Seitens der Abgeordneten liegen mir jetzt keine Redemeldungen mehr vor. Für die Landesregierung Minister Trautvetter bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein paar wenige Bemerkungen zur jetzigen Debatte. Ich freue mich, dass die Oppo
sition ihre Kassandrarufe von vor zwei Jahren wiederholt hat. Sie haben sich nicht bewahrheitet und sie werden sich auch 2009 nicht bewahrheiten. Sie haben damals schon prophezeit, im Jahre 2007 wird das Kataster- und Vermessungswesen komplett zusammengebrochen sein in Thüringen. Nichts davon ist der Fall.
Wenn die Linkspartei.PDS behauptet, sie hat sich für den Bürger nicht gelohnt. Derjenige, der am meisten profitiert von dieser Reform, ist der Bürger. Er hat seinen ÖbVI in unmittelbarer Nähe. Er bekommt alle seine Auskünfte in unmittelbarer Nähe. Eine bürgernähere Verwaltung als die Aufgabenübertragung der ÖbVIs kann ich mir in dem Bereich nicht vorstellen.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Doht bezüglich ihrer Bemerkung zur Kommunalisierung. Herr Kalich, Sie haben es ja wieder betont, vier Landkreise in Thüringen. Ich kann mir eine solche bürgerfremde Kommunalverwaltung nicht vorstellen; die wird es mit der Union auch nicht geben. Deswegen macht auch Kommunalisierung - da sind wir mit der SPD vollkommen einer Meinung - diesbezüglich überhaupt keinen Sinn.
Es ist richtig, dass der Erfahrungsbericht auch auf alle Probleme hinweist. Wir wollten auch keine Erfolgsstory in diesen Erfahrungsbericht hineinnehmen, sondern wir wollen die Situation erläutern: Wie ist der Stand und wo wollen wir hin? Dass es keine Einsparungen ergibt, insbesondere in der räumlichen Unterbringung, das ist schlichtweg falsch. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sparen wir monatliche Mietkosten von über 40.000 € ein. Es wird eine weitere Einsparung geben, wenn wir bis 2009 endgültig an allen Standorten untergebracht sind. Auch da kann ich eigentlich nur das wiederholen, was ich vor zwei Jahren gesagt habe: Wir werden nicht die Konzentration innerhalb von ein oder zwei Jahren vornehmen. Wir haben auslaufende Mietverträge und wir werden die Neuordnung an den Standorten zu dem Zeitpunkt vornehmen, an dem woanders die Mietverträge auslaufen. Ob das nun in landeseigenen Gebäuden passiert oder in angemieteten Gebäuden, es wird in jedem Fall in Abstimmung mit dem Finanzministerium die wirtschaftlichste Lösung gesucht. Da sind wir auf einem sehr guten Weg.
Am besten kann ich das auch am Beispiel Gotha erläutern. Da hat es nun zufälligerweise aus dem Amt heraus eine Bedarfsanforderung gegeben in einer Größenordnung, die mit einer Vor-Ort-Begehung, die das Landesamt und das Ministerium zusammen mit THÜLIMA vorgenommen hat, sich in Luft aufgelöst hat, so dass wir dort wahrscheinlich in wenigen Monaten vernünftig konzentrieren können.
Insgesamt kann ich einschätzen, dass sich die Reform gelohnt hat, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dass wir noch nicht dort sind, wo wir hin wollen, das steht außer Frage. Dass die Vermessungszeiten oder die Einmessungszeiten noch zu lange sind, auch das steht außer Frage. Aber da gibt es klare Abstimmungen mit den Mitarbeitern, da gibt es klare Zielvereinbarungen, da gibt es auch monatliche Überprüfungen, wie entwickeln sich eigentlich die Vermessungszeiten in den einzelnen Ämtern. Auch dort werden wir das gemeinsam mit allen Mitarbeitern zielgerichtet auf den Weg bringen. Ich erwarte eigentlich auch, wenn man Mitarbeiter in der Kataster- und Vermessungsverwaltung ist, dass man sein Arbeitsgebiet nicht am Standort von ehemals 35 Städten oder Gemeinden sieht, sondern dass der Arbeitsort Thüringen ist und dass man so flexibel sein muss, dass man auch in ganz Thüringen einsetzbar ist. Auch dazu haben wir dieses Amt übrigens gebildet. Wo kommen wir denn hin, wenn es eine unzumutbare Tätigkeit wäre, wenn man einmal 20 oder 30 km an einen anderen Standort fahren muss. Was machen denn eigentlich die anderen Thüringer, die pendeln, die ihre Arbeit in München, in Stuttgart, in Nürnberg und woanders suchen müssen?
