürLadÖffG) Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2366 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 4/2470 - dazu: Änderungsantrag der Frak- tion der SPD - Drucksache 4/2482 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2458 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Krapp aus dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zur Berichterstattung.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Rahmen der Föderalismusreform ist das Ladenschlussrecht vom Bund auf die Länder übergegangen. Die Fraktion der CDU im Thüringer Landtag hat diese neue Landeskompetenz zum Anlass genommen, den Entwurf eines Thüringer Ladenöffnungsgesetzes zu erarbeiten. In der entsprechenden Drucksache 4/2366 wird eine durchgehende Ladenöffnung an allen Werktagen und grundsätzlich keine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen vorgeschlagen. Ausnahmen von letztgenannter Regel sind für vier Sonntage im Jahr und für besondere Ausnahmefälle vorgesehen. Weiterhin enthält der Entwurf spezifische Arbeitszeitschutzbestimmungen.

Dieser Entwurf wurde am 19. Oktober 2006 in den Thüringer Landtag eingebracht, in erster Lesung beraten und zur weiteren Beratung federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen. Am 20. Oktober 2006 beschloss der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, am 10. November 2006 eine mündliche Anhörung in öffentlicher Sitzung durchzuführen und am 17. November 2006 deren Auswertung vorzunehmen. Gleichzeitig wandte sich der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit mit Vorlage 4/1130 an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten mit der Bitte, den vorliegenden Gesetzentwurf juristisch so rechtzeitig zu prüfen, dass das Ergebnis in die Anhörung am 10. November 2006 einbezogen werden kann. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten tagte am 6. November 2006 und empfahl mit Vorlage 4/1150 dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit Änderungen in 7 Positionen. Dies betraf die Präzisierung von Feiertagen im Sinne des Feiertagsgesetzes, die Bestimmung von Kur-, Ausflugs-, Erholungs- oder Wallfahrtsorten durch Landkreise oder kreisfreie Städte, den Arbeitszeitschutz der Arbeitnehmer, spezielle Ordnungswidrigkeiten und deren Sanktionen, Übergangs- und Inkrafttretungsbestimmungen. Bis auf eine Differenzierung der Bestimmungen von Kur- und Erholungsorten auf der einen und von Ausflugs- und Wallfahrtsorten auf der anderen Seite hat der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Änderungsvorschläge des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten grundsätzlich in die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung in Drucksache 4/2470 übernommen. Am 10. November 2006 fand auf der Grundlage vorher zugesandter schriftlicher Stellungnahmen die öffentliche Anhörung

im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit statt. Angehört wurden der Gemeinde- und Städtebund Thüringens, der Thüringische Landkreistag, die Verbraucherzentrale Thüringen e.V., der Arbeitskreis Thüringer Familienorganisationen - dieser nur schriftlich -, der DGB-Bezirk Hessen-Thüringen, der ver.diLandesbezirk Thüringen, der Einzelhandelsverband Thüringen e.V., der Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Thüringen e.V., die Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern, der Thüringer Handwerkstag e.V. - dieser auch nur schriftlich -, die Evangelischen Kirchen in Thüringen, die Katholische Kirche in Thüringen, der Deutsche Familienverband, Landesverband Thüringen e.V., der Thüringer Bauernverband e.V. - dieser auch nur schriftlich -, der Landesinnungsverband des Thüringer Bäckerhandwerks, der Landesinnungsverband des Thüringer Fleischerhandwerks, die Landesapothekenkammer Thüringen, der Thüringer Hotel- und Gaststättenverband e.V. - ebenfalls nur schriftlich -, die Thüringer Tourismus-GmbH und schließlich der Thüringer Heilbäderverband e.V. - ebenfalls nur schriftlich.

Die Vertreter des Handels, der Industrie- und Handelskammern, des Tourismus, der Landwirtschaft und der Kommunen stimmen dem Gesetzentwurf in seinem Anliegen grundsätzlich zu und trugen zu einzelnen Positionen Ergänzungs-, Präzisierungs- oder Änderungswünsche vor. Das Handwerk begrüßte auf der einen Seite die angestrebte Flexibilisierung der Ladenöffnung, machte aber andererseits auch auf den sich damit verschärfenden Wettbewerb zwischen kleinen und großen Ladengeschäften und auf steigende Betriebskosten aufmerksam. Die Kirchen erinnerten an die gesellschaftliche und religiöse Bedeutung von Sonn- und Feiertagen einschließlich der entsprechenden Vorabende. Im Blick auf die bevorstehende Weihnachtszeit wird insbesondere auch der Schutz der Adventssonntage eingefordert.

