ganz andere Rechnung. Aber nichtsdestotrotz wurde gerade jetzt wieder ein neuer Hauptbetriebsplan im Himmelsberg zugelassen und es wurde auch noch ein Brief öffentlich, den Herr Minister Reinholz an die Planungsgemeinschaft geschrieben hat, in dem er auffordert, dass Flächen aus dem Landschaftsschutz herausgenommen werden sollen und der Gipsindustrie doch zur Verfügung gestellt werden sollen - und das ist das ganze Gegenteil von Bodenschutz, das ist das ganze Gegenteil zum Klimaschutz, das ist die Verdummung der Menschen vor Ort. Ich glaube, Sie tun sich damit keinen Gefallen.
Ein letztes Thema, was ich noch ansprechen möchte, ist der Altlastengeneralvertrag. Sie wissen, ich persönlich war 1997/98 auch schon in diesem Parlament und war bei der Erarbeitung, bei der Umsetzung mit dabei. Ich habe diesen Altlastengeneralvertrag nie für richtig und gut empfunden. Ich habe immer versucht, auch da gegenzusteuern, weil ich ihn immer noch für einen Subventionierungsvertrag für Kali + Salz halte. Der größte Brocken, den haben Sie heute verschwiegen, 800 Mio. DM sind in diesen Generalvertrag an Kali + Salz gegangen, das halte ich immer noch für falsch. Ein anderes großes Objekt haben Sie erwähnt - Rositz. Darauf hat Sie Herr Kummer schon hingewiesen, das „wie geplant: Dezember 2006“, das sollten Sie nicht wiederholen. Ich hatte es Ihnen schon im Umweltausschuss gesagt, Herr Prof. Juckenack, damit können Sie vor Ort nur Probleme ernten, wie oft das schon geplant war. Als Allererstes war ich 1995 mit Ministerpräsident Vogel dort, der hat von 1998 gesprochen. Dann hat Ministerpräsident Althaus im Wahlkampf 2004 versprochen, Ende 2004 ist der Teersee leer. Jetzt haben wir es 2006 mit vielen Hürden und vielen Unterbrechungen endlich geschafft zu unserer aller Freude, das ist ein Fortschritt. Aber nicht „wie geplant“ sagen, nur sagen, wir haben es endlich geschafft, das ist in Ordnung, es hat lange gedauert, es waren viele Sachen dabei, die keiner abwägen konnte, das gestehe ich auch ein. Nur dieses „wie geplant“, Herr Staatssekretär, würde ich doch bitten nicht zu wiederholen. Im Großen und Ganzen möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass wir mit diesem Antrag vielleicht nicht dieses Ziel erreichen, was ich gerne beim Bodenschutz erreicht hätte, nämlich darauf hinzuweisen, dass es im Klimaschutz eine Rolle spielen muss, dass der Boden in das Bewusstsein der Menschen aufgenommen wird und dass wir natürlich einen europäischen Rahmen brauchen. Ich weiß nicht, wie jetzt die CDU-Fraktion mit dem Antrag oder mit dem Bericht umgehen würde; ich würde doch vorschlagen, dass wir ihn gemeinsam im Umweltausschuss mit dem Klimaschutzantrag, den wir ja noch liegen haben, vielleicht behandeln und es da einfließen lassen könnten und dann gemeinsam weiter darüber
reden können, wie wir den Bodenschutz in den Blick der Menschen transportieren können und die Menschen darauf aufmerksam machen, wie wichtig Bodenschutz für sie alle ist. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Boden ist das Fundament unserer Existenz. Wir leben auf dem Boden, der Boden ernährt uns, ohne Boden keine Nahrungsmittel, kein sauberes Grundwasser. Boden ist Energiequelle; zunehmend nutzen wir auch Erdwärme zur Energiegewinnung. Die CO2-Einsparung beträgt schon heute 170.000 t CO2 pro Jahr im Vergleich zu modernen Ölheizungen. Der Boden ist aber auch trotz seiner mechanischen Stabilität und seiner großen Masse ein verletzbares Teilsystem unserer Umwelt. Auf physikalische und stoffliche Belastungen reagiert er sehr sensibel. Boden ist Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. Er hat eine Filterfunktion für das Grundwasser und er ist eine Regelgröße im Stoffhaushalt. Boden stellt aber zugleich auch einen Produktionsfaktor für Nahrungsmittel und nachwachsende Rohstoffe dar. Er ist zudem ein unersetzbares Kulturgut. An jeden Quadratmeter werden die vielfältigsten Nutzungsansprüche gestellt als Siedlungsraum, als Verkehrsträger, als landwirtschaftliche Nutzfläche, als Rohstofflagerstätte und vieles mehr. Diese Ansprüche - und da erzähle ich kein Geheimnis - sind nicht immer mit seinen natürlichen Funktionen in Einklang zu bringen. Wegen seiner vielfältigen Funktionen und vor allem wegen seiner Unvermehrbarkeit muss der Boden genau wie Luft und Wasser mit höchster Priorität geschützt werden.
