Wieland Rose
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hören in den letzten Tagen, wenn ich
meinen Kollegen Kummer zu Kali + Salz höre, Gespräche von einer Bananenrepublik,
wenn ich meine Kollegin Becker höre, vom größten Umweltskandal des Freistaats, wenn es um die Grube Springen geht.
Die Salzbelastung der Vergangenheit in der Werra ist also vergessen. Die wirklichen Umweltskandale, wie zum Beispiel in der Wismut-Region, spielen keine Rolle mehr und wahrscheinlich hat die Zwischenspeicherung in Springen auch nichts mit der Sicherung der Arbeitsplätze in Unterbreizbach zu tun. Ja, der Mensch ist wahrscheinlich vergesslich.
Nein, meine Damen und Herren, wir haben hier mit der Kali + Salz den klassischen Fall einer Firma, die nicht merkt, dass sich die Welt um sie verändert und die bisher möglichen Entsorgungswege um sie zusammenbrechen.
Unsere kleinliche parlamentarische Diskussion im Ausschuss und im Landtag beschränkt sich immer wieder auf Einzelmaßnahmen oder auf einzelne Ereignisse der letzten Wochen und Monate. Heute sind es die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze am Standort Unterbreizbach, gestern war es die Entsorgung von Salzabwässern in der Grube Springen, die für die Kali + Salz derzeitig ein Strohhalm für die Entsorgung ihrer Salzwässer, aber eben auch nur befristet auf sechs Monate und fachlich geprüft vom Bergamt, ist.
Glauben Sie wirklich, dass wir als CDU-Parlamentarier hier nicht auch Bauchschmerzen haben? Auch wir kennen die Probleme in der Grube, die in den 80er-Jahren auftraten. Aber wir polemisieren an diesem Punkt nicht, sondern verlassen uns auf eine fachlich fundierte Aussage des Bergamts.
Oder die derzeitige Diskussion um die Gerstunger Mulde. Natürlich hat die Gemeinde das Recht auf eine gesicherte Trinkwasserversorgung. Und wer die Übernahme von Schadenersatzansprüchen wie die Kali + Salz von vornherein ablehnt, begibt sich fachlich und moralisch ins Abseits. Aber auch hier hat die Kali + Salz natürlich einen Anspruch auf eine Bearbeitung ihrer Anträge. Schauen Sie sich die Politik der Landesregierung an. Hier wird nicht weggeschaut und man geht keiner Diskussion mit der Kali + Salz aus dem Wege. Geradezu lächerlich wird es, wenn man dem 1921 gegründeten Weserbund, der mit den Folgen der Salzbelastung aus Hessen und Thüringen im Gewässerökosystem und in den Wasserwerken fertig werden muss, unterstellt, er
würde sich nicht ausreichend um die Lösung der Probleme bemühen. Nein, meine Damen und Herren, alle diese Diskussionen bringen uns nicht weiter. In unserem Antrag des letzten Plenums haben wir dem Rechnung getragen. Wir fordern die Sicherung der Arbeitsplätze in der Werraregion, zum einen in der Kali + Salz, zum anderen in der aufstrebenden Tourismusregion Werra. Den Weg dazu haben wir aufgezeigt. Wir wollen den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrags mit der Kali + Salz zur Sicherung der Entlastungsziele und Einrichtung eines runden Tisches sowie zusätzliche Maßnahmen zur Forschung, Entwicklung und Anwendung dauerhaft wirksamer Vermeidungs- und Entsorgungsstrategien, allerdings durch die Kali + Salz. Natürlich hat der Standort Unterbreizbach auch große Standortvorteile und genau die gilt es zu nutzen. Seit 2004 wird am Standort verstärkt Sylvinit gefördert und das hat die Arbeitsplätze am Standort sicherer gemacht. Wichtigste Zielvorgaben für das Sylvinitprojekt waren, alle Fabriken des Verbundwerks Werra mit möglichst hochwertigen Rohsalzen zu versorgen, eine optimale Auslastung zu gewährleisten und zur Deckung der steigenden Nachfrage die Produktionskapazität zu steigern. Gleichzeitig sollte das Angebot von erlösstarken Spezialprodukten gesichert und die Lebensdauer aller Standorte aufeinander abgestimmt werden. Diese Anforderungen wurden erfüllt. Seit Januar 2005 werden jährlich 1,5 Mio. t hochwertiger Sylvinit aus Unterbreizbach in der Fabrik Wintershall verarbeitet. Insgesamt hat die Verlagerung der Rohsalzgewinnung den Betrieb in Unterbreizbach gestärkt. Wirtschaftlich ist also der Standort gesichert. Die politische Komponente haben wir durchzusetzen. Schüren Sie also bei den Bergleuten im Revier nicht noch die Zukunftsängste, die derzeitige Entsorgungssituation ist hart genug. Hier einen neuerlichen OstWest-Konflikt zu konstruieren, wäre mehr als schädlich. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 02.07.2007 stellten die Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP im Hessischen Landtag unter Drucksache 16/7536 den Antrag, die Versalzung der Werra nachhaltig zu verringern. Dieser Antrag macht deutlich, dass sich die hessischen Parteien zu einem einheitlichen Handeln hinsichtlich der Werra-Belastung verständigen wollen. Um ein gemeinsames Handeln in dieser für die Werra-Region wichtigen Frage zu sichern, stellte die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt in seiner Sitzung am 7. September 2007 den Vorschlag für einen fraktionsübergreifenden Plenarantrag, angelehnt an den hessischen Antrag, „Versalzung der Werra nachhaltig verhindern“ zur Diskussion. Ein gemeinsames notwendiges Vorgehen der Landtage Hessens und Thüringens liegt diesem Antrag zugrunde. Kernpunkte sind: Sicherung der Arbeitsplätze in
der Werra-Region, zum einen bei Kali + Salz, zum anderen in der aufstrebenden Tourismusregion; Reduzierung von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung; Senkung der Salzbelastung der Werra und Ablehnung der Fortschreibung des bis zum Jahr 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid von 2.500 mg/l bzw. des bis zum Jahr 2009 geltenden Grenzwertes für die Gesamthärte von 90 Grad deutscher Härte; Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit Kali + Salz zur Sicherung der Entlastungsziele und Einrichtung eines runden Tisches; Forschung, Entwicklung und Anwendung dauerhaft wirksamer Vermeidungs- und Entsorgungsstrategien durch Kali + Salz und eine zweijährige Berichterstattung zu den Umsetzungsfortschritten.
14 Tage später erfuhren die Mitglieder des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt aus der Presse, dass DIE LINKE und die SPD einen Antrag mit dem Thema „Verringerung der Salzbelastung der Werra durch die Kaliproduktion“ vorgelegt haben und sie darauf hoffen, dass sich die CDU-Fraktion ihren Forderungen anschließt. Kernpunkte dieses Antrags sind:
- keine Duldung von Salzbelastungen aus der Kaliindustrie über das bisherige Maß,
- Übertragung der Grenzwerte des Pegels Gerstungen auf die Werra und
- nach Ablaufen des gültigen Härte- und Chloridgrenzwertes neue Grenzwerte festzulegen, die eine Wiederherstellung der Werra mit heimischen Arten ermöglichen.
In seiner Sitzung am 28. September hat der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt beide Anträge diskutiert. Der Antrag der CDU-Fraktion wurde dahin gehend geändert, dass er von dem vorgeschlagenen fraktionsübergreifenden Plenarantrag in einen Antrag der CDU-Fraktion geändert wurde. Die Anträge wurden kontrovers diskutiert, obwohl mehrere Teile weitgehend identisch sind. Die CDU-Mitglieder des Ausschusses vertraten die Meinung, dass ihr Antrag umfassender formuliert ist und einem gemeinsamen Vorgehen beider Bundesländer Rechnung trägt.
In dem Antrag von LINKE und SPD wird aus Sicht der CDU folgenden Punkten keine Rechnung getragen:
- Sicherung der Arbeitsplätze in der Werra-Region sowohl in der Kali + Salz GmbH als auch in der Tourismusregion Werra,
- Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit der Kali + Salz GmbH zur Sicherung der Entlas
tungsziele und Einrichtung eines runden Tisches,
- Forschung, Entwicklung und Anwendung dauerhaft wirksamer Vermeidungs- und Entsorgungsstrategien durch die Kali + Salz GmbH und auch
- eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Die Senkung der Salzbelastung der Werra und Ablehnung der Fortschreibung des bis zum Jahr 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid ist in beiden Anträgen identisch. Jedoch wird in dem Antrag von LINKE und SPD nicht quantifiziert, die CDU hält jedoch die Aufnahme des Wertes von 2.500 mg/l, den es zukünftig zu unterschreiten gilt, für wichtig. Gleiches gilt auch bei dem bis zum Jahr 2009 geltenden Grenzwert für die Gesamthärte von 90 Grad deutscher Härte. In dem Antrag von LINKE und SPD ist weder die Jahreszahl 2009 noch die Belastung von 90 Grad deutscher Härte fixiert. Ebenso findet die von der CDU als besonders wichtig empfundene Reduzierung von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung in der Werra-Region keinen Niederschlag.
Die Punkte „Keine Duldung von Salzbelastungen aus der Kaliindustrie über das bisherige Maß hinaus“ und „Übertragung der Grenzwerte des Pegels Gerstungen auf die Werra“ des Antrags von LINKE und SPD wurden nicht strittig diskutiert, sie sind jedoch Einzelmaßnahmen, die aus Sicht der CDU-Fraktion in das Gesamtkonzept zur Umsetzung der Salzfracht in der Werra einzuordnen sind. Die rechtlich vorgeschriebene Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zur Erreichung eines guten ökologischen und chemischen Zustands des Gewässers ist eine der Grundlagen des CDU-Antrags. Sie findet sich in dem Antrag von LINKE und SPD nicht wieder, sondern findet nur in der Begründung Berücksichtigung.
Ja. Die im hessischen Antrag gewählte Formulierung, die Werra ab dem Jahr 2020 wieder zu einem naturnahen Gewässer werden zu lassen, findet sich in dem Antrag der CDU-Fraktion nicht wieder. Sie ist eine Abschwächung der Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Ziel der Wasserrahmenrichtlinie ist die Erreichung bzw. der Erhalt eines guten Zustands des Grundwassers und der oberirdischen
Gewässer bis 2015 und nicht bis 2020. Das ist eindeutig in Artikel 4 Abs. 2 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie formuliert. Mit der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt wird dem Thüringer Landtag die vorliegende Beschlussempfehlung als Antrag zur Annahme in der vorliegenden Fassung vorgeschlagen. Mit Datum vom gestrigen Tag liegt als Drucksache 4/3432 ein Änderungsantrag zum Beschluss des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt, eingereicht von den Fraktionen DIE LINKE und SPD, vor. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Becker, ich muss das mal an den Anfang stellen, denn ich kann da nicht ganz an mich halten. Sie sprachen davon, dass zu DDR-Zeiten das Verpressen verboten wurde. Ja, aber mit welcher Konsequenz? Dass dann in der fließenden Welle der Werra bis 40.000 mg Salz pro Liter waren.
Nein, Frau Becker, erst seit dem Jahr 2000 wird erstmalig seit Jahrzehnten am Pegel Gerstungen der Chloridwert von 2.500 mg pro Liter eingehalten. Es ist natürlich heute niemandem mehr begreiflich zu machen, dass Flüsse dauerhaft als Abwasserkanäle herhalten müssen. Seit Jahrzehnten führt die Einleitung salzhaltiger Abwässer zu einer starken Versalzung der Werra und im Unterlauf natürlich auch der Weser. Die hohe Salzbelastung hat sich in beiden Flüssen nicht nur negativ auf Flora und Fauna ausgewirkt, sondern auch die Möglichkeiten der Trink- und, ich möchte das nicht verhehlen, auch der Brauchwasserversorgung stark eingeschränkt. Eine zusätzliche Einleitung von Salzabwässern hat ökologische Auswirkungen und wird die jahrelangen Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität gefährden. Das Szenario der zusätzlichen Einleitung der Salzabwässer droht die Bemühungen der Regionen zu einem Zeitpunkt zu zerstören, zu dem im Werratal der Tourismus neu ausgerichtet werden soll. Der Grenzwert von 2.500 mg pro Liter Salz, auf den wir uns heute berufen, stammt aus dem Jahr 1942. Die Senkung dieses uralten Werts ist längst überfällig. Es muss jetzt alles dafür getan werden, umweltverträgliche Alternativen zur Entsorgung der Abwässer zu finden. Genau das ist das Ziel unseres Antrags. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt,
dass ein gemeinsames Vorgehen der Bundesländer Hessen und Thüringen erforderlich ist. Dort setzt unser Antrag an. Ein Antrag, der in Hessen mühevoll zwischen den Partnern CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP ausgehandelt wurde. Es muss doch auch in Thüringen möglich sein, diesen kompromissfähigen Beschluss zu tragen. Leider ist Ihr Änderungsantrag erst heute Morgen in unserem Postfach gewesen, meine Damen und Herren der Opposition. Wären Sie mit dem gestrigen Antrag doch etwas eher gekommen, dann hätten wir ihn vielleicht noch zielführend diskutieren können. So müssen wir die Diskussion darüber leider heute hier in den Landtag verlagern.
Punkt 1 deckt sich ja eigentlich vollständig mit unserem Antrag, bis auf einen Satz.
Ja, von Hessen. Diesen Satz haben wir bewusst nicht in unseren Antrag genommen, weil wir der Meinung sind, dass hier gegen europäisches Wasserrahmenrecht schon wieder verstoßen wird und eine Aufweichung erfolgt, wenn man bis 2020 so ein bisschen salomonisch formuliert, wir wollen dann einen naturnahen Zustand haben. In der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie steht: „Bis 2015 ist ein guter ökologischer und chemischer Zustand herzustellen.“ Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem guten ökologischen Zustand und einem naturnahen Zustand? Diese Fragen haben wir uns gestellt und haben dann gesagt, Mensch, hier war eigentlich ein Stratege am Wirken, der schon wieder die Europäische Wasserrahmenrichtlinie um fünf Jahre nach hinten hinausschiebt. Die Frage, die wir im Ausschuss ganz intensiv mit Kollegen Kummer diskutiert haben, ist ja eigentlich die gewesen: Warum wollen wir einen öffentlich-rechtlichen Vertrag? Ja, genau aus diesem Grund. Wir wollen mit diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag erzielen, dass Kali + Salz sich zu diesen Aufgaben bekennt und nicht immer wieder politisch die Grenzwerte um 6 Jahre, um 12 Jahre hinausgeschoben werden können. Das wollen wir nicht, das ist nicht unser Ziel.
Wollen wir es wirklich, dass wir die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie aufweichen? Ich könnte mit dieser Formulierung auch leben - gar keine Frage -, aber ich glaube, es ist nicht richtig, das zu tun.
Gehen wir zu Punkt 2. Sie schreiben: „Die nach 2009 bzw. 2012 neu festzusetzenden Grenzwerte sollen für die gesamte Werra im Einflussbereich der Kaliindustrie gelten. Sie sind so festzulegen, dass eine
Wiederbesiedlung der Werra mit den typischen heimischen Arten erfolgen kann.“ Auch hier würde ich im ersten Moment sagen, das ist überhaupt kein Problem, das könnten wir mittragen. Aber ich glaube, das ist wasserwirtschaftlich nicht zielführend. Im Oberlauf ist doch weniger Salz im Gewässer als im Unterlauf. Da kann man doch nicht einen einheitlichen Grenzwert für alle Bereiche der Werra festlegen. Wir würden doch in dem Oberlauf die Leute irgendwo sogar provozieren, den Grenzwert auszureizen. Nein, im Oberlauf soll der Grenzwert natürlich niedriger sein als im Unterlauf. Im Unterlauf am Pegel Gerstungen ist er mit 2.500 mg/l festgeschrieben. Das kann nicht unser Ziel sein.