Das ist auch nicht unser Maßstab. Aber ich erwarte trotzdem eine entsprechende Flexibilität und der Arbeitsort in einer Landesverwaltung ist der Freistaat und nicht eine einzelne Stadt in einem Umfeld von 5 km. Insgesamt, denke ich, werden wir den begonnenen Weg ganz konsequent fortführen. Frau Doht, ob wir etwas nicht erreicht haben oder erreicht haben, dann lassen Sie uns doch einmal das Jahr 2009 abwarten, denn das ist die Zielstellung, die wir uns gesetzt haben, 2009 gut aufgestellt zu sein. Dann können wir trefflich an dieser Stelle wieder eine neue Debatte führen.
Es gibt noch eine Redeanmeldung seitens des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion der Linkspartei. PDS.
Frau Präsidentin, die jetzige Diskussion macht nur ein paar kurze Klarstellungen erforderlich, damit nicht im Raum etwas Falsches stehen bleibt. Frau Doht, mein Kollege hat im Zusammenhang mit der Kommunalisierung eindeutig darauf verwiesen, dass das
nicht in den jetzigen Strukturen erfolgen soll, sondern das im Rahmen einer - das war unsere Vorstellung - Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform geschehen muss. Das setzt natürlich andere Strukturen bei den kreisfreien Städten und Landkreisen voraus. Insofern sind wir da nicht so weit auseinander, aber Ihre Reaktion hat den Eindruck vermittelt, als würden wir gegenwärtig diese Kommunalisierung anstreben. Wir haben das im Gesetzgebungsverfahren thematisiert, aber auch das mit Blick auf die Einwendungen einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zuständige Minister hat hier gesagt, dass einige unserer Bedenken im Gesetzgebungsverfahren sich nicht bewahrheitet haben. Ihr Bericht sagt aber etwas völlig anderes aus. Ich verweise nur noch einmal auf die finanziellen Auswirkungen und das, was Sie im Gesetzgebungsverfahren als eine Zielstellung formuliert haben. Eine wesentliche Zielstellung der Landesregierung und auch der Mehrheitsfraktion bestand darin, Einsparungen für den Landeshaushalt zu erzielen. Der Zuschussbedarf an den Landesbetrieb ist aber um mehr als 40 Prozent auf über 20 Mio. € gestiegen. Da ist es völlig unerheblich, ob es möglicherweise gegenwärtig jetzt schon zu geringen Einsparungen bei Mieten kommt. Zum Schluss zählt der Gesamtzuschuss aus dem Landeshaushalt an den Landesbetrieb. Da ist die bisherige oder die damalige Zusicherung und Zielstellung nicht erfüllt worden. Insofern besteht ja immer noch Gelegenheit, unsere Bedenken auszuräumen. Aber gegenwärtig sind eben diese Bedenken nicht ausgeräumt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben hier gesagt, eine Ihrer Zielstellungen, nämlich mehr Bürgernähe, wäre erreicht worden, weil die Bürger über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sehr wohnortnah Leistungen im Vermessungs- und Katasterbereich abfordern können. Unsere Erfahrungen sind etwas anders. Was insbesondere die Bürger irritiert, ist die völlig chaotische Struktur im Bereich des Katasterwesens, weil sie nicht harmonisiert ist mit der Struktur der allgemeinen Kommunalverwaltung und Bürger oftmals Probleme haben, überhaupt erst einmal in Erfahrung zu bringen, welches Katasteramt, welche Außenstelle ist denn zuständig, muss ich mich an den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur wenden, der am Nächsten an