Das ist nicht nur ein wichtiges umweltpolitisches Ziel, es ist nicht zuletzt auch ein volkswirtschaftliches Anliegen. Liebe Frau Becker, deswegen werden wir natürlich beantragen, den Antrag heute in den Umweltausschuss zu verweisen, aber nicht gemeinsam mit der Luft und dem Klima. Es muss ein gesonderter Punkt sein.
Thüringen hat frühzeitig die fundamentale Wichtigkeit des Bodenschutzes erkannt und arbeitet bereits seit der Wende konsequent am Bodenschutz in unserem Land. Das Bodenschutzprogramm mit vorsor
genden Zielen und Maßnahmen wird immer aktuell fortgeschrieben. Nehmen wir einige Themen aus der Vergangenheit: Steigerung der Produktion - diese Maxime des Industriezeitalters war auch eine Maxime der Landwirtschaft der DDR geworden. Die Landwirtschaftspolitik war einerseits ertragsorientiert ausgerichtet, andererseits lebten wir mit einer landwirtschaftlichen Produktionsweise, die ökologischen Anforderungen in vielerlei Hinsicht nicht gerecht wurde. Die Landwirte waren gezwungen, hohe Erträge zu erwirtschaften, egal wie. Diese auch für den Bodenschutz ungünstigen Rahmenbedingungen änderten sich sehr schnell, die Folgen - zu meinem Bedauern - nur sehr langsam.
Es sitzen sehr viele junge Leute im Saal. Vielleicht mal ein Beispiel aus der Ostthüringer Region: Ich wurde 1985 mit meinem Studium fertig und eine meiner ersten Aufgaben war, für eine Region, die mit einer Schweinemastanlage mit 50.000 Tieren versehen wurde, wo zuvor alle Fachorgane der DDR gewarnt und gesagt haben, Leute wir kriegen die Gülle auf den Böden nicht unter, zu untersuchen, wie kann die Wasserversorgung für die Leute dort gesichert werden. Es stellte sich bei der Untersuchung in den Dörfern heraus, wir hatten Nitratwerte in den Hausbrunnen von 200, 300, 400, 500, 600 mg Nitrat im Liter Wasser. Meine Damen und Herren, ab 100 mg/l spricht die UNO davon, dass es sich um krebserregende Wässer handelt. Was war die Konsequenz dieser Untersuchung für mich? Ich wurde nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse einen Tag später einbestellt und zum Geheimnisträger erklärt, um ja nicht über diese Probleme zu erzählen. Wir leben aber heute noch mit dieser Problematik, obwohl die Tieranlagen seit 15, 16 Jahren mit dieser Häufigkeit, mit diesem Bestand nicht mehr existieren. Boden wirkt immer nach. In den 70er- und 80erJahren wurde diese Anlage errichtet, Anfang der 90er-Jahre auf ein erträgliches Maß zurückgeführt. Wir leben heute noch damit, dass wir im Grundwasser in diesem Bereich heute noch steigende Nitratwerte haben. Wir haben im Westbereich der Weißen Elster sämtliche Trinkwasserversorgungsanlagen seit der Wende außer Betrieb genommen und ich bin davon überzeugt, dass wir erst in den Jahren 2015 bis 2020 diese Entwicklung steigender Nitratwerte zur Ruhe bekommen, um dann wieder zu vernünftigen Bodenwerten zu gelangen.
Meine Damen und Herren, das ist immer ein Zeitraum, über den man nachdenken muss, egal ob beim Klima oder beim Boden - 30, 40, 50 Jahre spielen da keine Rolle. Man muss am Anfang dieser Kette vernünftige Entscheidungen treffen und nur dann kann man auch einen vernünftigen Umwelt- und Bodenschutz gewährleisten.