Dort dürfen wir nicht stehen bleiben und ich denke, wir sollten nicht über den gesamten Lauf der Werra den Salzgrenzwert erhöhen. Wir würden mit einem einheitlichen Grenzwert dort wirklich nicht zielführend arbeiten.
Es steht doch hier eindeutig drin: „Die... Grenzwerte sollen für die gesamte Werra im Einflussgebiet der Kaliindustrie gelten.“ Also würden wir diesen Grenzwert doch vereinheitlichen und auf den ganzen Flusslauf übertragen.
Jetzt gilt er am Unterlauf, also ist weiter oben der Grenzwert niedriger. Das sollten wir einfach nicht tun, das müssen wir wirklich ausdiskutieren.
Dieser Satz ist fertig gelesen. Dann kann ich eigentlich schon auf die nächsten Punkte eingehen. Sie wollen auf der einen Seite, dass wir das Wasser aus allen Regionen zusammenführen, und sprechen dann aber im nächsten Punkt, Punkt 6, davon, dass Sie das Wasser von Neuhof/Ellers nicht überleiten wollen. Wenn wir das zusammenführen wollen, dann müssen wir es doch wenigstens erst einmal auf einen Punkt bringen und eigentlich nehmen Sie meine Diskussion aus dem Ausschuss auf. Ich habe immer gesagt, dass es wichtig ist, es (das Wasser) auf einen Punkt zu bringen, aber wir sollten uns nicht schon wieder auf eine Technologie festlegen, um zu sagen, wir bringen das in die Nord- oder in die Ostsee.
Nein, es gibt auch noch andere Varianten. Wir sollten auch die technische Aufbereitung, die chemikalische, die physikalische, prüfen und nicht schon wieder der K + S den Freibrief einräumen, eine Technologie, die vorgeschlagen wird, und von vornherein alles zerreden. Wir haben gerade im Hessischen Landtag ganz negative Beispiele erleben müssen, wie unsere Kollegin Apel im Hessischen Landtag zerpflückt worden ist, weil sie sich auf konkrete Dinge bezogen hat,
die dann von so einem großen Weltkonzern ohne Weiteres auseinandergenommen werden können. Deswegen unsere Empfehlung, den Rahmen so zu spannen, dass Technologien in Verantwortung der K + S vorgestellt werden, mit denen wir in der Zukunft gut leben können.
Bitte.
Die Einleitung von Salz ist aus meiner Sicht nicht nur an die Einleitung von K + S gebunden. Wir haben traditionell den Bergbau in der Region gehabt und haben aus diesen Bereichen hohe diffuse Einträge, das wissen wir alle. Aus diesem Grund - denke
ich mal - wird es immer so sein, dass wir an den verschiedensten Punkten verschieden hohe Einträge in den Flusslauf haben werden. Gerade deshalb halte ich es nicht für zielführend, einen Grenzwert über die gesamte Werra zu ziehen. Schauen Sie sich dann mal die Weser im Unterlauf an, dort sind die Konzentrationen dann viel niedriger. Ich denke, das kann man mit einem Grenzwert für ein Bundesland überhaupt nicht erfassen.
Als letzter Punkt in Ihrem Antrag der Punkt 7: Ich glaube, Einzelmaßnahmen gehören aus unserer Sicht nicht in diesen Beschluss, nicht, weil wir das nicht mittragen könnten. Wenn in der Gerstunger Mulde kein Platz mehr zum Versenken ist, dann muss dort Schluss gemacht werden, ohne Wenn und Aber.
Aber man darf sich hier wirklich nicht auf die Einzelmaßnahmen beschränken. Das Versenkungsvolumen im gesamten Werragebiet geht zu Ende. Dafür müssen wir Lösungen finden. Es ist doch eine völlig neue Situation, die wir seit März dieses Jahres haben, als wir in Kassel eine Anhörung der K + S zu diesem Thema hatten, als das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie dargestellt hat, dass im Werragebiet nur noch 120 Mio. m³ Versenkvolumen zur Verfügung stehen, auf der anderen Seite aber Erklärungen abgegeben werden, dass man noch 35 bis 40 Jahre produzieren will im Gebiet.
Glücklicherweise liegen mittlerweile belastbare Zahlen vor, abgestimmt zwischen der Hessischen und Thüringer Landesregierung. Wir haben im Jahr 14 Mio. m³ salzhaltige Abwässer. Jetzt rechnen Sie das mal zusammen. Das ist dann ganz schnell zu Ende, wenn man sich hier nicht zu vernünftigen Lösungen bekennen kann.
Aus diesem Grunde haben wir diesen Rahmen gefasst und sagen, wir wollen, dass das Versenkvolumen kritisch in jeder Richtung hinterfragt wird.
Frau Becker, ich habe mich im Hessischen Landtag in Wiesbaden davon überzeugen können, wie schwer es den Partnern gefallen ist, diesen Antrag, der in Hessen vorgelegt worden ist, auszuhandeln. Aber es ist doch irgendwo gut zu sehen, wenn die Landesregierung in Hessen und die in Thüringen die gleichen Worte finden und auch die gleichen Zielstellungen formulieren.
Innerhalb weniger Monate hat sich die vom Hessischen Landesamt - ich habe das schon angesprochen - für Umwelt und Geologie festgestellte Situation, dass das Versenkvolumen im Plattendolomit der Werraregion bei Weitem nicht ausreicht, um für die prognostizierte Zeit des Rohstoffabbaus eine sichere Entsorgung zu gewährleisten, bewahrheitet. Wir sind der Meinung, dass vor der Diskussion um Entsorgungsvarianten zunächst viel intensiver als bisher Vermeidungsstrategien diskutiert werden sollten. Wir sehen hier das Unternehmen Kali + Salz in der Pflicht, im eigenen Interesse durch umfangreichere Forschung und Entwicklung die Probleme zu lösen. Bei dieser Diskussion darf es keine Tabus mehr geben. Frau Becker, ja, Sie haben recht, zentrale physikalisch-chemische Aufbereitung, Haldenabdeckung und Haldenwasserreinigung, Tiefenverpressung, Versatz und Einleitung in Nord- oder Ostsee - alle Entsorgungstechnologien müssen erneut auf den Prüfstand.
Sehr gern.
Meine umweltverträgliche Alternative ist Zusammenführung der Abwässer von Kali + Salz an einem Standort und dann entweder eine physikalisch-chemische Aufbereitung oder eine Ableitung in Nord- oder Ostsee und mittel- und langfristig überhaupt kei
ne Verpressung mehr in den Plattendolomit, Schluss dann damit.
Es gibt derzeit in vielen Bereichen noch keine Alternative zur Verpressung. Da muss man letzten Endes kompromissfähig sein und doch noch dem Unternehmen einige Zeit geben, das realisieren zu können.
Ich glaube, die wesentlichste Frage ist doch, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um die Chloridkonzentration der Gewässer im Flusseinzugsgebiet zu reduzieren und gleichzeitig einen weiteren Betrieb der Kalibergwerke und Düngemittelwerke in der betroffenen Region bei gleichzeitiger allgemeiner Akzeptanz zu sichern? Ich sage es in aller Deutlichkeit, es geht um einen Ausgleich unterschiedlicher Interessen, das ist wirklich so. Und das wird ohne Kompromisse nicht möglich sein. Weder darf den Interessen von Kali + Salz leichtfertig nachgekommen werden, noch dürfen Standorte durch unrealistische und überzogene Forderungen gefährdet werden. Kali + Salz gab und gibt vielen Menschen in Hessen und Thüringen gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze. Hier besteht eine Schuld der Menschen, die am besten durch fairen Umgang mit dem Unternehmen zurückgezahlt werden kann.
Ich möchte mich ausdrücklich - und ich habe das schon mehrfach im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt betont - der Meinung von Prof. Christian Wolkersdorfer von der Ludwig-Maximilians-Universität in München anschließen, der mittelfristig die Chloridkonzentration in der Werra auf die Maximalkonzentration Chlorid des geochemischen Atlas von Europa von 1.100 mg/l vorschlägt und langfristig noch festzulegende niedrigere Werte an den Pegeln Gerstungen und Hannoversch Münden. Das ist eigentlich, denke ich, der richtige Weg. Wir müssen an Einzelpunkten die entsprechenden Chloridkonzentrationen festlegen und können das nicht über den Flusslauf als einheitlichen Grenzwert formulieren. Ich glaube, die Werra hat der Region jahrhundertelang gute Dienste geleistet und es ist nun an der Zeit, dem
Fluss etwas davon zurückzugeben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Kollege Kummer, ist Ihnen bekannt, dass in Artikel 4 Abs. 2 der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie steht, dass für die oberirdischen Gewässer ein zumindest guter ökologischer und chemischer Zustand herzustellen ist?
Unabhängig jetzt von der Klassifizierung.
Ja, ich nehme die Wahl an.
Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause,
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Boden ist das Fundament unserer Existenz. Wir leben auf dem Boden, der Boden ernährt uns, ohne Boden keine Nahrungsmittel, kein sauberes Grundwasser. Boden ist Energiequelle; zunehmend nutzen wir auch Erdwärme zur Energiegewinnung. Die CO2-Einsparung beträgt schon heute 170.000 t CO2 pro Jahr im Vergleich zu modernen Ölheizungen. Der Boden ist aber auch trotz seiner mechanischen Stabilität und seiner großen Masse ein verletzbares Teilsystem unserer Umwelt. Auf physikalische und stoffliche Belastungen reagiert er sehr sensibel. Boden ist Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. Er hat eine Filterfunktion für das Grundwasser und er ist eine Regelgröße im Stoffhaushalt. Boden stellt aber zugleich auch einen Produktionsfaktor für Nahrungsmittel und nachwachsende Rohstoffe dar. Er ist zudem ein unersetzbares Kulturgut. An jeden Quadratmeter werden die vielfältigsten Nutzungsansprüche gestellt als Siedlungsraum, als Verkehrsträger, als landwirtschaftliche Nutzfläche, als Rohstofflagerstätte und vieles mehr. Diese Ansprüche - und da erzähle ich kein Geheimnis - sind nicht immer mit seinen natürlichen Funktionen in Einklang zu bringen. Wegen seiner vielfältigen Funktionen und vor allem wegen seiner Unvermehrbarkeit muss der Boden genau wie Luft und Wasser mit höchster Priorität geschützt werden.
Das ist nicht nur ein wichtiges umweltpolitisches Ziel, es ist nicht zuletzt auch ein volkswirtschaftliches Anliegen. Liebe Frau Becker, deswegen werden wir natürlich beantragen, den Antrag heute in den Umweltausschuss zu verweisen, aber nicht gemeinsam mit der Luft und dem Klima. Es muss ein gesonderter Punkt sein.
Thüringen hat frühzeitig die fundamentale Wichtigkeit des Bodenschutzes erkannt und arbeitet bereits seit der Wende konsequent am Bodenschutz in unserem Land. Das Bodenschutzprogramm mit vorsor
genden Zielen und Maßnahmen wird immer aktuell fortgeschrieben. Nehmen wir einige Themen aus der Vergangenheit: Steigerung der Produktion - diese Maxime des Industriezeitalters war auch eine Maxime der Landwirtschaft der DDR geworden. Die Landwirtschaftspolitik war einerseits ertragsorientiert ausgerichtet, andererseits lebten wir mit einer landwirtschaftlichen Produktionsweise, die ökologischen Anforderungen in vielerlei Hinsicht nicht gerecht wurde. Die Landwirte waren gezwungen, hohe Erträge zu erwirtschaften, egal wie. Diese auch für den Bodenschutz ungünstigen Rahmenbedingungen änderten sich sehr schnell, die Folgen - zu meinem Bedauern - nur sehr langsam.
Es sitzen sehr viele junge Leute im Saal. Vielleicht mal ein Beispiel aus der Ostthüringer Region: Ich wurde 1985 mit meinem Studium fertig und eine meiner ersten Aufgaben war, für eine Region, die mit einer Schweinemastanlage mit 50.000 Tieren versehen wurde, wo zuvor alle Fachorgane der DDR gewarnt und gesagt haben, Leute wir kriegen die Gülle auf den Böden nicht unter, zu untersuchen, wie kann die Wasserversorgung für die Leute dort gesichert werden. Es stellte sich bei der Untersuchung in den Dörfern heraus, wir hatten Nitratwerte in den Hausbrunnen von 200, 300, 400, 500, 600 mg Nitrat im Liter Wasser. Meine Damen und Herren, ab 100 mg/l spricht die UNO davon, dass es sich um krebserregende Wässer handelt. Was war die Konsequenz dieser Untersuchung für mich? Ich wurde nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse einen Tag später einbestellt und zum Geheimnisträger erklärt, um ja nicht über diese Probleme zu erzählen. Wir leben aber heute noch mit dieser Problematik, obwohl die Tieranlagen seit 15, 16 Jahren mit dieser Häufigkeit, mit diesem Bestand nicht mehr existieren. Boden wirkt immer nach. In den 70er- und 80erJahren wurde diese Anlage errichtet, Anfang der 90er-Jahre auf ein erträgliches Maß zurückgeführt. Wir leben heute noch damit, dass wir im Grundwasser in diesem Bereich heute noch steigende Nitratwerte haben. Wir haben im Westbereich der Weißen Elster sämtliche Trinkwasserversorgungsanlagen seit der Wende außer Betrieb genommen und ich bin davon überzeugt, dass wir erst in den Jahren 2015 bis 2020 diese Entwicklung steigender Nitratwerte zur Ruhe bekommen, um dann wieder zu vernünftigen Bodenwerten zu gelangen.
Meine Damen und Herren, das ist immer ein Zeitraum, über den man nachdenken muss, egal ob beim Klima oder beim Boden - 30, 40, 50 Jahre spielen da keine Rolle. Man muss am Anfang dieser Kette vernünftige Entscheidungen treffen und nur dann kann man auch einen vernünftigen Umwelt- und Bodenschutz gewährleisten.
Oder denken wir auch an die ersten freien Umweltberichte nach der Wende, die eigentlich jeden normal denkenden Menschen zur Verzweiflung trieben. Ich möchte einmal kurz aus dem Bericht zu Abfall und Boden der Bezirksverwaltungsbehörde Erfurt zitieren: „Die bisher ermittelten Ursachen für die Altlastenentstehung sind in der Regel auf fahrlässigen Umgang mit Wasserschadstoffen und/oder Giften zurückzuführen. Dabei sind folgende Gruppen vorrangig zu nennen: Kohlenwasserstoffe, Kraftstoffe, Teer, Mineralöle, Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Abfälle der Kaliindustrie, Steinsalz, Magnesiumchloridlauge, Chemikalienumschlag und -lagerung, Galvanikschlämme, Farbreste und Farbschlämme." Alles Dinge, die heute für uns unvorstellbar sind, die aber damals die Frage aufwarfen: Sind diese Probleme eigentlich zu lösen? Ja, sie sind es, aber nur mit sehr hohem Aufwand und viel Engagement. Beispiele für die Ziele und Maßnahmen des Thüringer Bodenschutzprogramms sind: Von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung werden Karten und Daten vor allem für Planungs- und Genehmigungsverfahren benötigt. Diese Daten sind auch wichtige Grundlagen für unternehmerische Standortentscheidungen. Das im Aufbau befindliche Thüringer Bodeninformationssystem wird auf alle geowissenschaftlichen Daten und Karten ausgeweitet, die in Thüringen verfügbar sind. Ich gebe hier mal einige Stichworte: Bodenübersichtskarten, bodengeologische Karten, landwirtschaftliche Standortkartierung, forstwirtschaftliche Standortkartierung, Geofachdatenatlas und natürlich müssen wir den Zusammenhang zwischen Bodenschutz und Regionalplanung herstellen, woraus die bodengeologische Konzeptkarte Thüringens hervorgegangen ist. Die Flächeninanspruchnahme muss weiter verringert werden; darüber sind wir uns ja alle einig. Wir müssen die Anstrengungen verstärken, auch wenn eine Trendwende beim Flächenverbrauch in den letzten Jahren erkennbar ist. Im Hinblick auf das Nachhaltigkeitsziel von 30 ha pro Tag Flächenverbrauch, wie das Frau Becker angesprochen hat, haben wir eigentlich unser Ziel schon erfüllt, da liegen wir bei 1 ha pro Tag. Das ist aber wirklich nicht ausreichend, denn wir hatten das zwar schon 2005 erreicht, jedoch weitgehend aufgrund der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung. Betrachtet man aber gleichzeitig die sinkende Bevölkerungszahl, ist der Flächenverbrauch von 1 ha pro Tag immer noch zu hoch.