Die Gewerkschaften lehnen den Gesetzentwurf grundsätzlich vor allem mit dem Hinweis auf eine vermutete Verschlechterung der Bedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel ab. Außerdem sieht man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefährdet und befürchtet eine Verdrängung kleinerer Händler. Aus Sicht der Verbraucher und Familien wird der Gesetzentwurf im Interesse größerer Freiheiten bei der Gestaltung des persönlichen Lebens grundsätzlich begrüßt, auf mögliche Konflikte im Verhältnis von Beruf zu Familie wird hingewiesen und entsprechende Verantwortung der verschiedenen Interessengruppen angemahnt.

Die Landesapothekenkammer hat Gelegenheit genommen, auf den besonderen Versorgungsauftrag und die Pflicht zur Dienstbereitschaft der Apotheken hinzuweisen.

Am 17. November 2006 wertete der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Anhörung und die Vorschläge des Ausschusses für Justiz-, Bundes- und Europaangelegenheiten aus. Die Fraktionen der Linkspartei.PDS, der CDU und der SPD brachten in die Beratung des Ausschuss mit den Vorlagen 4/1174, 4/1175 und 4/1176 jeweils eigene Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der CDU ein. Das Ergebnis der Ausschussberatung ist die Ihnen in Drucksache 4/2470 vorliegende Beschlussempfehlung. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ist die allgemeine Ladenöffnungszeit, also die Zeit, in der Läden grundsätzlich geöffnet sein dürfen, auf Montag 00.00 Uhr bis Sonnabend 20.00 Uhr eingeschränkt worden. In besonders begründeten Einzelfällen kann der Sonnabend bis 24.00 Uhr freigegeben werden. Tankstellen, Flughäfen, Bahnhöfe und Schiffsanlegestellen dürfen demnach auch am Sonnabend geöffnet sein.

Zwecks Freigabe besonderer Öffnungszeiten in Kur-, Erholungs-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten an Sonn- und Feiertagen können nur Ausflugs- und Wallfahrtsorte durch Landkreise und kreisfreie Städte bestimmt werden, Letztere im Einvernehmen mit den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften; Kur- und Erholungsorte sind bereits durch das Land bestimmt. In der Frage weiterer Verkaufssonntage bleibt es in der Beschlussempfehlung bei jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen, darunter höchstens der 1. Adventssonntag. Die Freigabe dieser Öffnungstage wurde außerdem für Städte und Gemeinden der Landkreise oder für Ortsteile kreisfreier Städte differenzierbar gestaltet, und die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers ist nun an höchstens 22 Sonn- und Feiertagen erlaubt.

Damit liegt Ihnen, meine Damen und Herren, ein mit allen Betroffenen intensiv diskutierter Entwurf eines Ladenöffnungsgesetzes vor, das bei Zustimmung des Thüringer Landtags noch in diesem Jahr und rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft wirksam werden kann. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung ihres Entschließungsantrags? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dieses Gesetz, Ladenöffnungsgesetz, ist ein Beispiel dafür,

was politischer Wille einer kleinen Mehrheit binnen kürzester Zeit im Thüringer Landtag anrichten kann.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: „Einer kleinen Mehrheit“ ist ein bisschen unter- trieben.)

Eine kleine Mehrheit ist es, Herr Mohring, daran ändert auch Ihre Interpretation von Mathematik nichts, die Mengenlehre ist halt so.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die CDU wollte die Abgabe der Verantwortung des Thüringer Gesetzgebers für Arbeitsschutz und für Arbeitszeitregelung auf gesetzlicher Basis und sie wollte die Durchsetzung der Wünsche von Großhändlern und Discountern, auch gegen den Willen des Einzelhandels. Herausgekommen ist ein Gesetz, in dem Arbeitsschutz und arbeitsrechtliche Aspekte ausgeblendet sind, Schutzfunktionen für Beschäftigte sowie für Klein- und Kleinstbetriebe des Einzelhandels ebenfalls keine Rolle mehr spielen. Deshalb, meine Damen und Herren, gleich vorab, lehnt die Linkspartei.PDS diesen Gesetzentwurf ab.

Die Anhörung, meine Damen und Herren, machte die Problemlage deutlich. Die Handwerksinnungen stellten fest, Zitat: „Wir sind der Auffassung, dass die bisherigen Ladenschlusszeiten werktags ausreichend sind.“ Und weiter stellten sie fest: „Kleine Betriebe erhalten mit dem Gesetz Wettbewerbsnachteile gegenüber größeren Unternehmen. Es wird befürchtet, dass sich die Marktanteile zum Nachteil der kleinen Betriebe weiter verschieben.“ Und es wurde auf das Problem des weiteren Arbeitsplatzabbaus verwiesen. Insbesondere die Fleischerinnung, aber auch die Bäckerinnung erklärten, dass es infolge der Umsetzung des Gesetzes zur weiteren Auflösung von Vollzeitarbeitsverhältnissen und zum Abschluss von weiteren Teilzeitarbeitsverhältnissen kommen wird. Dieser Sachverhalt wurde auch von ver.di angegriffen, und die Entwicklung der Beschäftigungssituation im Einzelhandel spricht dazu eine deutliche Sprache.