Oder denken wir auch an die ersten freien Umweltberichte nach der Wende, die eigentlich jeden normal denkenden Menschen zur Verzweiflung trieben. Ich möchte einmal kurz aus dem Bericht zu Abfall und Boden der Bezirksverwaltungsbehörde Erfurt zitieren: „Die bisher ermittelten Ursachen für die Altlastenentstehung sind in der Regel auf fahrlässigen Umgang mit Wasserschadstoffen und/oder Giften zurückzuführen. Dabei sind folgende Gruppen vorrangig zu nennen: Kohlenwasserstoffe, Kraftstoffe, Teer, Mineralöle, Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Abfälle der Kaliindustrie, Steinsalz, Magnesiumchloridlauge, Chemikalienumschlag und -lagerung, Galvanikschlämme, Farbreste und Farbschlämme." Alles Dinge, die heute für uns unvorstellbar sind, die aber damals die Frage aufwarfen: Sind diese Probleme eigentlich zu lösen? Ja, sie sind es, aber nur mit sehr hohem Aufwand und viel Engagement. Beispiele für die Ziele und Maßnahmen des Thüringer Bodenschutzprogramms sind: Von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung werden Karten und Daten vor allem für Planungs- und Genehmigungsverfahren benötigt. Diese Daten sind auch wichtige Grundlagen für unternehmerische Standortentscheidungen. Das im Aufbau befindliche Thüringer Bodeninformationssystem wird auf alle geowissenschaftlichen Daten und Karten ausgeweitet, die in Thüringen verfügbar sind. Ich gebe hier mal einige Stichworte: Bodenübersichtskarten, bodengeologische Karten, landwirtschaftliche Standortkartierung, forstwirtschaftliche Standortkartierung, Geofachdatenatlas und natürlich müssen wir den Zusammenhang zwischen Bodenschutz und Regionalplanung herstellen, woraus die bodengeologische Konzeptkarte Thüringens hervorgegangen ist. Die Flächeninanspruchnahme muss weiter verringert werden; darüber sind wir uns ja alle einig. Wir müssen die Anstrengungen verstärken, auch wenn eine Trendwende beim Flächenverbrauch in den letzten Jahren erkennbar ist. Im Hinblick auf das Nachhaltigkeitsziel von 30 ha pro Tag Flächenverbrauch, wie das Frau Becker angesprochen hat, haben wir eigentlich unser Ziel schon erfüllt, da liegen wir bei 1 ha pro Tag. Das ist aber wirklich nicht ausreichend, denn wir hatten das zwar schon 2005 erreicht, jedoch weitgehend aufgrund der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung. Betrachtet man aber gleichzeitig die sinkende Bevölkerungszahl, ist der Flächenverbrauch von 1 ha pro Tag immer noch zu hoch.
Ich möchte einmal einen Vergleich herstellen: In Bayern liegen die Zahlen bei 28,4 ha in 2001 und 15,2 ha in 2004. Die Entwicklung der letzten Jahre, das Entstehen neuer Brachen infolge leerstehender Wohn- und Gewerbegebäude und -flächen bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Neubauflächen als Folge des gegenwärtigen Strukturwandels, muss dringend gestoppt werden. Einerseits sind viele neue Häuser, Einkaufszentren und technisch wie baulich generalüberholte Betriebe entstanden, nach
wie vor harren aber große Altindustrieareale einer neuen Nutzung, verfallen Wohngebäude oder liegen neu erschlossene Gewerbegebiete ungenutzt brach. In den 90er-Jahren begann eine Suburbanisierung, die nun aber ihren Höhepunkt überschritten haben dürfte.
