Eine Toleranzebene haben wir hier immer. Das kann die Präsidentin entscheiden. Aber man soll die Toleranz dann auch nicht überstrapazieren. Als nächste Rednerin folgt Abgeordnete Leukefeld, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn hier über Doppelzüngigkeit geredet wird, dann frage ich mich schon, in welche Richtung das geht. Das kann ja nicht die Beantragung der Aktuellen Stunde sein, sondern ich denke, doppelzüngig ist das, was hier mit der Spaßbäderpolitik seitens der Landesregierung gemacht wurde.
bloß, dass das Wasser nicht wie beim Zauberlehrling von woanders vielleicht fließt, sondern das muss auch noch bezahlt werden. Ich will sagen, das aktuellste und brisante Beispiel ist Oberhof. Der Kollege Baumann hat es schon angesprochen. Ich fin
de es schon eine eigenartige Interpretation und in gewisser Weise unverschämt, wie man hier den Kommunen den Schwarzen Peter zuschiebt für etwas, was man ursprünglich gemeinsam gewollt hat und wovon man geglaubt hat, etwas Gutes zu tun. Oberhof, da sind wir uns hier in diesem Haus sicherlich einig, hat eine besondere Bedeutung für Thüringen nicht nur als Wintersporthochburg, sondern auch als Touristikzentrum im Thüringer Wald. Oberhof ist ein Highlight, übrigens auch das Highlight bei der Verschuldung. Das jährliche Defizit von 500.000 € kann nicht ausgeglichen werden. Es hat ja bereits vor Jahren auch in Beantwortung einer Kleinen Anfrage meines Kollegen Kuschel Antworten gegeben, dass man mit Sonderkommission und Sonderstatus daran arbeitet, eine Lösung zu finden, die nachhaltig und dauerhaft ist. Für die Stadt Oberhof sind meines Wissens die Ergebnisse aber sehr mager und immer noch ungeklärt.
Zur Rennsteigtherme: 1996 in Betrieb gegangen, eine Investition von 17 Mio. €, allseits gewollt. Geplant waren 800 Besucher täglich. Die Realität liegt etwa bei weniger als der Hälfte. Das konnte man sich vorher schon ausrechnen, weil ja ringsherum auch entsprechende Bäder sind. Das ist Ihnen alles bekannt. Der Wirtschaftsplan 2007 sagt aus, 1,6 Mio. € Einnahmen, 2,4 Mio. € Ausgaben. Das ist sicherlich kein Novum gewesen, sondern auch in vergangenen Jahren in ähnlicher Größenordnung gewesen. Also wusste man früher oder später, auch das Land, nicht nur die Stadt Oberhof, was da auf uns alle zurollt. Im Übrigen, bei den 2,4 Mio. € Ausgaben sind monatlich 60.000 € Energiekosten dabei. (Bei dem ge- planten Skitunnel spricht man vom Vierfachen der Energiekosten.) Wenn es nicht gelingt, hier tatsächlich ein Energiekonzept, eine dauerhafte Lösung zu finden, dann wird es auch keine Lösung geben. Das geht nicht, dass man das der Stadt Oberhof allein zuschiebt.