meinem Wohnort wohnt oder habe ich dort eine freie Auswahl. Da gibt es noch ganz erhebliche Irritationen und die werden aus unserer Sicht nur dann lösbar sein, wenn es gelingt, diese Katasterverwaltung und die Struktur der Öffentlich bestellen Vermessungsingenieure an die Struktur der allgemeinen Verwaltung anzupassen. Ansonsten verstärken Sie das sogenannte Behördenchaos, weil jede Behörde eine andere Struktur in diesem Land hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn der Minister hier sagt, vier Regionalkreise, die wir als Diskussionsangebot für eine künftige Struktur aufgemacht hatten, würden keine Bürgernähe bieten, dann ist das diskussionswürdig. Aber, Herr Minister, im Gegensatz zu Ihnen, gehen wir davon aus, dass Verwaltung bei uns vorrangig in den Gemeinden und Städten stattfindet und nicht im Landkreis. Wir stärken die Städte und Gemeinden und das ist das Angebot an die Bürger an mehr Bürgernähe. Wir gehen davon aus, dass künftig kein Bürger mehr zur eigentlichen Verwaltung einer Regionalkreisverwaltung zu gehen braucht, sondern die Verwaltung ist in den Städten und Gemeinden. Und wenn etwas mit dem Regionalkreis zu klären ist, dann kommen die dortigen Mitarbeiter in die Städte und Gemeinden und regeln das.
Eine letzte Anmerkung: Herr Minister, Sie sind zum Schluss dann selbst verunsichert gewesen, weil Ihr Verweis auf die Mitarbeiter, dass es für sie zumutbar ist, 20, 30, 40, 50 km zu fahren, da hatten Sie ja vorgeschaltet, dass es angeblich nach unserem Konzept dazu führen würde, dass der Bürger derartige Entfernungen zurücklegen muss. Sie müssen in Ihrer Argumentation, glaube ich, noch einmal mit sich selbst in Klausur gehen und müssen der Öffentlichkeit dann schon kein so stark interpretierbares Konzept präsentieren. Entweder, wenn Sie für eine wohnortnahe Katasterverwaltung plädieren, dann gilt das auch für Mitarbeiter oder Sie sagen, wenn Mitarbeiter fahren können, dann halten Sie es auch für zulässig, dass der Bürger bestimmte Entfernungen zurücklegen muss. Eins geht, und das andere geht nicht, Sie versuchen hier, Bürger und Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen und das findet unseren energischen Widerstand. Danke.
Herr Kuschel, es mag ja sein, dass Ihre Forderung nach der Kommunalisierung zum jetzigen Zeitpunkt unsinnig ist, aber dann uns hier für dumm verkaufen zu wollen und zu sagen, wir wollten das ja erst mit der Gebietsreform, Sie haben 2005 bei der Verabschiedung des Katastergesetzes bereits den Antrag gestellt. Wenn er damals eine Mehrheit gefunden hätte, hätten wir heute in den bestehenden Kreisstrukturen bereits kommunale Katasterämter. Bleiben Sie bei der Wahrheit, zumindest mich können Sie nicht für dumm verkaufen.
Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr. Es ist seitens der SPD beantragt worden, die Beratung im Ausschuss für Bau und Verkehr fortzuführen. Das ist auch zulässig, denn die SPD-Fraktion hat die Beratung des Berichts gewünscht, so dass ich darüber abstimmen lassen kann. Wer der Fortberatung dieses Berichts, also des Erfahrungsberichts, im Ausschuss für Bau und Verkehr zustimmt, möge jetzt seine Hand heben. Danke schön. Wer dagegen ist - jetzt. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltung. Damit ist diese Fortsetzung der Beratung abgelehnt.