Ich möchte einmal einen Vergleich herstellen: In Bayern liegen die Zahlen bei 28,4 ha in 2001 und 15,2 ha in 2004. Die Entwicklung der letzten Jahre, das Entstehen neuer Brachen infolge leerstehender Wohn- und Gewerbegebäude und -flächen bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Neubauflächen als Folge des gegenwärtigen Strukturwandels, muss dringend gestoppt werden. Einerseits sind viele neue Häuser, Einkaufszentren und technisch wie baulich generalüberholte Betriebe entstanden, nach
wie vor harren aber große Altindustrieareale einer neuen Nutzung, verfallen Wohngebäude oder liegen neu erschlossene Gewerbegebiete ungenutzt brach. In den 90er-Jahren begann eine Suburbanisierung, die nun aber ihren Höhepunkt überschritten haben dürfte.
Herr Kummer, in den neuen Bundesländern liegen wir aber immer noch unter 10 Prozent befestigter Fläche der Siedlungen und Verkehrsflächen insgesamt und unsere Leute haben wirklich einen Anspruch darauf, auch verkehrsmäßig vernünftig erschlossen zu sein. Denn betrachten wir die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit - alle haben sich positiv für unsere Bevölkerung herausgestellt und werden genutzt in Größenordnungen. Schauen Sie doch mal an die A 71, wie die den Thüringer Wald erschlossen hat: touristisch, für die Menschen, dass sie zur Arbeit fahren und letzten Endes ein viel offeneres und freieres Leben führen können. Es ist ein Ziel, wir brauchen mehr Innenentwicklung in den Kommunen statt Außenentwicklung auf der grünen Wiese. Wir brauchen bessere Nutzungskonzepte für vorhandene Anlagen und die Gebäudesubstanz, die Erweiterung und Ausschöpfung vorhandener Nutzungspotenziale, den Ausbau von Dachgeschossen, die Aufstockung von Gebäuden, die Überbauung von Verkehrsflächen. Wir brauchen moderate Nachverdichtungen in den Gemeinden und Städten, eine Wiedernutzung von Baulandbrachen und verwertbaren Konversionsflächen - von Prof. Juckenack unter dem Thema „Flächenrecycling“ angesprochen -, Mobilisierung vorhandenen Baulandes, unter anderem von Baulücken, und Kümmernutzung. Eigentlich brauchen wir ein Bündnis zum Flächensparen, das Maßnahmen entwickelt. Es gibt da schon gute Beispiele wie Arbeitshilfen für kommunales Flächenmanagement und die Ausstellung zum Flächensparen.
Ein nächster Punkt: Auch die Erdwärme sollte zukünftig noch stärker genutzt werden. Die Nutzung von Erdwärme hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Im Jahr 1992 wurden in Deutschland rund 1.000 Heizungswärmepumpen verkauft, im Jahr 2005 waren es bereits 18.200, im Jahr 2006 dann schon 24.000. Etwa 13.215 nutzen die Erdwärme als Energiequelle.
Es bleibt eine Forderung: Das Bodenbewusstsein muss weiterentwickelt werden. Nur wer den Boden kennt und schätzt, der schützt ihn. Zahlreiche Projekte Thüringens sind bereits erfolgreich - eine Wanderausstellung zum Thema „Boden“, die seit Ende 2004 an verschiedenen Standorten zu sehen ist und die Themenschwerpunkte „Entstehung und Bedeutung des Bodens“, „charakteristische Bodenprofile“, „Bodenbestandteile und Bodenfunktion“, „Gefahr für den Boden und Bodenschutzziele“, „Schutz- und Überwachungsmaßnahmen“,
„Bodendauerbeobachtungsflächen und Bodeninformationssysteme“ beinhaltet. Außerdem wird das Merkblatt „Auf- und Einbringung von Materialien in und auf den Boden“ sehr gut angenommen.
In Ost- und Westthüringen waren seit der Wende Bodenschutz und Geologie besondere Schwerpunkte des staatlichen Umweltschutzes. Staatssekretär Juckenack hat die Großprojekte „Rositz“ und „Kali“ bereits ausführlich erläutert.
Herr Kummer, der Nährstoffgehalt unserer Böden muss natürlich sehr sorgfältig beobachtet werden. Es müssen auch Maßnahmepläne entwickelt werden und sie werden es auch. Dafür haben wir eine Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Jena und eine TLUG, die wichtige Standbeine für den Thüringer Boden- und Umweltschutz geworden sind. Eine Sogwirkung für die Ansiedlung von Betrieben und die Neugründung im Bereich der Umwelttechnologie und Forschung war die Folge. Nach der Wiedervereinigung und EU-Osterweiterung bieten sich heute für uns große Chancen, die gesammelten Erfahrungen in den europäischen Vereinigungsprozess einzubringen. Ich denke da z.B. an die neuen kostengünstigen keramischen Membranen aus Jena.
Um noch mal auf den Punkt „Rositz“ einzugehen - ich möchte das nur am Rande tun: 80 Jahre lang hat man sich erfolglos bemüht, diese ehemalige Deponie zu sanieren. Es ist eine Sanierungsdebatte, die man sicher führen kann, aber wir haben es geschafft 16 Jahre nach der Wende, dass endlich die Altteerablagerungen entnommen worden sind, dass der alte Tagebau Rositz wieder verfüllt wird. Es haben sich unheimlich viele Unbekannte während dieser Sanierung eingestellt, von Munition bis hin zur Gefahr der Hangrutschung, alles Dinge, die man nicht in Wochen, auch manchmal nicht in Monaten beherrschen kann. Man kann aber eins heute sagen, Rositz hat seinen Schrecken für die Leute verloren.
Bodenschutz und Geologie sind auch Schwerpunkte der Bundesgartenschau Gera/Ronneburg, die letzte Woche eröffnet wurde. Von 1946 bis 1991 wurde in der Region um Ronneburg durch die Wismut Uranerz für das sowjetische Atomprogramm abgebaut. Seit 1991 werden die Hinterlassenschaften des jahrzehntelangen Uranbergbaus aufwendig saniert. Wismut steht für 40 Jahre Lüge, Vertuschung und Abschirmung. Wismut steht für sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze, Wismut steht aber auch für eines der weltweit größten Sanierungsprogramme im Bergbau.
Frau Präsidentin, der Mensch neigt zum Vergessen und so möchte ich mich nicht dem Vorwurf der Übertreibung aussetzen und zitiere mit Ihrer Genehmigung einen Beitrag aus der „Berliner Zeitung“ vom 15.03.1994: „In der Umgebung von Halden und
Schlackenlagern der ehemaligen Wismut-Bergbaue ist die Krebsgefahr 10 Prozent höher als üblich. Zehntausende Menschen tragen dieses Risiko, wie eine Studie des Öko-Instituts aus Freiburg feststellt. Jedes Staubtuch müssen die Menschen in der Nähe von Ronneburg in Thüringen als Sondermüll betrachten, sagte die Geschäftsführerin des Öko-Instituts Christiane Friedrich, die gestern mit dem Strahlenbiologen Gerhard Schmidt die Studie in Berlin vorstellte. Staub, Luft und Grundwasser enthielten Radon, ein strahlendes Edelgas, das beim Uranbergbau frei wird. Selbst die DDR-Grenzwerte für Radon seien in allen Wismut-Standorten überschritten. Allein im Ronneburger Raum führte diese Strahlung zu durchschnittlich sechs Todesfällen im Jahr. Die Forscher stützten sich auf Messungen des WismutNachfolgers, der dem Bundeswirtschaftsministerium untersteht. Das 1977 gegründete Öko-Institut hat schon in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die 200 Mio. Tonnen belasteter Schlämme und 1 Mrd. Tonnen Abraumhalden unsachgemäß gelagert würden. Die Wissenschaftler fordern Sofortmaßnahmen der Bundesregierung und schlagen vor, Halden vorläufig abzudecken oder in Schächte zu füllen und Grubenablüfter zu verschließen. Die Bundesregierung müsse genau klären, wer die Verantwortung für die Sanierung habe.“
Zwölf Jahre später, am 30.08.2006, klang es in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ganz anders: „Jeder Besucher, der die Halden oder den Extagebau betritt, braucht Gummistiefel, nicht nur wegen des Schlamms oder bei Trockenheit Staubs, sondern auch, weil das Gestein schwach radioaktiv belastet ist mit 0,6 Becquerel pro Gramm. Ein Kilo Kaffee enthält natürlicherweise 1.000 Becquerel, also kein Grund zur Sorge, auch nicht auf dem BUGA-Gelände.
Weil die Wismut kaum als objektiv in eigener Sache gelten kann, zitiert Hinke gern aus einem für die BUGA erstellten Gutachten des renommierten Freiburger Öko-Instituts. Danach werden die Grenzwerte selbst bei einem Daueraufenthalt auf dem BUGAGelände eingehalten, die Strahlenbelastung ist völlig normal. Ausgerechnet das Öko-Institut - was haben die früher Böses über die Wismut geschrieben, erinnert sich Hinke, der sein ganzes Berufsleben dort verbracht hat. 1964 fing der gebürtige Leipziger nach dem Studium als Steiger an. Er arbeitete sich hoch, wurde Schichtleiter und Technischer Direktor. Als Rentner sieht er nun, wie die Wismut sich langsam zurückzieht. Wehmut kommt bei ihm dennoch nicht auf. Es ist ein gutes Gefühl, etwas zu Ende bringen zu können, und es entsteht ja wieder eine schöne Landschaft, eine neue Landschaft, die neue Landschaft Ronneburg.
Herr Kummer, 15 Prozent Bevölkerungsrückgang in Thüringen, das ist dramatisch. Aber wenn die Sa
nierung der Wismut nicht in Angriff genommen wäre, dann wären die Leute in dem Ronneburger, in dem Wismut-Gebiet scharenweise davongelaufen. Die neue Landschaft Ronneburg: Das Erleben und Begreifen soll dort im wahrsten Sinne des Wortes ermöglicht werden. Ich hoffe, dass Sie mit dem Besuch der Gartenschau erkennen, was dort geleistet worden ist, dort, wo die Ausstellung steht, am ehemaligern Standort einer der größten Altlasten Thüringens, der Wismut Aktiengesellschaft. Es war aus unserer Sicht die richtige Entscheidung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, Prioritäten für die Sanierung einer geschundenen Region zu setzen und die Kraft von Bund und der Länder Sachsen und Thüringen zu bündeln für eine der großflächigsten Bodensanierungen in der Geschichte. Das, meine Damen und Herren, ist praktizierter Bodenschutz.
Auch in Europa gewinnt der Bodenschutz an Bedeutung. Vor allem in Südeuropa sind Standorte von Erosion, Versalzung und Verlust organischer Substanz bedroht. Im Norden sind es Versauerungen und Eutrophierungen, die die Böden belasten können. Auch Schadstoffeinträge stellen eine große Belastung und Bedrohung für die Böden dar. Einmal verunreinigt - und wir kennen das aus unserer eigenen Geschichte - sind Böden nicht oder nur mit großem finanziellen und technischen Aufwand wieder zu reinigen. Die EU-Kommission hat am 24.05.06 die bereits erwähnte Bodenschutzstrategie und die Rahmenrichtlinie zum Bodenschutz besprochen oder beschlossen. Die EU will Risikogebiete für bestimmte Belastungen wie Erosion, Versalzung, Verdichtung, Humusschwund und Massenbewegung ausweisen lassen. Für den Bereich der Altlasten sollen nationale Verzeichnisse aufgestellt werden. Jeder Eigentümer soll demnach sein Grundstück nur noch mit einem Bodenzustandsbericht veräußern können. Der Standpunkt Thüringens ist meiner Meinung nach überhaupt nicht falsch. Wir haben all das schon. Es gibt ein klares Ja zum fachlichen Austausch zwischen den Mitgliedsländern und zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Aber weitere EURegelungen sind doch nicht erforderlich. Deutschland und Thüringen haben seit Inkrafttreten der Bodenschutzgesetze 1999 ihre Hausaufgaben gemacht. Thüringen hat ein gesetzliches Regelwerk geschaffen, ein Bodeninformationssystem in Thüringen eingerichtet und ein gutes Altlastenkataster aufgebaut. Das Fazit ist doch: nationale Gesetze reichen aus. Diese können den großen regionalen Unterschieden in Europa wesentlich besser Rechnung tragen. Thüringen hat sich stets gegen eine europaweite Richtlinie ausgesprochen und dabei auch im Bundesrat die Initiative übernommen. Nach Kenntnis des Beschlusses bleibt eigentlich nur eine Komplettablehnung.
Ich möchte das noch mal kurz begründen, die übertriebenen Anforderungen der Europäischen Union, gekoppelt mit den sattsam bekannten Kontrollberichtspflichten und Zeitplänen. Da werden ganze Mitarbeiterstäbe gebunden, um solche Berichte zu erstellen. Da könnte man wesentlich besser praktisch arbeiten. Es ist ein zu großer Aufwand, der kaum Verbesserung für den Bodenschutz mit sich bringt. Es widerspricht der wirklich notwendigen Deregulierung in unserem Land. Vor dem Hintergrund bereits bestehender Negativbeispiele wie Lärm-, FFH- und Feinstaubrichtlinie und die Regelungen zu Cross Compliance ist das nicht akzeptabel.
Zu großer Verwaltungsaufwand für übertriebene EU-Anforderungen - gerade in Zeiten knapper Kassen ist das nicht hinzunehmen. Thüringen will einen einfachen, unbürokratischen und schlanken Vollzug. Die Bodenschutzgesetzgebung in Deutschland und Thüringen hat einen hohen Standard und sichert langfristig hohes Schutzniveau. Diesen Standard gilt es auch zu halten.
Mein Dank gilt an dieser Stelle Herrn Prof. Juckenack, der in den letzten Jahren Maßstäbe für Flächenrecycling, den Umgang mit Greenfields, Brachflächenmanagement gesetzt hat. Ich bin der Überzeugung, dass die Wichtigkeit dieser Bereiche nach wie vor unterschätzt wird und es erst die Zeit zeigen wird, wie wichtig der wissenschaftliche Umgang mit diesem Thema ist. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es im Bodenschutz noch ganz erhebliche Lücken gibt, die gefüllt werden müssen. Diese Lücken sind insbesondere in folgenden Bereichen zu suchen: im Bereich der Normung und der Regelwerke, hier z.B. bei der Sickerwasserprognose; im Bereich der Bodenwerte, wo für viele altlastenrelavante Schadstoffe noch Vorgaben fehlen; in der Organisation des Vollzugs und hier vor allem in der Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Rechtsbereichen und in der Vermittlung der entsprechenden Sachkunde auf allen Vollzugsebenen.