Wenn Sie die Zahlen gehört haben, ist klar, es gibt ein Defizit von über 700.000 € im Jahr. Der tägliche Verlust bei der Rennsteigtherme beträgt 3.000 €. Die 40 Mitarbeiter - auch davon ist schon gesprochen worden - sind natürlich belastet, aber das würde ich noch nicht einmal so in den Vordergrund stellen. Dazu gehören ja auch die Mitarbeiter der Gastronomie und die Mitarbeiter vom Outdoor-Bereich. Man muss hier einfach ganz klar noch mal sagen, zur Rennsteigtherme GmbH gehören auch der alpine Skihang mit Skilift und die Betreibung des Gästebobs. Das ist alles mit in dieser GmbH, und wenn die, die hat Insolvenz angemeldet im August, geschlossen wird, ist auch die Weiterführung dieser anderen Dinge offen. Seit der Insolvenzanmeldung ist Funkstille, außer in der Öffentlichkeit. Die Landesregierung hat noch nicht einmal den Brief beantwortet, keine Antwort durch das zuständige Ministerium. Wenn ich richtig
informiert bin, dann hat der Wirtschaftsminister auch zu diesem Thema keine Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Meine Frage ist: Was tun jetzt? Ich glaube, da ist die Aktuelle Stunde schon sehr geeignet, auch dann durch den zuständigen Minister zu hören, wie es weitergehen soll. Zum 31.10. fällt das Insolvenzausfallgeld weg. Dort wird es zu der Konsequenz kommen, dass die Therme geschlossen wird, wenn nicht ein Wunder geschieht. Das Wunder kann meines Erachtens nur darin bestehen, dass sich das Land entscheidet, Überbrückungsgeld zu zahlen. Meine Frage ist: Werden Sie das tun, wenn ja, in welcher Höhe? Ich sehe das so, das Land ist hier in der Pflicht, in der Verantwortung einfach für das, was hier auch gewachsen ist. Die Therme ist für Oberhof ganz besonders wichtig - es ist nicht das Einzige, was Oberhof zu bieten hat, wie wir alle wissen -, aber gerade in den Jahreszeiten Frühjahr und Herbst, ist es unerlässlich, wenn man dort Touristen haben möchte. Deswegen will ich einfach von Ihnen wissen: Unterstützt das Land weiterhin
- ja -, wie soll das geschehen? Das würde ich gern heute sehr konkret hören und vor allem, es muss bis zum 31.10. passieren, weil sonst die Therme dicht ist. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Grob, Ihre Rede hat mich dazu veranlasst, doch noch mal hier vorzugehen.
Sie haben den Eindruck erweckt, als seien für die ganze Misere allein die Standortgemeinden verantwortlich, als seien die die Verantwortlichen dafür, dass es jetzt Probleme bei den Spaßbädern gibt. Dem ist aber nicht so. Das Land hat mit großzügigen Förderungen im GA-Bereich erst mal diese große Anzahl von Spaßbädern überhaupt in die Welt gesetzt. Sie können doch nicht der einzelnen Gemeinde vorwer
Nein, es hätte vorher eine Konzeption des Landes geben müssen, wie viele Spaßbäder kann Thüringen überhaupt vertragen, und dann hätte man entscheiden können, wie viele man fördert. Heute haben wir die Misere, dass damals die GA-Mittel zum Fenster hinausgeschmissen worden sind, und in den letzten Jahren haben dann die Eigenmittel gefehlt, um vernünftige Industrieansiedlungen letztendlich zu fördern. Das ist das, was eigentlich hier zu sagen wäre. Jetzt ist das Land auch in der Verantwortung, eine Lösung für diese Misere zu finden. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, da ich mir ziemlich sicher bin, dass durch den nachfolgenden Beitrag von Herrn Minister Reinholz die Fakten auf den Tisch kommen, will ich eigentlich nur auf diesen etwas wenig tiefgängigen Beitrag von Kollegen Schubert eingehen, das Land hat dies in die Welt gesetzt und GA-Mittel verschwendet. Suchen Sie sich mal die Unterlagen heraus; es gab in der Amtszeit von Herrn Minister Schuster sehr wohl eine Potenzialanalyse. Darunter hat zum Beispiel meine Heimatstadt Mühlhausen schwer gelitten. Sie wollte ein Erlebnisbad haben und war in dieser Potenzialanalyse nicht vorgesehen und hat dann - und das ist die eigentliche Crux, die wir jetzt betrachten müssen - auf eigene Kappe angefangen zu bauen, so, wie die kommunale Selbständigkeit es eben zulässt. Also neben den durch die damalige Analyse belegten Standorten - und da sind nicht GA-Mittel verschwendet worden, sondern mit der Gemeinschaftsaufgabe gefördert worden - waren Plätze besetzt worden, die durch andere Bauten, durch die kommunale Selbstständigkeit, Selbstverwaltung dazukamen, wie beispielsweise in Mühlhausen. Gehen Sie in weitere Städte, die in ihren Sportbädern beispielsweise Erlebnisbereiche dazugenommen haben, so dass wir über eine verdammt hohe Bäderdichte mit Erlebnisbereichen verfügen.
Die zweite Geschichte ist: Wenn Sie sagen, Sie haben das alles schon gewusst - toll -, aber dass auch in der Frage der Demographie heute mit anderen Zahlen zu rechnen ist als damals, das will ich der guten Ordnung halber auch noch sagen.