Bericht der Landesregierung zum Thema „Verhandlungen der Landesregierung mit den Trägern der Thüringer Theater und Orchester über deren Finanzierung ab 2009“ dazu: Beschluss des Landtags - Drucksache 4/2340 -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der zu erstattende Bericht der Landesregierung über die eigene Zielsetzung, den erreichten Stand und das weitere Verfahren bei den Verhandlungen mit den Trägern der Thüringer Theater und Orchester, über deren Förderung ab 2009 geht zurück auf das Berichtsersuchen der Fraktion der SPD vom 12. Juli vorigen Jahres, also noch vor der Sommerpause, unmittelbar nach Beginn der Trägergespräche am 6. Juli. Seither hat sich das Plenum mehrfach ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Ich habe für die Landesregierung berichtet, und die Standpunkte wurden auch bereits mehrfach ausgetauscht. Dass die Theaterförderung jetzt auf der Tagesordnung steht, wurde bereits mit den derzeit gültigen Theaterverträgen im Jahre 2002 entschieden. Darin wurde gemeinsam mit den kommunalen Trägern der Theater und Orchester vereinbart, zwei Jahre vor dem Auslaufen, also bis Ende 2006, gemeinsam über eine Verlängerung der Finanzierungsabkommen zu entscheiden. Diese Zielstellung wurde nochmals in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zu Beginn dieser Legislaturperiode bekräftigt.
Bei den Verhandlungen zur künftigen Theater- und Orchesterförderung waren folgende Ausgangsprämissen zu berücksichtigen: Die Theater und Orchester in Thüringen hatten im Jahr 2005 bei Gesamtausgaben von rund 114,7 Mio. € und einer Einspielquote von ca. 11 Prozent einen Finanzbedarf von 101,7 Mio. €. Davon werden mit jeweils unterschiedlichen Anteilen entsprechend der Anzahl, Größe und Leistungskraft der jeweiligen kommunalen Träger insgesamt etwa 41,5 Mio. € aus kommunalen und 60,2 Mio. € aus Landesmitteln aufgebracht. Bei dieser Proportion wird deutlich, dass künftige Finanzierungsregelungen nicht einseitig vom Land oder von den kommunalen Trägern vorgegeben, sondern nur in gemeinsamer Verantwortung getroffen werden können. Es konnte und kann also nicht um eine einseitige Zielvorstellung des Landes zur Theaterentwicklung, sondern um eine gemeinsame Suche nach zukunftsfähigen Lösungen gehen. Im Kulturkonzept hat die Landesregierung dies als Fortsetzung des - ich zitiere - „Kurses der kooperativen Kulturpolitik“ bezeichnet. Das heißt auch, dass die Landesregierung verlässlich erklären muss, was sie in einer neuen Vertragslaufzeit finanzieren kann. Deshalb hat das Kultusministerium bereits im März 2005 die Gespräche mit den Trägern der Thüringer Theater und Orchester aufgenommen und mit Blick auf das im Sommer des gleichen Jahres zu veröffentlichende Kulturkonzept auf eine erforderliche Reduzierung der Landesförderung für die Thüringer Theater und Orchester ab 2009 erstmals hingewiesen. Die Träger wurden aufgefordert, sich ihrerseits Gedanken zu machen, Vorschläge für die künftige Theater- und Orchesterförderung am jeweiligen Standort zu entwickeln. Es herrschte letztlich Verständnis über die Notwendigkeit einer Kürzung der Theater- und Orchesterförderung aus Mitteln des Landes mit Blick auf die Kulturförderung insgesamt.