Ich möchte aber nicht mit der Aufzählung der zukünftigen Aufgaben enden, sondern am Schluss auf die positiven Aspekte des Bodenschutzgesetzes hinweisen. Wir haben eine Aufgabenbündelung im Vollzug erreicht. Die Maßstäbe wurden und werden vereinheitlicht, die vielen Listen in einem Werk zusammengefasst. Die Folge davon ist, dass Rechtssicherheit geschaffen wurde und somit auch Chancengleichheit in der Wirtschaft gegeben ist. Darüber hinaus haben wir mit dem neuen Bodenschutzrecht neue Perspektiven für die Planung eröffnet, insbesondere dadurch, dass der Bodenschutz zu einem gleichwertigen Partner im Recht geworden ist. Dies gilt vor allem hinsichtlich der zu erwartenden stärkeren Berücksichtigung in der regionalen Raumord
nung. Darüber hinaus ist aber auch davon auszugehen, dass die fachlichen Vorgaben Auswirkungen auf die Entwicklung von Leitzielen für die Bauleitplanung haben werden. Ich denke, dass wir, wie eben dargestellt, noch einiges an Herausforderungen im Bodenschutz bewältigen müssen, glaube aber gleichzeitig, dass wir hierfür eine gute Grundlage geschaffen haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Politik zur Werra kann man klar auf einen Punkt bringen: Natur und Umwelt durch weitere Salzlastsenkungen verbessern, Arbeitsplätze in der Werra-Region sichern. Meine Kollegin Anne Zachow aus dem Niedersächsischen Landtag hat es auf den Punkt gebracht. Zusätzliche Salzeinleitungen dürfen den umweltpolitischen Erfolg der letzten 17 Jahre nicht gefährden. Nach der Wiedervereinigung ist es gelungen, die Salzfracht in der Werra auf und unter den Grenzwert von 2.500 mg/l zu senken. Dieser umweltpolitische Erfolg darf nicht durch die geplante zusätzliche Salzeinleitung des Werks Neuhof in die Werra gefährdet werden. Wir nehmen die Befürchtungen der Menschen entlang der Flüsse, egal ob an Werra oder an Weser, sehr ernst. Um die Wasserqualität dauerhaft zu verbessern, müssen jetzt alle Beteiligten mitmachen und vernünftig mitarbeiten. Das gilt natürlich in erster Linie für das Unternehmen Kali + Salz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der Werra Chloridkonzentrationen bis zu 40.000 mg/l registriert. Ursache für die hohen Salzbelastungen waren insbesondere die Einleitung aus den thüringischen Werken der ehemaligen DDR. Im Rahmen des Verwaltungsabkommens von 1992 zwischen dem Bund und der Länderarbeitsgemeinschaft zur Werra-Weser-Entsalzung sind mit einem Kostenvolumen von 105 Mio. DM die vorhandenen Vermeidungs- und Reduzierungspotenziale umfassend genutzt worden. Erst dann war wieder eine Chloridkonzentration von 2.500 mg/l möglich. Dennoch findet die dauerhafte Beibehaltung des derzeitigen Chloridgrenzwertes keine Akzeptanz mehr bei den Werra- und Weser-Unterliegern. In Nordhessen, Thüringen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Bremen ist man nicht mehr bereit, Werra und Weser mit dieser Salzfracht zu akzeptieren.
Als größter Arbeitgeber der Region trägt das Unternehmen Kali + Salz entscheidende Verantwortung für die Ressource Arbeitskraft, um eine Produktion auch zukünftig konkurrenzfähig zu gestalten und zusammen mit den beteiligten Behörden sowie politischen Entscheidungsträgern der Länder Hessen und Thüringen die Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lagerstättenvorräte je nach Abbaufortschritt noch ca. 40 Jahre einen wirtschaftlichen Bergbau gestatten werden. So haben wir am 15.03.2007, Herr Kummer, übrigens auf Initiative der CDU,
und ich glaube mich zu erinnern, dass Sie das zuerst ablehnten, gemeinsam eine Anhörung der Umweltausschüsse, an der Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen beteiligt waren, über den geplanten Bau einer Leitung für die Salzeinleitung in die Werra durch die Kali + Salz in Kassel durchgeführt. Eine solche länderübergreifende Anhörung ist zwar ungewöhnlich, bietet aber gerade deshalb für die Beteiligten die Chance, noch vor Antragstellung für den Bau der Leitung alle Sachargumente sorgfältig abzuwägen und sich eine Meinung zu bilden; Flüsse enden schließlich nicht an Landesgrenzen.
Es ist jetzt an uns, die vorgetragenen Expertenmeinungen sorgfältig auszuwerten, um anschließend im Dialog mit allen Beteiligten die unter diesen Umständen optimale Lösung zu finden. Wir erwarten von Kali + Salz eine detaillierte Prüfung von machbaren Alternativen zur direkten Salzeinleitung in die Werra. So viel kann man aber schon jetzt sagen, wir haben seit der Anhörung eine völlig neue Situation. Nach Aussage des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie ist das Versenkvolumen im Plattendolomit im Neuhofer Kaligebiet auf 2 Mio. m³ bei 700.000 m³ Jahresanfall zurückgegangen und auch im Werra-Kaligebiet liegt das sichere verbleibende Hohlraumvolumen bei 120 Mio. m³ im Jahr. Das Dramatische an dieser Situation ist, dass das versenkbare Volumen in Neuhof innerhalb weniger Jahre von 10 Mio. auf 2 Mio. m³ zurückgegangen ist und in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren keine Versenkung im Werk Neuhof, keine Versenkungskapazität in den Plattendolomit mehr möglich ist. Nichts darf in diesem Zusammenhang nebulös bleiben. Denn es ist eine Situation entstanden, die uns aufzeigt, dass man die Probleme der Zukunft nicht mit den Mitteln der Vergangenheit lösen kann. Das Versenkvolumen im Plattendolomit der Werra-Region reicht bei Weitem nicht aus, um für die prognostizierte Zeit des Rohstoffabbaus eine sichere Entsor
gung zu gewährleisten. Es existiert ein Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Kassel vom 24.03.2003 zur Westerweiterung der Kalirückstandshalde Neuhof. Dort wird festgelegt, dass in einem raumordnerischen Verfahren zu klären ist, welche Rohrleitungstrasse, welcher Vorfluter und an welcher Einleitstelle die Haldenwässer eingeleitet werden können. Die Varianten Main und Werra standen dabei zur Diskussion. Es wurde auch festgelegt, dass bei Entsorgungsengpässen das überschüssige Salzwasser zum Werk Werra zu transportieren ist und im Rahmen der Einleiterlaubnis zu entsorgen ist. Die Frage, ob die zuständigen Behörden Thüringens, Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens über diese Beschlüsse informiert wurden, der aus meiner Sicht länderübergreifende Auswirkungen hat, wurde durch das Regierungspräsidium Kassel verneint mit der Begründung, es handele sich um ein rein hessisches Verfahren. Deswegen, Kollegin Becker, ich bleibe dabei, wie ich das schon im Umweltausschuss gesagt habe, hier wäre eigentlich eine Entschuldigung bei der Landesregierung angesagt, die hat davon nichts gewusst. Das hat schließlich das Regierungspräsidium Kassel eindeutig eingeräumt.
Eine weitere aus meiner Sicht ganz entscheidende Frage wurde nur unzureichend beantwortet, es ist die Frage nach der geplanten einzuleitenden Salzwassermenge. Die Kali + Salz gab sie mit 400.000 m³ an, die Universität Kassel mit 500.000 bis 1 Mio. m³, die Firma ERCOSPLAN mit 700.000 m³. Auf die Frage, welche Zahl denn jetzt stimme, kam die Aussage des Regierungspräsidiums in Kassel: Das läge wohl am Regen, mal mehr, mal weniger Wasser, danach würde sich die Menge bestimmen. Ich würde hier Aussagen erwarten zu niedrigeren, mittleren, hohen und durchschnittlichen Kaliabwasseranfall zu bekommen. Sicher sollte man sich erst einmal auf eine Einleitmenge aus dem Werk Neuhof verständigen. Ich stelle 700.000 m³ in den Raum.
Weiterhin waren für uns als Abgeordnete folgende Punkte besonders wichtig: 6.000 Arbeitsplätze in der Region Werra und Fulda an den Standorten Philippsthal, Heringen, Unterbreizbach und Neuhof hängen unmittelbar am Kalibergbau. Der Rohstoffabbau verursacht salzhaltige Abwässer aus dem Produktionsprozess und der Aufhaltung der Rückstände, die derzeitig in die Werra eingeleitet oder in den Plattendolomit verpresst werden. Beide Entsorgungswege sind aus unserer Sicht mit erheblichen Umweltkonflikten belastet und müssen schnellstmöglich beendet werden. An allen genannten Kalistandorten tritt ehedem in den Plattendolomit verpresste Kalilauge ungehindert und unkontrolliert als diffuse Einträge wieder zutage. Mit diesen diffusen Einträgen
wird in Niedrigwasserzeiten der Werra bereits der derzeit gültige Grenzwert von 2.500 mg/l Chlorid erreicht. In dieser Zeit, die sich erfahrungsgemäß über mehrere Monate erstrecken kann, können keine weiteren Kaliabwässer in die Werra eingeleitet werden. Dauert diese Phase länger als die Zwischenlagerbecken an Produktionsabwässern aufnehmen können, muss zwangsläufig die Produktion eingeschränkt werden. Eine klare Aufgabenstellung: Umgehend müssen Alternativen entwickelt werden mit dem Ziel einer dauerhaften und umweltverträglichen Entsorgung der salzhaltigen Abwässer.
In der öffentlichen Anhörung der Umweltausschüsse haben einige Experten konkrete Lösungsansätze dargestellt und deutlich gemacht, dass es entgegen der bisherigen Verlautbarungen der Unternehmensleitung von Kali + Salz sehr wohl Entsorgungsalternativen gibt. In unserem Antrag wird formuliert: Die Landesregierung wird gebeten, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einzusetzen, vor dem Hintergrund der befristeten Einleiterlaubnis am Pegel Gerstungen alle technischen Alternativen zu prüfen, um die geplante Salzleitung zu vermeiden. Frau Becker, befristete Einleiterlaubnis, Härte bis 2009, 2.500 mg/l bis 2012. Das sind die Werte, die immer in den Ausschüssen genannt worden sind.
Das deckt sich mit der Meinung der bei der Anhörung anwesenden Umweltpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, die in Würdigung der vorgetragenen Argumente in der Anhörung folgende Lösungsansätze vorgeschlagen haben: Existiert nach Prüfung aller möglichen Verfahrens- und Entsorgungswege keine andere Entsorgungsmöglichkeit, wird der Kali + Salz zur Behebung der akuten Entsorgungsproblematik und zur Sicherung der Arbeitsplätze am Standort Neuhof der Bau der geplanten Laugenleitung in die Kaliregion unter folgenden Bedingungen eingeräumt: Durch optimiertes Salzlastmanagement müssen kurzfristig alle Möglichkeiten einer reduzierten Chlorideinleitung in die Werra genutzt werden, z.B. durch die Nutzung der gering konzentrierten Haldenabwässer, in der Kieseritwäsche. Bis 2012 müssen alle anfallenden salzhaltigen Produktions- und Haldenabwässer aus Philippsthal, Heringen, Unterbreizbach und Neuhof auf eine Stelle am Standort Heringen zusammengeführt werden, damit sie zentral durch eine Wasseraufbereitungsanlage entsorgt und gereinigt werden können. Die Investitionskosten im dreistelligen Millionenbereich sind von der Kali + Salz aufzubringen. Die Aufbereitungsanlage könnte als physikalisch-chemische Anlage ausgeführt werden, die mit der Entwicklung neuer Technologien einhergeht und stufenweise erweitert werden kann. Grundlage sind zu führende verfahrenstechnische Unter
suchungen und die Wahl der geeigneten Aufbereitungstechnologie. Die Möglichkeit der geothermischen Energieversorgung der Anlage sollte dabei in Betracht gezogen werden.
Ich möchte in diesem Fall aber ausdrücklich vor einer Technologiediskussion warnen. Wir erwarten hier die Vorschläge der Kali + Salz. In Mitteldeutschland wird die Technologie der Entsalzung seit 600 Jahren beherrscht. Es war allerdings eine Zeit, als Salz noch mit Gold aufgewogen wurde. Halle und alle Salzsiedestädte wurden reich. Auf einmal wunderte man sich aber, dass es keine Wälder mehr gab. Es war die erste ökologische Katastrophe des Mittelalters, die dann zur gesteuerten Waldbewirtschaftung in Sachsen, im Vogtland und in Thüringen führte. Die heute zur Verfügung stehenden Entsalzungstechnologien erfordern aber auch einen sehr hohen Energieeinsatz. Ich möchte mal auf die Diskussion des gestrigen Tages zurückkommen. Die Firma Vattenfall baut derzeit in Schwarze Pumpe ein CO2-freies Kraftwerk. Es hat eine Anschlussleistung von 30 MW und kostet 60 Mio. €. Bei den heute zur Verfügung stehenden Aufbereitungstechnologien bedingt die Aufbereitung eines Kubikmeters Salzwasser einen Energieaufwand von 50 bis 100 kWh. Das würde bedeuten, dass bei 700.000 m3 70 Mio. kWh im Jahr, also 70.000 MWh, benötigt würden, nur um diesen Teilstrom aufzubereiten. Deswegen warne ich vor dieser Diskussion um die Technologien. Dort muss man auf die Suche gehen, und ich bin sicher, man wird fündig werden.
Wichtig ist, dass mit der vorgenannten Wasseraufbereitungsanlage der Salzgehalt erheblich reduziert wird. Damit kann ein neues Ziel formuliert werden, den Chloridwert - wie in der Anhörung durch Prof. Wolkersdorf, Ludwig-Maximilian-Universität München, vorgeschlagen - in einem ersten Schritt auf die Maximalkonzentration natürlicher Gewässer, wie sie in Europa vorkommen, beschrieben im geochemischen Atlas Europas, auf 1.100 mg/l zu reduzieren. Später ließe sich dieser Wert noch weiter absenken, da bei Einstellungen der Verpressung innerhalb weniger Monate die diffusen Einträge zum Stillstand kämen.