Herr Kummer, in den neuen Bundesländern liegen wir aber immer noch unter 10 Prozent befestigter Fläche der Siedlungen und Verkehrsflächen insgesamt und unsere Leute haben wirklich einen Anspruch darauf, auch verkehrsmäßig vernünftig erschlossen zu sein. Denn betrachten wir die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit - alle haben sich positiv für unsere Bevölkerung herausgestellt und werden genutzt in Größenordnungen. Schauen Sie doch mal an die A 71, wie die den Thüringer Wald erschlossen hat: touristisch, für die Menschen, dass sie zur Arbeit fahren und letzten Endes ein viel offeneres und freieres Leben führen können. Es ist ein Ziel, wir brauchen mehr Innenentwicklung in den Kommunen statt Außenentwicklung auf der grünen Wiese. Wir brauchen bessere Nutzungskonzepte für vorhandene Anlagen und die Gebäudesubstanz, die Erweiterung und Ausschöpfung vorhandener Nutzungspotenziale, den Ausbau von Dachgeschossen, die Aufstockung von Gebäuden, die Überbauung von Verkehrsflächen. Wir brauchen moderate Nachverdichtungen in den Gemeinden und Städten, eine Wiedernutzung von Baulandbrachen und verwertbaren Konversionsflächen - von Prof. Juckenack unter dem Thema „Flächenrecycling“ angesprochen -, Mobilisierung vorhandenen Baulandes, unter anderem von Baulücken, und Kümmernutzung. Eigentlich brauchen wir ein Bündnis zum Flächensparen, das Maßnahmen entwickelt. Es gibt da schon gute Beispiele wie Arbeitshilfen für kommunales Flächenmanagement und die Ausstellung zum Flächensparen.
Ein nächster Punkt: Auch die Erdwärme sollte zukünftig noch stärker genutzt werden. Die Nutzung von Erdwärme hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Im Jahr 1992 wurden in Deutschland rund 1.000 Heizungswärmepumpen verkauft, im Jahr 2005 waren es bereits 18.200, im Jahr 2006 dann schon 24.000. Etwa 13.215 nutzen die Erdwärme als Energiequelle.
Es bleibt eine Forderung: Das Bodenbewusstsein muss weiterentwickelt werden. Nur wer den Boden kennt und schätzt, der schützt ihn. Zahlreiche Projekte Thüringens sind bereits erfolgreich - eine Wanderausstellung zum Thema „Boden“, die seit Ende 2004 an verschiedenen Standorten zu sehen ist und die Themenschwerpunkte „Entstehung und Bedeutung des Bodens“, „charakteristische Bodenprofile“, „Bodenbestandteile und Bodenfunktion“, „Gefahr für den Boden und Bodenschutzziele“, „Schutz- und Überwachungsmaßnahmen“,
„Bodendauerbeobachtungsflächen und Bodeninformationssysteme“ beinhaltet. Außerdem wird das Merkblatt „Auf- und Einbringung von Materialien in und auf den Boden“ sehr gut angenommen.
In Ost- und Westthüringen waren seit der Wende Bodenschutz und Geologie besondere Schwerpunkte des staatlichen Umweltschutzes. Staatssekretär Juckenack hat die Großprojekte „Rositz“ und „Kali“ bereits ausführlich erläutert.
Herr Kummer, der Nährstoffgehalt unserer Böden muss natürlich sehr sorgfältig beobachtet werden. Es müssen auch Maßnahmepläne entwickelt werden und sie werden es auch. Dafür haben wir eine Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Jena und eine TLUG, die wichtige Standbeine für den Thüringer Boden- und Umweltschutz geworden sind. Eine Sogwirkung für die Ansiedlung von Betrieben und die Neugründung im Bereich der Umwelttechnologie und Forschung war die Folge. Nach der Wiedervereinigung und EU-Osterweiterung bieten sich heute für uns große Chancen, die gesammelten Erfahrungen in den europäischen Vereinigungsprozess einzubringen. Ich denke da z.B. an die neuen kostengünstigen keramischen Membranen aus Jena.
Um noch mal auf den Punkt „Rositz“ einzugehen - ich möchte das nur am Rande tun: 80 Jahre lang hat man sich erfolglos bemüht, diese ehemalige Deponie zu sanieren. Es ist eine Sanierungsdebatte, die man sicher führen kann, aber wir haben es geschafft 16 Jahre nach der Wende, dass endlich die Altteerablagerungen entnommen worden sind, dass der alte Tagebau Rositz wieder verfüllt wird. Es haben sich unheimlich viele Unbekannte während dieser Sanierung eingestellt, von Munition bis hin zur Gefahr der Hangrutschung, alles Dinge, die man nicht in Wochen, auch manchmal nicht in Monaten beherrschen kann. Man kann aber eins heute sagen, Rositz hat seinen Schrecken für die Leute verloren.