Ich denke, es war insbesondere von der Opposition immer schon die Absicht, gerade die Frage der Erlebnisbäder mit der Bezeichnung „Spaßbäder“ und anderen Verunglimpfungen eigentlich schlechtzureden, und nun müssen Sie sich nicht wundern.
Ja, sicher. Schauen Sie sich doch das an. Ich habe hier an diesem Pult oder noch in dem alten Gebäude, was wir hatten, deutlich gesagt, ja, natürlich sollen die Leute den Spaß beim Baden haben, aber es war doch nicht der Spaß der Landesregierung, Geld in die Landschaft zu setzen, so wie Sie es darstellen, um sich hinterher hinzustellen und zu sagen, nun Kommunen, nun kommt doch mal zurecht mit euren Bädern.
Also, bitte mal wieder zu der Wahrheit zurück. Bei der Errichtung der Bäder war schon eine Konzeption zugrunde gelegt worden, dass man in allen Regionen sowohl der eigenen Bevölkerung ein Angebot unterbreiten kann als auch den Tourismus befördern kann. Wenn sich hier und da die Entwicklung anders dargestellt hat, als damals angenommen worden ist, muss man sich nicht hämisch hinstellen und sich kaputtlachen, sondern da muss man sagen, was können wir denn nun daraus machen,
dass die Bäder entweder privatisiert oder weitergeführt werden können oder im schlimmsten Fall auch nicht mehr betrieben werden können, meine Damen und Herren. Das ist doch im Augenblick die Aufgabe und nicht, sich hier hinzustellen und schadenfroh die Hände zu reiben und zu sagen, das Land hat die Bäder in die Welt gesetzt und GA verschwendet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu dem Thema wurde bereits im Haushalts- und Finanzausschuss am 4. Oktober dieses Jahres gesprochen. Nun mal weg von
der allgemein hier so schön vorgetragenen Polemik hin zu dem eigentlichen Thema und dazu ist sachlich Folgendes zu sagen: Im Zeitraum 1993 bis 1999 wurde die Errichtung von insgesamt acht Erlebnisbädern aus GA-Mitteln gefördert. Für die dafür notwendigen Investitionen in Höhe von rund 149,5 Mio. € wurden insgesamt 91,7 Mio. € Fördermittel bewilligt. Die letzte Bewilligung zur Förderung eines Erlebnisbads erfolgte im Jahr 1999, wie Sie alle wissen, für Rudolstadt.
In der Rückschau, meine Damen und Herren, ist festzustellen, trotz der umfangreichen Bemühungen der Eigentümer und der Betreiber hat sich die wirtschaftliche Situation der Bäder nicht wesentlich entspannt. Im Jahr 2006 erwirtschafteten lediglich die Bäder in Tabarz, Bad Klosterlausnitz und Hohenfelden ein positives Betriebsergebnis. Für das 1. Halbjahr 2007 zeichnet sich zurzeit eine positive Tendenz für Bad Klosterlausnitz sowie für Zeulenroda ab. Bereits seit dem Jahr 2000 wird eine Statistik mit den Betriebsergebnissen der Erlebnisbäder geführt. Seit 2002 wurden mehrere Gutachten erstellt bzw. Konzepte vorgelegt, die u.a. auch im Auftrag des TMWTA erstellt wurden. Dabei wurden die Bäder vor allem hinsichtlich ihrer Kosten- und Erlössituation sowie ihrer Wettbewerbssituation überprüft. Im Ergebnis wurden Vorschläge zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit unterbreitet, die vor allem Maßnahmen zur Kostensenkung, Verbesserung des Leistungsangebots sowie zur Vermarktung umfassen. An dieser Stelle könnte man dann auch das Förderinstrumentarium des Landes bemühen. Ich weise an dieser Stelle aber auch ausdrücklich darauf hin, dass es sich nur um eine anteilige finanzielle Unterstützung handeln kann, sofern die Fördervoraussetzungen überhaupt erfüllt sind. Das Förderinstrumentarium ist nämlich nicht dafür vorgesehen, die Defizite auszugleichen, die aus dem laufenden Bäderbetrieb resultieren. Es werden insbesondere Förderungen erfolgen, die zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bzw. zur Schaffung neuer Produkte beitragen und dem Bad damit neue zusätzliche Besucher generieren. Vor diesem Hintergrund sind auch die aktuell vorliegenden Anträge zu bewerten. Derzeit liegen zwei Förderanträge vor, einer vom Erlebnisbad in Tabarz und einer aus Bad Frankenhausen. Die Stadt Oberhof hat eine gestellte Förderanfrage wieder zurückgezogen, aber für das Jahr 2008 erneut angekündigt. Alle Förderanträge werden derzeit geprüft und es ist klar, dass wir bei der Prüfung sehr genau hinschauen werden, was tatsächlich an Verbesserungen dann auch erreicht werden kann. In jedem Fall werden die Förderungen mit einer Gesamtschau auf die vorhandenen Erlebnisbäder, Kur- und Thermalbäder sowie auf Sportbäder erfolgen, um etwaige Konkurrenzsituationen von vornherein zu vermeiden.