Die finanziellen Rahmenbedingungen und die Handlungsspielräume des Landes haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Dieser Entwicklung kann sich die Landesregierung auch im Kulturbereich nicht verschließen, im Gegenteil, sie hat diese Herausforderung angenommen. Die kulturpolitische Debatte wurde dann am 19. Juli 2005 mit der Vorstellung des Kulturkonzepts der Landesregierung eröffnet. Das Konzept enthält sowohl eine Analyse des Erreichten und der Finanzierungsstruktur als auch die Grundlinien für eine weitere Förderpolitik des Landes. Mit Blick auf die Vertragslaufzeit der Theaterverträge und um die kulturpolitische Diskussion nicht durch die Theaterdebatte zu überdecken, enthielt das Kulturkonzept noch keine konkreten Aussagen zur Finanzierung der Theater und Orchester an den einzelnen Standorten. Mit dem Kulturkonzept orientiert die Landesregierung darauf, an einer Kulturquote von 1,3 Prozent festhalten zu wollen. Dies ist ein unter den deutschen Ländern beispielhaft hoher Wert, der
unser Verständnis des Freistaats Thüringen als Kulturland mit großer Tradition, Vielfalt und Dichte zum Ausdruck bringt. Doch wenn die Basis des Haushalts sinkt, sinken damit natürlich auch die Kulturausgaben, das ist der Mechanismus einer Quote. Deshalb war auch die Landesförderung für Theater und Orchester auf den Prüfstand zu stellen. Die Analyse des Kulturkonzepts zeigt, dass die Finanzierung der Theater und Orchester die Kulturausgaben insgesamt dominiert. Bei sinkenden Kulturausgaben wurden in den letzten Jahren nur die Mittel für Theater und Orchester konstant gehalten. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Mit dem Haushalt 2005 flossen 53 Prozent der Kulturausgaben des Landes in die Theater- und Orchesterfinanzierung; 10 Jahre zuvor, in dem Haushaltsjahr 1995, betrug der Anteil noch 38 Prozent.
Bereits mit dem Kulturkonzept wurde darauf hingewiesen, dass die Landeskulturförderung und damit auch die künftige Theater- und Orchesterförderung folgende Prämissen zu berücksichtigen hat. Die Kulturausgaben der öffentlichen Haushalte in Thüringen werden in den nächsten Jahren nicht zu steigern sein, auch tarifbedingt steigende Personalkosten werden also nicht ausgeglichen. Dies ist die Konsequenz einer festgeschriebenen Kulturquote. Das heißt aber auch, ohne aktive strukturelle Änderungen im Netz der kulturellen Einrichtungen und noch stärkere Stringenz der Förderstrukturen ist der Kulturbereich nicht zukunftsfähig. Die für Veränderungen notwendigen Mittel können nur durch Umverteilung innerhalb des Kulturhaushalts selbst erschlossen werden. Mit dem Kulturkonzept des Freistaats Thüringen ist der politische Wille vorgegeben, die Mittel für Projektförderungen in allen Bereichen im Kulturhaushalt zu erhalten und auch eine maßvolle Neujustierung in der Struktur der Kulturausgaben vorzunehmen. Das erfordert nach dem Auslaufen der Theaterverträge ab 2009 eine Verringerung der Landesförderung für die Theater und Orchester. Aus diesem Grund muss die Landesförderung für die Theater und Orchester von derzeit rund 60 Mio. € ab 2009 schrittweise auf ca. 50 Mio. € reduziert werden. Trotz der gravierenden Folgen sieht die Landesregierung im Hinblick auf die gedeihliche Entwicklung des Kulturbereichs und die Umsetzung des Kulturkonzepts insgesamt keine realistische Alternative zu einem solchen Vorgehen. Bei dieser Festlegung war der Landesregierung durchaus bewusst, dass in der bestehenden Struktur der Theater und Orchester keine nennenswerten Einsparpotenziale mehr vorhanden sind. Deshalb sind auch strukturelle Veränderungen unvermeidbar.