Frau Becker, wir haben im Umweltausschuss als CDU-Fraktion und als CDU-Abgeordnete nie einen Hehl daraus gemacht, dass ein Grenzwert von 2.500 mg für uns kein Maßstab ist. Unabhängig von der zu realisierenden Wasseraufbereitungsanlage müssen innovative Lösungen, wie die dauerhafte Haldenabdeckung, Spülversatz und stoffliche Verwertung, gesucht werden, die zusätzliches Engagement des Unternehmens in Forschung und Entwicklung erfordern. Es gibt eine Reihe von Vorteilen dieses Lösungsansatzes. Der Kali + Salz würde für die akute Entsorgungssituation am Standort Neuhof die ge
wünschte Genehmigung für die Laugenleitung erteilt werden können, die Produktion am Standort Neuhof wäre damit nicht gefährdet. Ohne Gefährdung oder Einschränkung der Produktion ließen sich auf Dauer und sicher alle anfallenden salzhaltigen Produktions- und Haldenabwässer der Werke Philippsthal, Heringen, Unterbreizbach und Neuhof so aufarbeiten, dass die flüssigen Endprodukte dieser technischen Aufbereitung als unproblematische Wässer in die Vorfluter eingeleitet werden können und die festen Endprodukte vermarktungsfähig sind. Natürlich wären das dann nicht konkurrenzfähig hergestellte Produkte, aber eben rückstandsfrei und vermarktungsfähig. Durch die Einstellung der Laugenverpressung in den Plattendolomit würden innerhalb kurzer Zeit die diffusen Einträge verringert und schrittweise zum Stillstand kommen. Durch Einstellung der Laugenleitung in die Werra könnte gemäß Wasserrahmenrichtlinie mittelfristig ein guter ökologischer Zustand von Werra und Weser erreicht und derzeitige Umweltkonflikte durch den Kalibergbau dauerhaft ausgeräumt werden. Die benötigte Prozesswärme für die Wasseraufbereitungsanlage am Standort Heringen könnte gespeist werden aus einem Teil der Abwärme des geplanten Müllheizkraftwerks sowie aus einem noch zu errichtenden Geothermiekraftwerk, das sich durch den vorhandenen Bergbau in 900 m Tiefe problemlos und kostengünstig realisieren ließe. In der durch den Kalibergbau geprägten Industrieregion Osthessens und Westthüringens könnten durch solche Innovationen, durch solch innovative Problemlösung eines riesigen Entsorgungsproblems neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen, die Umweltkompetenz mit sich ziehen und die wegen ähnlicher Bergbauprobleme weltweit nachgefragt würden und als Impulse für zukunftsfähige Technologien nach und nach neue Arbeitsplätze, insbesondere für die Nach-Bergbau-Phase entstehen lassen. Ich denke da zum Beispiel an die neuen großen Kaliwerke, wie sie derzeit in Weißrussland entstehen, ich glaube, in diesem Jahr wird man dort schon 9 Mio. Tonnen produzieren, man freut sich darüber, die ISO 9001 und 2000 dort schon als Grundlage zu haben, aber schauen Sie sich die Anlagen der Flotation und Wärmespaltung und die dortigen Probleme des Salzes an, Sie würden erschrecken.
Meine Damen und Herren, wir haben es in der Hand und ich möchte den ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer zitieren, der in einem Interview in der Frankfurter Rundschau vom 26.01.1998 anlässlich seines Wechsels zum Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP äußerte: „Außerdem haben wir uns dem globalen Wasserproblem zu spät intensiv gewidmet. Die Frage, ob wir auf der Welt mit dem Wasser umgehen, wird an vielen Orten über Krieg und Frieden mitentscheiden. Dass wir Wasser immer noch als Transportmittel für Fäkalien und Industrieabwasser benutzen, um sie nachher aufwän
dig und unter hohem Energieverbrauch in der Kläranlage wieder herauszuholen, ist doch keine zukunftsfähige Lösung. Das kann kein Modell für Megastädte in den Entwicklungsländern mit 20 Mio. Einwohnern sein.“ Was wollte uns Klaus Töpfer damit sagen? Lassen Sie uns auf die Suche nach neuen Technologien gehen. Es sollte eine Aufgabenstellung für die europäischen Hochschulen und Universitäten sein, energieoptimierte Verfahren zur Entsalzung zu finden. Namens meiner Fraktion beantrage ich die Überweisung des Antrags an den Umweltausschuss und schlage Gleiches für den SPD-Antrag vor.
Kollege Gentzel, kennen Sie den Entschließungsantrag der SPD unter Punkt 4: „Der Landtag lehnt jegliche Maßnahmen und Genehmigungen ab, die zu einer Gefährdung der Arbeitsplätze im Thüringer Teil des K + S Unternehmens führen würden“? Geben Sie mir Recht, dass das auch deckungsgleich ist mit dem Antrag der CDU?
Kollege Gentzel, ich möchte kurz noch einmal auf ihre Technologiediskussion eingehen, die Sie hier geführt haben. Wir sprechen nicht von Wasserverdampfung. Das möchte ich noch einmal klar in den Raum stellen. Glauben Sie mir, die Welt dreht sich weiter. Es gibt nicht nur eine Technologie. Wir haben heute in der Entsalzung 16 gängige Verfahren, zu denen vielleicht die Verdampfung noch dazu gehört, aber sicher nicht zu den modernsten Verfahren zählt. Ich habe es Ihnen vorhin dargestellt, eine 600 Jahre alte Technologie ist sicher nicht so gut in die Neuzeit zu transferieren. Ich möchte nach wie vor vor der Technologiediskussion warnen, in einem Parlament sind wir nicht die Fachleute dazu. Diese Vorschläge müssen von der Kali + Salz kommen, denn wir liefern ansonsten den Leuten in der K + S-Zentrale einfach wieder die Argumente, alles auseinanderzunehmen. Wir brauchen eine verfahrensoffene Diskussion, die zukunftsgewandt ist, die nicht in die Vergangenheit schaut. Uns hilft dort keine Brandrede.
Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause.
Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Baumann, Rolf; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döllstedt, Monika; Döring, Hans-Jürgen; Eckardt, David-Christian; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Fuchs, Dr. Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Goebel, Prof. Dr. Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Gerhard; Hahnemann, Dr. Roland; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Siegried; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Kaschuba, Dr. Karin; Klaubert, Dr. Birgit; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Krapp, Dr. Michael; Krause, Dr. Peter;
Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich,
Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hätte sehr gerne meinen Redebeitrag zurückgezogen, aber ich glaube, es muss doch noch einiges gesagt werden. Wir können nicht über die globalen Dinge sprechen, ohne vielleicht doch noch ein paar Punkte in Thüringen anzusprechen und vielleicht uns auch mal an die eigene Nase zu fassen,
denn Deutschland allein kann das Weltklima nicht retten. Die Zahlen sind doch mehr als erschreckend. Der deutsche Anteil am weltweiten CO2-Anfall beträgt in diesem Jahr 3,19 Prozent und das liegt unter dem jährlichen Emmissionszuwachs der Volksrepublik China. Eine absolut erschreckende Zahl, wenn man sieht, im vergangenen Jahr waren das noch 3,7 Prozent. Haben wir uns verbessert? Nein, wir haben uns nicht verbessert. Der CO2-Anfall in der Welt hat sich weiter erhöht. Wir sind da relativ gut mit unseren Technologien. Eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz, Frau Dr. Scheringer-Wright, da gebe ich Ihnen recht, ist sinnvoll, denn sehen wir uns die Zahlen an, die Prof. Juckenack und unser Kollege Krauße angesprochen haben. Die Belastungen im Haushalt, in Gewerbe, Industrie und in der Energiewirtschaft, die sind einfach zurückgegangen. Das muss man zur Kenntnis nehmen, das ist einfach so. Der Wermutstropfen ist natürlich die Entwicklung des Pkw-Verkehrs. Da gibt es doch gar keine Frage. Aber die Leute gerade in den neuen Bundesländern wollten auch nach der Wende mobil werden. Das ist auch gut so.
Wir haben aber als entwickelte Länder, als industrielle Länder eigentlich die Pflicht, neue Technologien einzuführen, denn die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte, gerade in unserem Land mit Umwelt- und Luftverschmutzung in der DDR und deren Überwindung und das weiterzugeben, ich denke, das ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Denn Ökologie ist Ökonomie und die Umwelttechnologie bietet große Chancen für unseren Arbeitsmarkt. Frau Becker, „die“ Wirtschaft gibt es nicht. Es gibt sehr viele Firmen, gerade in den neuen Bundesländern, die sind nur gegründet worden, um Umwelttechnik zu entwickeln und zu produzieren. Das ist doch gut so, denn wenn wir von den Chancen des Mittelstandes reden, meinen wir die neuen innovativen Technologien, die Antwort auf die Probleme des Umwelt
schutzes geben und dem Prinzip der Vorsorge und der Nachhaltigkeit folgen. Umwelttechnologien bilden völlig neue Beschäftigungsfelder, die wirklich mit neuen Arbeits- und Ausbildungsplätzen einhergehen. Es ist schlimm, wenn wir in Thüringen die Diskussion auf die Dienstwagen der Minister, auf die BMWs, auf die Audi A 8 minimieren. Es ist eine tolle Neiddiskussion, aber bitte vergessen Sie nicht, Frau Becker, zu erwähnen, dass auch die Fraktionsvorsitzenden der Parteien eine ausgesprochene Vorliebe für große Dienstwagen haben, die nicht kleiner sind als die der Landesregierung. Kollege Hausold, Kollege Matschie, liebe Kollegin Lieberknecht, das ist einfach so. Es wird aber suggeriert, die deutsche Automobilindustrie stellt sich nicht der Problematik. Stimmt denn das? Ich sage, nein.
Im Vorfeld der Weltausstellung Hannover 2000 hat sich die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel dazu mit den deutschen Automobilherstellern verständig, neue Technologien für das neue Jahrtausend. Was ist aus diesen Technologien geworden, meine Damen und Herren? VW, das 3-Liter-Auto, der Lupo, CO2-Emmissionen,
80 Gramm pro Kilometer - mittlerweile die Produktion eingestellt; A 2, ein wirklich innovatives Fahrzeug - Produktion mittlerweile eingestellt.
Absolut energieeffizient. Gehen wir weiter. Die AKlasse, auch heute absolut energieeffizient, wird nur dadurch produziert, dass sie einen riesigen Absatz in Japan hat, eine ganz tolle Sache, das ist eigentlich eine richtige Entscheidung gewesen. DaimlerChrysler hat auch ein altes Projekt wieder aufgenommen, Elektrofahrzeuge wieder weiterzuentwickeln, dafür wurde ein neues Werk in der Schweiz gebaut für Batterien. Was ist aus diesen Projekten geworden? Es dümpelt so vor sich hin, fährt einer unserer Fraktionsbusse elektrisch? Nein. Ja, wir können da noch viel weiter gehen, Opel und Ford haben auf Biokraftstoffe gesetzt, seit dem vergangenen Jahr sind Opel, Ford und Saab in der Lage, Biokraftstoffe, ob mit 10 Prozent Zusatz oder zu 100 Prozent in ihren Motoren zu verbrennen. Diese Technologie ist einsatzreif, die ist gut, die ist innovativ, die ist für die Zukunft gemacht. Ja und dann sprechen wir auch von BMW. BMW ist sich der Problematik sehr bewusst, dass, wenn man große Fahrzeuge baut, auch ein relativ hoher CO2-Ausstoß dieser Motoren
einfach da ist. Da hat man zur Hannover-Messe, zur Weltausstellung 2000 ein neues Konzept auf den Markt gebracht, Wasserstofffahrzeuge, ein BMW, der über einige Jahre weiterentwickelt worden ist und seit diesem Monat zur Verfügung steht in der 7er Baureihe als Hydrogent und da kann man natürlich auch einmal der Landesregierung in Thüringen den Mut machen, solche Fahrzeuge mit null Gramm CO2 einzukaufen, obwohl, und das muss man sagen, dass es am Anfang eine sehr teuere Technologie sein wird. Aber, bitte schön, lassen Sie uns den Mut haben, lassen Sie uns das gemeinsam tragen, bauen wir eine Wasserstoffversorgung auf von Bayern bis nach Berlin, dass man erst einmal wenigstens in den Ländern progressiv vorangeht, ob in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern, Brandenburg und Berlin, das wäre doch eine tolle Sache. Das ist die deutsche Antwort auf ökologisch und ökonomisch bedenkliche Fahrzeuge, wie auch das Fahrzeug der Frau Künast, die auch so einen tollen Nexus fährt mit 186 Gramm CO2 pro Kilometer. Daran anknüpfend, wo stehen wir in Thüringen? Auch wir in Thüringen haben eine Automobilindustrie. Dort wird der Opel-Corsa gebaut, dieser Opel-Corsa emittiert mit seinen Dieselmotoren 124 Gramm pro Kilometer CO2, 62 Gramm weniger als dieser hochgelobte Wagen der Frau Künast.
Übrigens wurde die Diskussion losgetreten von Herrn Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, und genau dieser Geschäftsführer Rainer Baake war bis vor kurzem Staatssekretär im Umweltministerium, fuhr einen BMW der 7er Reihe mit einem Ausstoß von 216 bis 330 Gramm CO2 pro Kilometer. Sein Argument sei gewesen, er brauche hinten Platz - also eine wirklich salomonische Diskussion.
Ja, alle Fahrzeuge der Firma Opel, die in Thüringen gebaut werden, liegen in dem Bereich von 124 bis 142 Gramm CO2 pro Kilometer. Darüber redet niemand, aber das sind die Umweltziele, die man eigentlich 2012 in Europa erreichen möchte und in Thüringen - und das sollte man so laut und deutlich sagen - schon erreicht hat.
Meine Damen und Herren, scheuen Sie sich bitte nicht, mal in die Tiefgarage des Thüringer Landtags zu schauen, wie viele Fahrzeuge verbrauchen denn hier weniger als 200 g CO2/km? Entweder sind die Fahrzeuge zu alt, sie sind zu schwer oder wie auch immer, haben zu große Motoren, keine Frage. Auch wir müssen uns diesen neuen Technologien stellen. Lassen Sie uns endlich dafür sorgen, dass diese neuen Technologien auch ein Erfolg werden.
Da müssen wir uns, glaube ich, alle an die Nase greifen. Selbstverständlich gibt es vor allen Dingen viele Frauen im Thüringer Parlament, die kleine, wirklich ökonomische Fahrzeuge haben, da sollten wir uns vielleicht mal ein Beispiel nehmen. Wir sollten uns fragen, wo liegt unsere persönliche CO2-Bilanz, wie essen wir, wie heizen wir, wie viele Kilometer fahren wir mit dem Auto, mit der Bahn, mit dem Flugzeug. Denn nach bereits 17.000 km im Jahr mit einem durchschnittlichen Fahrzeug mit 6,5 l Verbrauch haben wir das erreicht, wovor die Klimaforscher warnen, 3 t CO2-Anfall pro Jahr. Deswegen sollten wir da schon etwas in uns gehen, sollten auch einmal wirklich schauen, wo liegt unsere persönliche CO2Bilanz, da gibt es ganz tolle Rechner, die man da anwenden kann. Ich denke da z.B. an den des Bayerischen Landesamts für Umwelt.
Dann, meine Damen und Herren, wenn wir so den persönlichen Bereich, unser direktes Umfeld betrachtet haben, dann sollten wir uns den wirklichen Problemen stellen, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, CO2-reduzierte Kohleverbrennung. Ja, Frau Becker, auch das muss man sagen, CO2-reduzierte Kohleverbrennung sollte man in Deutschland als Technologie nicht verwerfen, dann lieber CO2 in den Untergrund einbringen, neue Technologien suchen, das ist das, was wir der Welt mitgeben können und das ist die Antwort Thüringens und Deutschlands auf die weltweite CO2-Problematik.
Ja, auch ich mache mir da sehr große Sorgen, das möchte ich einräumen. Leider Gottes ist es so, dass die solide Klimaforschung, die seit 25, 30, 40 Jahren auf diese Problematik hinweist, nicht gehört wird. Es nennt sich in dem Wissenschaftszweig Vulnerabilität. Da sollten wir vielleicht mal darüber diskutieren, was sind die wirklichen Probleme für die Zukunft. Es gibt aus dem Jahr 2005 eine vom Bundesumweltamt herausgegebene hervorragende Studie, wo man letzten Endes gerade auf diese Probleme für Thüringen und für Deutschland eingeht. Dort ist es so, die besonderen empfindlichen Bereiche in Thüringen sind Wasser, Gesundheit und Wintersport, Tourismus. Alles andere, was heute angesprochen wurde, sind eher periphere Dinge - Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Biodiversität, Naturschutz. Ich glaube, es ist an der Zeit, über die Problematik nachzudenken. Man sollte aber niemals gerade der Wissenschaft in diesem Bereich Vorschriften machen. Die Wissenschaft arbeitet in diesen Bereichen seit vielen Jahren hocheffizient. Ich denke an die Universität in Jena, ich denke an die Bauhaus-Universität. Und die Problematik, die wir heute diskutieren, das sind die Themen der Wissenschaft schon seit vielen Jahren. Deswegen stelle ich noch mal den Antrag, Punkt 3.3 abzulehnen. Die anderen Dinge sind, glaube ich, mit dem Berichtsersuchen erfüllt. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin kein Freund der eigenen Nabelschau oder vergangenheitsbezogener Rechtfertigungen, weil diese Sichtweise uns bekannterweise nicht viel weiterbringt. Vielmehr erfordert die heutige Zeit die frühzeitige Erkenntnis neuer Tendenzen und Entwicklungen, Ausrichtung auf sich rasch ändernde Entwicklungen, Rahmenbedingungen und vor allen Dingen schnelles und zielgerichtetes Handeln. Wasser ist Leben und essenzieller Bestandteil unseres Lebens und muss auch höchstmöglichen Schutz genießen.