Meine Damen und Herren, noch zu Beginn der 90erJahre hatten wir einen Beschäftigungsstand von ca. 190.000 SV-Pflichtigen in Vollerwerbstätigkeit. Im Jahr 2000 waren es im Einzelhandel noch 60.000 Vollzeitbeschäftigte und 9.000 Teilzeitbeschäftigte. Aktuell heute 2006 sind es noch knapp 49.000 Vollzeitarbeitsverhältnisse und 17.000 Teilzeitverhältnisse, und das trotz steigender Verkaufsflächen. Das heißt, mit der weiteren Öffnung der Ladenschlusszeiten hat sich eine dramatische Veränderung der Arbeitsverhältnisse im Einzelhandel vollzogen. Deshalb sprach sich auch der Einzelhandelsverband für eine Öffnungszeitbegrenzung auf 22.00 Uhr an Werktagen aus. Das heißt, die CDU nimmt billigend in

Kauf, dass Vollzeitarbeitsplätze weiter vernichtet werden, soziale Unsicherheit in einer ganzen Branche der Volkswirtschaft weiter verschärft wird und prekäre Einkommenssituationen in Thüringer Haushalten weiter verschärft werden durch dieses Gesetz. Dass da die SPD den Öffnungszeiten von 00.00 bis 24.00 Uhr werktags auch noch zugestimmt hat, hat mich im Ausschuss zumindest stark verwundert.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: In Berlin auch.)

Die CDU hat sich geweigert, Arbeitnehmerrechte in das Gesetz aufzunehmen, Herr Kretschmer. Wenn Sie sich das Berliner Gesetz einmal ansehen, werden Sie feststellen, dass dort wesentlich mehr Arbeitnehmerschutzrechte drinstehen, als Sie überhaupt bereit waren, zur Kenntnis zu nehmen. Im Übrigen, wenn Sie glauben, Mühlhausen oder Gera mit der Großstadt Berlin vergleichen zu können, mit den besonderen Handelsbedingungen in Berlin, dann glaube ich, verwechseln Sie Äpfel mit Birnen und das wird Ihnen jeder Einzelhändler genauso bestätigen. Das heißt, es wird verantwortungslos mit erweiterten Arbeitszeiten das Schutzrecht der Arbeitnehmer ausgehöhlt und in diesem Gesetz keine entsprechende Regelung aufgenommen, weil Sie es als CDU-Fraktion verweigert haben. Einen Aspekt will ich noch erwähnen, viele Beschäftigte im Einzelhandel sind Frauen, nicht wenige sind alleinstehend. Über die Verschärfung deren familiärer Probleme und Finanzierung der Organisation der Betreuung der Kinder macht der Gesetzentwurf keinerlei Aussagen. Die Thüringer Familienoffensive verhindert sogar die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in Kindertagesstätten und gleichzeitig legen Sie mit diesem Gesetz fest, dass zusätzliche Betreuungsaufwände insbesondere in diesem Bereich zu leisten sind, die zusätzliche Kosten verursachen, die in den Familien einfach nicht zu leisten sind. Meine Damen und Herren der CDU, die Folgen für Familien sind mit Ihrem Gesetzentwurf nicht bedacht. Die Folgen Ihres Tuns werden in die individuelle Ebene und damit auf die einzelnen Betroffenen abgewälzt.

Noch mal einige Zahlen des Einzelhandels im Vergleich: Im Vergleich zum Vorjahr hat der Einzelhandel aktuell einen Umsatzrückgang von 1,1 Prozent zu verzeichnen. Dazu kommen 3,8 Prozent weniger Beschäftige im Einzelhandel und 6,4 Prozent weniger Vollzeitarbeitsverhältnisse gegenüber dem Vorjahr. Nach Meinung des nicht zuständigen, zumindest nicht für das Ladenschlussgesetz zuständigen Wirtschaftsministers Reinholz, tragen längere Öffnungszeiten der Läden in Thüringen nicht zur Verbesserung der Situation im Einzelhandel bei. So hat er das jedenfalls geäußert auf dem letzten Handelstag in Suhl. Gleichzeitig zählt die Thüringer Bevölkerung zu den einkommensschwächsten der gesamten