Es sind jedoch auch weitere Aspekte zu berücksichtigen. Die meisten Theater und Orchester haben in den letzten Jahren Einsparungen über Haustarifverträge realisiert. Finanzierungsprobleme wurden
damit jedoch nicht gelöst, sondern lediglich verschoben. Hinzu kommt, dass diese Einkommensrückstände über einen längeren Zeitraum hinweg zu Qualitätsabstrichen in den betreffenden Ensembles führen können, weil Leistungsträger und Spitzenkräfte regelmäßig dorthin gehen, wo ihre Leistungen auch finanziell anerkannt werden. Das gilt nicht nur für die Theater und Orchester. Bei einem Anteil der Personalkosten an den Gesamtausgaben von ca. 83 Prozent waren tarifbedingte Aufwüchse sowie ein Wiedereintritt in die Regeltarife zu berücksichtigen. Allein dies führt nach zurückhaltender Schätzung für den Zeitraum bis 2012 zu einem zusätzlichen Finanzbedarf von bis zu 16 Mio. € bei unveränderter Fortschreibung der derzeitigen Struktur. Wer die Unveränderlichkeit von Strukturen einfordert, muss also die Frage beantworten, wie dieser objektiv anwachsende Finanzbedarf gedeckt werden soll. Die Theater und Orchester haben keine Einsparpotenziale mehr, sie müssen schon jetzt alle Sachkostensteigerungen, wie Mehrwertsteuererhöhung, angestiegene Energiekosten usw. im Haushalt selbst ausgleichen. Der Steigerung der eigenen Einnahmen, die auch im Bundesdurchschnitt nur 16 Prozent, in Thüringen 11 Prozent der Ausgaben darstellen, sind durch das erreichte Preisniveau und die demographische Entwicklung ebenfalls Grenzen gesetzt. Es bliebe also nur der Weg höherer Zuschüsse durch die öffentliche Hand, und das ist letztlich für alle beteiligten Partner keine wirkliche Alternative. Hinzu kommen im Übrigen auch demographische Aspekte. Zwar weist der Demographiebericht Thüringen sehr richtig darauf hin, dass die tatsächlichen Auswirkungen auf den Kulturbereich nur schwer einzuschätzen sind, dennoch stellt der demographische Wandel auch in diesem Bereich eine erhebliche Herausforderung dar.
Kulturpolitische Entscheidungen sind nicht nur unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der heutigen Generation zu treffen, auch die Teilhabe zukünftiger Generationen an der Kultur ist im Auge zu behalten. Zugleich müssen die geschaffenen Strukturen entsprechend zukunftssicher gestaltet sein und das heißt, mittelfristig finanzierbar, ausreichend vernetzt und unter Berücksichtigung sowohl der Zentren als auch der verteilten Lagen. Wir werden uns mit diesen Fragen wie verabredet ausgiebig auch in den Ausschüssen des Landtags befassen.
Zu den kulturpolitischen Zielstellungen für die Landesförderung ab 2009: Wie bisher soll auch für den neuen Finanzierungszeitraum die Zielsetzung gelten, an allen bisherigen Standorten ein möglichst breites Angebot in den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Ballett, Tanztheater und Konzerte dauerhaft und von hoher künstlerischer Qualität zu ermöglichen. Dieser Anspruch ist bei sinkender Landesförderung und den ebenfalls begrenzten kommunalen Finanzierungs
möglichkeiten nur zu erfüllen, wenn Produktionen auch zum Zuschauer reisen und auch die gewachsene Mobilität der Besucher entsprechend einbezogen wird. Zugleich ist ein Theaterangebot zu gewährleisten, das sowohl den kulturpolitischen Ansprüchen an die Landeshauptstadt als auch der Tradition des Deutschen Nationaltheaters am herausgehobenen Kulturstandort Weimar entspricht. Das Theaterangebot in der Mitte des Freistaats muss auch künftig eine deutlich überregionale Wahrnehmung erreichen. Dies gilt genauso für die Tanzsparte am Theater Altenburg-Gera, für das Puppenspiel in Erfurt und für das Angebot und die Entwicklung neuer Dramatik- und Theaterformen etwa durch das Theaterhaus Jena. Die Zukunft der touristisch bedeutsamen Freilichtveranstaltungen wie beispielsweise die Domstufenfestspiele in Erfurt, die Schlossfestspiele in Sondershausen oder auch der Altenburger Prinzenraub, um nur einige Beispiele zu nennen, ist ebenfalls zu sichern.
Darüber hinaus ist an allen Standorten ein besonderes Augenmerk auf altersgerechte Angebote für Kinder und Jugendliche und die theaterpädagogische Arbeit zu legen. Insbesondere dieser Aspekt ist Voraussetzung für eine künftige Landesförderung. Ich denke, hier sind wir uns einig, der aus den jährlichen Berichten des Deutschen Bühnenvereins ablesbare, spürbare Besucherrückgang der Thüringer Bühnen darf sich nicht unvermindert fortsetzen. Theater- und Konzertangebote für junge Menschen, die von diesen angenommen werden und sie zu geistiger Auseinandersetzung anregen, sind dafür eine wichtige Voraussetzung.