Gehen wir damit richtig und verantwortungsvoll um! Ich glaube, darin sind wir uns einig und das möchte und das will jeder. Was will ich damit sagen? Die Thüringer wissen meiner Meinung nach und nach meiner Erfahrung, den Wert unseres Wassers wirklich zu schätzen.
Wenn man die wunderbare und abwechslungsreiche Landschaft Thüringens durchfährt bzw. durchwandert, merkt man, dass zu den Schätzen unseres Landes gesundes und frisches Wasser gehört. Mit diesem Gedanken, glaube ich, muss man richtig umgehen. Daher wurde die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union beschlossen, weil Wasser keine Grenzen hat, weil Wasser einfach für alle da sein muss, weil dafür gesorgt werden muss, dass es gesund und nachhaltig und in ausreichender Menge zur Verfügung steht.
Während früher der Schutz des Wassers vor Schadstoffimmissionen im Vordergrund stand, gibt es nunmehr die Abstimmung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte für einen umfassenden Planungsprozess. Nunmehr wird nämlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend berücksichtigt. Kleine Gemeinden haben bisher hohe Kosten für Abwasserentsorgung aufbringen müssen und waren hoch verschuldet. Kleine Vorfluter führen oft zu wenig Wasser und daher wäre die Sinnhaftigkeit einer Abwasserentsorgung ob der hohen Kosten oft zu hinterfragen. Wasser ist ein Gut der Daseinsvorsorge, wichtig für Tourismus, Wirtschaft, Landwirtschaft. Im Jahr 2007 sollte das aber nicht heißen, dass Bestehendes nicht verbesserungswürdig wäre. Alle Gewässer müssen bis zum Jahr 2015 in einen ökologisch guten Zustand gebracht werden. Durch das Verschlechterungsverbot darf sich aber auch der Ausgangszustand unserer Thüringer Gewässer nicht negativ verändern. Ich glaube, Kol
legin Becker und Kollege Kummer, hier ist eigentlich der Ansatzpunkt. Jeder Thüringer hat das Recht darauf, dass sich unsere Gewässer nicht verschlechtern.
Unsere Gewässer werden jedes Jahr besser. Der Gewässerzustand verbessert sich. Gleichzeitig gilt wiederum das Verschlechterungsverbot, ein Anspruch für jeden Bürger, ob in Hessen, ob in Thüringen, ob in Niedersachsen oder in Bremen. Aus diesem Grund wird Wasser immer ein hochaktuelles Thema sein. Denken Sie nur an die vergangenen Jahrzehnte: leichtsinniger Umgang mit Wasser und Abwasser, mit Flussregulierung und Umwidmungen, der Erfolg - Hochwasserkatastrophen und verstärkte Schäden, verstärkt längere Trockenperioden und immer heftiger ausartende Gewitter, Ergebnis vom leichtsinnigen Umgang mit Klima und Umwelt.
Schauen wir in die jüngere Vergangenheit. Der Einigungsvertrag 1990 sah eine Rückerstattung der Vermögenswerte an die Kommunen vor. Die drei VEB WAB in unserer Region wurden in Stadtwerke und kleinere bis kleinste Gemeindewerke und Zweckverbände aufgeteilt. Häufig falsch beraten durch Gemeindepartnerschaften, Ingenieurbüros und Verbandsvertreter haben sich viele Gemeinden in finanzielle Abenteuer gestürzt, die manche bis zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben. Da seinerzeit weder die neuen staatlichen Wasserbehörden noch die Kommunalaufsichtsbehörden über das notwendige Know-how und die notwendigen personellen oder politischen Mittel verfügten, diese Entwicklung zu steuern, wird die Sanierung technisch, organisatorisch, auch finanziell noch einige Zeit und erhebliche - auch staatliche - Mittel in Anspruch nehmen. Wir wissen selbst um die Problematik. Ich bin mir bewusst, dass die Analyse leichter fällt als die Problemlösung. Die Probleme können generell nicht von oben gelöst werden. Allerdings müssen die Handelnden endlich nicht nur abstrakt Problembewusstsein entwickeln, sie müssen in ihren Möglichkeiten auch konkret handeln. Das geschieht bisher, davon bin ich überzeugt, nur unzureichend. Allerdings bin ich davon überzeugt, Grundstein für ein letztlich wirksames Umsteuern sind nachhaltige Lösungen auf der kommunalen Ebene. Diese Aussagen stehen überhaupt nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass inzwischen die Zuverlässigkeit und Qualität der Wasserversorgung in Ost und West nahezu den gleichen Stand erreicht haben - eine Leistung, die in den neuen Bundesländern innerhalb von praktisch 15 Jahren erbracht worden ist. Die Entwicklung von Technik und Technologien hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. NoDig-Bauverfahren, Verbundwerkstoffe, Membranverfahren, Informatik, Messtechnik, Automation, GPSgestützte Dokumentation sind selbstverständliche
Elemente der modernen Wasserwirtschaft geworden. Die öffentliche zentrale Wasserversorgung hat in Thüringen, auch im internationalen Vergleich, einen technisch hervorragenden Stand erreicht. Hohe Qualität des Produkts, Zuverlässigkeit der Versorgung und des Services sind für den Bürger selbstverständlich geworden. Wir haben für unser Wasser die Verantwortung wahrzunehmen und uns öffentlich zu unserem kostbaren Gut Wasser bekannt. Das finde ich wichtig!
Den bisher schon sorgsamen Umgang mit Wasser bei uns zeigen einige Eckdaten. 99,7 Prozent der Thüringer Bevölkerung können durch Quell-, Grund- und Fernwasser aus öffentlichen Wasserversorgungsanlagen versorgt werden. Mit dieser Versorgung brauchen wir international keinen Vergleich zu scheuen. Unsere Anstrengungen dürfen sich aber nicht allein auf versorgungstechnische Maßnahmen konzentrieren. Die genutzten Ressourcen sind nicht unerschöpflich. Die Vorräte müssen durch Mitwirkung aller sparsam und schonend bewirtschaftet werden. In Thüringen sind die Trinkwasservorräte ungleich verteilt. Das Fernwasserversorgungssystem des Landes gleicht diese Unterschiede aus. Mit den Thüringer Wasserressourcen und den vorhandenen Schutzgebieten kann der landesweite Trinkwasserbedarf qualitativ und quantitativ heute mehr als ausreichend gedeckt werden. Ich glaube, es ist falsch, Kollegin Becker, die Trinkwasser-Schutzzonen-Diskussion wieder herbeizuführen. Wir wissen alle, andere Bundesländer, wie beispielsweise Sachsen, haben es ganz anders gemacht. Die haben die Trinkwasser-Schutzzonen aus den DDR-Zeiten komplett abgeschafft. Alle Wasserfassungen, die heute dort betrieben werden, haben neue Schutzzonen. Bei uns ist es etwas anders gelaufen. Wir haben die Trinkwasser-Schutzzonen aufrechterhalten aus DDR-Zeiten und die müssen überarbeitet werden. Da ist es nun mal kein Problem, wenn heute einmal aufgehoben, verändert, manchmal auch verschärft wird.
Durch den Verbund der Wasserversorger und das Fernwassernetz existiert mittlerweile in Thüringen eine ausgezeichnete Versorgungssicherheit. Außerdem verfügen wir über separate Einrichtungen und vorbereitete Pläne, mit denen beim Ausfall der Fernwasserzuleitung, z.B. in Katastrophenfällen, vorübergehend eine Notversorgung sichergestellt werden kann.
Fazit ist: Unsere Versorgung befindet sich heute auf einem hohen technischen Niveau und der Bau der Talsperre Leibis ist vor dem Hintergrund sich wechselnden Klimas eine zukunftsweisende Entscheidung gewesen.
Die Kernaussagen der Thüringer Wasserversorgung seien wie folgt zusammengefasst: Thüringen verfügt
über gute Wasserressourcen, ihr nachhaltiger Schutz ist staatliche Aufgabe. Die Wasserunternehmen leisten dazu einen erheblichen Beitrag. Wasser wird sparsam genutzt. Eine politisch geförderte weitere Reduzierung des Wassergebrauchs ist nicht erforderlich. Ausbau und ständige Modernisierung der Infrastruktur auf dem Gewinnungs- und Versorgungssektor sind künftig eine unserer zentralen Herausforderungen. Die Hauptverantwortung hierfür tragen die Wasserversorger. Heute gilt es, technische Neuerungen und modernes Management vorausschauend auf die künftigen Bedarfsansprüche abzustimmen. Ich bin überzeugt, diese Aufgabe wird ähnlich zuverlässig wie bisher im Verbund der Versorgungsunternehmen gewährleistet werden. Aber verweigern wir hier nicht unsere Solidarität bei der Förderung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen. Ich möchte hier die Stichworte Förderung von Planungsleistungen, Trinkwasserversorgungsmaßnahmen und Kleinmaßnahmen in die Diskussion werfen. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind Kernaufgaben der Daseinsvorsorge in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden. Sie entscheiden über Organisationsformen und Kooperationen, eingeschlossen öffentlich-private Partnerschaft.
Die Qualität der Wasserversorgung hinsichtlich des Produktes Trinkwasser, der Zuverlässigkeit und des Services ist führend im internationalen Vergleich. Die Wasserbranche zeigt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, bei allen Problemen, die in den letzten Jahren gerade in diesem Bereich diskutiert worden sind. Allerdings ist für Experimente das Lebensmittel Nummer 1 - unser Wasser - nicht geeignet; die kommunale Entscheidungsfreiheit muss erhalten bleiben. Die Worte „Modernisierung ja“ und „keine Experimente mit dem Trinkwasser“ mögen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen. Modernisierung bedeutet hier, dass in der über Jahrhunderte bewährten Tradition der Wasserbranche die technische Entwicklung weiter gefördert, sich gegenüber modernen Unternehmensstrukturen, Methoden der Unternehmensführung und der Kooperation mit anderen Unternehmen - egal ob öffentlich oder privat-rechtlich - offen gezeigt wird. Ein Experiment mit erheblichen Risiken wäre dagegen eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft, die nur den Gesetzen unbegrenzten Wettbewerbs gehorcht und damit weder dem Gebot der Nachhaltigkeit als maßgebendem Prinzip des Umweltschutzes noch den sozialen Verpflichtungen der öffentlichen Wasserversorgung genügen wird. Die kommunale Verantwortung für die Daseinsvorsorge hat sich bewährt. Der Mensch besteht größtenteils aus Wasser, so bedeutet Wasser Leben. Daher darf unser Wasser, unser Leben nie zum Spielball bei Verhandlungen werden. Wir müssen die Entscheidung über unser Wasser in Thüringer Hand belassen, bei der thüringischen Bevölkerung und somit auch bei unserer Politik.
Lassen Sie mich aus den vorgenannten Kernaussagen einige Grundsätze nachhaltiger Wasserversorgung formulieren. Wasserversorgung ist ein Teil des Wasserkreislaufs. Sie muss deshalb im Rahmen einer staatlich kontrollierten integrierten Wasserbewirtschaftung betrieben werden. Eine sichere und verlässliche Trinkwasserversorgung genießt Vorrang unter anderen konkurrierenden Nutzungen. Wasser ist eine lokale bzw. eine regionale Ressource, eine Verringerung des Regionaliserungsgrades zugunsten überregionaler Strukturen ist im Interesse des Schutzes der lokalen Wasservorkommen zu vermeiden. Fernwasserversorgung unterstützt, aber ersetzt nicht die lokalen Ressourcen, das möchte ich noch mal ausdrücklich betonen. Ich glaube, es gibt dort auch keinen Widerspruch in der Thüringer Wasserpolitik. Ein hoher Rang der Trinkwasserqualität und Zuverlässigkeit der Versorgung ist zu bewahren und zu stärken. Die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik als wichtiges und bewährtes Element der Selbstverwaltung in der Technik ist zu gewährleisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kosten und Nutzen bei der Definition des Standes der Technik sollten auch zum Wohle unserer Bevölkerung immer eine wesentliche Rolle spielen. Wasser ist eben keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das beschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. Der Grundsatz der Deckung der Kosten der Wassernutzung einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten soll immer Berücksichtigung finden, und das ist nun mal einer der Grundsätze der europäischen Wasserpolitik. Eine Änderung der Strukturen oder die Einführung neuer Strukturen in der Wasserversorgung haben den besonderen sozialen Wert der Ressource Wasser zu berücksichtigen. Organisation und Struktur des Wassersektors benötigen einen hohen Grad an Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit. In einem historischen Rückblick würden uns kommende Generationen einen Verstoß gegen diese Regeln nicht verzeihen.
Meine Damen und Herren, unser Abwasser wird heute mit höchstem EU-Standard behandelt. 66 Prozent unserer Haushalte sind an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen. Diese Zahl kann natürlich niemanden befriedigen, aber man muss hier die Ursachen in der Vergangenheit suchen. 1990 waren 43 Prozent der Bevölkerung an zentrale Abwasseranlagen angeschlossen. Wie sahen aber diese 158 zentralen Anlagen aus? Zum größten Teil technisch und moralisch verschlissen. Sie werden heute kaum noch eine Altanlage aus DDR-Zeiten finden. Fast alle Anlagen wurden vollständig saniert, modernisiert oder neu gebaut. Die Zielstellung der Landes
regierung, den Anschlussgrad bis 2014 auf 78 Prozent zu erhöhen, empfinden wir als unbedingt wichtig. 73 Prozent unserer Fließgewässer haben Güteklasse II, 1994 waren es 30 Prozent, 1990 nur 16 Prozent. Wie vorhin schon angesprochen, waren 84 Prozent unserer Gewässer zu diesem Zeitpunkt kritisch bis übermäßig verschmutzt. Man sieht hier eigentlich schon einen gewissen Widerspruch. Der Anschlussgrad liegt nur bei 66 Prozent, die Zahlen des Gewässerzustands haben sich aber wesentlich verbessert. Es ist immer der Effekt, dass, wenn zentrale Lösungen geschaffen werden, die Natur überproportional davon Vorteil hat. Das ist wichtig und das sieht man dann auch, wenn man einen Anschlussgrad von über 70 Prozent erreicht, wird sich die Gewässergüte in den Thüringer Gewässern insgesamt gesehen drastisch verbessern. Es ist ein relativ kurzer Zeitraum von 16 Jahren, in dem diese Steigerung, die heute bei den Gewässern II. Ordnung herrscht, geschafft worden ist. Die Herangehensweise an diese Problematik hat die Europäische Union mit der Wasserrahmenrichtlinie als völlig neuen Weg in der europäischen Gewässerpolitik eingeschlagen. Denn nun soll europaweit der Gewässerschutz auf ein einheitliches Niveau gebracht werden. Dies ist vor allem angesichts der EU-Erweiterung von großer Bedeutung, denn die neuen Mitgliedstaaten müssen ebenfalls die Wasserrahmenrichtlinie umsetzen.