Bodenschutz und Geologie sind auch Schwerpunkte der Bundesgartenschau Gera/Ronneburg, die letzte Woche eröffnet wurde. Von 1946 bis 1991 wurde in der Region um Ronneburg durch die Wismut Uranerz für das sowjetische Atomprogramm abgebaut. Seit 1991 werden die Hinterlassenschaften des jahrzehntelangen Uranbergbaus aufwendig saniert. Wismut steht für 40 Jahre Lüge, Vertuschung und Abschirmung. Wismut steht für sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze, Wismut steht aber auch für eines der weltweit größten Sanierungsprogramme im Bergbau.
Frau Präsidentin, der Mensch neigt zum Vergessen und so möchte ich mich nicht dem Vorwurf der Übertreibung aussetzen und zitiere mit Ihrer Genehmigung einen Beitrag aus der „Berliner Zeitung“ vom 15.03.1994: „In der Umgebung von Halden und
Schlackenlagern der ehemaligen Wismut-Bergbaue ist die Krebsgefahr 10 Prozent höher als üblich. Zehntausende Menschen tragen dieses Risiko, wie eine Studie des Öko-Instituts aus Freiburg feststellt. Jedes Staubtuch müssen die Menschen in der Nähe von Ronneburg in Thüringen als Sondermüll betrachten, sagte die Geschäftsführerin des Öko-Instituts Christiane Friedrich, die gestern mit dem Strahlenbiologen Gerhard Schmidt die Studie in Berlin vorstellte. Staub, Luft und Grundwasser enthielten Radon, ein strahlendes Edelgas, das beim Uranbergbau frei wird. Selbst die DDR-Grenzwerte für Radon seien in allen Wismut-Standorten überschritten. Allein im Ronneburger Raum führte diese Strahlung zu durchschnittlich sechs Todesfällen im Jahr. Die Forscher stützten sich auf Messungen des WismutNachfolgers, der dem Bundeswirtschaftsministerium untersteht. Das 1977 gegründete Öko-Institut hat schon in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die 200 Mio. Tonnen belasteter Schlämme und 1 Mrd. Tonnen Abraumhalden unsachgemäß gelagert würden. Die Wissenschaftler fordern Sofortmaßnahmen der Bundesregierung und schlagen vor, Halden vorläufig abzudecken oder in Schächte zu füllen und Grubenablüfter zu verschließen. Die Bundesregierung müsse genau klären, wer die Verantwortung für die Sanierung habe.“
Zwölf Jahre später, am 30.08.2006, klang es in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ganz anders: „Jeder Besucher, der die Halden oder den Extagebau betritt, braucht Gummistiefel, nicht nur wegen des Schlamms oder bei Trockenheit Staubs, sondern auch, weil das Gestein schwach radioaktiv belastet ist mit 0,6 Becquerel pro Gramm. Ein Kilo Kaffee enthält natürlicherweise 1.000 Becquerel, also kein Grund zur Sorge, auch nicht auf dem BUGA-Gelände.
Weil die Wismut kaum als objektiv in eigener Sache gelten kann, zitiert Hinke gern aus einem für die BUGA erstellten Gutachten des renommierten Freiburger Öko-Instituts. Danach werden die Grenzwerte selbst bei einem Daueraufenthalt auf dem BUGAGelände eingehalten, die Strahlenbelastung ist völlig normal. Ausgerechnet das Öko-Institut - was haben die früher Böses über die Wismut geschrieben, erinnert sich Hinke, der sein ganzes Berufsleben dort verbracht hat. 1964 fing der gebürtige Leipziger nach dem Studium als Steiger an. Er arbeitete sich hoch, wurde Schichtleiter und Technischer Direktor. Als Rentner sieht er nun, wie die Wismut sich langsam zurückzieht. Wehmut kommt bei ihm dennoch nicht auf. Es ist ein gutes Gefühl, etwas zu Ende bringen zu können, und es entsteht ja wieder eine schöne Landschaft, eine neue Landschaft, die neue Landschaft Ronneburg.