Meine Damen und Herren, weil Theater- und Orchesterangebote für eine kulturell-ästhetische Entwicklung und Bildung bedeutsam sind, ist deren finanzielle und qualitative Zukunftssicherung eine wesentliche Zielstellung der Landesregierung. Die dazu unumgänglichen strukturellen Veränderungen müssen jetzt auf den Weg gebracht werden, weil sie aus vielen Gründen nur längerfristig greifen. Jetzt muss zum Beispiel die Frage beantwortet werden, ob sich einzelne Theaterträger zum Beispiel zu einer Landesbühne zusammentun oder ihr Haus für die Besucher etwa als Bespieltheater, auch teilweises Bespieltheater in einzelnen Sparten formatieren.
Nun zum aktuellen Stand: Den überwiegend kommunalen Trägern der Theater und Orchester wurde am 6. Juli 2006 das Konzept der Landesregierung mit einer Modellrechnung vorgestellt. Zum vorgestellten Konzept wurden seitdem auf politischer und Arbeitsebene eine Vielzahl von Einzelgesprächen mit allen Trägern, aber auch Gespräche mit mehreren Trägern gemeinsam geführt, die zum Teil noch andauern. Ausgangspunkt bildeten die veränderten Rahmenbedingungen für die neue Finanzierungsperiode, die
in den konkreten Vorschlägen für die Höhe der künftigen Förderung berücksichtigt wurden. Obwohl die Träger bereits im Vorjahr sehr deutlich über eine Absenkung ab 2009 informiert waren, wurden die vorgesehenen Kürzungen an den einzelnen Standorten als „unerwartet“ bezeichnet und die standortkonkrete Verteilung kritisiert.
Erwartungsgemäß waren und sind die Verhandlungen über die künftige Finanzierung der Thüringer Theater und Orchester kein einfacher Prozess, denn erstmals geht es nicht um eine Fortführung der Landesförderung auf gleichem Niveau. Dies hat zu einer intensiv geführten Debatte auch in der Öffentlichkeit über die künftige Höhe und Verteilung der Landesförderung geführt. Bei den Verhandlungen über die künftige Theater- und Orchesterfinanzierung war auch das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. Juni 2005 zu berücksichtigen, das weite Teile des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärte. Unter anderem betroffen ist der § 22 Thüringer Finanzausgleichsgesetz, der bislang die Zuweisungen zu den laufenden Ausgaben der Träger der Theater und Orchester, Museen und Musikschulen regelt. Gegenwärtig bereitet das Thüringer Innenministerium die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs ab dem Jahr 2008 im Rahmen des Landeshaushalts 2008/2009 vor. Weil vor dem Beschluss über den Landeshaushalt und der hiermit im engen Zusammenhang stehenden Neureglung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes nicht restlos geklärt werden kann, auf welchem Wege die Theater- und Orchesterförderung erfolgt, gab es zwischenzeitlich die berechtigte Überlegung, den Abschluss der Verträge an die Neuordnung des Finanzausgleichs zu koppeln, um sicherzugehen, an welchen Stellen des Haushalts die Veranschlagung erfolgen kann.
Schließlich setzte sich die Überzeugung durch, dass ein weiteres Abwarten den Intendanten und Geschäftsführern der Theater und Orchester und vor allem den Beschäftigten nicht zugemutet werden kann. Darum war es wichtig, erste verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Dies ist am 16. Januar 2007 mit den Trägern der TPT - Theater- und Philharmonie Thüringen, des Theaters Nordhausen, des Theaterhauses Jena, des Puppentheaters Waidspeicher, der Jenaer Philharmonie und der Vogtland-Philharmonie Greiz/Reichenbach erfolgt. Diese Vereinbarungen markieren eine wichtige Etappe in den gemeinsamen Anstrengungen, auch künftig tragfähige und finanzierbare Theater- und Orchesterstrukturen zu schaffen. Die einzelnen Erklärungen sind in ihren wesentlichen Grundaussagen inhaltsgleich, unterscheiden sich nur in der entsprechenden Höhe der Landesförderung und den standortkonkreten Rahmenbedingungen für die Gewährung der Förderung. Für einige Theater und Orchester dauern die Ge
spräche zwischen den Trägern und dem Kultusministerium derzeit noch an, das betrifft Erfurt und Weimar, Eisenach und Meiningen, das Thüringer Landestheater Rudolstadt und die Thüringer Sinfoniker Saalfeld/Rudolstadt GmbH sowie die Thüringen Philharmonie Gotha/Suhl. Eine Einschätzung über den möglichen Inhalt und den Zeitpunkt von Ergebnissen kann ich zur Stunde noch nicht geben. So weit mein Bericht, vielen Dank.