Wir gehen in Richtung einer ganzheitlichen Sicht der Flussräume ohne Abgrenzung wie bisher, sondern flussbezogen von der Quelle bis zur Mündung. Wir denken grenzüberschreitend, denn Umwelt- und auch Wasserverschmutzung machen weder länderübergreifend noch vor nationalen Grenzen halt. Die Wasserrahmenrichtlinie stellt eine Planungsrichtlinie dar, die keine starren Vorgaben zur Erreichung der Ziele enthält. Die verbindlichen ökologischen Ziele sollen durch Maßnahmeprogramme und aktuell durch Bewirtschaftungspläne für die Flusseinzugsgebiete erreicht werden, wobei nun Umwelt- und Naturschutzverbände, Gemeinwirtschaft und auch Bürger mit einbezogen werden. Alle sollen sich aktiv beteiligen können, um unser kostbares Gut Wasser zu schützen, denn wir alle wollen Gewässerschutz, egal ob für Bäche, Flüsse, Speicher oder Feuchtgebiete. Die Eckpunkte sind Rahmenbedingungen, wobei der ganzheitliche Lösungsansatz im Mittelpunkt steht. Da ist insbesondere, glaube ich, der ländliche Raum gefordert, seine Gestaltungsmöglichkeiten offensiv zu nutzen, damit wir in Zukunft die effizientesten Lösungen sowohl Ökologie als auch Ökonomie betreffend erzielen.
Ein wichtiger Punkt, der auch schon angesprochen wurde, ist das Verschlechterungsverbot, damit wir auch in Zukunft sauberes Wasser haben, denn es ist unser größtes Kapital sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Wirtschaft und den Fremdenverkehr.
Wir müssen weiterhin die hohe Wasserqualität langfristig sicherstellen, denn wir wollen Vorsorge treffen für unsere Kinder, damit sie die gleiche Wasserqualität haben wie wir. Wir wollen schützen und nicht später sanieren. Ich meine, dass wir grundsätzlich mit den Gesetzesadaptionen auf dem richtigen Weg sind. Wir haben einen sehr anspruchsvollen Weg gewählt und sollten diesen Weg konsequent verfolgen. Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie völlig neue Wege angedacht, zuerst den Ist-Zustand im Bereich der europäischen Gewässer zu evaluieren, dann ein begleitendes Monitoring und schlussendlich Maßnahmepakete vorzubereiten. Wir müssen diese Wasserrahmenrichtlinie - und ich sage, wir dürfen, weil sie richtungweisend ist - national entsprechend umsetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wasserrahmenrichtlinie bringt auch in ökologischer Hinsicht - vor allem in ökologischer Hinsicht - neue Meilensteine. Erstmals gibt es klipp und klar und deutlich definiert ein Verschlechterungsverbot mit ökologischen Kriterien. Wir haben ein Wasserinformationssystem eingerichtet, damit wir laufend den Zustand und die Datenlage zum Bereich Wasser beobachten können. Mit ständig aktuellen Daten wurde an der TLUG in Jena eine laufende Wasserinformation etabliert, die für die Bürger unseres Freistaats umfassend nutzbar ist.
Wir werden zukünftig einen neuen Ansatz gestalten, nämlich das Flusseinzugsgebiet mit einbeziehen, weil über eine regionale Abgrenzung hinaus gedacht werden muss, gesamtheitlich, gemeinsam über Staatsgrenzen hinweg, europäisch Wasserbewirtschaftung betrieben werden muss. Das wird einen entsprechenden Qualitätssprung auch für unsere Thüringer Gewässer bringen. Mehr auf Transparenz als bei der Wasserrahmenrichtlinie kann man gar nicht mehr setzen. Ich verstehe daher nicht, weshalb diesem gemeinsamen Konsens nicht weit mehr Zustimmung gegeben werden kann.
Es stimmt, wir haben drei Geschäftsfelder in der Wasserrechtsgesetznovelle als politische Ziele abgesteckt.
1. Wie schützen wir zukünftig das Wasser vor der Gefahr Mensch? Ein Verschlechterungsverbot steht über allem. Wir haben in der Güteklasse II innerhalb von 15 Jahren eine Verbesserung von 16 Prozent erreichen können und mit der Wasserrechtsnovelle werden wir das weiter ausbauen.
2. Wie schützen wir zukünftig die Menschen vor der Gefahr Wasser - Beispiel Hochwasserkatastrophe? Wir setzen auch im Hochwasserschutz ganz gezielt stärker auf Retentionsräume, auf ökologische Ausrichtung und Kriterien. Wenn Sie von einer dezent
ralen Abwasserentsorgung in den ländlichen Räumen sprechen, dann dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass in Thüringen bereits seit 2004 eine Kleinkläranlagenrichtlinie existiert und eine Zustandserfassung der Kleinkläranlagen seit diesem Zeitraum in Thüringen vorliegt. Kein Bürger in dem ländlichen Raum - und davon bin ich fest überzeugt - muss Angst davor haben, dass er vor einer explodierenden Kostenlawine steht. Es ist so, dass man heute mit modernen Nachrüstsätzen, auch mit recht preiswerten Anlagen eine vernünftige Reinigung seiner privaten Abwässer erzielen kann, und da ist es völlig falsch, die Leute dort wieder auf einen Weg, der sie in Furcht und Angst versetzt, zu leiten. Das sollte man nicht tun, das ist, glaube ich, nicht lauter und entspricht auch nicht dem, was die Technik heute hergibt. Dort, wo die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt ist - ich denke da an Extremkosten - und auch nicht möglich ist, sollte man individuelle Systeme und andere geeignete Maßnahmen bei gleichem Umweltschutzniveau andenken, sollte überlegen, alternative Reinigungsverfahren, Pflanzenkläranlagen und andere praktikablere Klein- und Kleinstkläranlagen nutzen. Das ist die Antwort für den ländlichen Raum. Dazu ist eine Kleinkläranlagenverordnung in Vorbereitung und ich werbe dafür, diese in einem ausreichenden Zeitraum mit Fachleuten der Wasserwirtschaft zu diskutieren.
Ich möchte bei diesen Kleinkläranlagen allerdings auch noch betonen, gerade bei Pflanzenkläranlagen nimmt die Reinigungsleistung in der kalten Jahreszeit von November bis März/April drastisch ab. Das ist gerade ein Zeitraum, wo unsere Umwelt darauf angewiesen ist, doch saubere Wässer zu bekommen, und deswegen kann auch eine Pflanzenkläranlage niemals der Königsweg für die Abwasserreinigung im ländlichen Raum sein. Da gibt es der Möglichkeiten viele und da muss man eigentlich nur die richtige suchen.
Wer das macht? Das ist doch ganz einfach. Da kann man sich einfach der Fachleute in den Zweckverbänden bedienen, da kann man sich der Fachleute in den unteren Wasserbehörden bedienen, da kann man sich der Fachleute der Firmen bedienen.
Ja, das glauben Sie aber auch nur, Herr Kollege Kuschel.
Dritter Punkt: Wie nutzen wir zukünftig Wasser? All jenen, die Wasser nutzen wollen, ob das Kommunen, private Quellbesitzer oder Sonstige sind, ist ganz klar vorgegeben, wann, wer, wo und wie in welchem Ausmaß Wasser nutzen darf. Wir sollten an dieser Linie „Unser Wasser - unsere Zukunft“ festhalten, nichts ändern. Wir sind in Thüringen dazu zurückgekehrt, die Ressource Wasser gut zu bewirtschaften, das zeigen alle Vergleiche. Die Problemfälle, wie sie angesprochen worden sind, sind eigentlich alle relativ einfach lösbar, ob das die herrenlosen Speicher sind, ob das die Querbauwerke sind, ob das die Flusskraftwerke sind, ob das der Eintrag der Nährstoffe aus dem landwirtschaftlichen Bereich ist, ob es die Trinkwasserschutzzonendiskussion ist - alles wird sich in Zukunft diesem einen Ziel unterordnen müssen: Verschlechterungsverbot, der Kern der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Dazu hat wirklich jeder Bürger in unserem Land ein Recht und ein Anrecht.
Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion einfach noch einmal dagegen verwahren, wie man diese Diskussion zur Werra führt. Wir haben uns als Fraktion sofort nach Bekanntwerden mit der Kali + Salz AG zusammengesetzt, haben die in den Ausschuss eingeladen, diskutieren seit dieser Zeit, ich denke, auf einem vernünftigen fachlichen Niveau und wir werden auch im März gemeinsam mit den Ausschüssen der anderen Bundesländer, ich glaube, vernünftige Wege suchen und finden müssen.
Was wäre noch zu sagen? Ich möchte noch einmal in die Vergangenheit gehen. Wasser, der kostbarste Rohstoff, die Grundlage jedes Lebens, dieses Bewusstsein spricht aus dem Vermächtnis von Pharao Ramses III., der stolz in seinem Todesjahr 1155 vor Christus vermerkte: „Niemals habe ich die Wasser des Nils zurückgehalten, niemals habe ich ihnen den Weg verbaut, niemals habe ich den Nil verschmutzt.“ Hier blickt ein Herrscher im Bewusstsein seiner Verantwortung und im Bewusstsein der Verpflichtung der ihm Nachfolgenden auf eine zentrale Leistung seiner Regierung zurück, auf die Erhaltung der wichtigsten Lebensgrundlage seines Volkes. Wir sind existenziell abhängig von der Ressource Wasser, heute und morgen genauso wie vor 3.000 Jahren, als ein Pharao weniger kriegerischen Leistungen als der Sicherung der Wasserversorgung sein Vermächtnis widmete.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf drei Fragen - Schutz des Wassers vor den Menschen, Schutz der Menschen vor dem Wasser und wie nutzen wir zukünftig Wasser - müssen wir die richtigen Antworten finden. Ich bitte im Namen meiner Fraktion um Überweisung an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, saubere Luft bekommen wir nicht durch hektischen Aktionismus.
Lieber Kollege Kummer, ich muss Ihnen zum ersten Mal blinden Populismus vorwerfen.
Wir haben zu DDR-Zeiten nicht einen Wert der Luftverschmutzung offiziell bekannt gegeben bekommen. Seit 1991 haben wir 27 Messstellen in Thüringen aufgebaut. Es darf ja wohl ein Staatssekretär einmal sagen, wenn man in Europa die gleichen Maßstäbe wie in Thüringen ansetzen würde, dann bräuchten wir 7.500 Luftmessstellen in Europa. Wir haben 1.000, davon stehen 438 in Deutschland.
Das sind Tatsachen, die kann man eigentlich nicht zur Seite schieben und man muss es erwähnen. Wir haben also eine sehr hohe Dichte von Luftmessstationen. Und, Kollege Kummer, ich sage es Ihnen ganz deutlich - Sie sprachen den Ruß an: Ruß wird in Thüringen im Ein-Stunden-Rhythmus gemessen. Sie können jederzeit über den Server der TLUG die Rußwerte für alle Luftmessstationen in Thüringen abrufen. Ich habe es mir einmal ganz schnell im Internet angeschaut. Heute morgen 9.00 Uhr, Krämpferstraße in Erfurt - 4,4 Mikrogramm/Kubikmeter, Bergstraße - 2,6 Mikrogramm/Kubikmeter, Heinrichstraße - 5,4 Mikrogramm/Kubikmeter. Das können Sie seit 1991 mit Gangkurven nachvollziehen. Also, Sie wollen einen Grenzwert oder einen Richtwert einführen, der eigentlich seit 1991 an allen Messstellen in Thüringen gemessen wird.
Aber bitte.
Frau Becker, vielen Dank für diese Nachfrage.
Das tun wir auf keinen Fall.
Die Novellierung der Europäischen Feinstaubrichtlinie ist eingebracht worden von Frau Dr. Anja Weißgerber, der fränkischen CSU-Abgeordneten,
gemeinsam mit Matthias Groote, dem SPD-Abgeordneten aus dem Weser-Ems-Kreis.
Es geht nicht darum, dass man vom Prinzip irgendetwas verwischt, nein, es geht darum, dass man mehr auf die Spezifität gerade unserer deutschen und auch der Thüringer Landschaft Bezug nimmt. Bisher war es nach der Feinstaubrichtlinie möglich, 35 Grenzwertüberschreitungen bei einem Grenzwert von 50 Mikrogramm/Kubikmeter zu machen und in der Zukunft soll es möglich sein, 55 mal die Grenzwerte zu überschreiten, aber Kollegin Becker, bei 33 Mikrogramm/Kubikmeter Luft. Daran ist nichts falsch.
Wenn Sie die Kurven nehmen, die Sie für Deutschland jederzeit über das Umweltbundesamt abrufen können, werden Sie sehen, man kommt dem Problemkreis ganz genau nach, der in Deutschland steht. Wir werden natürlich in Thüringen Probleme bekommen, gar keine Frage. Aber auch die, die in der Europäischen Union diese Fragen eingebracht haben, stehen vor einem Problem. Die Europäische Kommission sagt, wir wollen ab 2010 auch einen Grenzwert für PM 2,5, aber dafür hat man noch gar keine Grundlagen in Europa erarbeitet. Deswegen sagen eigentlich die Parlamentarier, wir wollen ab 2010 einen Richtwert und dann ab 2015 erst die neuen Grenzwerte. Daran ist nichts falsch, denn man kann Grenzwerte eigentlich erst dann festlegen, wenn man auch eine vernünftige wissenschaftliche Grundlage für deren Betrachtung hat. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist einfach so. Wir zweifeln doch keinesfalls eine europäische Luftreinhaltepolitik an, aber wir wollen, dass die Schwerpunkte auf langfristige Maßnahmen gelegt werden und wir wollen auch die planmäßige Absenkung der Feinstaubwerte in Thüringen, in Deutschland und natürlich in Europa. Wir werden das niemals infrage stellen. Das ist eigentlich unsere Kernaussage zu dieser Problematik, denn sehen Sie sich an, was seit der Wende passiert ist. Wir haben eine drastische Verbesserung eigentlich von allen lufthygienischen Kriterien und ich glaube, das ist ein Erfolgsmodell und darüber muss man reden. Darüber braucht man sich eigentlich nicht zu streiten, vor allen Dingen nicht mit solchen populistischen Mitteln. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, wo Transparenz fehlt, wo nicht nachvollzogen werden kann, wie es in der Umwelt aussieht, wie Entscheidungen zustande kommen und worauf sie sich stützen, da ist die Demokratie ausgeschlossen. Die Erfahrung mit einem totalitären Regime und seinem Unterdrückungsapparat führte im
Zuge der deutschen Einheit zu einer breiten Diskussion, wie insbesondere zukünftig mit Umweltdaten umgegangen werden soll. Plötzlich kamen aus den neuen Bundesländern hierzu neue Impulse, Impulse aus Erfahrungen.