Zum Thema „Verantwortlichkeiten“ ist zur Rolle der Kommunalaufsicht Folgendes anzumerken: Soweit Kommunen Erlebnisbäder betreiben bzw. indirekt zum Beispiel über städtische GmbHs beteiligt sind, handelt es sich um freiwillige Aufgaben im eigenen Wirkungskreis. Es ist Aufgabe der Kommunen, im Rahmen ihrer politischen Schwerpunktsetzung zu entscheiden, wie sie die Mittel einsetzen, die ihnen für diese freiwilligen Leistungen zur Verfügung stehen, zum Beispiel auch für die Bezuschussung von Erlebnisbädern.
Was man mal ganz deutlich sagen muss: Keine Kommune Thüringens ist jemals gedrängt worden, ein Erlebnisbad zu bauen. Soweit die Erlebnisbäder die kommunalen Haushalte nun übermäßig belasten, ist es Aufgabe der Trägerkommunen, entsprechende Maßnahmen zum Beispiel für die Optimierung des Betriebs zu ergreifen. Ich weise auch auf die Möglichkeit hin, dass betroffene Kommunen rückzahlbare Überbrückungshilfen aus dem Landesausgleichsstock beantragen können. Diese Option greift aber nur, wenn ihre Handlungsfähigkeit ernsthaft bedroht ist und alle sonstigen Konsolidierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Fazit, meine Damen und Herren: Die wirtschaftliche Situation einer Reihe von Erlebnisbädern in Thüringen ist derzeit sehr angespannt. Es ist in erster Linie die Aufgabe der Betreiberkommunen, nach Möglichkeiten zu suchen, wie diese Situation verbessert werden kann, denn die wollten die Erlebnisbäder auch bauen. Das Land kann den Kommunen diese Aufgabe auch nicht abnehmen, wir haben aber deutlich gemacht, dass wir uns einer tragfähigen Lösung dieser Aufgabe nicht entziehen werden. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, bestimmte Maßnahmen zur Optimierung des Betriebs zu fördern. Wir stehen dem durchaus aufgeschlossen gegenüber. Aber wie Sie wissen, jede Förderung bedarf natürlich einer gründlichen Einzelfallüberprüfung. Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den zweiten Teil auf
b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Aktivitäten der Landesregierung zur Weiterproduktion in der Firma Bike Systems Nordhausen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/3417 -
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Situation des Nordhäuser Fahrradwerks heute als ein Thema der Aktuellen Stunde beantragt, um erstens unsere Solidarität mit den 135 Mitarbeitern bei Bike Systems zu demonstrieren
und zweitens die Landesregierung aufzufordern, deutlich mehr dafür zu tun, die Arbeitsplätze am Standort zu erhalten. Seit 1986 werden in der Freiherr-vom-Stein-Straße in Nordhausen Fahrräder produziert. Mit der Übernahme von Bike Systems durch eine Tochtergesellschaft des Texanischen Hedgefonds Lone Star Ende 2005 kam nicht die Sicherung und Entwicklung des Standortes, sondern - wie die Belegschaft jetzt leidvoll erfahren musste - der Anfang vom Ende. Das - wie ich hoffe - vorläufige Aus, also die Einstellung der Produktion, kam dann am 30.06. dieses Jahres. Seit dem 10.07., 14.00 Uhr halten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Betrieb besetzt. Für ein solches Engagement zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze kann ich ihnen nur meinen Respekt und meine Anerkennung zollen.