Bundesrepublik. Diese Fakten kennend, meine Damen und Herren, präsentiert uns die CDU-Fraktion ihre Problemlösung. Die Leute können jetzt mit wenig Geld das, was sie bisher tagsüber nicht kaufen konnten, endlich auch nachts nicht kaufen. Von dem Scheinargument eines neuen Kulturverständnisses wird Deregulierung und weitere Verschlechterung sozialer Lebenssituationen betrieben, frei nach dem Motto: Besser nachts einkaufen als abends ins Konzert oder in die Oper gehen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal auf die Anhörung zurückkommen. Der Vertreter des Verbandes der Mittelstände und der Großhändler betonte dort, dass auch in Einkaufscentern jeder Einzelhändler selbst entscheiden könne, ob es für ihn wirtschaftlich oder sinnvoll sei, seinen Laden zu öffnen. Nur wenige Tage später erreichte den Ausschuss die Mitteilung einer Jenaer Einzelhändlerin aus der Goethe-Galerie, die deutlich machte, dass sie null Gestaltungsspielraum für eigene Öffnungszeiten in solchen Centern hat, sondern dass der Vermieter anweist, wann zu öffnen ist. Soviel zu Ihrem Aspekt und Gedanken, es wäre freiwillig, wann zu öffnen ist und wann nicht zu öffnen ist. Aus dem Schreiben geht klar hervor, entweder mitmachen oder Insolvenz, das sind die beiden Alternativen, die dem Einzelhandel dort zur Verfügung stehen. Leiter von Kaufmärkten sollen bereits jetzt an ihre Belegschaft mitgeteilt haben, dass die Ladenöffnungszeiten deutlich verlängert werden, aber nicht eine einzige Person mehr eingestellt wird, so dass es zu zusätzlichen Belastungen und Ausdünnung der Besatzung während der Öffnungszeiten in den jeweiligen Läden kommen wird. Ein Blick auf die Nachbarländer macht deutlich, dass die massiven Folgen für die Lebenslagen vieler Familien dort nachhaltiger bedacht wurden als in Thüringen. Sachsen legt zum Beispiel eine Ladenöffnungszeit bis 22.00 Uhr fest. Bayern sagt, es wird gar nichts geändert, wir bleiben bei den bisherigen Lösungen. Sachsen-Anhalt hat sich wenigstens dazu verständigt, eine Verbindlichkeitserklärung für die Tarife als Voraussetzung einzuführen.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Hessen, Niedersachsen.)

Herr Kretschmer, wo ist denn jetzt Ihr Argument, wenn die drei Nachbarländer plötzlich ganz andere Regeln treffen, wir müssten nachziehen. Wenn Sie tatsächlich nachziehen, warum nicht mit der bayerischen Lösung nachziehen und sagen, wir lassen es, wie es ist, es bleibt dabei. Dann würden Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen und dann hätten wir heute nicht die Diskussionsprobleme.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Ich ziehe überhaupt nicht nach. Ich habe et- was Eigenständiges eingebracht.)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ein weiteres Argument, Herr Kretschmer, was ich gern noch entkräften möchte: Der Sozialkundekurs 12 des Zabel-Gymnasiums in Gera hat zum Ladenschlussgesetz eine Befragung durchgeführt. Die ist uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt worden. Auf drei Fragen möchte ich ganz kurz eingehen. Wie sollte man nach Ihrer Meinung die neuen Ladenöffnungszeiten regeln? 12 Prozent der Befragten waren der Meinung, werktags von 0.00 bis 24.00 Uhr, 28 Prozent der Befragten waren der Meinung, werktags von 6.00 bis 22.00 Uhr und 60 Prozent waren der Meinung, es sollte so bleiben, wie es heute ist. Auf die Frage - glauben Sie, dass durch verlängerte Ladenöffnungszeiten mehr Vollzeitarbeitsplätze entstehen? - teilten 73 Prozent der Befragten mit, dass das nicht der Fall sein wird.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist ein anderes Thema.)

Verbessern sich für Sie und Ihre Familie die Lebenssituation durch Ladenöffnungszeiten von 0.00 bis 24.00 Uhr? - eines der Hauptargumente der CDUFraktion - sagen 73 Prozent der Befragten, Nein. Das dürfte eine deutliche Aussage sein, was Leute und was Bevölkerung von diesem Gesetzentwurf halten. Deshalb lehnen wir, meine Damen und Herren, den Gesetzentwurf ab.

Abgeordneter Gerstenberger, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich bin gleich fertig, dann kann Herr Schwäblein die Frage stellen.

Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab, weil er keinen Beitrag leistet zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Einzelhandels.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Er leistet keinen Beitrag zur Verbesserung der Beschäftigungssituation der Angestellten im Einzelhandel. Und er leistet keinen Beitrag zur Verbesserung der Situation kleiner Handwerksbetriebe und Innungsbetriebe, insbesondere im Fleischer- und Bäckerhandwerk. Deshalb, meine Damen und Herren, weil wir gern namentlich wissen wollten, wer diesem