nierung der Wismut nicht in Angriff genommen wäre, dann wären die Leute in dem Ronneburger, in dem Wismut-Gebiet scharenweise davongelaufen. Die neue Landschaft Ronneburg: Das Erleben und Begreifen soll dort im wahrsten Sinne des Wortes ermöglicht werden. Ich hoffe, dass Sie mit dem Besuch der Gartenschau erkennen, was dort geleistet worden ist, dort, wo die Ausstellung steht, am ehemaligern Standort einer der größten Altlasten Thüringens, der Wismut Aktiengesellschaft. Es war aus unserer Sicht die richtige Entscheidung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, Prioritäten für die Sanierung einer geschundenen Region zu setzen und die Kraft von Bund und der Länder Sachsen und Thüringen zu bündeln für eine der großflächigsten Bodensanierungen in der Geschichte. Das, meine Damen und Herren, ist praktizierter Bodenschutz.
Auch in Europa gewinnt der Bodenschutz an Bedeutung. Vor allem in Südeuropa sind Standorte von Erosion, Versalzung und Verlust organischer Substanz bedroht. Im Norden sind es Versauerungen und Eutrophierungen, die die Böden belasten können. Auch Schadstoffeinträge stellen eine große Belastung und Bedrohung für die Böden dar. Einmal verunreinigt - und wir kennen das aus unserer eigenen Geschichte - sind Böden nicht oder nur mit großem finanziellen und technischen Aufwand wieder zu reinigen. Die EU-Kommission hat am 24.05.06 die bereits erwähnte Bodenschutzstrategie und die Rahmenrichtlinie zum Bodenschutz besprochen oder beschlossen. Die EU will Risikogebiete für bestimmte Belastungen wie Erosion, Versalzung, Verdichtung, Humusschwund und Massenbewegung ausweisen lassen. Für den Bereich der Altlasten sollen nationale Verzeichnisse aufgestellt werden. Jeder Eigentümer soll demnach sein Grundstück nur noch mit einem Bodenzustandsbericht veräußern können. Der Standpunkt Thüringens ist meiner Meinung nach überhaupt nicht falsch. Wir haben all das schon. Es gibt ein klares Ja zum fachlichen Austausch zwischen den Mitgliedsländern und zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Aber weitere EURegelungen sind doch nicht erforderlich. Deutschland und Thüringen haben seit Inkrafttreten der Bodenschutzgesetze 1999 ihre Hausaufgaben gemacht. Thüringen hat ein gesetzliches Regelwerk geschaffen, ein Bodeninformationssystem in Thüringen eingerichtet und ein gutes Altlastenkataster aufgebaut. Das Fazit ist doch: nationale Gesetze reichen aus. Diese können den großen regionalen Unterschieden in Europa wesentlich besser Rechnung tragen. Thüringen hat sich stets gegen eine europaweite Richtlinie ausgesprochen und dabei auch im Bundesrat die Initiative übernommen. Nach Kenntnis des Beschlusses bleibt eigentlich nur eine Komplettablehnung.
Ich möchte das noch mal kurz begründen, die übertriebenen Anforderungen der Europäischen Union, gekoppelt mit den sattsam bekannten Kontrollberichtspflichten und Zeitplänen. Da werden ganze Mitarbeiterstäbe gebunden, um solche Berichte zu erstellen. Da könnte man wesentlich besser praktisch arbeiten. Es ist ein zu großer Aufwand, der kaum Verbesserung für den Bodenschutz mit sich bringt. Es widerspricht der wirklich notwendigen Deregulierung in unserem Land. Vor dem Hintergrund bereits bestehender Negativbeispiele wie Lärm-, FFH- und Feinstaubrichtlinie und die Regelungen zu Cross Compliance ist das nicht akzeptabel.
Zu großer Verwaltungsaufwand für übertriebene EU-Anforderungen - gerade in Zeiten knapper Kassen ist das nicht hinzunehmen. Thüringen will einen einfachen, unbürokratischen und schlanken Vollzug. Die Bodenschutzgesetzgebung in Deutschland und Thüringen hat einen hohen Standard und sichert langfristig hohes Schutzniveau. Diesen Standard gilt es auch zu halten.