Liebe Frau Becker, ich kann es nicht teilen, wenn Sie sagen, je weniger Informationen die Menschen in einer Demokratie erhalten, desto gefährdeter ist sie. Nein, ich glaube, man muss das erweitern und sagen, je weniger Informationen die Menschen in einer Gesellschaft erhalten, desto gefährdeter ist sie, denn gerade wir, die wir in diesem Land aufgewachsen sind, haben doch da unsere eigenen Erfahrungen gesammelt. Wenn ich einmal daran denke, dass allein hier in dem Bereich Erfurt von 1980 bis 1990 die Luftbelastung hinsichtlich Staub sich verdoppelt hatte, Hunderttausend Tonnen zusätzlich kamen, und alle die, die darauf hingewiesen haben, letzten Endes diskriminiert oder verfolgt wurden, ist es doch eigentlich eine schlimme Sache. Deswegen, denke ich einmal, muss man das ausweiten, kann man es nicht nur auf die Demokratie beziehen. Unsere heutige demokratische Rechtsordnung basiert auf einer Informations- und Wissensgesellschaft. Vom Wissen kommt man zum Handeln. Zu dieser Erkenntnis waren die Väter und Mütter der Verfassung des Freistaats Thüringen bereits im Jahr 1993 gekommen. Artikel 33 der Thüringer Verfassung bestimmt seither, ich zitiere: „Jeder hat das Recht auf Auskunft über die Daten, welche die natürliche Umwelt in seinem Lebensraum betreffen und die durch den Freistaat erhoben worden sind, soweit gesetzliche Regelungen oder Rechte Dritter nicht entgegenstehen.“ Die EU-Richtlinie zur Umweltinformation aus dem Jahr 2003 führte nun endlich europaweit zu einem Paradigmenwechsel im Umweltrecht und passt die Aarhus-Konvention hinsichtlich des Zugangs zu Umweltinformationen und des diesbezüglichen Rechtsschutzes an. Das Modell eines Behördenapparats à la DDR als Hort streng vertraulicher Datensammlungen hat endgültig ausgedient. Transparenz und Kontrolle durch Informationen und Partizipation der Bürger sind das neue Leitbild. Der Bürger soll so in die staatliche Aufgabe „Umweltschutz“ als eine zusätzliche Kontrollinstanz eingebaut und aktiv eingebunden werden. Das wiederum ist geeignet, auch auf diesem Weg das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit allgemein zu schärfen.
Mit dem heute vorliegenden Gesetz schließt Thüringen nun eine Gesetzeslücke - nicht mehr, aber auch nicht weniger -, eine Lücke, die entstanden war, nachdem die Novelle des Umweltinformationsgesetzes des Bundes im Februar 2005 als Reaktion auf die Umweltinformationsrichtlinie der Europäischen Union in Kraft getreten war. Ab März 2005 fiel damit theoretisch die bis dahin in Thüringen geltende Rechtsgrundlage, die den freien Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Umweltinformationen bei den Behör
den des Freistaats und kommunalen Körperschaften regelte, ersatzlos weg. Praktisch - und das wird mir, glaube ich, jeder bestätigen können - wurde jedoch an den bewährten Verfahrensweisen festgehalten und Umweltinformationen entsprechend dem mittlerweile geltenden Selbstverständnis durch die Thüringer Behörden bereitgestellt. Den Vorwurf der Opposition, dass hier ein mehrmonatiges Rechtsvakuum entstanden sei, weisen wir deshalb zurück. Geschwindigkeit, meine Damen und Herren, ist eben relativ,
noch dazu, wenn kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Es ist sicher sinnvoller, ein solches Gesetz in einem Land, das den Anspruch erhebt, das grüne Herz Deutschlands zu sein, breit zu diskutieren und in den wesentlichen Fragen Konsens herzustellen.
Das können wir machen.
Sicherlich ist es richtig, dass der Gestaltungsspielraum für das Umweltinformationsgesetz im Rechtsdreieck von Europäischer Union, Bund und Land aus meiner Sicht alles andere als groß ist, will man nicht über landesindividuelle Regelungen den Gleichklang der Ländergesetze beeinträchtigen und somit eine Rechtsunklarheit produzieren. Aber es sind, wie immer, auch die kleinen Dinge, die bedacht werden sollten. So stimmte mich die Aussage des Vertreters der grünen Verbände in der Anhörung doch recht nachdenklich, als er davon sprach, dass sich gerade ältere in der Umwelt- und Naturschutzbewegung engagierte Bürger, da sie oft nicht den Bezug zu modernen Kommunikationsquellen, z.B. dem Internet, haben, Informationen zum Teil für sich selbst erst mühevoll beschaffen müssen. Sicherlich ist das nur ein zeitliches Problem, aber man muss nach Lösungen suchen. Natürlich beinhaltet das neue Umweltinformationsgesetz des Bundes auch deutliche Verbesserungen, wie z.B. die Erweiterung der Informationspflicht auf sämtliche Stellen der öffentlichen Verwaltung und eben auch auf bestimmte private Stellen. Das alles sind positive Vorgaben, die man ohne große Modifizierungen 1:1 umgesetzt hat. Damit relativiert sich der Zeitverzug des vorliegenden Thüringer Umweltinformationsgesetzes.
In der Gesamtbetrachtung des vorliegenden Entwurfs galt für uns als CDU-Fraktion der Grundsatz der Rechtsklarheit und Vergleichbarkeit der Ländergesetze durch hohe Kongruenz zum Bundesgesetz. Diese Entscheidungsfindung erleichterte uns gerade,
strittige Definitionsfragen einfach zu beherrschen. Der Sinn des Thüringer Umweltinformationsgesetzes in der jetzt vorliegenden Form bleibt für uns damit auch für einen juristischen Laien erfassbar.
Meine Damen und Herren, da es sich quasi um eine Eins-zu-Eins-Umsetzung europäischen und bundesdeutschen Rechts handelt und die Spielräume des Landesgesetzgebers benutzt werden, bitte ich im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zum Gesetzentwurf. Die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats sind jetzt aufgefordert, ihre neuen Rechte auch in Anspruch zu nehmen. Sie sollten diejenigen Lügen strafen, die keinen Bedarf für dieses Gesetz gesehen haben. Dabei geht es nicht darum, die Verwaltung querulatorisch mit einer Flut von überflüssigen oder unsinnigen Anfragen zu überschütten, sondern darum, aktiv ein Bürgerrecht wahrzunehmen, bei den Behörden vorhandene Informationen zu nutzen und sich in Streit- und Zweifelsfällen selbst ein Bild vom Verwaltungshandeln zu machen. Durch Deutschland müsse ein Ruck gehen, das ist inzwischen allgemeiner Konsens aller Parteien. Und alle Parteien, ich glaube mit Ausnahme wohl der Linkspartei.PDS, stimmen ebenfalls darin überein, dass ein Großteil der vom Staat wahrgenommenen Verantwortung wieder in die Hände der Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden muss. Dieses Gesetz ist ein Hinweis darauf, wie ernst es die Parteien mit ihren Bekenntnissen zu weniger Staat meinen, denn der Beginn ist immer, den Staat zunächst einmal transparenter zu gestalten.
Zu dem teilweise erhobenen Vorwurf, dass das Gesetz zusätzliche Verwaltungskosten durch die Informationsbeschaffung bei den informationspflichtigen Stellen verursacht, muss man wissen, dass die informationspflichtigen Stellen nur die Informationen geben, über die sie ohnehin bereits verfügen und dem Bürger dabei helfen, die richtigen Informationen von den richtigen Stellen zu erhalten. Das ist sicher auch der Schnittpunkt, der vorhin angesprochen worden ist, zur Aktualität der Daten. Ich gehe aber einmal davon aus, dass gerade die Datenlage in den Thüringer Verwaltungen doch recht aktuell ist und man braucht sich nur die Informationsquellen der Thüringer Landesanstalt für Umwelt anzuschauen,
dort sind sie wirklich immer auf dem Laufenden. Gerade bei solchen heiß diskutierten Dingen wie Feinstaub kann man stunden- oder tagesaktuell sehen, wo die Probleme liegen. Mit der Zeit wird dieses ganz von selbst zu einem Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen führen und sich für den Bürger
auch, ich will mal sagen, zu einer Routine entwickeln. Man weiß besser, was andere an Informationen alles vorhalten oder was an Daten in anderen Stellen vorhanden ist. Damit kann es durchaus zu einer neuen Qualität des diesbezüglichen Verwaltungshandelns kommen. Der Vorwurf bleibt also unbegründet. Begründet ist die Forderung, nunmehr den Umweltbericht des Landes regelmäßig im Abstand von nicht mehr als vier Jahren vorzulegen. Ganz abgesehen davon, dass die EU-Richtlinie diesbezüglich nur eine Kannbestimmung enthält, haben wir meiner Meinung nach genügend Berichte der Landesregierung und insbesondere aus dem Ressort des Thüringer Umweltministeriums. Es macht wenig Sinn, diese Daten noch einmal zusammenzufassen, da der interessierte Bürger, auch die Umweltverbände und die Unternehmen in erster Linie an Fachinformationen interessiert sind. Wir sagen: Jedem die Information, die für ihn wichtig ist, und das in einer nachvollziehbaren Berichtsstruktur. Ein dicker Wälzer „Umweltberichte“ sieht dabei vielleicht gut aus, bringt aber der Sache des Umweltschutzes gar nichts.
Im Zusammenhang mit der geplanten Erhebung von Verwaltungskosten und Erstellung einer Verwaltungskostenordnung möchte ich die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, dass ich die Kolleginnen und Kollegen nicht verstehe, die im Umweltausschuss zu hohe Kosten für die Bereitstellung von Informationen bemängeln und andererseits das Haushaltsdefizit beklagen. Wir haben alle in diesem Haus eine Verantwortung für den Landeshaushalt. Deshalb sage ich, die Erhebung von Verwaltungskosten im Zusammenhang mit dem Umweltinformationsgesetz ist völlig in Ordnung.
Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem guten und wichtigen Gesetz. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, „keine Versalzung der Werra zulassen!“ Ich möchte mit einer Frage beginnen: Wer in diesem Hohen Hause möchte einen erhöhten Salzgehalt der Werra zulassen? Eine Frage, die ich ganz bewusst in den Raum stelle. Wir tun manchmal so, als ob es keine Vorgeschichte für den Salzbergbau an der Werra gäbe. Aber der Salzbergbau an der Werra findet seit über 100 Jahren statt. Bereits ab 1900 galt die Werra als salzbelastet. Nach dem Ersten Weltkrieg, Anfang der 20er-Jahre setzten sich engagierte Bürger aus Hessen und Thüringen für eine Salzreduzierung ein. Es kam die Forderung auf, nicht mehr als 2.500 mg zuzulassen. Die Salzbelastung sollte nicht mehr die Wasserversorgung der unterliegenden Städte an der Weser gefährden. Und ein weiteres Argument: Nicht mehr als 10 Prozent sollte man einem Fluss zumuten mit einer Salzbelastung, wie sie z.B. in der Nordsee herrscht. Denn wir wissen ja, in der Nordsee haben wir Gehalte von Salz von 32 bis 35 g pro kg Wasser.
Meine Damen und Herren, was ist für einen Menschen erträglich? Was schmeckt einem noch? Ich habe einmal ganz bewusst das meiner Meinung nach salzhaltigste Mineralwasser dieser Welt herausgesucht. Dort klingen die Inhaltsstoffe wie die Stoffe aus einer Grundwasserbeobachtungsstelle an einer unserer Deponien in Thüringen. Dieses Mineralwasser ist das berühmte Borschomi-Mineralwasser des russischen Kreml. Es wird in Georgien gefördert und hat 5.000 mg Natriumhydrogenkarbonat, 2.000 mg Natrium, 50 mg Kalium, 500 mg Chloride, 150 mg Kalzium, 150 mg Magnesium. Es ist vielleicht gerade so die Grenze, was man noch ertragen kann. Es soll aber ein sehr bekömmliches Mineralwasser sein. Ich spreche allerdings nicht für eine Versalzung unserer Flüsse. Die Forderung nach 2.500 mg wurde also schon in den 20er-Jahren formuliert, 1942 festgeschrieben und 1947 durch die Kaliabwasser-Kommission am Pegel Gerstungen festgeschrieben. Doch was geschah dann? Da muss ich gleich einmal eine Antwort geben. Der billige Salzabwasserkanal für die DDR war die Werra.
Ohne Rücksicht auf Natur- und Umweltschutz wurde in der DDR produziert. In den 1980er-Jahren erreichte die Salzbelastung in der Werra einen Wert von 25.000 bis 30.000 mg, selbst Spitzen von 40.000 mg waren zu verzeichnen.
Also wesentlich mehr Salz als in der Nordsee floss durch die Werra ab. Natürlich gab es dagegen Widerstand unter den Bürgern. Aber wir wissen ja, wie zu DDR-Zeiten mit diesem Widerstand umgegangen wurde: Diskriminierung, Diskreditierung, Unterwanderung von Umweltgruppen, selbst staatliche Gewalt.
Erst seit Ende der 1980er-Jahre kam wieder Bewegung in die Problematik der Salzlast. Der Spülversatz am Standort Unterbreizbach, die Salzlaststeuerung, der Pufferspeicher Gerstungen wurde in Betrieb genommen. Nein, ich klammere auch das folgende Thema nicht aus, auch die Schließung Thüringer Salzlagerstätten, verbunden mit einem Arbeitsplatzabbau in der Region, führte zu einer verringerten Salzlast. Es brauchte aber von 1947 bis 1999, also 52 Jahre, bis die Werte von 2.500 mg Salz eingehalten wurden und werden. Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren, dass irgendjemand daran zukünftig Abstriche machen wird?
Der Weg muss doch ein anderer sein, mittel- und langfristig die Salzbelastung zu senken.
Dort muss unser politischer Streit ansetzen, Kollegin Becker.
Nein, wir sprechen nicht von einem Grenzwert bei 2.500 mg, der Grenzwert liegt bei 800 mg für hoch belastete Gewässer. Da muss man eines deutlich sagen: Ein Chloridwert in diesem Bereich und der Weiterbetrieb der Kaliwerke an der Werra schließen sich aus, denn die technischen Möglichkeiten werden derzeitig ausgenutzt.
„Keine Versalzung der Werra zulassen!“ - Frau Becker, damit wecken Sie Ängste in der Bevölkerung, Ängste an frühere Zeiten. Was wollen Sie wirklich? Wir lesen in der Zeitung noch in 1.000 Jahren „Salzbelastung der Werra“. Ja, meine Damen und Herren, das ist eine ganz einfache Milchmädchenrechnung. Bei unseren durchschnittlichen Niederschlägen, die wir hier in Mitteldeutschland haben, löst sich so eine Kalihalde im Jahr um 10 cm auf. Wenn man dann weiter mit diesen Halden lebt, dann hat man bei einer Höhe von 100 m eine Salzlast, die sich nach
1.000 Jahren natürlich abgebaut hat. Wollen wir das wirklich? Das stelle ich natürlich infrage, ich glaube es nicht. Schauen wir uns doch mal unsere Thüringer Rückstandshalden an. Von sechs Großhalden, die wir in der DDR hatten - Bischofferode, Bleicherode, Menteroda, Volkenroda, Rossleben, Sollstedt, Sondershausen -, werden fünf seit 1991/92 abgedeckt und anschließend begrünt. Nur eine einzige Salzhalde bleibt offen. Dann unterstellen Sie doch bitte nicht, gerade hier im Land Thüringen wird nichts getan zur Reduzierung der Salzfracht in der Werra.
Das kann doch nun wirklich nicht wahr sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist selbstverständlich so, dass bei den Halden in der Zukunft ganz einfach neue Technologien zum Einsatz kommen werden. Das ist vorhin schon angesprochen worden, dass man über Elektrodialyse letzten Endes mit bipolaren Membranen arbeiten wird. Dort wird man ganz einfach Natriumchlorid gewinnen können. Dann gibt es wunderbare neue Verfahren, die letzten Endes dazu führen werden, dass man auch diese Halden in Angriff nimmt. Aber, wie gesagt, das sind Dinge, die brauchen ihre Zeit und werden einhergehen mit dem Rückgang unserer Salz- und Kalivorkommen, die wir im mitteldeutschen Raum haben. Denn eins dürfen wir auch nicht vergessen, wir leben ja nicht in einem luftleeren Raum in Thüringen. Wir haben Rückstandshalden in der gleichen Größe wie in Thüringen in Hessen - 180 Mio. m³. Wir haben in Niedersachsen 60 Mio. m³, wir haben in Sachsen-Anhalt 50 Mio. m³ und wir haben auch in Baden-Württemberg noch 18 Mio. m³ Rückstandshalden.