Dann frage ich, wer die Aussprache zum Bericht wünscht? Die SPD-Fraktion wünscht die Aussprache, die CDU-Fraktion und Linkspartei.PDS-Fraktion. Damit eröffne ich die Aussprache und als Erster hat das Wort der Abgeordnete Döring, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen hat uns das Kultusministerium mit folgender Pressemitteilung zum Musikgymnasium Belvedere in Weimar beglückt: „Jungen Musikerinnen und Musikern bietet das Musikgymnasium die Chance, ihre Liebe zur Musik später zum Beruf zu machen.“ Das ist so sicher richtig, es fehlt allerdings der entscheidende Satz: „Leider gilt das nicht für Thüringen.“
Wer nämlich im Freistaat Orchestermusiker werden will, hat in den nächsten Jahren keine Chance. Und wer bereits in einem der Thüringer Orchester beruflich tätig ist, kann von Glück reden, wenn er seinen Arbeitsplatz behält. Das ist die traurige Realität abseits kultusministerieller Schönrednerei.
Meine Damen und Herren, dieses kleine Detail zeigt, wie konzeptionslos, man könnte sogar sagen kopflos, das Kultusministerium in der ganzen Theater- und Orchesterfrage agiert. Das war von Anfang an der Fall. Erinnern wir uns nur einmal an die berühmte Modellrechnung, die im Juni vergangenen Jahres zum Einstieg in die Verhandlungen mit den Theater- und Orchesterträgern über deren Finanzierung präsentiert wurde. Aus ihr ableiten ließ sich zwar die geplante Reduzierung der künftigen Landeszuschüsse um jährlich 10 Mio. €, aber das konnte aus dem Zahlenwerk auf die beabsichtigte Fusion der Theater in Erfurt und Weimar ebenso schließen, wie darauf, dass das Kultusministerium zu jedem Zeitpunkt den Wegfall der Theater- und Orchesterstandorte Eisenach, Nordhausen-Sondershausen, Rudolstadt-Saalfeld und Gotha-Suhl zumindest in Kauf zu nehmen bereit war, wenn es ihn nicht gar aktiv betreiben
Meine Damen und Herren, was aber einfach fehlte, war jegliche kulturpolitische Begründung für die Notwendigkeit der Mittelreduzierung als Ganzes und für das konkrete Ausmaß der Streichungen bei den einzelnen Theater- und Orchesterstandorten im Besonderen. Diese Begründung, Herr Minister, die fehlt bis heute. Wo auch immer der Kultusminister in den darauffolgenden Monaten öffentlich aufgetreten ist, etwas anderes als besorgtes Stirnrunzeln, energisches Kopfschütteln oder blumige Darlegungen, die nur allzu oft jeder Sinnhaftigkeit entbehrten, ist ihm nicht zu entlocken gewesen. Ich weiß nicht, Herr Minister, ob der Ihnen zugeschriebene Satz „Es besteht kein Grund zur Veranlassung...“ tatsächlich so gefallen ist. Dass die kulturinteressierten Thüringerinnen und Thüringer Ihnen eine solche Aussage im Hinblick auf die Theater- und Orchesterproblematik aber so ohne Weiteres zutrauen, das spricht für mich Bände. Den fatalen Eindruck absoluter Beliebigkeit und Willkür bei der Zusammenstellung der Modellrechnung haben Sie jedenfalls zu keinem Zeitpunkt ausräumen können.