Mein Dank gilt an dieser Stelle Herrn Prof. Juckenack, der in den letzten Jahren Maßstäbe für Flächenrecycling, den Umgang mit Greenfields, Brachflächenmanagement gesetzt hat. Ich bin der Überzeugung, dass die Wichtigkeit dieser Bereiche nach wie vor unterschätzt wird und es erst die Zeit zeigen wird, wie wichtig der wissenschaftliche Umgang mit diesem Thema ist. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es im Bodenschutz noch ganz erhebliche Lücken gibt, die gefüllt werden müssen. Diese Lücken sind insbesondere in folgenden Bereichen zu suchen: im Bereich der Normung und der Regelwerke, hier z.B. bei der Sickerwasserprognose; im Bereich der Bodenwerte, wo für viele altlastenrelavante Schadstoffe noch Vorgaben fehlen; in der Organisation des Vollzugs und hier vor allem in der Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Rechtsbereichen und in der Vermittlung der entsprechenden Sachkunde auf allen Vollzugsebenen.
Ich möchte aber nicht mit der Aufzählung der zukünftigen Aufgaben enden, sondern am Schluss auf die positiven Aspekte des Bodenschutzgesetzes hinweisen. Wir haben eine Aufgabenbündelung im Vollzug erreicht. Die Maßstäbe wurden und werden vereinheitlicht, die vielen Listen in einem Werk zusammengefasst. Die Folge davon ist, dass Rechtssicherheit geschaffen wurde und somit auch Chancengleichheit in der Wirtschaft gegeben ist. Darüber hinaus haben wir mit dem neuen Bodenschutzrecht neue Perspektiven für die Planung eröffnet, insbesondere dadurch, dass der Bodenschutz zu einem gleichwertigen Partner im Recht geworden ist. Dies gilt vor allem hinsichtlich der zu erwartenden stärkeren Berücksichtigung in der regionalen Raumord
nung. Darüber hinaus ist aber auch davon auszugehen, dass die fachlichen Vorgaben Auswirkungen auf die Entwicklung von Leitzielen für die Bauleitplanung haben werden. Ich denke, dass wir, wie eben dargestellt, noch einiges an Herausforderungen im Bodenschutz bewältigen müssen, glaube aber gleichzeitig, dass wir hierfür eine gute Grundlage geschaffen haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Möchte die Landesregierung noch mal das Wort ergreifen? Auch nicht. Dann gehe ich davon aus, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Oder erhebt sich dagegen Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das Berichtsersuchen erfüllt und ich schließe den Tagesordnungspunkt 9. Entschuldigung - Ausschussüberweisung?
Richtig. Frau Präsidentin, namens der Fraktion beantragen wir die Weiterberatung des Berichts im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt.
Da, wenn ich das recht in Erinnerung habe, alle Fraktionen die Aussprache zum Bericht gewollt haben, frage ich jetzt, ob die Fraktionen damit einverstanden sind, Fortberatung im Umweltausschuss? Ich sehe keinen Widerspruch.
Dann stimmen wir der Ordnung halber darüber ab. Wer für die Fortberatung des Berichts im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist das einstimmig so beschlossen. Danke noch mal. Ich schließe jetzt den Tagesordnungspunkt 9.
Fehlende Unterstützung der Landesregierung für eine Landesausstellung zum Bauhaus-Jubiläum 2009 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2873 -
Das Wort zur Begründung wurde nicht gewünscht. Dann eröffne ich jetzt die Aussprache und als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, über Berlin und Dessau lacht die Sonne, über Thüringen die ganze Welt.
Dieser bittere Satz droht 2009 Realität zu werden, zumindest dann, wenn die Landesregierung an ihrer Absage an eine Landesausstellung zum Bauhaus-Jubiläum weiterhin festhält. In den beiden Bauhaus-Städten Dessau und Berlin wird es 2009 eine Menge hochkarätiger Aktivitäten geben, in der Bundeshauptstadt beispielsweise eine BauhausAusstellung, die anschließend auch in New York präsentiert werden wird. Hier in Thüringen jedoch, dem Bauhaus-Ursprungsland, widmen wir uns auf Wunsch des Ministerpräsidenten dann lieber den hoch spannenden Fragen der städtischen Begrünung seit 1990.
Meine Damen und Herren, dass an dem historischen Ort, von dem ausgehend das Bauhaus künstlerisch die ganze Welt beeinflusst und die Moderne entscheidend geprägt hat, der politische Wille für eine Landesausstellung zur 90. Wiederkehr der Bauhaus-Gründung fehlt, wird bundesweit, aber auch international für Kopfschütteln und Gespött sorgen.